Zeitschrift für Sozialismus und Frieden 07/08

Herausgeber: Verein zur Förderung demokratischer Publizistik (e.V.)

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Juli-August 2008


Inhalt

Redaktionsnotiz

In diesem Heft beschäftigen wir uns wieder einmal mit der Partei „Die Linke“. Immerhin kann sich Lothar Bisky ja inzwischen auch eine Kooperation mit der CDU vorstellen: „Ohne dass es im Umfeld von Oskar Lafontaine oder Gregor Gysi einen Aufschrei der Empörung geben würde, schließt der Linken-Chef Lothar Bisky `eine Koalition mit der CDU auf Landesebene nicht vollständig aus´. Es könne `Notsituationen´ geben, in denen zusammengearbeitet werden könne, `um zwei, drei Sachen durchzusetzen´“ (Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 26. 7. 08) Die Frankfurter Allgemeine Zeitung fasst das Gleiche so zusammen: „Der Parteivorsitzende der Linkspartei, Lothar Bisky, kann sich vorstellen, dass seine Partei auf Landesebene künftig mit der CDU zusammenarbeitet, auch wenn dies ´etwas fern` sei. Das hat Bisky am Dienstag im Deutschlandradio Kultur gesagt. Die Vorstellung eines Bündnisses von CDU und Linkspartei liege ´nicht außerhalb der Welt`“. Mehr zur Linkspartei in unserem Schwerpunkt.

Der Artikel von Irene Eckert über die Bedeutung des Revisionismus passt da gut zum Thema. Außerdem setzen wir die aktuellen Analysen in unserer neuen Rubrik (Kapitalismus hier und heute)  fort, die Ökonomie bleibt uns ein Anliegen – und wir legen Euch die Diskussion über den Cuba-Schwerpunkt im letzten Heft ans Herz. Wichtig erschien es uns außerdem, über Zimbabwe zu berichten und eine klare Gegenposition zu den imperialistischen Lügen zu beziehen.

Das gesamte Heft ist eingerahmt von zwei Todesanzeigen. Wir bitten Euch um Aufmerksamkeit dafür. Mit Horst Mette und Ulrich Huar verlieren wir zwei ganz hervorragende Genossen.

Redaktion offen-siv, Hannover

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Hort Mette ist tot!

Wir haben Horst Mette kennen gelernt, als er kurz nach der Gründung unseres Herausgebergremiums, des „Vereins zur Förderung demokratischer Publi-zistik“, den Antrag auf Aufnahme stellte.

Er war langjähriges DKP-Mitglied, in der Vorbereitungsphase der DKP-Programmdebatte und erst recht in ihrem Verlauf aber zunehmend enttäuscht von seiner Parteiführung und auch von den Diskussionen, die er an der Basis erleben musste. So orientierte er sich auf die Schweriner DKP-Gruppe, bezog sich auf den RotFuchs und wollte bei uns mitarbeiten.

In seiner ruhigen, besonnenen, dabei stets optimistischen und fröhlichen Art vermittelte Horst Mette uns und anderen immer das Festhalten an Aufrich-tigkeit und Klarheit, er wollte unter allen Umständen, dass Einsichten auch zu Konsequenzen im Handeln führten. Dabei war er sehr genau und sehr auf-merksam und achtete darauf, dass die notwendigen Auseinandersetzungen (z.B. mit der DKP-Führung) nicht zu unnötiger Polemik aufgebläht wurden.

Die Zusammenarbeit entwickelte sich. Wir haben Referate, die er vor DKP-Gruppen hielt, vorher gemeinsam durchgesprochen, wir haben ihn bei schwierigen Fragen – die Linke und die DKP betreffend – um Rat gefragt und in die Entscheidungen mit einbezogen.

Horst Mette wollte aber nicht nur diskutieren und mitentscheiden, er wollte auch materiell helfen. So wurde er Mitglied unseres Freundeskreises. Horst hat unsere Zeitschrift in allen Belangen unterstützt.

Dann überfiel ihn ein heimtückisches Krebsleiden, von dem es keine Heilung mehr gab. Die Medizin konnte nur noch hinhaltend und erleichternd ein-greifen. Trotz dieser grausamen Diagnose blieb er sich und seinem Wesen treu, wirkte, den Tod vor Augen, noch immer ruhig und ausgeglichen.

Horst Mette war und ist für uns ein bewundernswerter Mensch. Sein Tod ist ein großer Verlust.

Unser tiefstes Mitgefühl gilt seiner Frau und seiner Familie.

Redaktion offen-siv und Vorstand des Vereins zur Förderung demokratischer Publizistik

 

 

Wir trauern um Ulrich Huar

Ulrich Huar lernten wir kennen anlässlich einer Einladung bei Rosemarie und Hanfried Müller in Berlin, das muss etwa Mitte der 90er Jahre gewesen sein. Schon damals fiel er uns als klarer und streitbarer Genosse auf. Wir begegneten uns danach bei unterschiedlichen Gelegenheiten wieder und unsere Beziehung wurden intensiver. Ulrich Huar begann Artikel für uns zu schreiben und schließlich bereicherte er mit einem ausgezeichneten Referat zum Thema „Sozialistische Demokratie“ unsere Veranstaltung im Jahr 1999 zum Thema „50 Jahre DDR – Konferenz zur Verteidigung des revolutionären Erbes“.

Von da an entstand eine intensive kommunistische Freundschaft, so hat Ulrich Huar uns sehr geholfen und beraten im Vorfeld der Konferenz „Imperialismus und anti-imperialistische Kämpfe im 21. Jahrhundert“, die wir im Jahr 2000 in Berlin abhielten.

Aufmerksam geworden auf die Notwendigkeit der Forschung über die Geschichte des Sozialismus durch die Auseinandersetzungen der ehemaligen DKP-Gruppe Berlin Nord-Ost mit der DKP-Führung und die Rolle des „RotFuchs“ in dieser Situation, was ihn zum Austritt aus der DKP bewogen hat, machte er sich dann trotz seines sich langsam verschlechternden Gesundheitszustands an die Arbeit zur Erforschung der Stalin-Epoche der Sowjetunion.

Die Studien, die Resultat seiner Forschungsarbeit waren, haben wir gemeinsam mit der KPD und nach deren Spaltung mit der KPD(B) herausgegeben. Es ging um die Themen: Nationalitätenpolitik, Parteitheorie, politische Ökonomie, Militärtheorie. Ulrich Huar war ein unermüdlicher Arbeiter, der kaum Rücksicht auf seine Gesundheit nahm. Er hinterlässt uns mit diesen seinen grundsätzlichen Arbeiten ein wichtiges Vermächtnis.

Sein letzter öffentlicher Auftritt fand statt anlässlich der Feier zu Kurt Gossweilers 90. Geburtstag im November letzten Jahres. Dort erinnerte Ulrich Huar an die gemeinsamen Ziele der Forschungsarbeit, an die Notwendigkeit der klaren ideologischen Formierung der kommunistischen Bewegung und dankte Kurt Gossweiler für die wichtigen Impulse, die er von ihm erhalten hat. Die Gesundheit zwang ihn dann, die Veranstaltung vorzeitig zu verlassen. Wir machten uns ernsthaft Sorgen. Sie waren berechtigt. Am 11. Juni ist er gestorben.

Wir verlieren mit ihm einen der ganz Großen der marxistischen Theoriebildung in der noch immer anhaltenden konterrevolutionären Situation in Deutschland.

Persönlich gilt unser aufrichtiges Mitgefühl vor allem seiner Frau.

Redaktion offen-siv und Vorstand des Vereins zur Förderung demokratischer Publizistik

 

 

Wider den Abbau demokratischer Rechte

Bundesvorstand der GBM:
Die GBM – ein Menschenrechts-, Friedens- und Sozialverein

Erklärung des Bundesvorstandes der GBM zu fortgesetzten Angriffen auf linke Organisationen der Bundesrepublik im Osten Deutschlands.    Berlin, 1. Juli 2008

Die alte Bundesrepublik hat sich verändert. Die Einheit hat mehr Bewegung in das politische Spektrum gebracht, als viele noch vor zehn Jahren gedacht hätten. Das sterile und auf Neoliberalismus eingeschworene Vierparteiensystem wurde durch die PDS/Die Linke infrage gestellt. Sie stellt angesichts der dramatischen Veränderungen des sozialen Klimas Fragen der sozialen Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Folgerichtig wird sie von der herrschenden politischen Klasse rhetorisch ausgegrenzt und zur „roten Gefahr“ erklärt. Wer mit ihr koalieren will, wird als „Steigbügelhalter des Kommunismus“ verschrien.

Was mit der Linken und bündnisbereiten Kräften anderer Parteien an Verunglimpfung betrieben wird, hat seine Entsprechung im Umgang mit der Zivilgesellschaft. Ein Pluralismus gleichberechtigter politischer Akteure wird verfemt. Der vor 19 Jahren in der Euphorie der Einheit versprochene Dialog zu ihrer Vollendung degenerierte zum Unwort oder zur leeren Phrase. Konsequent linke Vereine, Organisationen, Bürgerinitiativen und Bewegungen, die sich für Frieden, Menschen- und Bürgerrechte einsetzen und gegen Sozialabbau, Diskriminierung und Neofaschismus wenden, sollen an den politischen Rand gedrängt, verunglimpft und kriminalisiert werden. Ihre Existenz- und Arbeitsbedingungen sollen erschwert und ihr guter Leumund, den sie durch engagierte und aufopferungsvolle ehrenamtliche Arbeit unter ihren Mitgliedern, Sympathisanten und Hilfsbedürftigen haben, zerstört werden. Denn sie wollen und können nicht darauf verzichten, die von ihnen kritisierte neoliberale Politik der Agenda 2010 oder der Bundeswehr und der NATO in den ihr zugrunde liegenden internationalen und innergesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnissen aufzudecken und anzuklagen. Sie sind keine „Randgruppe“. Sie sind eine machtvolle Opposition, die sich auf Einschätzungen und Stimmungen der Bevölkerung stützen kann, wie sie erst kürzlich die Friedrich Ebert Stiftung vorlegte - auch um die Chancen der Koalition im Bundestagswahljahr 2009 zu bemessen. Sie stellen eine große grundsätzliche Distanz der Bürger zur Politik fest. Drei von zehn Westdeutschen und sechs von zehn Ostdeutschen sehen die Verfasstheit der bundesdeutschen Demokratie kritisch. Gründe sind vor allem fehlende Problemlösungsfähigkeit und soziale Ungerechtigkeit. Kampfbereitere Gewerkschaften quittieren wachsenden Sozialabbau.

Das alles hat keineswegs nur mit dem, was die GBM macht, zu tun. Sie hat in vielen Fragen keine anderen Auffassungen als ein großer Teil der NGOs Deutschlands, ob es die Ablehnung der Aggressionskriege der USA und der NATO oder die Forderung ihrer Auflösung ist, ob es den Kampf gegen neoliberalen Sozialabbau, Arbeitslosigkeit, Altersarmut und Rentenungerechtigkeit, die Ablehnung des Schäubleschen Sicherheitsstaates oder den Kampf gegen Rassismus und Neofaschismus betrifft.

Die GBM ist Gründungsmitglied des Forums Menschenrechte und des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden. Das verweist auch auf ein Geburtsmal der GBM, das sie zur Zielscheibe prädestiniert. Sie ist östlicher Herkunft. Viele ihrer Mitglieder erlebten ihre Sozialisation in der DDR. Und Ostdeutschland ist auch innerhalb der gesamten Bundesrepublik immer noch ein großes menschenrechtliches Entwicklungsland. Das zeigen nicht nur weit höhere Arbeitslosigkeit oder immer noch gültiges Rentenunrecht, das zeigt auch die Enttäuschung von den Segnungen einer Gesellschaft, die inzwischen 38% der Ostdeutschen am liebsten gegen eine bessere tauschen würden - zum Vergleich: 22% der Deutschen insgesamt.

Und was soll eine Menschenrechtsorganisation in Deutschland tun? Soll sie die Defizite der Gesellschaft aufdecken und die Interessen der Menschen gegenüber der Gesellschaft zur Geltung bringen? Soll sie ihr Protestpotential entwickeln, wie es die GBM tut, oder soll sie die Menschen sozusagen auf Kurs der Bundesregierung bringen oder halten? Soll das die Rolle von Interessenvertretern in der Demokratie sein? Menschenrechtsorganisationen sind für Regierungen eben nicht handzahm.

Und die GBM hat ein Menschenrechtsprogramm, das nicht nur einzelne Fragen der Politik betrifft, sie ist keine sog. Einpunktbewegung sondern eine universelle Menschenrechtsorganisation, die bereits sieben Stellungnahmen als Parallelberichte zu Berichten der Bundesrepublik an die UNO abgegeben hat, zur Einhaltung des Sozialpaktes, des Zivilpaktes und der Rassismuskonvention, wie gerade erst wieder in diesen Tagen. Die GBM hat sowohl zahlreiche Stellungnahmen für das Bundesverfassungsgericht verfasst als auch Klagen beim Europäischen Gerichtshof eingereicht oder betrieben.

Die GBM, die auch aktiv im Europäischen Friedensforum tätig ist, bereitet mit diesem zum 10. Jahrestag des Überfalls der NATO auf Jugoslawien eine Europäische Friedenskonferenz vor. Ihren Anti-NATO-Standpunkt kann man wie ihre Opposition zum Afghanistan- und Irakkrieg oder zu Plänen der Aggression gegen den Iran nicht mit einem parlamentarischen Heiligendamm beantworten.

Die GBM ist eine international tätige Organisation, die nicht nur auf dem Boden des Grundgesetzes sondern auch der UNO-Charta steht. Das vertritt sie auch gegenüber der Bundesregierung, die mit den USA in einem Militärbündnis agiert, das nach der Devise handelt: Mit der UNO, wenn möglich, ohne die UNO, wenn nötig. Auch, was die Annahme von über 50 Gesetzen zum Ausbau des Sicherheitsstaates seit 2000 durch den Bundestag betrifft, so ist wohl kaum eine Menschenrechtsorganisation der Meinung, dass sie das Grundgesetz nicht aushöhlen. Dass soziale Menschenrechte es in Deutschland schwer haben, als gleichrangige Menschenrechte angesehen zu werden, was Konventionen verletzt, ist bekannt. Und wenn die GBM neben vielen anderen Persönlichkeiten Fidel Castro einen Menschenrechtspreis verliehen hat, der schon seit der kubanischen Revolution und als Vorsitzender der Blockfreienbewegung eine Hoffnung für die Menschheit ist, so steht es wohl denjenigen nicht zu darüber zu rechten, welche großen Erfolge sozialer Sicherheit er in seinem Land erzielte, die mit wachsenden Rüstungsausgaben und Kriegsvorbereitungen im neuen Jahrtausend mit dazu beitrugen, die Millenniumsziele der UNO, die extreme Armut und den Hunger bis 2015 zu halbieren, schon jetzt zu verfehlen.

Überdies ist die GBM eine ostdeutsche Organisation, die sich nicht der vom Westen beanspruchten Deutungshoheit über die Nachkriegsgeschichte, die DDR und die Biographien ihrer Bürger beugt. Doch weder enttäuschte Liebe noch trotzige Identifikation mit der DDR sind unsere Motive. Die DDR war eine legitime antifaschistische historische und moralische Antwort auf den Faschismus und kann nicht heute mit den fast gleichen antikommunistischen Argumenten, die schon Hitler für den Überfall auf die SU gebrauchte, delegitimiert werden.

Angesichts ihres universellen Profils scheint es heute einigen parlamentarischen, medialen und publizistischen Kräften, sowie auch offensichtlich rechtsradikalen Steinewerfern möglich und geboten, mit der Diffamierung der GBM die Gesamtpolitik der Bundesregierung und der NATO zu rechtfertigen oder ihre extremistischen Ziele ungestörter zu verfolgen.

Es besteht die große Gefahr, dass die politische Kultur des Landes sich über Politik und Politiker definiert, die sich über die Bekämpfung ihrer politischen Gegner profilieren wollen, statt eine Politik zu entwerfen und zu verfolgen, die eine Alternative darstellt, die aus Kriegen, Sozialabbau, Repression, Nichtachtung elementarer Menschenrechte und Raubbau an der Natur hinausführt.

Für den Vorstand: Professor Dr. Wolfgang Richter, Berlin, Bundesvorsitzender, 1. Juli 2008


Freie Deutsche Jugend, Zentralrat:
Stellungnahme der FDJ zu den Angriffen auf die Versammlungsfreiheit

Die Bayrische Staatsregierung hat einen Entwurf für ein Bayrisches Versammlungsgesetz vorgelegt, das sie noch dieses Jahr beschließen lassen will. Es schränkt die Versammlungsfreiheit ein. Weitere Bundesländer haben bereits eigene Entwürfe vorgelegt oder arbeiten daran.

Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht (GG Art. 8) und war bisher durch ein Bundesgesetz geregelt. Durch die sogenannte Föderalismusreform ist sie zum Spielball der Länder geworden. Die Bundesländer haben das Recht erhalten, das Versammlungsrecht durch eigene Gesetze zu regeln. Dieses Grundrecht - auf der Straße jetzt schon täglich von der Staatsgewalt niedergeknüppelt und per Grundgesetz auf „Deutsche“ beschränkt– wird damit auch noch zum Opfer der reaktionären, feudalistischen Kleinstaaterei. Eines unserer wichtigsten Grundrechte gegenüber dem Staat: Zerschlagen in 16 unterschiedliche Gesetze! Unsere Möglichkeit zum Widerstand: Gespalten!

Hier zeigt der Föderalismus seine wahre, hässliche Fratze. Am Leben geblieben durch die Feigheit der deutschen Bourgeoisie, den Feudalismus nicht vollständig abgeschafft zu haben. Von den Herrschenden schon immer genutzt den Widerstand zu spalten und niederzuschlagen, wie beispielsweise die Rätebewegung 1918/19. Und nicht zuletzt die Ursache für die Herausbildung besonders reaktionärer Horte, wie z.B. Bayern – Brutstätte der NSDAP.

Die DDR hat Schluss gemacht mit diesem Relikt aus dem Feudalismus und auf deutschen Boden erstmals den modernen Zentralstaat errichtet. Eine Republik auf antifaschistisch- demokratischer Grundlage, mit Grundrechten, die unteilbar waren und durch die Aufhebung des Rechtes auf Ausbeutung erstmals für alle Menschen gleiche Vorraussetzungen schuf, ihr Recht wahrzunehmen.

Auch in dieser Hinsicht ist die Annexion der DDR durch die BRD ein unermesslicher gesellschaftlicher Rückschritt, mit ihr ging auch die Zerschlagung des Zentralstaates DDR in sechs Bundesländer einher. Ein Rückschritt in mittelalterliche Zustände über den auch bunte Häuserfassaden und leuchtende Werbeschilder nicht hinwegtäuschen können.

Auf der anderen Seite ist es gerade dieser Rückschritt, von dem sich der deutsche Imperialismus nährt, in dieser Zeit, in der der absterbende Kapitalismus seinen letzten, zerstörerischen Überlebenskampf führt. Allen Imperialisten voran der Deutsche, der sich durch die Annexion der DDR zum dritten Mal in Position gebracht hat, den Weltfrieden zu gefährden.

Deswegen und nur deswegen haben die Herrschenden ihren Föderalismus „reformiert“, haben sie

25 Grundgesetzartikel umgeschrieben. Denn die sogenannte Föderalismusreform hatte nur ein Ziel: Den staatlichen Gewaltenapparat in den Händen des Bundes zu zentralisieren und die Rechte der Bevölkerung dem Wettbewerb um die reaktionärsten Landesgesetze preiszugeben und so den Widerstand zu spalten. Das Versammlungsgesetz ist hier nur ein gravierendes Beispiel.

Das ist ein Teil der Kriegsvorbereitung nach innen und das ist ein Teil der Annexionspolitik gegen die DDR, die mit dieser Änderung des Grundgesetzes ihren letzten Schliff bekommt. So wurde mit der Föderalismusreform auch die Verpflichtung des Bundes aufgehoben, im gesamten Bundesgebiet für gleichwertige Lebensbedingungen zu sorgen. Die westdeutschen Imperialisten hatten nie vor, diesen einst so heiligen Grundsatz in der DDR zu verwirklichen. Ihrer so geschaffenen Realität im Annexionsgebiet setzen sie damit nur noch den Stempel der Legalität auf und legen damit zugleich die Bedingungen für die künftige Eroberungspolitik des deutschen Imperialismus fest.

Wir werden nicht kampflos zusehen, wie die Versammlungsfreiheit in 16 Gesetzen zerfleddert wird. Die Föderalismusreform muss aufgehoben werden. Wir brauchen unsere Grundrechte, um gegen diesen Notstand der bürgerlichen Republik zu kämpfen und gegen seine Ursache, die Annexion der DDR.

FDJ, Zentralrat, Berlin

Kapitalismus hier und heute – aktuelle Analysen

Thomas Waldeck:
Kriminelle und nichtkriminelle Energie

Dreh- und andere Türen

Man sollte sich von der Vorstellung irgendeines speziellen "Lobbyismus" lösen. Gesetze werden von Ministerialbeamten und Ausschüssen entworfen - auf Initiative von Kapitalvertretern, oder sie werden von diesen bestätigt. Natürlich muss ein Gesetz nicht Kapital-Interessen berühren. Es darf allerdings diesen Interessen nicht im Wege stehen. Die Beamten oder externen Berater haben daran das eigene Interesse, ihren Sold in Aufsichtsräten oder Vorständen nicht zu verlieren, oder die feste Aussicht, nach Ausscheiden aus der politischen Laufbahn versorgt zu werden.

Hier einige Splitter der sogenannten "Drehtür"-Ordnung (zitiert nach LobbyControl): Helmut Bauer, Bankenaufseher der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, wechselt zur Deutschen Bank, Abteilung „Aufsichtsangelegenheiten”. Ex-Bundeskanzler Schröder ist unter anderem als Rechtsberater des Vorsitzenden des RAG-Vorstands und als Mitglied im Beirat der Rothschild-Investmentbank tätig. Otto Schily, vormaliger Innenminister (nach wie vor Abgeordneter im Bundestag) wurde später Aufsichtsratsmitglied bei Byometric Systems AG, und ebenfalls bei SAFE ID solutions AG – beides Unternehmen, die biometrische Anwendungen herstellen. In seiner Zeit als Minister hatte Schily biometrische Merkmale in Ausweispapieren eingeführt. Zuweilen wird in den Medien über "Nebeneinkünfte" und notwendige "Transparenz"-Gesetze spekuliert. Das alles ist der Wirklichkeit so fern, dass die Kapitaldiener nicht daran denken müssen, ihre Verbindungen mitzuteilen. Aus den Medien wurde Schilys Beratungstätigkeit für die Siemens AG bekannt. Schily weigert sich, diese Nebentätigkeit anzuzeigen und schon gar, wie diese aussieht.

Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement hatte als Arbeitsminister tief greifende Arbeitsmarkt"reformen" vorgenommen und wechselte dann in den Aufsichtsrat der Zeitarbeitsfirma "Deutsche Industrie Service Ag" (DIS AG). Außerdem ist er Aufsichtsratsmitglied beim Dienstleistungskonzern Dussmann, der Landau Media AG, bei RWE-Power und dem DuMont Verlag, sowie Vorsitzender im Beirat des Wissens- und Informationsdienstleisters Wolters Kluwer und Beiratsmitglied der US-Bank Citigroup. Nachfragen zu seinen Tätigkeiten beantwortete Clement nicht. Der ehemalige grüne Staatssekretär Matthias Berninger hatte im Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft unter anderen mit der "Übergewichtsepidemie" zu tun. Seit Februar 2007 arbeitet er beim US-Nahrungsmittel- und Süßwarenkonzern Mars. Bahn-Konzernchef Mehdorn hat in den letzten Jahren mindestens ein Dutzend Ex-Politiker in sein Lobbynetzwerk integriert. Hierzu gehören der Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt, die Landesverkehrsminister Franz-Josef Kniola, Otto Wiesheu, Hartmut Meyer, Jürgen Heyer und der bayrische Finanzminister Georg von Waldenfels.

Otto Wiesheus Geschichte: Während der Verhandlungen des Koalitionsvertrags der großen Koalition war er CSU-Verhandlungsführer zum Thema Verkehr. Wie Frontal21 berichtete, soll er maßgeblich dafür verantwortlich sein, dass aus der ursprünglichen Empfehlung zur Thematik Bahnprivatisierung das Wort „ob“ gestrichen wurde, so dass in der Endversion nur noch die Frage nach dem „wie“ auftauchte. Unmittelbar nach Beendigung der Koalitionsverhandlungen trat Wiesheu als Minister zurück und wurde in den Bahnvorstand berufen.

Joseph Fischer gründete mit anderen das European Council on Foreign Relations (ECFR). Dies ist eine Denkfabrik zum Thema Europäische Außen- und Sicherheitspolitik. Sie entstand auf Initiative und unter dem Dach der „Open Society Foundation“, die zum Stiftungsnetzwerk des Milliardärs und bekannten Spekulanten George Soros gehört. Inzwischen hat Fischer außerdem eine eigene Beraterfirma, die "Joschka Fischer Consulting", gegründet. Wen er dort wozu berät, hat er auf Nachfragen nie verraten.

Rezzo Schlauch, vormals parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und Fraktionsvorsitzender der Grünen, sitzt seit Oktober 2005 im Beirat des Energieriesen Energie Baden-Württemberg (EnBW). EnBW gehört zur Hälfte dem französischen Atomstromkonzern EDF und betreibt in Deutschland zwei Atomkraftwerke. - Soweit gekürzt aus der Studie von LobbyControl. Man kann sich denken, wie die Politik dieser Leute demnach wirklich aussah, aber auch wie die der jetzigen Politiker aussieht.

Weiter wird darauf verwiesen, dass der Drehtüreffekt "keine Einbahnstraße" sei (zitiert nach LobbyControl): Fliegende Wechsel gibt es auch von Unternehmen in die Politik. Es zeige sich, "wie gezielt diese Wechsel vorbereitet und für das Unternehmen nutzbar gemacht werden". Im Mai 1999 wechselte Prof. Dr. Heribert Zitzelsberger, langjähriger Chef der Steuerabteilung des Chemie-Riesen Bayer AG, als Staatssekretär ins Finanzministerium. Der damalige Bayer-Chef Manfred Schneider verkündete daraufhin den Aktionären auf der Hauptversammlung im April 1999: „Wir haben unseren besten Steuer-Mann nach Bonn abgegeben. Ich hoffe, dass er […] die richtigen Wege einleiten wird“.

Wie die Orientierungen und Ratschläge der Institute oder Wissenschaftler aussehen, die direkt von der "Wirtschaft" unterhalten werden, ist leicht denkbar.

D a b e i   haben wir es aber nicht vordergründig mit Kriminalität zu tun. Trotz Forderungen im Jahr 2006, zumindest einen "Ehrenkodex" einzuführen, gibt es dafür keine Vorlagen, auch nicht die geringsten.

Tatsächliche Kriminalität ohne Gewicht 

Die solcherart zustande gekommenen Gesetze zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Eigentümer der Produktionsmittel eher begünstigen als diejenigen, die diesen ökonomischen Hebel nicht haben. Somit herrschen die Kapitalisten politisch.

Was "Beratern", Beamten und Parlamentarien schlaflose Nächte bereitet, sind nicht Abwägungen gesellschaftlicher Widersprüche, sondern ganz konkret das Abwägen der Interessen von Konzerngruppe X und Konzerngruppe Y. (Außerdem muss erfunden werden, wie man diese am besten "darstellt".) Im Ergebnis sieht sich Kapitalgruppe X ungünstiger behandelt und fordert Nachbesserungen. Oder Kapitalgruppe Z meldet ebenfalls Ansprüche an. Da aber Gruppe Y nicht ergrimmt werden soll und der Politiker-Kollege die Gruppe X vertritt, muss ein anderer herhalten: Das Volk - ohne Eigentum an Produktionsmitteln.

Die Gesetze des Kapitalismus wachsen auf seinem eigenen Mist. Dennoch sollte man den Kapitalismus kriminologisch hinterfragen. Warum sind seine Gesetze unbeständig und nur wenig wert? Warum werden sie tendenziell wertloser? Weil diese Gesetze nur Ausdruck der Unbeständigkeit des Systems sind. Völlig ungeeignet, "Ordnung" zu schaffen, spiegeln sie nur die stets zunehmende Unordnung des Systems wieder. Die für die herrschenden Kräfte geschaffenen Gesetze sind nicht geeignet, deren Interesse langfristig zu bedienen. Erstens ändert sich deren Bedürfnislage genau so rasch wie sich die politischen und wirtschaftlichen Ereignisse überschlagen. Das ist das Bein, das sich der Kapitalismus selbst stellt; er kann nicht geplant werden, sondern fault ungleichmäßig auf der Basis unkoordinierter ökonomischer Einzelinteressen. Zweitens befinden sich die Monopole in ständiger Konkurrenz: Die Gesetzgeber sind gezwungen, das Volk immer rascher und gründlicher auszupressen. Drittens sind sowohl X wie auch Y und Z der übereinstimmenden Auffassung, das Volk sei ohnehin nicht ausgepresst genug. Sie fordern vereint einen höheren Pressdruck und werden mit jedem Geschenk maßloser. Deshalb haben Gesetze im Kapitalismus eine kurze Lebensdauer, und müssen immer rascher durch Änderungen und Ergänzungen aktualisiert werden.

In der 9. Wahlperiode des Bundestages (1980 - 1983) gab es 269 eingebrachte Gesetzesvorhaben, in der 11. Wahlperiode (1987 - 1990) schon 687 und in der 13. (1994 - 1998) bereits 1013 (Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages).

Die Gesetze waren gestern Wunschtraum, sind heute nicht mehr hilfreich und morgen hinderlich. Für all die Minister, Staatssekretäre, Ausschüsse, gibt es einen unendlich hohen Ereignisdruck. Die persönliche Maxime ist, soviel wie möglich für sich herauszuholen (was bedeutet, für die Auftraggeber) und dann den unmittelbar warmen Schoß der Kapitalisten suchen - bis die nächste Riege genau das selbe tut. Aber weder Beamte noch Parlamentarier oder Berater sind den launischen Wendungen der ungleichmäßigen Entwicklung gewachsen! Auf diese Weise sind die ebenso rasch wechselnden und wachsenden Bedürfnisse der Kapitalkräfte nicht erfüllbar und suchen nach anderen Wegen. Im Ergebnis werden die Gesetze gebrochen. Das hat kaum juristische Folgen, da justizielle und polizeiliche Orientierungen derselben Steuerung unterliegen.

Zudem entschuldigt das verbrechensfreundliche Klima nahezu alles Derartige, soweit es sichtbar wird. Sichtbar werden allerdings höchstens die getreuen Diener des Kapitals, die Politiker, während deren Immunität zugleich universell wird. Man denke an den Alt-Bundeskanzler Kohl, der der Korruption fast vollständig überführt, ohne Verfahren davon kam. Ihm wurde sogar erlassen, die eigentlichen Vorgänge offen zu legen. Denn er hatte gegenüber den Dunkelleuten Schweigen gelobt. Man denke an Max Strauß, der illegale Waffengeschäfte besorgte und freigesprochen wurde oder an die Berliner Bankenskandal -Politiker oder auch Steuerbetrüger Otto Graf Lambsdorf, der sogar nach einer (dafür akzeptierten) Verurteilung Ehrenvorsitzender der FDP war. Viele weitere Beispiele sind bekannt.

In Den Haag agiert ein außerreguläres Sondergericht einer Gruppe von NATO-Staaten unter der Bezeichnung "Internationaler Strafgerichtshof". Dieses Sondergericht betrachtet Subjekte innerstaatlichen Rechtes, Individuen, als Völkerrechtssubjekte. Dieser Status wird ihnen aber in keiner völkerrechtlichen Konvention eingeräumt. Auch die Internationalen Militärgerichtshöfe von Nürnberg und Tokio betrachteten Verbrechen  gegen Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit als internationale Verbrechen. Die Völkerrechtssubjekte sind in diesem Falle die Staaten. Das Ziel, das mit dem Sondergericht in Den Haag verfolgt wird, ist, das Völkerrechtsverbrechen der NATO-Aggression gegen Jugoslawien in Weihrauch zu hüllen und die Rechtshoheit von Staaten willkürlich einzuschränken.

Das Sondergericht besteht de jure überhaupt nicht. Denn nach dem in die UN-Charta integrierten Statut des Internationalen Gerichtshofes müssen die Richter von der UN-Vollversammlung bestätigt sein.

Das auf lange Sicht angelegte Grundgesetz der BRD hat keine Generation gehalten. Bei der Entstehung des Grundgesetzes waren sich X, Y und Z einig, dass akute Gefahr der Enteignung und Vergesellschaftung ihrer Produktionsmittel und Profite bestand. Der reale Sozialismus befand sich im Aufwind. In der Bilanz des faschistischen Hitler-Imperialismus ging von antikapitalistischen Werten eine große Anziehungskraft auf das Volk aus. Das Grundgesetz sollte schlicht den Sozialismus durch weitgehende Zugeständnisse verhindern. Es wurde später in einer Vielzahl von Fällen gebrochen (wie beim Wiedervereinigungsgebot, das in seiner Präambel ersetzt wurde durch die Feststellung, "die Deutschen hätten in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet" - eine reine Fälschung, da die Westdeutschen überhaupt nicht gefragt wurden und die DDR-Bürger bei der einzigen Wahlmöglichkeit (der Wahl zur Volkskammer 1990) sich mehrheitlich gegen den Anschluss nach Artikel 23 GG ausgesprochen hatten. Aber: Die Verfassungsbeschwerde einzelner Bundestagsabgeordneter wurde vom Bundesverfassungsgericht als "offensichtlich unbegründet zurückgewiesen". Gleich zweifach gebrochen wurde das Grundgesetz beim Verbot deutscher Angriffshandlungen und dem Gebot, deutsche Soldaten nur auf NATO-Territorium einzusetzen, wie im Falle des Jugoslawien-Bombardements und der weiteren Auslandseinsätze der Bundeswehr, die ständig ausgebaut werden.

Genauso problemlos werden die Grundrechte der Bürger durch die Geheimdienste gebrochen (bevor sie gesetzlich eingeschränkt werden). Das Grundgesetz ist aus Sicht der Bourgeoisie überlebt. Und die Justiz pariert. Beispielsweise wurden sämtliche Klagen gegen den Grundgesetzbrecher Schröder abgewiesen.

Zwischen 1949 und 2002 gab es 112 gesetzliche Änderungen in Grundgesetzartikeln. Um wieviel schneller altern die kleineren, gestern als "großer Wurf" gefeierten Gesetze über "Gesundheitsreform" oder die als einmalig dargestellte Aussetzung der Rentenanpassung! Das war ein illegitimer Raubzug bei den Rentnern, denn nach Art. 3 GG darf niemand wegen seines Alters benachteiligt werden. Dieser wurde dann legitimiert: Die am Preisindex ausgerichtete Rentenanpassung sowie die Aussetzung der Rentenanpassung zum 01. 07. 2004 wären verfassungsgemäß - so hat das Bundesverfassungsgericht befunden und die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Ein besonders offenkundiger Fall ist die Revision der sprachlich eindeutigen Festlegung "Die Dauer des Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen." (Art. 12a GG) Das Bundesverfassungsgericht hat indes für zulässig erklärt, dass der Ersatzdienst fünf Monate länger als der Wehrdienst dauert.

Die Justiz fungiert als Arm der herrschenden Klasse. Sie muss aber zunehmend vor Leuten geschützt werden, die ihr Vertrauen in "Rechtsstaat" und Justiz erproben und auf ihr Recht hoffen. Darum werden die Gesetze immer weiter und auslegbarer gefasst, wie der "Kompromiss" zum Mindestlohn. Dieser Gesetzestext definiert weder einen Mindestlohn, noch sichert er einen zu definierenden Mindestlohn. Tarife (von unternehmernahen Gewerkschaften) dürfen diesen unterschreiten. Das heißt, die Kriminalität wird bereits durch die Gesetzesschöpfer im Gesetzestext vorweg genommen. 

Das Klima des Verbrechens

Da dies alles nicht verborgen bleibt, übt es Vorbildwirkung auf die gesamte Gesellschaft aus. Zuerst natürlich auf die, die davon zuerst berührt werden, die Politiker. Der einzig geltende Ehrenkodex ist: Da jeder befangen ist, hat jeder zu schweigen. Öffentlich wird nichts kommentiert. Wie der Schmutz beschaffen ist, darin sie sich bewegen, wurde unter anderem deutlich, als vor einigen Monaten in Sachsen eine direkte Verbindung zwischen sächsischer Landespolitik und Justiz mit Organisierter Kriminalität und Kinderprostitution herauskam. Die Sache wurde öffentlich als "Korruptionsaffäre" herunter gekocht. (Bei sichtbaren und schwerwiegenden Defiziten im System ist nicht von "Skandalen" sondern nur von "Affären" die Rede.) Tatsache ist, dass nicht die sächsische Landespolitik allein involviert ist, sondern auch Bundespolitiker, dass die Sache seit Anfang der neunziger Jahre lief, aber auch, dass die Zeitungen bald "Konsequenzen in Korruptionsaffäre" meldeten. Welche? Der sächsische Innenminister Albrecht Buttolo hat Verfassungsschutzpräsident Rainer Stock abberufen und ins Innenministerium versetzt. Keine überaus harte Strafe, sollte man denken - und so fällt nicht weiter auf, dass Stock wahrscheinlich abberufen wurde, weil die Sache ruchbar wurde: Das Material stammte aus Verfassungsschutzakten. Der VS "hatte 2003 bis 2006 gegen die Organisierte Kriminalität ermittelt" - so die Pressemeldung. Und danach nicht mehr? Diese Akten verschwanden später auf mysteriöse Weise. Der Öffentlichkeit brauchte allerdings nicht einmal ein Bauernopfer präsentiert zu werden. Die Unbekannten gehen mutmaßlich in Ruhe weiter ihren mafiösen Trieben nach.

Die allgemein wachsende Auffassung von der Beliebigkeit geltenden Rechts ist die Konsequenz aus der rechtlichen Beliebigkeit der Spitze der Gesellschaft. Gewalt zur Aneignung fremden Eigentums muss in gewisser Hinsicht als legitim gelten. Amerikanische Finanziers und Politiker konnten ein fremdes Volk (zur Eroberung von Erdölquellen) überfallen, ohne geächtet zu werden. Ebenfalls faktisch legitimiert ist der Massenmord. Legitimiert wird der Massenmörder unter anderem durch Bundeskanzlerin Merkel, die ihn als Freund einstuft. Wenn Nachbar Lehmann Nachbarn Schulze überfällt und ermordet, um an dessen Besitz zu gelangen, muss er sich unter diesen Bedingungen nur die Frage stellen, was ihn vor der (für ihn allerdings zu erwartenden) Strafe schützen kann.

Dies gilt umso mehr für andere Delikte. "Rund die Hälfte der deutschen Lebensmittelbetriebe beachten die geltenden Hygienebestimmungen nicht." (Bericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Juli 2008) So entspricht auch der Umstand, dass Schnittkäse aus dem Jahre 1980, Abfall mit Würmern, Tinte, Plastik und Metallstückchen zermahlen, verpackt, bunt etikettiert und als Scheibenkäse neu verkauft wird, der herrschenden kapitalistischen Moral. Dem Kapital war es schon immer gleich, ob das Volk Dreck frisst. Die "Lebensmittelskandale" (scheinbar ohne beteiligte Politiker) heißen nunmehr so, weil sie  keine besonderen Skandale repräsentieren, sondern den Normalzustand.

Soziale Widersprüche erhöhen die Kriminalität. "Die erste, roheste und unfruchtbarste Form dieser Empörung war das Verbrechen" - so Friedrich Engels in "Die Lage der arbeitenden Klasse in England". "Der Arbeiter lebte in Not und Elend und sah, daß andere Leute es besser hatten als er. Seinem Verstande leuchtete nicht ein, weshalb er grade, der doch mehr für die Gesellschaft tat als der reiche Faulenzer, unter diesen Umständen leiden sollte." Der "soziale Krieg", für das England des 19. Jahrhunderts beschrieben, ersteht als breites soziales Geplänkel auf. Dies soziale Geplänkel fällt in dem Augenblick wieder in seine Urform zurück, da die Klassenverbindung der Arbeiter geschwächt ist - sowohl delegitimiert, als auch für den unmittelbaren Lebenserhalt noch nicht zwingend nötig.

Durch das noch deutliche Beispiel des Sozialismus tritt auch zunehmend bewusstere Empörung der Arbeiter (und Arbeitslosen - die ihrer Stellung gegenüber den Produktionsmitteln nach Arbeiter sind) über die bürgerliche Moral auf. Die Kirche beispielsweise erhält öffentliche Millionenzuwendungen. Sie ist damit an der Macht beteiligt, segnet oder ignoriert den Massenmord und Massenbetrug der Spitze und kann nicht halb soviel Glaubwürdigkeit aufbauen wie notwendig wäre, um das reale Beispiel außer Kraft zu setzen.

Unter diesen Umständen verhält sich Legalität zunächst wie ein Ideal. Für ein solches Ideal fehlt aber die Orientierungskraft, weil es weder der Psychologie noch der Ideologie der herrschenden Kapitalisten entspricht. Es gilt folglich in der Trivialliteratur (inklusive der Filmindustrie) als ehrbar, erfolgreicher Verbrecher zu sein; ein gut geplanter und durchgeführter "Coup" verschafft seinem Schöpfer Anerkennung. Auch "der perfekte Mord" ist des Rühmens wert. Damit entsteht das entgegengesetzte Ideal der geschickten Umgehung geltenden Rechts. Aufgrund der Rahmenbedingungen müssen sich die unmittelbaren Vertreter geltenden Rechts, wie Staats- und Rechtsanwälte und auch Richter, darin beweisen.

Dieser Realität untergeordnet ist die Gedanken- und Gefühlswelt jedes Heranwachsenden. Schließlich bildet die kapitalistische Gesellschaft für den Einzelnen ein scheinbar eindimensionales Verdrängungsgefüge. Das Kind lernt von klein auf, es muss seinen Platz behaupten. Denn auch bei den Eltern gilt: Bei Bewerbung, Beförderung, Entlassungsdrohung - stets ist der andere der Gegner. Ein ostdeutscher Arbeiter erklärte auf die Frage, was ihm beim Vergleich seines Arbeitslebens vor 1989 und heute zuerst einfällt: "Damals waren wir ein Kollektiv. Heute ist man Einzelkämpfer."

Dieser Kampf spiegelt sich in der allgemeinen Kriminalität wieder: In der DDR wurden für das Jahr 1987; 690 Straftaten je hunderttausend Einwohner erfasst, in der BRD über 6000. Tötungsverbrechen lagen im Vergleichszeitraum in der BRD fünfmal höher als in der DDR (obgleich die sozialistische Moral aufgrund revisionistischer Fehlorientierungen unterentwickelt blieb).

Der kriminologische Widerspruch des Kapitalismus verschärft sich ständig. Natürlich ist die Menschenverachtung des Kapitalismus - unabhängig von Einhaltung oder Bruch bestehender Gesetze - überall sichtbar. Die bürgerliche Moral-Fassade begleitet und sichert jedoch die kapitalistische Herrschaftsform. Diese wird zunehmend destabilisiert, da alle Moral in zunehmendem Tempo verwischt erscheint.

Der kriminologische Widerspruch des Kapitalismus ist teilweise auflösbar im Faschismus, zu dem der Imperialismus zwangsläufig tendiert. Die Endkonsequenz ist das brutalstmögliche Auspressen des Volkes - von dem wir derzeit noch ein Stück entfernt sind. Doch bewegen wir uns darauf zu, und das Tempo wächst. Es ist in diesem Zusammenhang durchaus wichtig, wie weit Italien als Bündnispartner der BRD auf diesem Weg fortgeschritten ist. Im Juli 2008 verabschiedete der Senat in Rom ein Gesetz, das die vier höchsten Repräsentanten des Staates mit General-Immunität ausstattet. Für kein Verbrechen können sie mehr verfolgt werden.

Thomas Waldeck

Mark Staskiewicz:
Deutschland ist Medien-Europameister 2008

Springerverlag spielt sich selbst die Bälle zu: 

In Zeiten einer Fußball-Europameisterschaft haben die Medien keine Nachrichtennot. Aber um als Zeitung aufzufallen und somit auch gekauft zu werden. Der Axel-Springer-Verlag ist dafür bekannt, dass ihm immer etwas Demagogisches einfällt, um in die Schlagzeilen zu kommen.

Die in Polen erscheinende Boulevardzeitung “Fakt” zeigte zu Beginn der Europameisterschaft den Trainer der polischen Nationalmannschaft mit Schwert und den deutschen Nationalspieler Ballack mit Pickelhaube. Dazu konnte man dann lesen: “Leo, wiederhole Grunwald“[1]. Des Weiteren wurde der deutschen Nationalmannschaft Betrug vorgeworfen. Man habe beispielsweise ein Abkommen mit Österreich: „Skandal! Unsere Gegner machen keinen Hehl daraus, dass sie sich auf das Ergebnis ihres Spiels einigen können. Diese Abmachung wäre für uns keine Überraschung.“

Und die in Deutschland erscheinende Bild-„Zeitung“ antwortete mit Sätzen wie „Polen unfairstes Team der WM - Vorsicht vor den Roten Rüpeln“. Bei Springers „Welt Online“ las man z.B.: „Was, bitte, ist nur in unsere Nachbarn, die Polen, gefahren?“.

Interessant sind hier aber weniger die konkreten Zitate als vielmehr die Tatsache, dass sowohl die polnische „Fakt“, als auch die „Bild“ bzw. „Welt“ zu dem gleichen Medienriesen gehören, der Axel-Springer-AG. Der Springerverlag macht folglich in Polen Stimmung und zitiert dann hierzulande aus seiner polnischen Zeitung und empörte sich, wie man so etwas schreiben kann. Wie die Medien aufmerksam zeigten, ein voller Erfolg für den Springerverlag.

Über Ursachen und Folgen:

Eine kapitalistische Zeitung lebt davon, dass sie verkauft wird. Wie auch bei Konzernen in der Produktion, so gibt es auch bei den Zeitungen einen Prozess der Monopolisierung. Das Springer-Monopol versucht ständig seine Auflage zu erhöhen, seinen Konkurrenten Leserinnen und Leser abzuwerben, so nicht nur hier, sondern überall, also auch in Polen. Dort versucht Springer seine derzeitige Führung bei den überregionalen Boulevardzeitung zu festigen und auszubauen. Derzeit hat die Zeitung „Fakt“ eine Auflage von 500.000 Exemplaren. Der Hauptkonkurrent in Polen ist die Zeitung „Super Express“[2] mit einer Auflage von ca. 370.000 Exemplaren. „Super Express“ warf Springer einst vor, die „Fakt“-Zeitung unter dem Produktionspreis zu verkaufen, um „Super Express“ als lästige Konkurrenz platt zu machen. Man klagte sogar gegen Springer, konnten sich aber nicht durchsetzen. Also musste „Super Express“ den Preis mit der Zeitung „Fakt“ gleichsetzen. Angesichts dieser Tatsache braucht es einen nicht wundern, dass die Zeitung „Super Express“ gezwungen ist, bei den Schlagzeilen noch einen drauf zu setzen, um sich wieder Vorteile gegenüber „Fakt“ zu verschaffen. Die Folge war dann die Fotomontage von „Super Express“, auf der Polens Nationaltrainer Leo Beenhakker die abgeschlagenen Köpfe von Löw und Ballack in den Händen hält. Die Schlagzeile lautet: „Leo, bring uns Ihre Köpfe“. Das kam der deutschen „Bild“ natürlich mehr als gelegen.

Im konkreten Fall wurde sowohl in Polen als auch in Deutschland Nationalismus und Chauvinismus durch die Schlagzeilen aus dem Hause Axel-Springer bewusst provoziert.

Der deutsche Nationalspieler Miroslav Klose (der in Polen geboren ist) konnte die Folgen solcher Schlagzeilen in seinem Internetgästebuch spüren, denn dort wurde er von deutschen und polischen Nationalisten beschimpft. Aber auch sonst heizten solche Schlagzeilen die Stimmung an. Nach dem Spiel Deutschland gegen Polen kam es zu Schlägereien und beidseitig rassistischen Parolenrufen von mehreren hundert Personen.

Der ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an die Wirkung von der Bildzeitung-Schlagzeilen zu einem der führenden Personen der Studentenbewegung. Damals schrieb Bild: „Rudi Dutschke – Staatsfeind Nr. 1“. Die Folge war, das Rudi Dutschke sich kaum noch auf der Straße blicken lassen konnte, da der Hass so geschürt wurde, er wurde im übrigen später angeschossen und starb einige Jahre danach an den Spätfolgen dieses Attentats.

Deutschland ist schon Europameister - bei den Medien:

In der Liste der umsatzstärksten Medienkonzerne kommt nach fünf US-Konzernen die deutsche Bertelsmann AG, mit einem Umsatz von 18,758 Mrd. Euro im Jahre 2007. Die Bertelsmann AG ist der größte europäische Medienkonzern. So kann sich Deutschland als Europameister im Bereich der Medien sehen.

Auch auf dem Zeitungsmarkt kann der deutsche Imperialismus große Monopole sein Eigen nennen. Wir haben ja hier schon über die Axel-Springer-AG geschrieben, zu der die Zeitungen Bild, Die Welt, B.Z., Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt, Hörzu, BildWoche, Funkuhr, TV Neu und TV-Digital gehören. Die Axel-Springer-AG hat aber auch in anderen Ländern Töchter, wie die Zeitung Fakt in Polen.

Ein weiteres bekanntes Medienmonopol ist die WAZ-Mediengruppe. Zu ihr gehören (z.T. nicht komplett sondern mehrheitlich) die Westdeutsche Allgemeine Zeitung  (WAZ) , die Neue Ruhr/ Neue Rhein Zeitung (NRZ), die Westfalenpost (WP), die Westfälische Rundschau (WR), der Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung (IKZ), die Borbecker Nachrichten, die Werdener Nachrichten, die Thüringer Allgemeine, die Osttühringer Zeitung und die Thüringische Landeszeitung,  die Braunschweiger Zeitung, der Grong, Bild + Funk, Die Aktuelle, Das goldene Blatt, Echo der Frau, Ein Herz für Tiere, Frau im Spiegel usw. Dazu kommen u.a. noch 15 Radiosender.

Aber dem nicht genug. Im Zeitalter des Imperialismus bleiben auch die Zeitungsmedien nicht nur im „Heimatland“, sondern versuchen sich international auszuweiten und auch in anderen Ländern die Zeitungsmedien zu kontrollieren. Die WAZ-Mediengruppe hat diesbezüglich eine sehr erfolgreiche Geschichte. Gerade nach der Auflösung Jugoslawiens konnte man in den dort neu entstandenen Staaten eine führende Stellung erringen. Die WAZ-Mediengruppe hat Schwesterzeitungen in Österreich, Ungarn, Bulgarien, Kroatien, Rumänien, Serbien und Mazedonien. Natürlich kann man so auch prima Presse für den deutschen Imperialismus machen, was auch den wachsenden Einfluss von deutschen Konzernen begünstigt.

Medien, Wirtschaft und Politik:

Die Medien haben direkte Verbindungen zur sonstigen Wirtschaft (Banken, Konzernen der Produktion, Dienstleistungsunternehmen usw.) und zur Politik. Diese Verbindungen existieren z.B. in Form von Aufsichtsratsposten. So gibt es Aufsichtsräte, die sowohl in den Medienaufsichtsräten sitzen, als auch in sonstigen Aufsichtsräten (z.B. bei der Deutschen Bank oder VW). Und auch Politiker sitzen in Aufsichträten. Des Weiteren gibt es Führungspersönlichkeiten der Medienkonzerne, die Mitglied in einer der herrschenden politischen Parteien sind. Bei den öffentlich rechtlichen Medien gibt es zusätzlich noch direktere Verbindungen zur herrschenden Politik.

Die Medienkonzerne sind aber dennoch nicht einfach nur Marionetten von Wirtschaft und Politik, die also nur machen, was man ihnen sagt. Nein, auch sie haben eine relative Eigenständigkeit, so wie auch der staatliche Überbau eine gewisse relative Eigenständigkeit behält, obwohl die ökonomische Basis die bestimmende Kraft einer kapitalistischen Gesellschaft ist. Des Weiteren ist es so, dass es innerhalb des deutschen Imperialismus in bestimmten Fragen unterschiedliche Meinungen, Interessen, Strategien und Ziele gibt. Medien haben den Vorteil, dass sie sehr leicht, von heute auf morgen, ihre Positionierung wechseln können. Ja es kann sogar vorkommen, dass in einer Zeitungsausgabe zwei unterschiedliche Meinungen (z.B. bezüglich der Zusammenarbeit oder Konfrontation mit dem US-Imperialismus) zu finden sind.

Die Medien sind aber eben auch ein wichtiges Medium für den deutschen Imperialismus, seine Interessen innerhalb der Massen populär zu machen und sie für sich zu gewinnen. So z.B. in Zeiten der Vorbereitung oder Durchführung von Kriegen, wo die bürgerlichen Medien zur „Vaterlandverteidigung“ aufrufen (und dies ist auch im eigenen Interesse, da man ja auch seine Monopolstellung gegen ausländische Konkurrenten verteidigen will). Oder auch, wenn es um Sozialkahlschlag geht, wo es oft Berichte gibt, die uns vermitteln sollen: „Wir müssen alle den Gürtel etwas enger schnallen“, als auch z.B. in nationalistischen Offensiven wie „Du bist Deutschland“, für die sich auch gut Großevents des Sports oder auch anderer Art eignen.

Die bürgerlichen Medien sind natürlich nicht unparteiisch, obwohl sie sich gern so darstellen. Sie ergreifen durchaus Partei – das ist ihr Wesen und ihr Klassenauftrag. Beim Axel-Springer-Konzern gab es fünf verlagsinterne Grundsätze. Darin fand man einst z.B. die „Nichtanerkennung der DDR“. Ein zentraler Punkt, der die Parteilichkeit zeigt, ist der Punkt „Verteidigung der sozialen Marktwirtschaft“, den man mit einer Verteidigung des Kapitalismus übersetzen kann. Hetze gegen den Sozialismus / Kommunismus stets inklusive.

Nicht alles glauben, sondern durchblicken:

Beispiele wie die  Fakt-Bild-Diskussion zeigen, dass wir den bürgerlichen Medien nicht einfach alles glauben dürfen. Natürlich ist dies leichter gesagt als getan, denn welche Gedanken herrschen vor? Marx schrieb in der Deutschen Ideologie „als wenn die herrschenden Gedanken nicht die Gedanken der herrschenden Klasse wären“  [Marx-Engels-Werke Bd. 3; S.47] und (so sagen wir jetzt weiter) gegen diese herrschenden Gedanken, die sich in den bürgerlichen Medien widerspiegeln, muss man erst einmal ankommen. Dies geht nur, wenn wir nicht einfach etwas glauben, sondern selbst prüfen, wer welche Interessen hat und deshalb auch etwas bestimmtes sagt oder behauptet.

Ein wichtiges Instrument, um den Durchblick im Kapitalismus zu bekommen, ist das von Karl Marx geschriebene Kapital. Dieses ist eine wichtige Waffe im Kampf gegen den Kapitalismus, der durch eine höhere Gesellschaftsformation, durch den Sozialismus abgelöst werden muss.

Fallen wir nicht auf die Hetze rein, studieren und kämpfen wir für unsere Befreiung von der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung.

Mark Staskiewicz, Berlin

Die „Linkspartei“

Redaktion offen-siv:
Die Partei „Die Linke“

Die Illusionen in die Linkspartei wachsen leider noch immer in den Himmel. Dabei kann man sich ja mit Recht fragen, was sie denn noch alles an anti-kommunistischen, gewerkschaftsfeindlichen und pro-militaristischen Eskapaden aufführen kann, ohne das ihr „linkes“ Ansehen beschädigt wird. Wir sind eher für Realismus statt für Illusionen und dokumentieren deshalb im folgenden einige Schlaglichter auf den aktuellen Zustand der Partei „Die Linke“. Wir beginnen mit dem Thema Antikommunismus, also mit dem Verhältnis der „Linken“ zur DKP. Dann werfen wir einen Blick auf die Israelpolitik im Zusammenhang mit dem so oft beschworenen und immer wieder ausgehöhlten antimilitaristischen Grundkonsens der Partei, dokumentieren die Politik des Berliner Senats gegen die Gewerkschaft Ver.di, um schließlich mittelfristig-strategischen Überlegungen Raum zu geben. Dazu zitieren wir Volker Bräutigam von www.steinbergrecherche.com, Hans-Ulrich Jörges vom Magazin „Stern“, Markus Wehner von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Daniel Behruzi von der „jungen Welt“. Die Texte sprechen für sich.

Redaktion offen-siv, Hannover


Volker Bräutigam:
Partnerschaft ohne Zukunft – Die LINKE und die DKP (Auszüge)

Wer mit wem regieren, wer sich von wem (nicht) wählen lassen wolle /dürfe/könne/werde, mit welcher Koalition Macht resp. Teilhabe daran erreichbar wäre: Alleweil spielen im öffentlichen Diskurs solche Fragen eine weit größere Rolle als das Wozu, die Diskussion über Programme und politische Aussagen. Gegenwärtig nervt es ganz besonders, das Geschwafel über Koalitionen, weil damit verhindert werden soll, was gemäß den Interessen des Wirtschafts-imperiums keinesfalls kommen darf: Nachdenken über Ziele und Chancen (halb-)linker Regierungsbündnisse. Die wären möglich, und gerade deshalb werden sie heftig tabuisiert. 

Und wie agiert die Linke in diesem Chor, die Linke links neben der SPD? Euphorisch nahm die DKP auf, dass über die Liste der  LINKEn nach Jahrzehnten erstmals wieder eine Kommunistin in einen Landtag einzog. Der Euphorie folgen aber nach medizinischer und auch nach soziologischer Erkenntnis meist nur die Agonie und danach der Exitus. Inzwischen ist die Abgeordnete Wegner denn auch schon fraktionslos. Ergebnisse und Gewicht ihrer Arbeit werden mit diesem einsamen Status korrespondieren. Es wäre albern, mehr zu erwarten.

Antikommunismus pur

Nach wie vor versprechen sich auch Vertreter der LINKEn, soweit sie frei sind von Berührungsängsten, noch Vorteile von einer Zusammenarbeit mit der DKP, vor allem auf kommunaler und regionaler Ebene. Es scheint sich kaum jemand daran erinnern zu wollen, dass und warum in den drei Jahren nach 1990 das Projekt scheiterte, Linkssozialisten (PDS) und Kommunisten (DKP) aus Ost und West unter einer gemeinsamen Dachorganisation zusammenzuführen. Das Nicht-Erinnern verwundert, denn sozialdemokratisch eingefärbte Repräsentanten der LINKEn wie Gregor Gysi und Bodo Ramelow müssten die Mitglieder ihrer eigenen Partei ebenso wie die der DKP eigentlich wachgerüttelt und ihnen klargemacht haben, was für die LINKE Sache ist: Antikommunismus pur. 

Die LINKE braucht die DKP nicht (mehr). Die DKP stört. Besonders bei LINKEn-Schmuseversuchen mit der SPD und beim Hangeln nach Regierungsbeteiligungen, nach geld-bringenden Parlamentsmandaten, bei der Pöstchenjagd nach Staatsämtern. Die DKP sollte sich nicht länger Illusionen hingeben, sondern schleunigst auf den Boden der Tatsachen zurückkommen.

Garantiert kommunistenfrei

Auf Bundesebene hat der Gesetzgeber das „Huckepackverfahren“ (Mitglieder fremder Parteien kandidieren auf den Listen der Wahlparteien) bereits ausgeschlossen. Die Länder werden bald nachziehen. Niedersachsen (und Hamburg, wo es für einen auf Listenplatz 10 der LINKEn angetretenen Kommunisten ohnehin nicht zum Einzug reichte) werden einmalige Sonderfälle bleiben. Bei den nächsten Landtagswahlen kommen keine Kommunisten mehr in die Parlamente. Garantiert nicht. Mag sein, dass Kooperationen auf kommunaler Ebene noch ein Weilchen in kleinen Projekten Erfolge zeitigen. Wie lange das gut geht, ist offen. (…)  Viel deutet zwar darauf hin, dass unser Gemeinwesen revolutionären Bedarf entwickelt. Bis zu einem vor-revolutionären Stadium der Gesellschaft ist es aber noch ein sehr weiter Weg. Die LINKE wird ihn ganz sicher nicht bis zu seinem Ende mitgehen. Es besteht schon jetzt kein Grund mehr zu der Hoffnung, eine nennenswerte gemeinsame Basis DKP-LINKE könne aus der konkreten gemeinsamen Arbeit auf den unteren Ebenen allmählich erwachsen.

Beteiligung im Parlamentsbetrieb

Die LINKE wird der DKP die Wahlempfehlungen, die Unterstützung in den Wahlkämpfen, das Mitwirken mit personellen und sachlichen Mitteln und die ideelle Mitarbeit nicht danken. Sie wird der DKP zeigen, dass sie Kommunisten als politisches Hindernis und ihre Partei als Gegner betrachtet und eben nicht als potentielle Verbündete. Die LINKE will mit ihrem Kurs Richtung Beteiligung im Parlamentsbetrieb Erfolg haben. Wohlmeinende und schärfer denkende LINKE- Mandatsträger wie Wolfgang Gehrcke und Sahra Wagenknecht ändern das Verhältnis zu und den Umgang mit der DKP nicht.

Neigung zum Verrat

Die LINKE wird höchstens noch fünf Jahre und damit viel weniger Zeit als seinerzeit die GRÜNEN brauchen, bis sie in dieser bürgerlichen Gesellschaft „ankommt“ (d.h. bis sie sich unter Preisgabe ihrer sozialistischen  Prinzipien den herrschenden Verhältnissen assimiliert hat. Berliner Verhältnisse gab es ja auch schon einmal in Mecklenburg-Vorpommern). Die Zukunft der LINKEn ist die Zukunft einer linkssozialdemokratischen, bürgerlichen Partei ohne marxistischen Hautgout. Allerdings mit der seit Ebert, Noske und später Brandt traditionell sozialdemokratischen Neigung zum Verrat; zum Verrat an den kommunistischen Weggefährten ebenso wie an den eigenen Grundsätzen. (Brandt? Ja doch: u.a. Urheber des der Demokratie abträglichen „Radikalen-Erlasses“, des Berufsverbots für abertausend „Verfassungsfeinde“)

Die GRÜNEN brauchten zwei Jahrzehnte für einen vergleichbaren Prozess. Sie starteten bekanntlich als „Anti-Partei-Partei“ Anfang der 70er Jahre. Erst Mitte der 80er stießen sie ihren öko-sozialistischen Flügel ab (Trampert, Dithfurt, Ebermann). Fortbestehende Spannungen zwischen „Fundis“ und „Realos“ lösten sich erst Ende der 90er Jahre, als ihr Vormann Fischer alle pazifistischen Ansprüche verwarf und die GRÜNEN zur Kriegpartei, zu einer olivgrünen FDP machte. Heute dominiert in der Partei eine ökofarbene, stockkonservative, gewerkschaftsfeindliche Mehrheit. Ströbeles rote Stola taugt, genau wie der Kerl selbst, nicht einmal als linkes Feigenblatt.

Den gleichen Weg zur respektierlichen Bürgerpartei wird die LINKE sehr viel schneller zurücklegen. Der Kern der LINKEn ist eh längst bodenständig sozialdemokratisch und wird umspült von einer reaktionären Strömung aus dem Bereich der ehemaligen PDS. Diese zentralen Kräfte der LINKEn behandeln ja schon ihre eigenen Parteigenossen von der internen Kommunistischen Plattform geradezu als Feinde und schieben gleichzeitig den ganzen Parteikarren nach rechts. Das wird in allen Fragen ersichtlich, nicht nur in denen, die sich zum Umgang mit Kommunisten und nach der Konsequenz aus einer sozialistischen Menschen- und Weltsicht stellen. Die LINKE will keine grundsätzlich neue Gesellschaft. Folgerichtig hat sie auch keinen Entwurf dafür. Sie folgt keiner Utopie. Sie strebt nur die Korrektur gegenwärtiger gesellschaftlicher Fehlentwicklungen an. Das ist nicht eben wenig. Die Korrekturen sind durchaus auch im Sinne der DKP. Aber sie reichen einer kommunistischen Partei nicht, weil sie keine grundsätzliche Veränderung herbeiführen. Beispiel: „Keine Kriegseinsätze der Bundeswehr“ (die LINKE), das wäre fortschrittlich. Aber nur der sofortige Austritt aus der NATO in Verbindung mit einem Bekenntnis zu absoluter Neutralität Deutschlands wäre etwas grundsätzlich Anderes, wäre radikal.

Reparaturen

Es gibt wohl einen (minimalen) „Linksruck“ in unserer Gesellschaft (=eine Abwanderung vormaliger SPDler zu den LINKEn). Das Geschrei der Konzernmedien über diese Erscheinung („Wie links wählen die Deutschen?“ usw.) ist allerdings völlig abwegig, wenn auch nicht absichtslos: Es dient der Verstetigung des neokonservativen Kurses. Hinter dem „Linksruck“ steckt nicht die Spur von Begehr nach radikaler Umwälzung und Neubeginn. Ein leichter bürgerlicher Linkstrend ist keine revolutionäre Erscheinung. Der gegenwärtige Erfolg der LINKEn beruht darauf, dass sie nichts radikal ändern, sondern nur überfällige Reparaturen am Bestand vornehmen will und sich keinerlei politische Neuanschaffung zum Ziel setzt. Hätte sie weitergehende Ansprüche, dann teilte sie ihr Schicksal mit dem der DKP. Aber Armut und fehlende gesellschaftliche Relevanz fürchtet diese LINKE mehr als der Teufel das Weihwasser.

Die LINKE und die DKP können nicht auf Dauer zusammengehen. Sie sind keine potentiellen Partner, sondern bereits jetzt tendenziell Gegner. Gysis und Ramelows und Bries  verächtliche und aburteilende Sprüche über die kurzfristigen Kooperationen mit der DKP in Niedersachsen und Hamburg zeigen das deutlich.

Kommunisten müssen sich wohl oder übel in Geduld üben und ertragen, dass ihre Partei in Deutschland nur en miniature existiert. Der DKP kann es noch auf lange Zeit nur um Qualität gehen, nicht um Quantität. Ums Mitdenken, nicht ums Mitwirken. Es mag sie trösten, dass die radikale Veränderung der Welt ohnehin nicht von Deutschland aus möglich ist und hier nicht beginnen wird. Deutsche werden bei einem zweiten Anlauf wohl unter den Letzten sein. Das macht ihr Ringen um eine bessere Zukunft aber nicht bedeutungslos.

Volker Bräutigam, www.steinbergrecherche.com, 28.2.08


Markus Wehner (FAZ):
Im Korsett der Reinen Lehre  (Auszüge)

Die Empörung der Genossen ist groß. Am 60. Jahrestag der Gründung des Staates Israel , am 8. Mai, schmückt eine israelische Flagge die Homepage der Partei „Die Linke“.“Runternehmen!“, fordern einige ideologisch gefestigte Kämpfer gegen den Zionismus in ihren Mails an die Parteizentrale, das Karl-Liebknecht-Haus in Berlin. Doch der Davidstern zwischen den blauen Streifen auf weißem Grund wird zumindest bis zum nächsten Tag nicht verbannt.

Gregor Gysi legt eine Woche später nach. Der Fraktionschef geißelt in einer Rede vor der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung den Antizionismus, „der für die Linke insgesamt, für die Partei „Die Linke“ im Besonderen, keine vertretbare Position mehr sein kann“. Gysi wendet sich gegen die einseitige Bewertung des Nahostkonflikts als eines „Befreiungskampfes des palästinensischen Volkes“. Und er spricht seine „Bewunderung“ für den Staat der Juden aus. Es heißt es gut, dass die Solidarität mit Israel ein fester Bestandteil der „deutschen Staatsraison“ sei – gerade auch im Hinblick auf eine künftige Regierungsbeteiligung seiner Partei. Gysi, so berichten mit ihm vertraute Genossen, sei noch tagelang hochzufrieden gewesen, dass er dieses Signal gesetzt habe…

Gysi steht nicht allein. „Ich wende mich gegen jene Kräfte in der Partei, die mit Verbissenheit solche rückwärts gewandten Positionen verteidigen“, sagt Fraktionsvize Bodo Ramelow, der schon lange eine neue Haltung der „Linken“ zu Israel fordert. „Für Hamas und Hizbullah besteht Freiheit hauptsächlich in der Freiheit, Israel zu zerstören“, findet Ramelow, der im Juni „eine religionspolitische Reise“ nach Israel antreten will. Gysis Rede sei „kein Zufall und auch kein Betriebsunfall“. Die außenpolitische Revolution steckt aber noch in den Kinderschuhen. Nur vorsichtig machen einige „Linke“ erste Lockerungen, um sich aus dem Korsett der reinen Lehre zu befreien. Etwa bei der Frage nach Auslandseinsätzen der Bundeswehr. So haben sich bei den Abstimmungen im Bundestag zu den UN-Missionen in Darfur und Sudan in den vergangenen zwei Jahren einige Abgeordnete der Stimme enthalten – gegen die Beschlusslage der Partei, nach der jeder Einsatz deutscher Soldaten außerhalb der eigenen Grenzen eine Todsünde ist. Im Jahr 2006 taten dies erstmals sieben Parlamentarier. „Damals war danach noch die Hölle los“, erinnert sich einer. Im vergangenen Jahr waren schon 15 „Linke“ der Meinung, dass man nicht gegen die Verlängerung der UN-Missionen in Darfur stimmen könne. Neben Gysi und Ramelow gehören die Fraktionsvizes Klaus Ernst, Gesine Lötzsch und Barbara Höll, Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau und Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch zu den Abweichlern.  …

Die Bundestagsfraktion hat kein Problem damit, Anträgen der großen Koalition wie der Novelle des Waffengesetzes oder einer Erhöhung des Wehrsoldes einstimmig zuzustimmen. Eine pazifistische Partei ist die „Linke“ eben nicht, wie Lafontaine betont. Der Parteichef hätte aber den Schlüssel, um die Türen zu einer realistischen Außenpolitik zu öffnen. Denn trotz seiner Vorliebe für populistische Parolen tut sich der einstige SPD-Vorsitzende schwer damit, den radikalen Losungen seiner Partei, etwa von der Abschaffung der Nato, zu folgen. …Eine außenpolitische Kurskorrektur will Lafontaine indes (noch) nicht betreiben. Zu riskant erscheint das für seine Strategie, alles maximalen Wahlerfolgen unterzuordnen. Zudem will er seine treuesten Anhänger in der Partei, die Linken in der „Linken“, nicht verprellen. …

Markus Wehner, Im Korsett der einen Lehre, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 25.5.08


Daniel Behruzi (jW):
Berliner Koch-Kopie – und andere

Der Berliner SPD-Linke-Senat bleibt Vorreiter beschäftigungsfeindlicher Politik. Nicht nur ist Berlin das einzige Bundesland, in dem nach den Verkehrsbetrieben auch die rund 60.000 Landesbediensteten in einen unbefristeten Arbeitskampf gezwungen wurden. Jetzt folgt „Deutschlands linkeste Landesregierung“ auch noch dem Vorbild des CDU-Hardliners und hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch: Am Dienstag (15. Juni 08; d.Red.) beschloss der Senat, seinen Beschäftigten einseitig zwei Einmalzahlungen von jeweils 300 Euro für 2008 und 2009 zu gewähren. Doch was als Wohltat daherkommt, ist schlicht ein Lohndiktat. Tarifverträge? Unnötig! Gewerkschaften? Überflüssig! Das ist die Botschaft, die SPD und Linkspartei – nach Aussage des regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) in großer Einmütigkeit – aussenden. Die Zahlung sei „ein Zeichen der Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagt Wowereit. Doch ist sie das genaue Gegenteil. Nach Jahren ohne jegliche Lohnerhöhung bedeuten die Einmalzahlungen nicht einmal den Ausgleich der Preissteigerungsrate. (aus: jW, 16. Juli 08, D. Behruzi, Berliner Koch-Kopie)

Empört sind die Gewerkschaften vor allem darüber, dass der Senat mit dem Beschluss zugleich die Tarifverhandlungen für beendet erklärt hat. „Das ist eine Unverschämtheit. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit verhält sich damit kaltschnäuziger als Roland Koch in Hessen“, kritisierte Peter Sinram, Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin gegenüber jW. … Sein Fazit: „Wir haben in Berlin eine angeblich linke Koalition – und ausgerechnet die ist die arbeitnehmerfeindlichste Landesregierung im ganzen Bundesgebiet.“

Aus der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus hieß es, die Einmalzahlungen seien „eine Geste des guten Willens“. (aus: jW, 17. Juli 08, D. Behruzi, Tarifdiktat oder Wohltat?)

Wirtschaftssenator Harald Wolf rechtfertigte das Vorgehen der Linkspartei im Berliner Senat mit dem „Spannungsverhältnis“, in dem diese stehe: „Bei aller Sympathie mit den Gewerkschaften und den Forderungen der Beschäftigten“ müsse die Die Linke in Berlin als „Arbeitgeber“ auftreten. …

Die Forderung nach einem Austritt der Linkspartei aus der Berliner Regierungskoalition beantworteten Funktionäre der Partei damit, dass CDU, FDP und Grüne keine besserer Politik machen würden.

Wolfgang Alvers stellte kategorisch klar: „Die Regierungsbeteiligung in Berlin steht derzeit nicht zur Disposition.“ Schließlich sei „Rot-rot eine bundesweite Option, so, wie wir es hier in Berlin vormachen.“ (aus: jW, 18. Juli 08, D. Behruzi, „So, wie wir es vormachen“)

„Rot-rot“ ist ein Referenzprojekt: Die SPD, und insbesondere der „Realo“-Flügel in der Linkspartei, möchten dem Kapital die „Regierungsfähigkeit“ dieser Koalition beweisen. Schließlich will man auch in anderen Bundesländern – und letztlich im Bund – an die Fleischtöpfe der Macht. (aus: jW, 16. Juli 08, D. Behruzi, Berliner Koch-Kopie)


Hans-Ulrich Jörges (Stern):
Wenn die Linke eins wird

„Es macht für gewisse Zeit Sinn – ich sag nicht: für hundert Jahre – dass es eine Kraft links von der SPD gibt“, sagt Gregor Gysi. „Ich wollte immer eine starke linke Volkspartei. An diesem Ziel halte ich auch fest“, sagt Oskar Lafontaine. „Ich gebe die Hoffnung nicht aus, dass die demokratische Linke irgendwann wieder in der SPD zusammenfinden wird“, sagt Kurt Beck. Drei Männer, eine Idee: Vereinigung von SPD und Linkspartei zu einer einzigen großen linken Volkspartei. Anders gesagt: Heimkehr der Linken ins Haus der alten Mutter Sozialdemokratie, ein rundes Jahrhundert nach der Spaltung der Arbeiterbewegung. Die Bekenntnisse von Gysi und Lafontaine sind drei Jahre alt, fielen in einem Stern-Interview, als sie begannen mit ihrem gemeinsamen Projekt „Die Linke“, Becks Statement fiel, als letzter Satz, in einem Bild-Interview vor einem Monat. Niemand hat damals aufgehorcht, obgleich zum ersten Male so etwas wie eine historische Perspektive aufblitzte. … SPD und Linke vereinigt? Nicht morgen, aber vielleicht übermorgen? Das klingt verwegen in diesen Tagen, da sie doch wie Todfeinde miteinander ringen. …

Doch das aktuelle Getümmel darf nicht blind machen für den historischen Prozess, der nun begonnen hat, für das Feuer, das in ihm glimmt, unter der Asche der Rivalität, und gelegentlich aufleuchtet in Sätzen wie den eingangs zitierte. Die Logik dieses Prozesses entfaltet sich in drei Etappen. In der ersten geht es für die Linke darum, zuzulegen – um jeden Preis, um den Lohn der Schwächung, der Linksverschiebung, der Entschröderisierung der Sozialdemokraten. In der zweiten steht die Bündnisfrage an, im nächsten Jahr speziell in Thüringen und im Saarland, wo die Linke in Koalitionen mit der SPD die führende Rolle übernehmen könnte, an der Saar sogar unter dem Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine. Solche Bündnisse werden Gemeinsames zum Leuchten bringen bis hin zur programmatischen Verschmelzung – und gewaltige Kräfte freisetzen in der Linken, Pragmatiker nach oben spülen und Gestrige absprengen. Dann kann die dritte Etappe folgen, das Nachdenken darüber, was eigentlich noch trennt und ob es nicht an der Zeit ist für den historischen Schnitt, die Fusion. …

Kommunisten? Welcher Unsinn! Lafontaines Truppe will die alte Rentenformal wieder – die galt in der Bundesrepublik bis in die 90er Jahre. Sie will acht Euro Mindestlohn – die SPD gerade 50 Cent weniger, und die Kanzlerin stimmte einem Post-Mindestlohn von 9,80 Euro zu. Sie will Hartz IV abschaffen – der CDU-Mann Jürgen Rüttgers eine „Generalrevision“. Sie ruft nach Regulierung der Finanzmärkte – wie der Bundespräsident, um das „Monster“ zu zähmen. Sie fordert den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan – das will auch die Mehrheit der Deutschen, und der Grünen-Parteitag hat das beschlossen. Oskars Linke ist nicht kommunistisch, sie ist sozialdemokratisch, links- oder alt-sozialdemokratisch. …

Hans-Ulrich Jörges, Wenn die Linke eins wird, Der Stern, Nr. 22-08, 21.5.08

Sprache und Denken: Revisionismus

Irene Eckert:
Sprache und Denken I - Überlegungen zum Begriff des „Revisionismus“

Begriffe sind Handwerkszeuge des Denkens. In ihnen kristallisieren sich in sprachlicher Form die Erfahrungen von Generationen. Der Be-griff, der Name sagt es, ermöglicht ein „Be-greifen“, ein sich Aneignen von Sinnzusammenhängen. Um einen komplexen Sinnzusammenhang auf den Begriff zu bringen, muss man sich lange und eingehend und sehr konkret mit ihm beschäftigt haben. Erst dann kann es gelingen, Metaphern zu finden, die als gut gewählte Sprachbilder einen Sinnzusammenhang  noch anschaulicher machen, als ein vom Konkreten schließlich „abgezogener“ Begriff. Die De-Kontextualisierung von Begriffen ist aber notwendig mit der Zerstörung von Sinn verbunden. Die Sinnverwirrung wiederum ist ein eigentümliches Begleitphänomen der Postmoderne, ich möchte sogar behaupten: ihr Wesen. Allerdings hat der Wahnsinn der Sinnentleerung Methode: Durch hochkomplexe Nonsense-Produktion wird der Einblick in wesentliche Einsichten blockiert, die zu befreiendem Denken führen könnten. Zugänge zu auf Erkenntnisgewinn fußendem Wissen werden so geschickt verborgen gehalten.

Eine neue Situation im Umgang mit Begriffen und Begreifen

Im 19. Jahrhundert hatten es Marx und Engels (ersterer ein Jurist, letzterer ein Fabrikant) in gewisser Weise noch leichter. Sie durchforsteten Berge von Literatur und tauschten ihre sinnlichen Erfahrungen mit dem sich herausbildenden Kapitalismus aus. Sie durchstöberten die Klassiker ihrer Zeit auf allen relevanten Gebieten, vor allem der Philosophie und der politischen Ökonomie, bevor sie das Wesen der von ihnen so destruktiv erlebten neuen Gesellschaftsformation in vielfältiger Weise auf den klärenden Begriff bringen konnten. Die Begrifflichkeit, in der sie den Dreh- und Angelpunkt der komplexen Probleme ihrer Zeit zum Ausdruck brachten, dreht sich um den Antagonismus Kapital und Arbeit. Bevor sie aber noch den zentralen Widerspruch begrifflich zu fassen vermochten, hatten sie schon an unterschiedlichen Standorten und in verschiedenen europäischen Ländern teil an den Kämpfen ihrer Zeit. Durch mannigfache Erfahrung und durch Studium und Analyse schärften sie die Waffe ihrer Begriffe.

Sprache ihres Sinns zu entkleiden oder sie metaphorisch gesprochen zu vergiften, ist zur Verhinderung von Aufklärung auf vielerlei Weise möglich. Die Folge der Vorenthaltung von Sinnzusammenhängen ist eine Bewusstseinstrübung. Mit getrübtem Bewusstsein aber sind Menschen nur eingeschränkt handlungs- oder gar lebensfähig. Die Sache ist also ernst, die Befassung mit in Sprache gefasster Begrifflichkeit eine durchaus politische.

Was ein unheilsamer Begriff vermag

Mit der scheinbar simplen Vokabel des Revisionismus, anhand derer die Bedeutung von Begriffen exemplifiziert werden soll, ist nun hier ein Umstülpen der gesammelten begrifflich gefassten Erfahrungen der Theorie und Praxis der Arbeiterbewegung seit dem Erscheinen des „Kommunistischen Manifests“ gemeint. Einer Theorie, die aus den Kämpfen der Revolutionen von 1848 hervorgegangen ist, die aber die Kämpfe und Erfahrungen vorausgegangener Generationen einschließt.

Die revolutionäre Theorie von Marx und Engels trug dazu bei, dass die deutsche Sozialdemokratie erstarkte und vorbildlich wurde für die Welt. Mit ihrem Erstarken traten aber auch „revisionistische“ Strömungen auf und zwar in einer Phase der relativen Friedlichkeit und Prosperität (1871-1914). Ermöglicht wurden sie schließlich auch durch die Re-Legalisierung der Partei. Die Namen Eduard Bernstein und Karl Kautsky stehen stellvertretend für den ursprünglichen Revisionismus, mit dem sich Lenin ab 1893 auseinandersetzt. Die begrifflich falschen Einflüsse hatten fatale Folgen. Die Sozialdemokratie verzichtete auf die notwendige Aufklärung über den Charakter des drohenden (1.Welt-) Krieges und stimmte schließlich den Kriegskrediten zu. Das verführerische Überzeugungsschema, mit Hilfe dessen die Massen kriegsbereit gemacht wurden, ging in etwa so: Der Kampf ist notwendig um das russische Proletariat vom zaristischen Terrorregime zu befreien. Theoretisch geschult an der marxistischen Lehre dachten die klassenbewussten Arbeiter internationalistisch und viele zogen daher freudig in den „Befreiungskrieg“, der in Wirklichkeit natürlich gegen ihre Interessen und gegen die aller arbeitenden Menschen geführt wurde. Dem so missbrauchten Appell an die grenzüberschreitende Solidarität konnten sich selbst die wachsamsten Kritiker der Ausbeuterordnung anfänglich nicht entziehen. Auch Karl Liebknecht stimmte zunächst für die Kriegskredite. Seine baldige Opposition dagegen führte dazu, dass er trotz seiner Immunität als Reichstagsabgeordneter als einziger unter seinen Kollegen eingezogen wurde. Rosa Luxemburg saß wegen ihrer Antikriegshaltung im Gefängnis.

Begrifflicher Revisionismus: ein gefährliches Gift

Auf Grund seiner letalen Wirkung für Millionen muss man vom „Gift des Revisionismus“ als einer nachgerade mörderischen Geistes-Waffe sprechen. Sie entfaltet ihre zerstörerische Wirkung langsam, aber desto so nachhaltiger. Solange kein Gegenmittel entwickelt wird, kann sich die toxische Substanz weiter ungehindert ausbreiten. Anders als zu Zeiten Lenins ist aber heute selbst die Nennung der gefährlichen Erscheinung bei ihrem Namen „verboten“. Im Zeitalter postmoderner Entrümpelung des klassischen Begriffsvokabulars verkam der Begriff „Revisionismus“ zum Unwort. Wer von der Mehrheit der Gesellschaft ernst genommen werden will, meidet den Begriff, er ist unschick.

Aber wer eine Ahnung davon spürt, woher die tödliche Gefahr für unseren Abwehrmechanismus kommen könnte, der muss sich auf die Spurensuche machen.

Der begrifflich zu fassende Sachverhalt, den wir für den Gefahrenherd halten, entstand, wie gesagt, als „Abfallprodukt“ mit dem Erstarken der Arbeiterbewegung gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Das Giftpflänzchen, vielleicht zunächst zufällig entstanden im Sumpfe einer durch koloniale Extraprofite gewachsenen „Arbeiteraristokratie“, wurde aber nach und nach sorgfältig kultiviert. Trotz oder vielleicht wegen der heftigen Interventionen eines Lenin gegen das Unkraut und nicht zuletzt wegen der erfolgreichen Oktoberrevolution. Seine unheilvolle Wirkung sollte es ähnlich der einer „Kobrahure“ (I. Trojanow) erst sehr viel später entfalten. Es zerfrisst das Beste, das die Menschheit hervorgebracht hat, es vernichtet die revolutionäre Theorie und die Solidaritätsbewegung aller Unterdrückten der Erde.

Ein Gegenmittel zu entwickeln ist also im Überlebensinteresse geboten, denn ein solch raffiniertes Gift zerfrisst am Ende das Herz jeder progressiven sozialen Bewegung. Es unterminiert damit das kostbarste Unterpfand: den sozialen Zusammenhalt, der Widerstand erst möglich macht. Das organisierte, zielgerichtete Zusammenstehen unter den Opfern des heute neoliberal verbrämten, profitgesteuerten Ausbeutungssystems ist aber, seine Opfer spüren es täglich, unverzichtbarer denn je. Als „klassenmäßige Solidarität“ beinhaltet solches Zusammengehen schließlich das revolutionäre Potential all der Entrechteten und Ausgeplünderten, die nach Karl Marxens kapitaler Analyse zum Totengräber der sie fortwährend gebärenden Ausbeuterordnung werden können und müssen. Dazu bedarf es aber eben immer noch organisierter Solidarität und einer Vorstellung darüber, worauf sie zu richten ist.

Lenin, der Vollender des von Marx und Engels begonnenen Analyse-Werks, rief deshalb nach einer Partei besonderen Typs, einer Partei, die die Betroffenen zur Ausführung solcher immensen Aufgabe würde befähigen können. An der Schwelle zum 20.Jahrhundert trieb schließlich die von ihm als „Imperialismus“ erkannte Wirtschaftsordnung des nun „monopolistischen Kapitalismus“ zum Krieg und kaum war sein sozialistischer Widerpart erfolgreich, zum Faschismus. Als solcher wurde er zur  Bedrohung der Menschheit und rief noch drängender danach, abgelöst zu werden. Dieses Jahrhundertwerk gelang auch vorübergehend in einem beträchtlichen Teil der Erde und zwar mit Hilfe einer zielklaren, handlungsorientierenden Begrifflichkeit, die Marx, Engels und Lenin gestiftet hatten. Den so in die Enge Gedrängten brachte dies zur völligen Raserei. In der offen geführten Feldschlacht aber konnten die ihrer Interessen Bewussten in solidarischer Gemeinschaft ihre größte Errungenschaft, eben den Sozialismus verteidigen.

Inzwischen sind über 60 Jahre vergangen. Der Sozialismus hatte nach dem erfolgreichen Zurückschlagen des „faschistischen Aggressors“ (auch ein Begriff, der nicht mehr zeitgemäß sein soll) also zunächst seine größte Bewährungsprobe bestanden, dann aber unter dem Einfluss „revisionistisch“ geschulter Führer seine einstige Überzeugungskraft und Überlegenheit auf allen Gebieten zwangsläufig (!) eingebüßt und wurde folglich weitgehend zum Verschwinden verurteilt.

Das Wesen des Angreifers ist aber bis heute dasselbe geblieben, ungeachtet euphemistischer Umbenennung. Er setzt sein Zerstörungswerk auch unter Zuhilfenahme des begrifflichen Werkzeugs des Geschichtsrevisionismus fort, das ihm wunderbar zupass kommt. Mit einem abgewandelten Wort von John Forster Dulles, dem einstigen US-Außenminister, könnte man sagen: „Der Revisionismus war und ist die billigste Atombombe  -  seine Wirkung im Sinne des real existierenden Imperialismus war langfristig unvermeidlich.“

So viel vermag Begriffsverwirrung?

Nun ja, „mit Worten lässt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten“…,  aber mit dem falschen Begriff ging fast zwangsläufig eine falsche Praxis einher. Der über 90igjährige Faschismus- und Revisionismusexperte Kurt Gossweiler hat darüber viel dokumentiert, analysiert, reflektiert. Wer verstehen möchte, kann nachlesen nicht nur in seiner zweibändigen „Taubenfußchronik“ aber auch dort, um die Haltbarkeit und Folgerichtigkeit seiner Revisionismusforschung zu überprüfen.

Aber lassen wir die Geschichte vorübergehend und betrachten wir unsere Gegenwart.

Hilflose Helfer: Revisionismus als allgegenwärtige Erscheinung

Wir befinden uns wieder in einem, wenn auch nicht offen erklärten Kriegszustand.

Die Militarisierung unserer Gesellschaften und die Ausweitung bewaffneter Einsätze werden fortgesetzt unter Ausnutzung falscher Begriffe. Wir werden auf Krieg getrimmt, das ist unverkennbar, selbst dem ansonsten Begriffsstutzigen irgendwie klar. Die EU-Verfassung, pardon der EU-Reform-Vertrag, ach nein der Lissabon-Vertrag spricht da eine ganz klare, durchaus verständliche  Sprache, weswegen er im einzig zugelassenen Referendum in Irland, auch eben mit guten Argumenten zurückgewiesen wurde. Unsere Truppenpräsenz in Afghanistan soll aufgestockt werden. Deutschland muss am Hindukusch verteidigt werden. Aber noch sind weit über 70% der Deutschen damit nicht einverstanden. Der Sache muss aus der Sicht des militärisch-industriellen Komplexes ebenso abgeholfen werden, wie aus der Perspektive jener, die für ihr Interesse an billigen Rohstoffen und am Erhalt geostrategischer Systemstützpfeiler in der Region bekannt sind. Deswegen produzieren sie Nebelschleier in Form von Rechtfertigungsmustern, die natürlich in progressiver Sprache gestrickt sein müssen.

Weil die Gegenkräfte theoretisch und organisatorisch schwach und schon lange von jenem revisionistischen Gift gelähmt sind, anders als die Kapitalseite über kaum noch Formen strukturierter Zusammenarbeit verfügen, wird auch die kurz bevorstehende Abwehrschlacht gegen noch mehr Militärverschickung nach Afghanistan verloren werden.

Wir müssen wie Michael Endes Cassiopeia rückwärtsgehen um vorwärts zu kommen

Die Revision der Theorie (und Praxis!) der marxistisch-leninistischen Klassiker vor allem in der ehemaligen Sowjetunion, also dem Ort mit einst höchster moralischer Autorität, verführte die Massen im Verlauf der 50iger Jahre dahingehend, den aggressiven Charakter des nach wie vor aktiven Gegners, nicht mehr klar zu erfassen. Verdrängt wurde der letztlich ihnen geltende Abwurf zweier Atombomben, vergessen die Hinrichtung von Ethel und Julius Rosenberg. Die Vorstellungen von der Gefährlichkeit eines solchen Gegners verschwammen allmählich im Begriffswirrwarr des revisionistischen Gesäusels. Im Ergebnis kann die Ursache der Gefahr nicht mehr richtig geortet werden und es kann ihr bis heute nicht mit der gebotenen Schärfe begegnet werden. Der Gegner versteht es sich immer aufs Neue mit wohlklingenden Namen zu drapieren. Er kommt als Überbringer von Freiheit, Demokratie und Menschenwürde daher, als Verteidiger der Frauenrechte oder als Heilsbringer in Sachen Katastrophenhilfe. Er segelt im Zeichen von „Freier Marktwirtschaft“ und „neoliberaler Ordnung“. Seine Götter sind WTO, IWF und Weltbank, seine terrestrischen Verbündeten heißen EU-Reformvertrag, Strategiepapiere mit Afrika, Indien und Lateinamerika und „PPP“ (Private-Public-Partnership) und so fort.

Sein Auftritt aber hinterlässt überall den Gestank der Verwesung. Und doch wird sein Inhalt, der weder neu noch freiheitlich ist, immer wieder von seinen natürlichen Antipoden verkannt. Jene, die der Verheerung beizukommen versuchen, tappen recht hilflos im Nebel herum und suchen mehrheitlich an der falschen Stelle. Viele glauben sogar daran, die für unsterblich gehaltene Bestie einfangen zu können, um mit ihr einen friedlichen Umgang zu pflegen. Der Raubtiercharakter des Imperialismus offenbart sich halt erst beim Erfassen seiner gesamten Erscheinung. Im Süden ist sein gefährlicher Appetit allerdings ständig präsent. Die amtliche Charakterisierung der gefährlichen Kreatur als einer zu schützenden Spezies wurde natürlich vom Norden her verordnet. Ermöglicht aber wurde solche Neubestimmung vor allem mittels eines begrifflichen Instrumentariums, dem des revidierten ABC des wissenschaftlichen (!) Sozialismus. Die Sprache, mit der man eine Sache bezeichnet, ändert zwar nicht deren Inhalt, wohl aber verändert sie unsere Klarheit über und unseren Umgang mit dieser Sache. Mit einer solchen - meist das Problem bagatellisierenden - Revision lösen wir es zwar nicht, aber wir bilden uns ein, aus dem Wolf einen Schoßhund gemacht zu haben und halten uns das Problem, nämlich die Einsicht in die Barbarei und Perspektivlosigkeit des Imperialismus, zumindest für eine kleine Weile vom Leib, - scheinbar.

Als Begleiterscheinung des Kalten Krieges traf die Revision sukzessive fast das gesamte ursprünglich kommunistische Vokabular. Am Ende eines langen Prozesses der Umdefinition erlagen ihm selbst so schöne sozialdemokratische Konzepte, wie das der „Reform“. Wer „Reform“ sagt, zielt schon lange nicht mehr auf Revolution, sondern auf den „Rückbau des Sozialstaates auf ein (dem Kapital) verträgliches Maß“. Jene aber, die sich aufgemacht haben, der Kobrahure ihren giftigen Kern wieder zu entziehen und ihren reaktionären, mörderischen Sinn bloßzulegen, werden immer heftiger stigmatisiert, als rückständige, ewiggestrige Dogmatiker und als Stasiliebhaber oder „Altstalinisten“ aus der menschlichen Gemeinschaft ausgegrenzt. Ganz böse Zungen raunen den letzteren sogar nach, an ihren Federn klebe Blut. 

Derweilen kann das revisionistische Gift, wie so vieles andere, das wir falsch verorten, in den Labors der zum Faschismus treibenden Kräfte verfeinert, seinen Schaden vergrößern.

Begriffsbestimmung: Revisionismus

Nun mag der unvoreingenommene Zeuge einwenden, der Begriff des Revisionismus sei hier überstrapaziert, er stamme darüber hinaus aus längst veralteten Waffenarsenalen des Klassenkampfes. Manch Sprachliebhaber mag vom Begriff ausgehend sogar darauf bestehen: Revision (von re–videre = neu sehen) bedeute zunächst einmal nur: Überprüfung, neue Durchsicht, Neubetrachtung des Gewohnten, Bewährtes einem ungetrübten Blick von außen zu unterwerfen, das sei die sinnvolle Aufgabe des Revisors. Alles aus einer neuartigen, die Erkenntnismöglichkeiten erweiternden Betrachterperspektive zu unterziehen könne doch wahrlich nicht schaden, mag ein Dritter einwenden. Vom individualpsychologischen Standpunkt aus hat er vielleicht Recht.

Nur existiert aber eben Sprache nicht im luftleeren Raum, sie ist eine soziale Erscheinung. Re-Vision kann durchaus mit notwendig gewordener Aufräumarbeit verbunden sein aus der Perspektive eines Einzelhaushaltes. So weit so gut. Alles mag „Sinn machen“, wenn wir von einem in sich stimmigen Gebilde, von einer mit sich im Einklang lebenden Gemeinschaft ausgehen. Aber auf gesamtgesellschaftlicher Basis und im internationalen Zusammenleben ist dem leider nicht so. Zu der in unserem Zusammenhang benannten „Re-Vision“ gehört nämlich eines vor allen Dingen: Sie will uns vergessen machen, dass unsere Welt, unsere Nationen, unsere Kommunen von einem antagonistischen, unversöhnlich-krassen Gegensatz geprägt, ja gespalten sind.

Diesen Antagonismus zu negieren nützt zwar wenig, denn er ist allgegenwärtig, macht sich Luft in gewaltsamen Ausbrüchen, in terroristischen Aktivitäten an rohstoffhaltigen und/oder geostrategischen Brennpunkten dieser Erde, in neokolonialen Kriegen und anderen, die natürlichen Existenzgrundlagen von Millionen zerstörenden, Havarien. Er zeigt seine entsetzliche Fratze in Gestalt der Millionen Hungernden und Flüchtenden weltweit, er äußert sich in vielen repressiven Maßnahmen und in der Zurücknahme für ewig gehaltener sozialer Errungenschaften in den entwickelten Ländern des Nordens und er gipfelt im totalen Überwachungsstaat. Er peitscht uns alle an zu Leistung und nichts als fremdbestimmter Leistung, möglichst zum Nulltarif. Gleichzeitig füllt er die Taschen einiger Weniger so sehr, dass sie das geraubte Gut nicht zu fassen vermögen.

Aber das Verständnis für die Ursachen dieser katastrophenartigen Antagonismen, die sich vor unser aller Augen vollziehen, wird durch eine re-vidierte, sprich um die Klassenanalyse bereinigte Betrachtungsweise neutralisiert, blockiert. Falsche Begriffe verunklaren für uns Sinn anstatt uns aufzuklären darüber, was Not täte und getan werden könnte und müsste. Auf solche Begriffsverwirrung zielt die ideologische Denkfigur des Revisionismus und meint das Über-Bord-Werfen des Bewährten. Wertvolle Analysewerkzeuge, Texte, die Erfahrungen mit konkreten und erfolgreich durchgeführten Umwälzungen verarbeiten, werden uns und vor allem nachfolgenden Generationen vorenthalten, indem sie für bedeutungslos oder für veraltet erklärt werden. Manche schiebt man gar, wenn sie wider Erwarten hervorgezogen und zitiert werden, beiseite als „Machwerke“ einschlägiger Diktatoren. Kostbarste Folianten werden so entsorgt. Tabuisiert und verleumdet wird gerade jene historische Epoche, innerhalb derer die soziale Bewegung der entrechteten Massen einst die größten Erfolge erzielen konnte. Solche Erfolge waren möglich, obwohl viele ihrer besonders mutigen und klar sehenden Anführer ermordet wurden, und zwar nachweislich von den revisionistischen Lakaien jenes keine Gnade kennenden Ungeheuers namens Imperialismus. Obwohl auf solche Weise viele mutige Lehrer und Kampfgefährten lange vor der Zeit zum Sterben verurteilt wurden, waren solche Erfolge aber trotz alledem so lange noch möglich, solange die Bewegung der Entrechteten sich an den kostbaren, überlieferten Begriffswerkzeugen orientierte. 

Ihre Sprache zeitigt ungenießbare Früchte

Jene, die um ihre wahnwitzigen Profite und um ihre Macht fürchten, versuchen also nicht ohne Grund und mit nicht wenig Erfolg sich unserer Sprache, unserer Widerstandsformen, die ja in erster Linie durch begriffliche Aufklärung der Massen entwickelt werden müssen, zu bemächtigen. Auf vielfältigste Weise berauben sie so ihre Opfer der wichtigsten Ausdrucksmittel. Sie verfügen zu diesem Zweck weltweit über ein williges Heer hoch qualifizierter Lohnschreiber, das dazu auserkoren ist, uns den Sinn zu verdrehen. Diese Schreiberlinge und Agitatoren scheuen vor keinem Mittel zurück, um uns unser Bewusstheit als Menschen zu rauben. Sie pervertieren alle Künste in die Belanglosigkeit hinein oder transmutieren sie zu Mitteln der Gewaltpropaganda. Sie pervertieren die Sprache der Menschlichkeit, um das schier Unmögliche zu erreichen: Die Zustimmung zu ihren Kriegen. Die Kernsubstanz ihrer Revision zielt darauf, uns vergessen zu machen, dass Geschichte eine Geschichte von Klassenkämpfen ist, dass es ein Oben und ein Unten gibt, dass die überwältigende Mehrheit unter ihren Kriegen leidet und zwar schon bevor sie begonnen haben. Sie haben den klar definierten Auftrag, die Menge vergessen zu machen, dass sie noch immer um die Früchte ihrer Arbeit gebracht wird, ja, dass ihre Herren und Damen im Begriff sind, uns sogar die Gehirnsubstanz zu rauben.

Sie versuchen den differenziertesten und präzisesten Ausdruck menschlicher Kommunikation, die Sprache, zurückzuentwickeln. Sie versuchen uns immer wieder aufs Neue einzureden, dass der Mensch des Menschen Wolf sei.

Dem kann und muss um den Preis des Überlebens entgegengewirkt werden und das ist möglich, solange wir unsere Sprache noch nicht ganz verloren haben, unser wichtigstes Denkwerkzeug.

Mit anderen Worten: Der Revisionismus kann und muss als eine massenfeindliche Theorie und Praxis, als das Gegenteil der revolutionären Bewegung, die ihn gleichwohl hervorgebracht hat, erkannt und zurückgewiesen werden.

Wir müssen demgemäß zurückgehen um Voranzukommen. Wir müssen uns unsere Geschichte wieder aneignen, besonders jene Geschichte, in der die Mehrheit der vormals Geknechteten schon einmal das Ruder in der Hand hielt. Wir müssen uns damit befassen, wann, vorsichtig gesprochen, die Nachlässigkeit begann und wann sie das Steuer aus welchem Grunde abgaben.

Wir dürfen die Definitionsgewalt nicht jenen überlassen, deren Freude über unsere Niederlagen sich in barer Münze für sie auszahlt. Gleiches gilt nicht nur für die Geschichte der Arbeiterbewegung, sondern für alle durch sie mit inspirierten sozialen Bewegungen des vorigen Jahrhunderts bis heute. Die 20iger, 30iger und 40iger Jahre bergen reiche Schätze an sprachlich-gedanklicher Erfassung von Zeitgeschehen.

Das Zeitgeschehen angemessen zu erfassen und widerzuspiegeln, darzulegen, begreiflich zu machen, um ein eingreifendes, sinnvolles zielgerichtetes Handeln der Menschen im Interesse der erdrückenden Mehrheit der Erdbewohner wieder zu ermöglichen, gebietet das Massenelend unserer Tage, es gebietet uns auch die drohende definitive Verheerung unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Die Neubefassung mit der revolutionärer Theorie und Praxis der Arbeiterbewegung ist erforderlich, um die Not von uns abzuwenden, in der wir im Grunde alle befangen sind, auch wenn die Sorge noch nicht an die letzte Tür des Nordens geklopft haben mag, auch wenn vereinzelt noch Schlupflöcher vorhanden sind. Es ist dieser Umkehrschritt nötig, um das Leben auf dem Planeten Erde zu schützen vor jenen, die nicht genug kriegen können, obwohl sie schon jetzt nicht mehr wissen, wohin mit allem, vor jenen, die keine profitablen Anlagemöglichkeiten mehr für ihre Wahnsinnsrendite finden. Ihnen bei ihrem sinnlosen durchaus auch selbstzerstörerischen Vernichtungswerk nicht tatenlos zuzuschauen, ist Aufgabe aller Sehenden. Damit ihrer mehr werden und sie vor allem auch wieder zueinander finden können, muss den herrschenden Meinungsorganen die Interpretationsfreiheit über unsere Geschichte und unsere Widerstandsformen entzogen werden. Beginnen wir mit der Wiederaneignung unserer begrifflichen Sprache.

Lesen und studieren wir unsere Klassiker, alle ohne Auslassung, auch die tabuisierten, die besonders genau. Ihre Lektüre hat befreiende Wirkung.

Vom Wert bürgerlich humanistischer Literatur

Thomas Mann, ein großer Meister der Sprache, hat in der  Novelle „Mario und der Zauberer“ (1930) auf seine besondere Weise demonstriert, wie dem faschistischen Magnetiseur zu begegnen ist. Er verdeutlicht auch, dass „Stärkungsgläschen und Reitpeitsche“, also Rausch und Gewalt, Drogen und Brutalität die Ingredienzien sind, mit denen sie sich und uns in Bann halten. Sie stellen uns entweder als dumme Trottel im Fernsehen zur Schau oder beobachten uns argwöhnisch als gefährliche Irrlichter.

Mit jenen, die noch immer am Ziel Sozialismus - und zwar nicht nur als Utopie - festhalten, verfährt man ähnlich wie Cipolla mit seinen Opfern nach dem Motto: „Wer den Schaden hat muss für den Spot nicht sorgen“. Aber der Fisch stinkt vom Kopf her. Blinde Gegner des Menschheitsfortschritts schicken weiterhin ihre trojanischen Pferde in die Bewegung, wo sie Führungspositionen erobert haben und weiter erobern. Sie führen von dorten ihren fanatischen Kampf, sie unterminieren das Wertvollste, das die Menschheit besitzt: Ihre Gabe zur rationalen Analyse sie betreffender Vorgänge und die daraus zwangsläufig folgende Gemeinschaft der Widerständigen.

Th. Mann nimmt die Verarschorgien im Fernsehen vorweg. Seine Erzählung zielt auf den Faschismus, den alltäglichen Faschismus. Die Erfahrung von damals von Goebbels und Hitler als Volksdemagogen erster Güte gehen in seine Erzählfigur Cipolla ein. Die Methoden der Verwirrung, der Zerstörung von Sinn(zusammenhängen) sind im 21. Jahrhundert allerdings noch raffinierter geworden, als sie selbst ein Thomas Mann vorausahnen konnte. Der Gegner des Menschheitsfortschritts bedient sich aller Register.

Begriffe, Sprache also, sind das A und O. Wir dürfen uns die Sprache nicht rauben lassen, dürfen uns nicht knebeln und damit endgültig mundtot machen lassen. Machen wir also der Gehirnwäsche ein Ende. Lernen wir einfach wieder selber denken ohne Geländer. Dazu müssen wir lesen und studieren, vor allem die Klassiker. Dann wird auch wieder die Parole aus dem spanischen Bürgerkrieg ihre Wirksamkeit entfalten: „No parasan!“„Sie werden nicht durchkomme!“, - aber nur dann!

Irene Eckert, Berlin

Zimbabwe

Harpal Brar:
Zimbabwe und die imperialistischen Interessen[3]

Seit gut einem Jahrzehnt wird der Präsident Zimbabwes, Robert Mugabe, von der imperialistischen Propagandamaschinerie als ein skrupelloser Diktator und seine ZANU(PF)-Regierung als machthungrig und unrechtmäßig bezeichnet, wodurch die Stabilität der Region gefährdet sei.

Warum diese Dämonisierung?

Früher hatte Margret Thatcher Robert Mugabe noch den „perfekten afrikanischen Gentleman“ genannt, inzwischen ist er aber durch die imperialistischen Lügen zur Inkarnation des Teufels, zu einem die Weißen hassenden Rassisten und machthungrigem Despoten geworden. Was steckt hinter dieser 180-Grad-Wendung der imperialistischen Mächte im Verhältnis zu Zimbabwe und der ZANU(PF)? Wir versuchen im folgenden eine Antwort zu geben.

1. Nachdem die Regierung Zimbabwes über Jahre die negativen Auswirkungen ihrer Kooperation mit der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds hingenommen hatte, kündigte sie im August 1999 diese Zusammenarbeit.

2. Die Regierung Zimbabwes hat der Demokratischen Republik Congo im Kampf gegen die von den USA unterstützten Invasionen aus Ruanda und Uganda militärische Hilfe gewährt, um die fortschrittliche Kabila-Regierung gegen die Kräfte des US-Imperialismus zu verteidigen.

3. Nachdem die britische Blair-Regierung ihr Versprechen, Zimbabwe finanziell dabei zu helfen, das Land von den weißen Großgrundbesitzern zurück zu kaufen, nicht eingehalten hat, hat die Regierung Zimbabwes beschlossen, die weißen Großgrundbesitzer zu enteignen. Danach brach die Hölle los.

Die März-Wahlen

Seitdem geben die imperialistischen Länder keine Ruhe mehr. Eine Diffamierungskampagne jagt die nächste, selbstverständlich besonders zu Zeiten der Wahlen. Genau so war es zur Zeit der Parlaments- und Präsidentenwahlen in diesem Jahr im März. Schon im Vorfeld der Wahlen wurden wir von imperialistischen Desinformationskampagnen überrollt: Mugabe wolle die Wahlen aussetzen; Mugabe habe vor, das Wahlergebnis zu fälschen; die Oppositionsparteien würden behindert; eine freie und faire Wahl sei in Zimbabwe schlicht unmöglich.

Die Wahlen fanden dann trotzdem in einer friedlichen Atmosphäre statt – und überraschten sowohl die ZANU(PF) als auch die Imperialisten: ZANU(PF) verlor die parlamentarische Mehrheit und Robert Mugabe lag 4 % hinter dem MDC-Führer Morgan Tsvangirai. Da kein Kandidat die absolute Mehrheit errang, wurden Stichwahlen für den 27 Juni vorbereitet.

Die Vorbereitung der Stichwahl

Nach langem Zögern entschied sich Morgan Tsvangirai, an der zweiten Runde der Wahlen teilzunehmen. Währenddessen führte Mugabes Partei, erschüttert und aufgerüttelt durch das schlechte Abschneiden bei den März-Wahlen, eine landesweite Kampagne mit zehntausenden von Unterstützern zum Dialog mit der Bevölkerung durch. Tsvangirai machte derzeit eine lange Auslandsreise. Zurück in Zimbabwe musste er mit Schrecken feststellen, dass ZANU(PF) inzwischen viel Boden wieder gutgemacht hatte. Vor dies Problem gestellt entfachten Tsvangirai und seine imperialistischen Herren eine mächtige Kampagne gegen ZANU(PF) mit den Vorwürfen, gegen MDC und Anhänger Tsvangirais werde Gewalt ausgeübt, die Regierung Mugabes habe das Militär eingesetzt und 70 Unterstützer Tsvangirais seien dabei ermordet worden. Im imperialistischen Ausland wurden diese Beschuldigungen geglaubt.

In Zimbabwe selbst sah das Volk, dass Gewalt in der Mehrzahl der Fälle von MDC gegen Unterstützer der ZANU(PF) ausgeübt wurde. Der Staat sah diesen Gewaltausbrüchen nicht tatenlos zu – und so wurden 390 Unterstützer von MDC und 156 Unterstützer von ZANU(PF) wegen Gewalttätigkeiten festgenommen.

Eine der von MDC angewandten Taktiken war es, Insignien und Kampagne-Materialien von ZANU(PF) zu entwenden, eigene Versammlungen aufzulösen und ZANU(PF) die Schuld dafür zu geben – alles mit dem Ziel, Bedingungen für eine imperialistische Einflussnahme in die inneren Angelegenheiten Zimbabwes zu schaffen.

Tsvangirai zieht zurück

In der Einschätzung, dass die Lügenkampagne gegen Mugabe nicht greifen und er, Tsvangirai, einer heftigen Wahlniederlage entgegengehen würde, widerrief er am 22. Juni mittels einer Presseerklärung seine Kandidatur. Die Begründung war folgende: „Wir werden nicht teilnehmen an diesen durch Gewalt der Mugabe-Anhänger geprägten Scheinwahlen“ Und er fügte hinzu: „Wir können unsere Anhänger und das Volk nicht auffordern, am 27. Juni ihre Stimme abzugeben, denn diese Stimmabgabe würde sie ihr Leben kosten.“

Das war eine ungeheuerliche Anschuldigung. Millionen von Bürgern Zimbabwes stimmten im März für die Opposition, ohne dass ihnen irgend etwas geschehen ist. Warum sollte das im Juni anders sein? Die MDC hat die Mehrheit im Parlament; ihre Abgeordneten gehen ihren Aufgaben nach – ohne jede Behinderung oder gar Repression. Führungsmitglieder der MDC hielten große Veranstaltungen  und Pressekonferenzen in der Hauptstadt Harare ab, wobei sie routinemäßig über Mugabe herzogen und seine Absetzung forderten. Das sollen Bedingungen sein, unter denen die Bürger Zimbabwes bei der Stimmabgabe für den Kandidaten ihrer Wahl um ihr Leben fürchten müssten?

Tsvangirais Entscheidung, bekannt geworden durch eine Presseerklärung statt durch einen Brief an die Wahlkommission, war genau terminiert mit der turnusmäßigen Übernahme des Vorsitzes des UN-Sicherheitsrates durch die USA. Ziel: eine UN-Resolution durchsetzen zu können, die die Wahlen in Zimbabwe für ungültig erklären sollte. Am nächsten Tag begab Tsvangirai sich in einer theatralischen Aktion unter den Schutz der niederländischen Botschaft in Harare, weil er angeblich um sein Leben fürchtete. Doch er wurde immer wieder dabei beobachtet, wie er seine „Zufluchtsstätte“ verlies, um Pressekonferenzen zu geben, während seine Anhänger noch immer Wahlmaterialien verteilten und das Volk aufriefen, ihn zu wählen. Am 24. Juni, drei Tage vor der Wahl, sandte er dann einen Brief an die Wahlkommission, in dem er seinen Rückzug von der Wahl offiziell mitteilte. Die Wahlkommission konnte diesen Rückzug nicht mehr annehmen, weil er nach den Gesetzen Zimbabwes zu kurz vor der Wahl ausgesprochen worden war (eine Pressemeldung kann kein offizieller, rechtskräftiger Akt im Zusammenhang mit Wahlen sein).

Der Imperialismus baut Druck auf

Der Imperialismus hält sich natürlich nicht an das Recht des Staates Zimbabwe. Trotz aller Fakten hält er die Lügen aufrecht, um Druck aufzubauen. So lancierten die USA eine UN-Sicherheitsrats-Resolution, die die Annullierung der Stichwahl forderte, weil die Bedingungen für eine faire und freie Wahl nicht gegeben gewesen seien, da es Gewalt und Behinderungen gegen die Opposition gegeben habe. Außerdem drückte der UN-Sicherheitsrat seine „Sorge“ über die krisenhafte Lage in der Region aus – alles mit der Absicht, den Boden vorzubereiten für spätere Einmischungen in die inneren Angelegenheiten Zimbabwes oder gar für eine Intervention.

Levy Mwanawasa, Präsident Sambias und der derzeitige Vorsitzende der 14 Nationen umfassenden „Southern African Development Community“ (SADC), ein eilfertiger Helfershelfer der imperialistischen Blutsauger, der sich aufschwang, für die „internationale Gemeinschaft“ zu sprechen, meinte, dass „die Situation in Zimbabwe eine Sache großer Störung und Besorgnis für uns alle“ sei und dass es „skandalös wäre, dazu zu schweigen“. Kofi Annan, ehemaliger UN-Generalsekretär, der jahrelang wie ein dummer Junge agierte, als sich die UN auf Grund des Kollapses der Sowjetunion in ein imperialistisches Kolonialbüro verwandelte, schaltete sich ein mit der Ansicht, dass “ein Gewinner, der aus einem solchen falschen Prozess hervorgehe, nicht die Legitimation habe, Zimbabwe zu regieren“.

Der vom Imperialismus geliebte schwarze Priester Desmond Tutu rief nach Sanktionen gegen Zimbabwe, um Mugabe aus dem Amt zu vertreiben. Jacob Zuma, Führer des ANC und möglicher nächster Präsident der Republik Südafrika, offensichtlich im Bemühen, sowohl den us-amerikanischen als auch den britischen Imperialismus friedlich zu stimmen, damit sie ihm keine Schwierigkeiten bereiten auf seinem Weg, der Nachfolger Thabe Mbekis zu werden, forderte Mugabes Blut und sagte, dass die Situation in Zimbabwe „aus der Hand läuft, außer Kontrolle gerät“, obwohl er genau wusste, dass das Gegenteil der Fall ist.

Vollkommen schändlich verhielt sich der südafrikanische Gewerkschaftsverband COSATU. Er gab ein Statement heraus, das alle Führer der Nachbarstaaten Zimbabwes dazu aufforderte, „einer `Regierung´ die Anerkennung zu entziehen, die kein Mandat hat und sich nur auf Gewalt stützt“. Die Ungeheuerlichkeit dieser Erklärung wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass COSATU diese Erklärung vor der zweiten Wahl herausgab, also in der Situation, in der kein Kandidat bei der ersten Wahl mehr als 50% der Stimmen erreicht hatte und der Weg für die Stichwahl freigemacht werden musste. In dieser Situation will COSATU der Regierung die Anerkennung entziehen!

Aber auch Nelson Mandela, der in London gerade seinen 90. Geburttag feierte – arrangiert von den imperialistischen Kräften, die früher nichts dagegen hatten, dass das Apardheit-Regime Südafrikas ihn 27 Jahre einkerkerte und die ihn damals einen Terroristen genannt hatten – fühlte sich genötigt, kundzutun, dass die Situation in Zimbabwe „tragisches Versagen der Staatsführung“ zeige. Diese vier Worte aus seinem Mund wurden genüsslich von den imperialistischen Nachrichtenagenturen in aller Welt wiederholt.

All dies war die Begleitmusik zur Charakterisierung Mugabes als einen brutalen Diktator, einen Tyrannen, einen Despoten und Autokraten und die Forderung, Zimbabwe aus der Afrikanischen Union und der SADC (s.o.) auszuschließen, genauso wie die Forderung, Präsident Mugabe vor ein internationales Gericht zu stellen. Das alles geschieht denjenigen, deren tatsächliches verbrechen es nur ist, gegen die imperialistischen Raubzüge zu opponieren und sich für die Souveränität und Unabhängigkeit ihrer jeweiligen Länder einzusetzen.

Mugabes Antwort

Die Führung der ZANU besteht aus Männern und Frauen, die ein ausreichend starkes Nervenkostüm haben, um dem imperialistischen Druck standhaft entgegenzutreten. Die Antwort auf die unannehmbaren Forderungen, die an Zimbabwe gestellt wurden, lautete: „Aber diejenigen, die versuchen, sich uns aufzudrängen und die idiotische Vorschläge machen, erregen uns nicht. … Wir sind eine souveräne Nation und es sind unsere Wahlen. Wir akzeptieren Bewertungen, wenn sie auf der Grundlage der Objektivität vorgenommen werden Wer aber bei seiner Orientierung Hintergedanken hat, den bitten wir, als erstes sich selbst einer objektiven Bewertung zu unterziehen. Als Volk von Zimbabwe urteilen wir selbst. In Washington und London können sie so laut schreien, wie sie wollen, unser Volk wird und niemand sonst wird die Entscheidung treffen.“

Nachdem er klar gemacht hatte, dass Zimbabwe keine Einflussnahme von wem auch immer akzeptieren würde, sondern dass Zimbabwe allein entscheiden wird, ob die Wahlen frei und fair waren oder nicht und das Zimbabwe bereit ist, sich gegen jede Intervention zu wehren, äußerte Mugabe sein Erstaunen darüber, dass einige afrikanische Ländern die Schwierigkeiten, die Zimbabwe zu bewältigen hatte wegen der völkerrechtswidrigen Sanktionen durch den Imperialismus in keinster Weise wahrnahmen oder würdigten. Er wies auf die beklagenswerte Tatsache hin, dass „kein afrikanisches Land den Mut hatte zu fordern, dass die illegalen Sanktionen des Imperialismus gegen Zimbabwe aufgehoben werden sollten oder auch nur Einspruch erhob gegen die Einmischungen in die inneren Angelegenheiten Zimbabwes. Wenn wir so etwas zulassen, werden wir als Afrikaner niemals frei sein“. Und er fügte hinzu, dass Zimbabwe es ablehnt, sich einer solchen Dominanz zu unterwerfen.

Die Furien des Privatinteresses

Rhodesien, wie Zimbabwe zur Zeit der Herrschaft der weißen Farmer hieß, war ein rassistischer Kolonialstaat, der die volle Unterstützung des Imperialismus hatte. Das Volk Zimbabwes wurde mit eiserner Hand niedergehalten. Es war die ZANU(PF) unter der Führung Robert Mugabes, die einen bewaffneten Befreiungskampf gegen das verhasste Regime der weißen Großgrundbesitzer und Kollaborateure des Imperialismus führte, der Zimbabwe nach dem Sieg das erste Mal seit fast einem Jahrhundert Unabhängigkeit, Rechtstaatlichkeit, Demokratie und eine stabile Regierung brachte. Zimbabwe ist übrigens das einzige Land südlich der Sahara, das seit 1980 (dem Jahr seiner Befreiung) regelmäßige Parlaments- und Präsidentenwahlen abhielt, an denen die Oppositionsparteien regelmäßig teilnahmen und in dem die Medien keineswegs von der Regierung kontrolliert sind.

Der Grund dafür, dass der Imperialismus Zimbabwe weiterhin bedroht und versucht zu besiegen ist, dass die Regierung Zimbabwes als einzige in Afrika die verschwindend kleine Oberschicht der weißen Großgrundbesitzer enteignet hat, die vorher mit dem Mittel der gewaltsamen Kolonisierung dem Volk Zimbabwes das Land gestohlen hat. In diesem Zusammenhang kommen wir nicht umhin,  Marxens folgende tiefsinnige Beobachtung zu zitieren: „Auf dem Gebiet der politischen Ökonomie begegnet die freie wissenschaftliche Forschung nicht nur demselben Feinde wie auf allen anderen Gebieten. Die eigentümliche Natur des Stoffes, den sie behandelt, ruft wider sie die heftigsten, kleinlichsten und gehässigsten Leidenschaften der menschlichen Brust, die Furien des Privatinteresses, auf den Kampfplatz. Die englische Hochkirche z.B. verzeiht eher den Angriff auf 38 von ihren 39 Glaubensartikeln als auf 1/39 ihres Geldeinkommens. Heutzutage ist der Atheismus selbst eine lässliche Sünde verglichen mit der Kritik überlieferter Eigentumsverhältnisse.“

Es sind diese „Furien des Privatinteresses“, die die heftigsten, kleinlichsten und gehässigsten Leidenschaften der feinen Vertreter des Imperialismus bestimmen und die sie dazu treiben, Gift und Galle über die Führung Zimbabwes auszugießen, eine Führung, die die Frechheit besaß, die Interessen ihres eigenen Landes und ihres eigenen Volkes zu vertreten und deshalb eine Handvoll Nachkommen der früheren Kolonialisten enteignete. Der Imperialismus hat Angst, dass das Beispiel Zimbabwes in der Region Schule macht und andere Länder, speziell Südafrika, „infiziert“ werden. Das allein ist der Grund für die lügnerischen Pressekampagnen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen Zimbabwe.

Mit einem Propagandafeldzug, der denjenigen des Propagandachefs des deutschen Faschismus, Herrn Goebbels, ähnelt versuchen die Imperialisten die Menschen zu verdummen und sie blind und taub zu machen gegen die Unterdrückung, ähnlich wie es Goethe einmal ausdrückte: „Der Mann von der Straße sieht den Teufel noch nicht einmal dann, wenn er ihm schon die Kehle zudrückt.“ Der Imperialismus ist genau dieser Teufel, der der Weltbevölkerung an die Gurgel geht. Und es ist die Aufgabe der Revolutionäre, die Menschen über diese Sachverhalte aufzuklären, damit sie den Teufel erkennen und ihn bekämpfen können. Eigentlich kann das nicht sehr schwierig sein angesichts der Tatsache, dass der US-Imperialismus im Irak, in Afghanistan und in Palästina für einen gigantischen Völkermord verantwortlich ist.

Selbst wenn man die Vorwürfe von solchen imperialistischen Schreiberlingen wie Jeremy Paxmans, Kirsty Warks, John Humphryses und Dutzender anderer Lohnschreiber für wahr annehmen würde (wir bestreiten sie vehement), dass nämlich 80 Bürger Zimbabwes während der Wahlkämpfe und Wahlen durch staatliche Gewalt getötet wurden, - was ist das gegen die ungeheuerlichen Zahlen von 1,5 Millionen getöteten Irakern, 4 Millionen Flüchtlingen, die absolute Zerstörung der Wirtschaft und Infrastruktur Iraks und das Elend, in das die Bevölkerung des Irak seit 2003 gestoßen wurde? Was ist das gegen die täglichen Massaker in Afghanistan, begangen von den imperialistischen Invasionsarmeen, gegen die täglichen Massaker, die von den israelischen  Zionisten am palästinensische Volk begangen werden.

Die selbsternannten Wächter von Wahrheit und Freiheit der Presse sollten die imperialistischen Führer gefälligst nach diesen ihren Gräueltaten fragen, statt auf denjenigen in den unterdrückten Ländern herumzutrampeln, die versuchen ihre Völker von Armut und Ausbeutung zu befreien. Nur ein Beispiel: Am selben Tag, an dem Tsvangirai seinen Rückzug von den Präsidentenwahlen bekannt gab, setzte die britische Armee in Afghanistan „thermobaric Hellfire missiles“ (hier muss der Übersetzer passen!) ein im Kampf gegen den afghanischen Widerstand. Der Einsatz dieser Waffen, die eine Luftdruckwelle hervorrufen, die die inneren Organe der Menschen zerstört und ihre Körper zerquetscht, ist von Menschenrechtsgruppen als brutal eingestuft worden. Der Einsatz dieser Waffen wird so kontrovers diskutiert, dass Rechtsexperten in England 18 Monate darüber diskutierten, ob die britische Armee sie einsetzen könne, ohne internationales Recht zu brechen. Man könnte denken, dass der Einsatz dieser Waffen in Afghanistan eine wichtige Nachricht ist, die die Aufmerksamkeit unserer Medien und ihrer Journalisten, sie ja immer so viel von Wahrheit, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und der Verantwortung der Regierungen für ihr Handeln faseln, erregen müsste. Das Gegenteil war der Fall. Diese Nachricht stieß auf taube Ohren bei unseren Medien. Schließlich darf die tägliche Barbarei des Imperialismus nicht ans Tageslicht kommen. Die bürgerlichen Journalisten wissen dass. Deshalb bringen sie lieber Fantasiegeschichten über Zimbabwe, Tibet oder sonst was, nur nicht die Wahrheit über den Imperialismus.

Es ist die Pflicht des Proletariats und seiner revolutionären Parteien in den imperialistischen Zentren, diese Lügen, diese unterschiedlichen Standards der Fürsprecher des Imperialismus zu entlarven und die Verbrechen des Imperialismus aufzudecken. Ebenso ist es ihre Pflicht, das Recht der unterdrückten Völker zu verteidigen, Widerstand gegen die imperialistische Ausbeutung, Herrschaft und Aggression zu leisten.  Das ist der Grund, warum „Lalkar“ als eine anti-imperialistische Zeitung im ältesten imperialistischen Land der Welt die Absicht des Imperialismus, in Zimbabwe einen Regierungswechsel durchzusetzen und einen Nationalrevolutionär wie Robert Mugabe durch einen Lakaien wir Tsvangirai zu ersetzen, schärfstens angreift und stolz darauf ist, an der Seite Robert Mugabes und der ZANU(PF) zu stehen und sie gegen die Lügenkampagnen der „Furien des Privatinteresses“ der Räuberbarone des Finanzkapitals zu verteidigen.

Harpal Brar, Lalkar, Ausgabe Juli-August, Southall, Großbritannien;

Übersetzung aus dem Englischen: Redaktion „offen-siv“

Zur politischen Ökonomie des Kapitalismus

Werner Roß:
Die Irrlogik der sozialen Marktwirtschaft

Der Begriff der „soziale Marktwirtschaft“ ist von seiner ideologischen Zielsetzung her eine Rechtfertigung des Kapitals, um die ökonomische Macht und das Ausbeutungsverhältnis aufrecht zu erhalten. Auch von den Systemparteien werden Illusionen über eine mögliche Versöhnung zwischen Kapital und Arbeit bedient und für die Lohn- und Sozialabhängigen hohle Verheißungen verkündet.

Von nicht unerheblicher Bedeutung ist, dass mit dem Gerede von der sozialen Marktwirtschaft  zugleich die „freie“ Entfaltung des Individuums und die angebliche Neutralität des Staates begründet werden, wobei der Staat im Widerstreit der Interessen der Marktteilnehmer die notwendige Schiedsrichterfunktion ausübe. Nicht zu übersehen ist, dass der Begriff der „sozialen Marktwirtschaft“ gleichzeitig ein antikommunistisches Kampfinstrument darstellt, indem er die Planwirtschaft als Zwangswirtschaft denunziert, die zu einem seelenlosen Kollektivismus, zur Verelendung der Volksmassen und zur Entpersönlichkeit des Menschen führe.

Nach wie vor berufen sich die ideologischen und publizistischen Vertreter der so genannten „sozialen Marktwirtschaft“ auf Ludwig Erhard, der einen gewissen Kultstatus erreicht hat und den sowohl liberale als auch sozialdemokratische Parteien als ihren Säulenheiligen verehren. Die Ideen von Erhard haben ihre Anziehungskraft unter den Bedingungen des Neoliberalismus und der Globalisierung nicht verloren. Sie werden von ihren Anhängern sogar als das wieder zu gewinnende Paradies empfunden und empfohlen. Auch sollen mit dieser Segnung die Lohn- und Sozialabhängigen ruhig gestellt werden. Dabei entspringen diese Äußerungsformen des Kapitalismus seiner Entwicklungslogik, wobei es sich bei den ach so neuen Begriffen des Neoliberalismus und der Globalisierung um nicht anderes als den räuberischen Kapitalismus im imperialistischen Stadium handelt.

Ludwig Erhard hat unmittelbar nach der Zerschlagung des Faschismus das Konzept der „sozialen Marktwirtschaft“ entwickelt[4]. Allerdings wurden seine Auffassungen zunächst keineswegs widerspruchslos geteilt. Kritik wurde damals vor allem von den Sozialausschüssen vorgetragen. Für diese war das Ahlener Programm der CDU von 1947 Richtung gebend im Hinblick auf radikal-demokratische Reformen, die die Allmacht des Kapitals einschränken und so die Notlage der Nachkriegszeit besser bewältigen können. Nach und nach wurden die Bedenkenträger durch eine der Kernthesen Ludwig Erhards ruhig gestellt, die die wirtschaftliche Wende von der „Zwangswirtschaft“ zur Marktwirtschaft beschwor. Durch die angebliche „Marktwirtschaft neuer Prägung“ sollte eine Abgrenzung zum Faschismus und zum Sozialismus, dem so genannten „sowjetischen System“, vorgenommen werden[5]. Schon hier erfolgte eine Gleichstellung von Sozialismus und Faschismus.

Das Konstrukt der „sozialen Marktwirtschaft“ hat eine Reihe geistiger Väter, die Ludwig Erhard in seinem Gedankengang anregten. Zu nennen sind vor allem Franz Oppenheimer, ein Vertreter des „dritten Weges“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus, die liberalen Ökonomen mit sozialem Anstrich wie Eucken, Röpke, Böhm, Müller-Armack, Vertreter der Freiburger Schule und der christlichen Soziallehre sowie des „freiheitlichen Sozialismus“. Alle wollten – wie Ludwig Erhard – „Wohlstand für alle“. Sie glaubten also, unter kapitalistischen Verhältnissen den Kreis quadrieren zu können.

Die geistige Vorgabe hierfür war die Verbindung von gesicherter „individueller“ Freiheit mit der Sozialstaatsidee, die zu sozialer Sicherheit und allgemeiner Gerechtigkeit zwangsläufig führen müsse. Unternehmerinitiative, freie Presse, offener Wettbewerb – verbunden mit staatlichen Korrektiven – würden die sozialen Belange schon sichern. Die Aufgabe des Staates sei es, die Wirtschaftspolitik an sozialen Zielen auszurichten[6]. Der Staat solle außerdem Vermögensbildung in breiten sozialen Schichten fördern. Als Instrumente hierfür seien das Steuersystem, der soziale Wohnungsbau, aber auch Mitarbeiterbeteiligungen an Unternehmen anzusehen.

Mit der Behauptung der Notwendigkeit einer wirtschaftspolitischen Wende von der Zwangswirtschaft zur Marktwirtschaft begründete L. Erhard seine Auffassung, um – wie er behauptet – die Entmündigung und Demütigung des einzelnen Staatsbürgers zu beenden. Das einzelne Individuum solle in der sozial verpflichteten Marktwirtschaft zur Geltung kommen, „die den Wert der Persönlichkeit wieder obenan stellt“[7]. Wir „brauchen“ – so L. Erhard – „den Leistungsanreiz vom Arbeiter bis zum Unternehmer“[8]. Nur eine reibungslos funktionierende Marktwirtschaft könne den maximalen Lebensstandard für das ganze Volk erreichen. Als „eine der wichtigen aller demokratischen Freiheiten“ seien „die freie Konsumwahl neben der freien Berufswahl“ zu werten[9]. Ferner: Nur die Marktwirtschaft schaffe den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Durch den Wettbewerb der Preise werde ein optimales Verhältnis zwischen Löhnen und Preisen, zwischen nominalen Einkommen und Preisniveau geschaffen.

Ludwig Erhard verficht die Meinung, dass Marktwirtschaft und Demokratie eine logische Entsprechung darstellen, während die Planwirtschaft zur Zwangswirtschaft, zur Behördenwirtschaft bis hin zum Totalitarismus führe[10]. Als anzustrebende Rechtsnachfolgeschaft des Dritten Reiches hat Erhard die Vergangenheit schon deshalb nicht bewältigt, wenn er für das treue Zusammenstehen eines Volkes plädiert und ausführt: „Wir brauchen die verpflichtende Hingabe des einzelnen an das Staatsganze.“[11]

War Erhards Konzept der „sozialen Marktwirtschaft“ solide fundiert oder wurde es nur schlecht umgesetzt? Eine solche Frage drängt sich auf, zumal es sogar bei Linken (die meinen, solche zu sein) Irritationen und falsche Denkansätze gibt. So hat es H. Koziolek im „Neuen Deutschland“ anlässlich des 100. Geburtstages „des Vaters des Wirtschaftswunders“ an lobenden Worten für Erhards Ideen nicht fehlen lassen. Besonders positiv wird die Orientierung am Sozialstaatsprinzip und deren grundsätzliche Ausformung in den Art. 14, 20, 28 GG hervorgehoben. Dies sei – so wird betont – ein Unterschied „zur liberalen und neoliberalen Staatsidee“. Leider, beklagt Koziolek, wird durch die rigide Marktwirtschaft us-amerikanischer Prägung die soziale Marktwirtschaft ausgehöhlt[12].

Aber: Wer eine falsche Umsetzung des eigentlich anzustrebenden „Leitbildes“ einer sozialen Marktwirtschaft beklagt, begibt sich auf die schiefe Bahn des Idealismus, der negiert die Zwänge der kapitalistischen Produktionsweise in ihrem Beziehungsgefüge zu den sozialen Verwerfungen.

Die Dialektik des Kapitalverhältnisses

Nun gehört zum Allgemeingut marxistischer Theoriebildung, dass unter kapitalistischen Bedingungen das Eigentum an den Produktionsmitteln objektiv zur Klassenspaltung und schließlich zum Klassenkampf führt. Lohnarbeit und Kapital bilden dabei die tragenden Seiten im dialektischen Widerspruch des Kapitalverhältnisses und sind mit der Ausbeutung untrennbar verbunden. Der Reichtum/Armut-Antagonismus hat so seine Wurzel in den Eigentumsverhältnissen. Es ist deshalb keine Frage des subjektiven Ermessens einzelner kapitalistischer Unternehmer, ob sie expandieren wollen. Sie sind bei Strafe ihres Unterganges dazu gezwungen.

Aus dem privatkapitalistischen Eigentum an den Produktionsmitteln ergibt sich eine kausale Verflechtung zwischen dem Mehrwertgesetz – als dem ökonomischen Grundgesetz der kapitalistischen Produktionsweise – und dem Gesetz der kapitalistischen Akkumulation sowie dem Gesetz der Anarchie und Konkurrenz, die beide Schlüsselfunktionen für das Gesetz der Konkurrenz und Zentralisation des Kapitals ausüben und schließlich in der Tendenz zur Herausbildung von Monopolen führen.

Ausgehend vom Wesen der kapitalistischen Warenproduktion und ihren Gesetzmäßigkeiten ist es eine Illusion zu glauben, dass eine Vollbeschäftigung im Kapitalismus möglich ist. Dennoch werden glaubenseifernd derartige Projekte in Varianten von Sandkastenspielen vorgetragen. Es darf nur in jüngster Zeit an die Aussagen des Wirtschaftsministers Glos/CSU und des Arbeitsministers Scholz/SPD sowie des Leiters der Bundesanstalt für Arbeit, Weise, erinnert werden. In diesen Chor der Gläubigen stimmte auch der Vorsitzende des DGB, Sommer, ein, der die Möglichkeit einer Vollbeschäftigung von der Bedingung staatlicher Investitionen in Bildung und Forschung abhängig machte. Alle Vertreter der Glaubensrichtung „Vollbeschäftigung“ schöpfen ihre irrationale Zuversicht einerseits aus dem bisherigen wirtschaftlichen Aufschwung, der sich zumindestens linear fortsetzen könne und andererseits aus der Senkung der Arbeitslosenzahlen, wie sie sich angeblich sensationell vollziehe. Bei diesem Wunschdenken wird allerdings die Realität ausgeblendet. Erinnert werden muss an den Krisenzyklus und die statistische Trickserei, die die wirkliche Größenordung der Arbeitslosigkeit schönt: So werden Personen, die mit einem Ein-Euro-Job bedient werden, aus der Statistik herausgenommen und so behandelt, als ob sie ein normales Arbeitsverhältnis hätten. Gleiches gilt auch für Bürger, die aus Gründen des Einkommens ihrer sog. „Bedarfsgemeinschaft“ trotz Arbeitslosigkeit keine finanziellen Leistungen erhalten. Die stets steigende Zahl der Minijobs wird staatlicherseits als Erfolg hochgejubelt.

Dem Grunde nach schöpfen alle Vertreter der These von der Vollbeschäftigung ihren Zukunftsglauben aus der „sozialen Marktwirtschaft“ als Zauberformel zur Lösung sozialer Widersprüche.

Unter Beachtung der Zwänge der kapitalistischen Wirtschaftsweise steht also nicht die Frage, inwieweit Erhards konzipiertes Modell als „gut“ oder „schlecht“ zu bewerten sei, sondern es sind objektiv die Verhältnisse, die ein mit gesellschaftlichen Makeln behaftetes Handeln bewirken.

Kapital - Rüstung - Krieg

Gleiches gilt auch für den inneren Zusammenhang von kapitalistischer Warenwirtschaft, Rüstung und Krieg. Sie stellen ein besonderes Gefährdungspotential für die Menschheit dar. Rüstung und Krieg werden mit geradezu krimineller Energie vom Kapital vorangetrieben.

Dabei spielt der militärisch-industrielle Komplex eine besonders schändliche Rolle, denn mit Waffenexporten lässt sich Geld machen, an Kriegen kann man sehr profitabel verdienen und schließlich ist es der Rüstungssektor, in dem Kapital gewinnbringend anzulegen ist. Es nimmt deshalb nicht wunder, dass durch den engen Filz von Kapital und Staat die Rüstungsausgaben unermesslich steigen. Das führt unweigerlich zu sozialen Verwerfungen und zum Absenken der Ausgaben für das Gesundheitssystem, Bildung und Kultur.

Die Rüstungsindustrie mit ihren kooperativen Verflechtungen ist eine spezifische Form kapitalistischer Warenproduktion, gegen die es Front zu machen gilt.

Was bleibt nun von der Sozialstaatlichkeit übrig?

Die von L. Erhard beschworene und von der so genannten „Linken“ applaudierte Sozialstaatlichkeit weist, ausgehend von der Dialektik von Basis und Überbau, Riss auf.

Marx und Engels haben auf die enge Wechselwirkung von Staatstypen und –formen sowie von Rechtsverhältnissen mit den materiellen Lebensverhältnissen hingewiesen. Dabei betonen sie, dass Staat und recht zwar in den materiellen Verhältnissen wurzeln, jedoch keine passive Widerspiegelung derselben bedeuten[13]. So wies Marx im „Kapital“ nach, dass bspw. Der Staat bei der ursprünglichen Akkumulation und der Umwandlung der feudalen in die Kapitalistische Produktionsweise eine exponierte Rolle gespielt hat. Marx und Engels haben stets ökonomische Potenzen des Staates deutlich gemacht[14]. Im Kapital vertrat Marx die Auffassung, dass zur „Vermittlung der gemeinsamen Geschäfte, die aus der Natur aller Gemeinwesen hervorgehen“[15], der Staat unabdingbar sei. Der Staat als ideeller Gesamtkapitalist (F. Engels) sichert insbesondere die Verwertungsbedingungen des Kapitals, nimmt eine Krisenminimierung vor und bewirkt bestimmte strukturelle Veränderungen. Seine von L. Erhard gepriesene Sozialfunktion wird von den Interessen des Kapitals wesentlich mitbestimmt. Um die unheilige Allianz zwischen Wirtschaft und Staat als deren Geschäftsbesorgungskaufmann zu verschleiern, wird diese Verflochtenheit im Dunkeln gelassen. Das bezieht sich u.a. auf die Rolle der Lobbyisten, mit deren Hilfe das Kapital immer stärker auf die Legislative und die Exekutive Einfluss nimmt.

Erst kürzlich wurde offenbar[16], wie diese die Regierungsarbeit beeinflussen, die Feder bei Gesetzgebungsarbeiten führen sowie bei der Vergabe öffentlicher Aufträge mitwirken. Eine Methode sind von den Wirtschaftsunternehmen bezahlte Leihbeamte, die in den Ministerien als so genannte „Experten“ die Interessen des Kapitals vertreten. Was da noch von der Korrektivfähigkeit des Staates übrig bleibt, ist leicht nachvollziehbar. Im Gegenteil: das Kapital ruft dann nach dem Staat, um seine Verluste sozialisieren zu wollen (vgl. Ackermann und die Verluste der Banken mit der Immobilienkrise in den USA).

Ein Volk von Kleinaktionären

Stoff für die schönsten sozialen Blütenträume bietet der Vorschlag L. Erhards, Vermögensbildungen in breiten sozialen Schichten zu fördern. Hier könne der Sozialstaat eine aktive Rolle durch entsprechende Förderprogramme, aber auch die Unternehmen durch Mitarbeiterbeteiligungen übernehmen. Diese auf Sand gebaute Konzeption geistert nunmehr seit über 60 Jahren in der Bundesrepublik umher, ohne das greifbare Ergebnisse erzielt werden. Hemmende Faktoren sind vor allem Unsicherheiten in den Arbeitsverhältnissen, ständig drohende Arbeitslosigkeit, die Verlagerung von Unternehmen bzw. Betriebsteilen ins Ausland, die Übernahme von Wirtschaftsunternehmen durch große Kapitalgesellschaften. Die Systemparteien überbieten sich förmlich, die in der Sackgasse befindliche Theorie durch Modellvorschläge zu beleben.

In seinem Wirtschaftsteil hat der „Spiegel“ vom 31. 03. 08 das Paradebeispiel der Mitarbeiterbeteiligung unter dem Satz „Beck-Fonds-floppt“ mit einem Anflug von Spöttelei vorgestellt. Hier handelt es sich um eine Konstruktion sozialer Wohltat der rheinland-pfälzischen Landesregierung, die der SPD-Vorsitzende Kurt Beck als Vorbild seines Deutschlandsfonds hochgepriesen hat. Im Zentrum steht ein simpler „Investmentfonds plu“ der landeseigenen Industriebank, an dessen Beteiligung nach einem Jahr nur 20 Unternehmen und 224 „AN“ gewonnen wurden. Die Kapitaldecke beläuft sich auf ca. 2 Millionen (!) Euro. „AN“ können bis zu 4.000 Euro in den Fonds einzahlen. Damit erwerben diese an ihren Unternehmen stille Beteiligungen, die mit Landesmitteln aufgestockt werde. Im Gegenzug – so heißt es in diesem Bericht – „werden sie am Erfolg ihrer Betriebe beteiligt, zugleich sind sie vor dem Verlust ihres eingezahlten Kapitals geschützt.“

Abgesehen davon, dass es für die „AN“ immer ein Restrisiko gibt, stellt sich doch die Frage, ob nicht andere Möglichkeiten für Lohnabhängige zur Geldanlage diese stimulieren. Die ständigen Werbungen über günstige Zinsen und die Zockerei von Kleinaktionären an der Börse mit all den Fallstricken belegen es (vgl. den am 07. 03. 08 begonnenen Prozess in Frankfurt/Main der Kleinaktionäre gegen die Telecom über den Verfall der angeblichen Volksaktie).

Mit all solchen Finten soll den „AN“ das Gefühl eines Miteigentümers im puren Kapitalismus vermittelt und ihm ein Platz im „gemeinsamen Boot“ mit dem Kapital eingeräumt werden. Ein Blendwerk mehr im Rahmen der Vision von L. Erhard „Wohlstand für alle“.

Zusammenfassend kann festgestellt werde:

Bei der Theorie von der „sozialen Marktwirtschaft“ handelt es sich nicht nur um eine verstaubte, wertkonservative Auffassung, die sich in einer gedanklichen Sackgasse befindet. Hier geht es vielmehr um eine Rechtfertigung der bestehenden kapitalistischen Gesellschaftsordnung, indem vorgetäuscht wird, dass man ihr die inhumanen Züge nehmen könnte. Gleichzeitig soll das Ziel verfolgt werden, antikapitalistischen Systemvorstellungen entgegenzuwirken. Ein untaugliches Mittel, das mit den gesellschaftlichen Realitäten ständig kollidiert.

Werner Roß, Zwickau

Zur politischen Ökonomie des Sozialismus

Helmut Dunkhase, Dieter Feuerstein:
Planwirtschaft – auf der Höhe der Zeit

Vorbemerkung der Redaktion offen-siv: Wir bringen hier den ersten Teil des Artikels, der sich mit den grundsätzlichen Entscheidungen beschäftigt. Im zweiten Teil geht es um Input-Output-Rechungen und das Buch von Cockshott und Cottrell: „Alternativen aus dem Rechner, …“ . Die dortigen Ausführungen sind sehr speziell und gehören eher in ein ökonomisches Fachmagazin als in unser Zeitschrift. Deshalb verzichten wir hier auf den Abdruck. Wer den kompletten Artikel lesen möchte, findet ihn unter: www.helmutdunkhase.de
(d. Red.)

Markt und Plan bilden einen Antagonismus. Zum Markt gehören untrennbar unabhängig, privat voneinander produzierende Produzenten, deren Zusammenhang durch den Tausch gestiftet wird. Der Tausch ist verbunden mit einem Händewechsel und in seiner Realisierung nehmen die Produkte die Form einer Ware an. Die gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeitquanten für die Produkte bestimmen sich im Nachhinein, gewaltsam. Das besorgt das hinter dem Rücken der Agierenden wirkende Wertgesetz.

Die duale Aussage dazu: Zum Plan gehören untrennbar abhängig voneinander produzierende Produzenten, deren Zusammenhang durch Kooperation gestiftet wird. Die Kooperation ist nicht mit einem Händewechsel verbunden und in Kooperation erzeugte Produkte nehmen nicht die Form einer Ware an. Die gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeitquanten stehen von vornherein fest.

Probleme der Planung in den realsozialistischen Ländern

Mit den ersten Fünfjahrplänen und dem Pioniergeist der Stalinzeit wurden gewaltige Erfolge erzielt. Doch mit zunehmender Differenzierung der Volkswirtschaft reichte eine vom Bruttooutput ausgehende Planung nicht mehr aus. Es musste nach Wegen gesucht werden, die eine rationellere Verteilung der Ressourcen und eine objektive Bewertung ökonomischer Vorgänge gewährleistet.

Bahnbrechend in dieser Hinsicht waren die Arbeiten des Mathematikers L.W. Kantorowitsch, die 1938 ihren Ausgang nahmen mit der praktischen Problemstellung, das beste Produktionsprogramm für die Auslastung von Schälmaschinen einer Leningrader Furnierholzfabrik zu finden und einen neuen Zweig der Mathematik begründeten: die Lineare Optimierung. Damit war der Typus einer Aufgabe gegeben, die „selbst nur entspringt, wo die materiellen Bedingungen ihrer Lösung schon vorhanden oder wenigstens im Prozess ihres Werdens begriffen sind“ (MEW 13, S.9). Die wissenschaftliche Behandlung der Frage, wie „optimaler Gebrauch von ökonomischen Ressourcen“[17] gemacht wird, stellt sich in einer Produktionsweise, in der der Blick immer auf das Ganze der Volkswirtschaft gerichtet ist, eher, dringlicher und vor allem umfassender als in einer Gesellschaft, in der das Verfolgen partikulärer Interessen im Mittelpunkt steht.

Während die sowjetische Wissenschaft – im wahrsten Sinne des Wortes – auf der Höhe der Zeit war und Weltmaßstäbe setzte, galt dies weniger für den politischideologischen Bereich. Neue Planungsideen hatten mit Widerständen zu kämpfen und noch die Kybernetik wurde anfangs als „bürgerliche Wissenschaft“ denunziert. So kam es, dass in den Elfenbeintürmen der wissenschaftlichen Institute wunderbare Modelle ausgebrütet wurden, während andererseits noch auf dem 21. Parteitag (1959) die schädlichen ökonomischen Auswirkungen der weiterhin verbreiteten „Tonnenideologie“ offenbar wurden.

Lösungsversuche gingen in die falsche Richtung: Die Liberman-Reformen setzten auf die Autonomie der Einzelbetriebe und deren Profite als entscheidende Kennziffer.

Es gab aber auch objektive Gründe dafür, dass die wissenschaftliche Beherrschung der Planwirtschaft nur rudimentär wirksam werden konnte. Lineare Optimierung, die durchgängig ins Auge gefasste Methode, um zu einer effektiveren Planung zu gelangen, zeitigte sicherlich bedeutende Erfolge bei der Materialausnutzung auf betrieblicher Ebene oder bei bestimmten Aspekten der volkswirtschaftlichen Planung wie der Optimierung von Transportwegen. Aber die Anforderungen an die Industrieplanung einer gesamten Volkswirtschaft kontrastierten nicht nur mit der damals vorhandenen rechentechnischen Basis (und wurden auf dieser Ebene auch nicht ins Auge gefasst), sondern auch mit der durch die Komplexität (im präzisen algorithmischen Wortsinn) gesetzten objektiven Grenzen. Hinzu kam noch das Problem des Mangels bzw. der schlechten Qualität von Daten.[18]

Es ist davon auszugehen, dass die beschriebenen Probleme der Planrealisierung die Diskussionen über Warenproduktion im Sozialismus/Kommunismus befördert haben. Marx hat bekanntlich große Mühen darauf verwendet, die historische Begrenztheit der Wertform zu zeigen, und es gibt wohl nur eine einzige Stelle, in der Marx von Wert – genauer: Wertbestimmung, nicht Wertform! Im Zusammenhang einer kommunistischen Gesellschaft spricht. (MEW 25, S.859) Hatte Stalin 1952 noch auf dem Übergangscharakter der Warenproduktion beharrt und darauf verwiesen, dass ihre Aufhebung eigentlich nur an den unterschiedlichen Eigentumsformen in Industrie und Landwirtschaft hapere[19], sprach Ulbricht vom Sozialismus als einer „relativ selbstständigen sozialökonomischen Formation“, in der „Warenproduktion, Wertgesetz, Preis und Gewinn [...] auf ihrer eigenen Grundlage“ wirken.[20] Die Notwendigkeit der Warenproduktion im Sozialismus wurde nicht mehr abgeleitet aus der Existenz verschiedener Eigentumsformen, sondern aus dem Stand der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, dem Charakter der Arbeit und dem Entwicklungsstand des gesellschaftlichen Bewusstseins[21]. Das Wertgesetz wurde quasi offiziell zu einem Gesetz des Sozialismus erklärt.[22] Damit gerät man aber in ein Dilemma, wenn man gleichzeitig vom Plan nicht lassen will. Denn das Wirken des Wertgesetzes ist untrennbar verbunden mit der Existenz unabhängig voneinander produzierenden Produzenten, deren Produkte im Tausch auf dem Markt gesellschaftlich bewertet werden, während der Plan im Gegensatz dazu durch Kooperation miteinander verbundene, voneinander abhängige Produzenten voraussetzt. Je mehr Plan, desto weniger Wertgesetz und umgekehrt. Dieses Dilemma zeigt sich am deutlichsten in der Festlegung von Preisen. Über absurde Preisrelationen gab es bekanntlich viele Geschichten zu erzählen.

Versuche, wie etwa – im Zusammenhang des „Neuen Ökonomischen Systems“ einen neuartigen „sozialistischen Preistyp“[23]7 zu definieren, führten nicht weiter. Nachdem zunächst (S.391) mehrmals hin und her gesprungen wird in der Versicherung, dass der Preis den Wert zur Grundlage habe, andererseits aber auch planmäßig zu Stande käme, ohne dass in irgendeiner Weise auf den Punkt gebracht wird, wie der Preis denn nun bestimmt wird, wird schließlich ein „Prozess der Annäherung des Preises an den Wert“ beschrieben, der auf den guten, alten Kostpreis hinausläuft – nur dass man ihn in der Planwirtschaft nicht bestimmen kann! Dieser gedankliche Wirrwarr ist nur als eine Folge des unbegriffenen Antagonismus von Plan und Markt zu erklären und trug dazu bei, dass sich so weder die (zerstörerische) Dynamik einer kapitalistischen Marktwirtschaft wiederherstellen noch sich die Vorzüge einer sozialistischen Planwirtschaft entfalten konnte.

Man muss sich entscheiden: Entweder der Preis wird durch das Wertgesetz bestimmt, dann braucht man unabhängige Produzenten und einen freien Markt; oder aber – wenn man sich für den Plan entscheidet – durch direkte Messung des gesellschaftlichen Aufwands. Dazu kommt nur die Arbeitszeitrechnung in Frage.

Helmut Dunkhase, Berlin

Erinnerung

Heinz Pocher:
John Heartfield, der Kommunist und Meister der politischen Fotomontage

John Heartfield im Ausstellungszentrum Waldsieversdorf

Am 26. April 2008 jährte sich zum 40. Mal der Todestag von John Heartfield. In Waldsieversdorf bei Buckow wird er in einem Ausstellungszentrum geehrt. Heartfield verbrachte von 1957 bis zu seinem Tod 1968 die Sommermonate in Waldsieversdorf. In Zusammenarbeit mit dem Archiv der Akademie der Künste wurden 20 Fotomontagen, die als Titelseiten der „Arbeiter-lllustrierte- Zeitung“ erschienen, ausgewählt.

Das wohl bekannteste Motiv Heartfields enthüllt, wer hinter dem „Führer“ der NSDAP stand. „Kleiner Mann bittet um große Gaben“ interpretierte John Heartfield den „Sinn des Hitlergrußes“. Selbst ganz klein, zeigt Hitler seine offene, nach hinten gerichtete Hand, in die von einem riesigen Mann Geldscheine geschoben werden. Eine andere Arbeit führt Hitler als Hampelmann an den Strippen eines deutschen Großindustriellen vor. Die Botschaft Heartfields beeindruckt noch heute.

Der Begründer der politischen Fotomontage wurde am 19. Juni 1881 in Berlin-Schmargendorf geboren. Nach einer abgebrochenen Buchhändlerlehre und einer Ausbildung an den Kunstgewerbeschulen in München und Berlin wurde er 1914 als Gardesoldat eingezogen, dann aber auf Grund einer simulierten Nervenkrankheit entlassen. Er verkehrte mit Else Lasker-Schüler, mit George Grosz und gehörte der kleinen Gruppe junger Berliner Intellektueller an, die sich frühzeitig gegen den Krieg wandten. Aus Protest gegen antibritische Kriegspropaganda nahm er den englischen Namen John Heartfield an. Mit seinem Bruder Wieland gründete er die oppositionelle Zeitschrift „Neue Jugend“ und 1917 den linksgerichteten Malik-Verlag. Später trat Heartfield gemeinsam mit seinem Bruder, George Grosz und Erwin Piscator unmittelbar nach ihrer Gründung der KPD bei. Nach einem Intermezzo bei der UFA als Ausstatter und Regisseur arbeitete Heartfield für Erwin Piscator an der Reinhardt-Bühne, engagierte sich für die Partei und gab gemeinsam mit Tucholsky 1929 das viel beachtete Buch „Deutschland, Deutschland über alles“ heraus.

Die Kombination der Satiren des Zeitkritikers und Moralisten Kurt Tucholsky mit den Fotomontagen von Heartfield stellen einen radikalen Angriff auf den deutschen Militarismus, das kapitalistische Wirtschaftssystem, die Klassenjustiz und das Anwachsen reaktionärer, nationalistischer und faschistischer Strömungen dar. Das Zusammenwirken von entlarvenden und anklagenden Bildern mit den entsprechenden Texten löste beim politischen Gegner einen Sturm der Entrüstung aus. Die Kunst wurde im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Waffe im Klassenkampf.

An Aktualität haben diese Werke auch nichts von ihrer Bedeutung verloren. Das immer stärkere Auseinanderdriften der Gesellschaft in Arm und Reich, die Hartz-IV-Gesetze, die Rente mit 67 oder die sogenannte Gesundheitsreform sind dafür nur einige Beispiele.

Ein Jahr später begann Heartfields ständige Mitarbeit bei der Arbeiter-Illustrierten-Zeitung, für die bis 1938 die klassischen Fotomontagen zur Zeitgeschichte der Weimarer Republik und des Faschismus entstanden. Vor ihm floh Heartfield 1933 nach Prag und 1938 nach England. Dort arbeitete er als Buchgestalter für englische Verlage und erhielt die Arbeitserlaubnis als freischaffender Künstler. Als er 1950, inzwischen im 60. Lebensjahr, nach Deutschland zurückkehrte, nahm er mit seinem Bruder Wieland Herzfelde in Leipzig die Arbeit für Verlage, Theater und Organisationen wieder auf. Seine Gesundheit war schwer angeschlagen und nur langsam erholte er sich wieder. Er suchte nach einem Ort, an dem er ausspannen und sich von der Arbeit erholen konnte. Diesen Ort fand er auf Anraten von Bert Brecht in Waldsieversdorf. 1957 gelang es Heartfield, ein kleines Anwesen in Waldsieversdorf, eine halbe Stunde Fußweg von Buckow entfernt, zu erwerben.

Nach zwei Herzinfarkten arbeitete er wieder für das Berliner Ensemble und das Deutsche Theater als Ausstatter und Bühnenbildner. 1956 wurde Heartfield zum Mitglied der Akademie der Künste gewählt. Es folgten weitere Ehrungen und zahlreiche internationale Ausstellungen.

Am 26. April 1968 starb John Heartfield in Berlin. Sein Grab befindet sich auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof.

Die Gemeinde Waldsieversdorf erinnert mit ihrer ständigen Ausstellung an ihren berühmten Sommergast. Von den hinterlassenen Fotomontagen wurden solche ausgewählt, die sowohl die Hintergründe des Aufstiegs der Faschisten in Deutschland als auch den gegen sie gerichteten Kampf der KPD verdeutlichen. Heartfields Meisterschaft offenbarte sich vor allem darin, dass er es glänzend verstand, Methaphern oder Allegorien zu entwickeln, die „Unsichtbares sichtbar machten“. Der Sinn ergab sich aus der Symbiose von Bild und Text. Die Dauerausstellung in Waldsieversdorf vermittelt geschichtliches Hintergrundwissen. Sie zeigt, wie dem Vordringen der Nazis in der Weimarer Republik mit künstlerischen Mitteln begegnet wurde.

Das Werk dieses bedeutenden Kommunisten klärt heutige und künftige Generationen darüber auf, dass es nie zu spät ist, politischen Mut und charakterliche Lauterkeit zu beweisen.

Heinz Pocher,
dankend übernommen aus: Rote Kalenderblätter der DKP Brandenburg Ausgabe 6-08


Kommunistische Initiative Österreich:
Otto Langer

Otto Langer gehörte zur "alten Garde" in der Wiener KPÖ. Ganz selbstverständlich verbanden Funktionäre wie er großes organisatorisches Talent, welches auch für besser dotierte Jobs in anderen Tätigkeiten gereicht hätte, mit großer Disziplin und Loyalität gegenüber der Partei. Seine Verantwortung im Vertrieb des Globus-Verlages und seine langjährige organisatorische Leitung des Volksstimme-Festes waren Tätigkeiten, in denen er die Außenwirkung der Partei wesentlich mitgestaltete. Er konnte sehr strikt für seine Auffassungen eintreten, was ich als Vertreter der KJÖ im Volksstimme-Festkomitee in den 1980er Jahren auch manchmal zu spüren bekam. So gerieten wir nicht selten aneinander, wenn es um die kulturelle Ausrichtung des Festes ging, waren aber Festlegungen getroffen, war jeder Streit vergessen, auch das konnte man von ihm lernen. Sein politischer Werdegang und seine Rolle als Gewerkschafter in den USA hat sich uns Jungen erst mit der Zeit erschlossen. Er hat nie damit geprahlt.

Besonders bitter muss für Otto die Erfahrung gewesen sein, dass ausgerechnet jene Leute in der Partei, mit denen er lange Jahre loyal zusammengearbeitet hat, ihn schließlich aus der Partei warfen und an seinem Lebensende vor Gericht zerrten. In einer letztklassigen Inszenierung wurde vom Wiener Parteiapparat, der zu diesem Zeitpunkt schon voll im Griff des Baier-Klüngels war, ein Ausschlussverfahren gegen ihn und Ronny Freisinger durchgezogen.

Nach dem statutenwidrigen 33. Parteitag folgte eine weitere Säuberungswelle gegen Kritiker in der KPÖ, der unter anderem Lisl Rizy und Helmuth Fellner zum Opfer fielen. Große Teile der marxistisch-leninistischen Kräfte zogen daraus die Konsequenz, die KPÖ zu verlassen und gemeinsam die Kommunistische Initiative aufzubauen. Otto Langer und seine GenossInnen der "Tribüne für die Wahrheit" kämpften weiterhin für eine revolutionäre Erneuerung der KPÖ und teilten unsere Auffassung nicht, daß dieser Kampf nach dem 33. Parteitag vergebens sei. Ungeachtet dessen blieben wir in Kontakt und in solidarischer Verbundenheit.

Bruno Furch betitelte in den 1990er Jahren ein Buch über die KPÖ mit dem Satz "Das schwache Immunsystem". Dieses muss inzwischen vollständig kollabiert sein; denn nicht nur die Prozesslawine, die Baier und Graber gegen kominform vor ein paar Jahren lostraten, wurde von der Partei (bestenfalls murrend) toleriert, auch der Gipfel an selbstgerechter Eitelkeit, einen 88-jährigen, verdienten Genossen vor Gericht zu zerren, wurde ohne nennenswerten Protest hingenommen.

Und so blieb es Otto Langer nicht erspart, schwerkrank und auf die Neunzig zugehend, noch vor Gericht zu erscheinen, damit die "Ehre" des Parvenues Walter Baier wieder hergestellt wird. Dabei ist es ja mittlerweile unstrittig und auch gerichtlich bestätigt, dass Baier das Ernst-Kirchweger-Haus an einen Mann aus der rechtsextremen Szene verkauft hat, der früher auch der mittlerweile verbotenen Aktion Neue Rechte (ANR) angehörte. Anstatt sich für diesen Skandal in Grund und Boden zu schämen und schleunigst die politische Bühne zu verlassen, werden reihenweise Kommunisten und Antifaschisten vor den Kadi gezerrt.

Wenige Tage nach der erstinstanzlichen Urteilsverkündung in einem der Prozesse, die Baier mit Parteianwalt Löw gegen ihn angestrengt hat, ist Otto Langer in Wien verstorben. Dieser zeitliche Zusammenhang mag Zufall sein oder auch nicht. Zuträglich war es der Gesundheit eines schwerkranken Mannes in diesem Alter jedenfalls nicht, mit aberwitzig hohen Streitwertsummen bedroht zu werden.

Ottos Leben und Wirken wird in den Reihen der österreichischen KommunistInnen unvergessen bleiben. Er musste es in seinem Leben mit vielen - teils übermächtigen - Gegnern wie dem Mc Carthy-Amerika aufnehmen.

Das Wirken Baiers wird als eitle, selbstgerechte Spiegelfechterei eines Mannes, der maßgeblich zum Niedergang der Kommunistischen Partei Österreichs beigetragen hat, in Erinnerung bleiben. Und auch, dass diese Partei ihn gewähren ließ, sollte nicht vergessen werden. Für Otto und viele andere aufrechte KommunistInnen war es immer besonders enttäuschend, dass gerade die steirische KPÖ, die sich durch ihren eigenständigen Kurs dem Niedergang entziehen konnte, dem Treiben Baiers und der Bundes-KPÖ tatenlos zusah.

Mit Otto Langer starb ein Kommunist mit Rückgrat. Eine mittlerweile leider selten gewordene Spezies in der KPÖ. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen vielen Freunden.

KI Österreich, Otto Bruckner, Wien

Resonanz auf den Schwerpunkt Cuba in Heft 6-08

Heinz W. Hammer:
Die jeweils für einen günstigen Moment vorgesehenen Maßnahmen

In einem Themenschwerpunkt der Ausgabe Mai-Juni 2008 beschäftigt sich »offen-siv« mit aktuellen Entwicklungen auf Cuba und äußert Sorge. Im Kern geht es um die ökonomische Entwicklung, die Wühlarbeit der bundesdeutschen Stiftungen sowie den Umstand, das Hans Modrow in Havanna eine Rede gehalten hat. Hierzu folgende Anmerkungen:

1. Vorweg: Die Tatsache, dass konterrevolutionäre Stiftungen in ihrem Sinne flexibel auf aktuelle Entwicklungen im Zielgebiet reagieren und für ihre Interessen zu nutzen suchen, liegt in der Natur der Sache. Aussagen über die tatsächlichen Entwicklungen des revolutionären Cuba stehen auf einem ganz anderen Blatt.

2. Zur Ökonomie: »offen-siv« meint, mit den »neuen Entwicklungen … verbundene Probleme« auszumachen, für deren »eingehende Analysen und/oder Einschätzungen … es noch zu früh« sei. Damit wird jedoch bereits deutlich, dass die Redaktion der Meinung ist, dass eine (Neu-?) Bewertung demnächst anstehe.

Die Richtung wird klar, wenn man die diesbezügliche Fußnote heranzieht. Hier wird bemängelt, dass andernorts (also jenseits der »offen-siv«) Bagatellisierung betrieben würde und als Beleg wird ein Zitat aus dem UZ-Artikel von Günter Pohl vom 09.05.08 herangezogen, in welchem dieser nicht explizit auf »die Landvergabe an Privatbauern« eingegangen sei. Nun gibt es an diesem UZ-Beitrag sicherlich einiges Kritisierenswertes, doch gerade der von »offen-siv« gewählte Auszug trifft exakt den Kern, wenn Pohl schreibt: »(…) Dabei werden nicht mehr und nicht weniger als die jeweils für einen günstigen Moment vorgesehenen Maßnahmen durchgeführt.« Eine völlig korrekte Einschätzung! »offen-siv« dagegen verhält sich wie der berühmte alte Weise auf dem Berg, der von dort alles genau im Blick und damit quasi das Interpretationsmonopol hat, wenn sie – bezugnehmend auf die kritisierte Landvergabe – schreibt: »Da sind wir anderer Meinung – denn wir haben bitter erfahren müssen, wohin die innere Aufweichung führen kann« und damit ganz nebenbei eine ökonomische Maßnahme aus einem ganzen Katalog herausnimmt und ideologisch verortet. Doch tatsächlich ist es ja so, dass solche Maßnahmen nicht losgelöst von Raum und Zeit stattfinden (wie Pohl korrekt feststellt): Beim 6. Plenum des ZK der PCC am 28.04.08, das zugleich den nächsten Parteitag einberief, verwies Präsident Raúl Castro auf einen dramatischen Umstand, nämlich den, dass die Produktion von Nahrungsmitteln eine der wichtigsten Aufgaben der Führungskräfte der Partei sei, denn »sie ist eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit (…)«[24]! Wie sich die durch den Imperialismus verursachte globale Nahrungsmittelkrise direkt in Cuba auswirkt schildert der »ND«-Korrespondent in Havanna, Leo Burghardt, in der Ausgabe vom 30.06.08: »Auf der Provinzversammlung der Kommunistischen Partei, auf der die neue KP-Leitung der Hauptstadt gewählt wurde, wiederholte Maria Del Carmen Concepción, Mitglied des Sekretariats des Zentralkomitees, was Fidel Castro schon im November 2005 in der Universität Havanna deutlicher und düsterer als je zuvor prophezeit hatte. Sinngemäß: Wenn die kubanische Wirtschaft nicht kräftig zulegt und ein großer Teil der Importe durch eigene Produkte ersetzt, laufe die Revolution Gefahr, sich selbst zu zerstören. (…)2007 hat Kuba beispielsweise für Lebensmittelimporte 1,47 Milliarden Dollar bezahlen müssen. Die gleiche Menge an Nahrungsgütern, 3,4 Millionen Tonnen, würden in diesem Jahr 2,55 Milliarden Dollar kosten. Kuba investiert nur noch, wo Not am Mann ist. Trotzdem beträgt die dafür vorgesehene (und nicht veröffentlichte) Summe das 2,4-fache von der im Jahr 2000 und macht 29 Prozent mehr aus als im Vorjahr.«[25]

Wenn sich die revolutionäre Führung Cubas in dieser Situation u.a. (!) dazu entschließt, eine begrenzte Landvergabe für den Lebensmittelanbau an Privatbauern durchzuführen, da die Substituierungswirtschaft strategische Priorität erhalten hat, so halte ich eine Interpretation der »Aufweichung« für unangebracht und schlicht falsch. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang gut daran, welche Aufregung es 1993 gab, als der US-Dollar als offizielles Zahlungsmittel neben dem Peso legalisiert wurde. Auf dem Höhepunkt der durch die doppelte Blockade bedingten ökonomischen Krise ging es damals um’s tatsächliche Überleben der Revolution und um den – im Wortsinne – schnellen Dollar.

Ein entscheidender Aspekt war damals, dass Fidel – wie üblich – diesen Schritt ausführlich vor dem Volk begründete, hierbei keinesfalls Schönfärberei betrieb, sonder diese – zu dieser Zeit in diesem Raum – ökonomische Notwendigkeit als einen durchaus politischen Rückschritt definierte und an die PCC-Kader als Vorbilder in der anstehenden Phase appellierte. Am 08.11.2004 konnte diese abgeschlossen und der US-Dollar als nationales Zahlungsmittel wieder abgeschafft werden (siehe Fidel-Rede vom 25.10.04 auf www.cubafreundschaft.de[26]). Präsident Raúl Castro ordnete beim o.g. 6. Plenum die aktuellen Maßnahmen ebenfalls eindeutig politisch ein: »Die Partei müsse ihre Arbeit und Autorität den Massen gegenüber weiter verbessern, sagte er und versicherte: „Heute ist ein wichtiger Schritt in der Richtung getan worden, die Rolle der Partei als organisierte Avantgarde der kubanischen Nation zu festigen, damit sie den Herausforderungen der Zukunft besser gewachsen ist, und, wie Genosse Fidel gesagt hat, um die Kontinuität der Revolution zu gewährleisten, wenn ihre historischen Führer nicht mehr da sind.«[27]

3. Zu Hans Modrow in Havanna dokumentiert »offen-siv« Auszüge aus dessen Rede, die er am 23.03.96 vor dem ZK der PCC gehalten hat. Hierbei sollte man sich darüber im klaren sein, wie die (nebenbei gesagt äußerst erfolgreiche!) internationale Politik der PCC aussieht. Die PCC pflegt auf internationaler Ebene – jetzt mal jenseits der ebenfalls exzellenten Politik auf bi-, multilateraler staatlicher bzw. UN-Ebene – Beziehungen, die nicht nur über das Spektrum der marxistisch-leninistischen KPs, sondern auch weit über das kommunistisch-sozialistische Spektrum hinausgehen. Aus diesem weitgespannten Beziehungsnetz kann man jedoch eben nicht schlussfolgern, dass sie (die PCC) sich nun auch die ideologischen Positionen ihrer Gesprächspartner zu eigen machen würde. »offen-siv« schreibt in der redaktionellen Vorbemerkung: »(…) Danach lest Ihr, was Raúl Castro vor 12 Jahren dazu sagte. Warum er es heute nicht mehr sagt, sondern statt dessen der Staatsrat den Gorbatschowisten Modrow offiziell dazu einlädt, seine zersetzenden Thesen vor der cubanischen Führung auszubreiten? Wir wissen es nicht.«

Korrekterweise sei darauf hingewiesen, dass Modrow nicht vom Staatsrat, sondern vom Zk eingeladen worden war, wie auch »offen-siv« etwas weiter richtig schreibt. Und der Vollständigkeit halber sei zusätzlich darauf hingewiesen, dass die komplette Rede, die Raúl am 23.03.1996 vor dem 5. ZK-Plenum gehalten hat, unter www.cubafreundschaft.de nachgelesen werden kann.

Ansonsten ist die insinuierte Botschaft – bei aller Freundschaft – unseriös, denn hier wird suggeriert, dass Rául Castro, der sich in dieser Rede u.a. für den ideologischen Kampf gegen die Geschäftemacherei einer Minderheit von Privatbauern sowie gegen die Diversion durch bestimmte sog. NGOs ausgesprochen hat, diese Haltung heute nicht mehr hätte – was allerdings an keiner Stelle nachgewiesen wird oder werden kann.

Es gibt zahllose gute Argumente gegen die Interpretationen von Modrow über die Liquidierung der DDR. »offen-siv« dokumentiert ja im selben Heft auch einige davon in dem abgedruckten Auszug aus »Das Komplott«. Es stünde der »offen-siv«-Redaktion doch gut zu Gesicht, wenn sie – bezugnehmend auf seine dokumentierten Ausführungen in Havanna – sich ihrerseits mit einem freundschaftlichen Brief und der Darlegung der eigenen Analysen, bspw. mit Verweis auf das selbst herausgegebene Buch »Niederlagenanalyse - Die Ursachen für den Sieg der Konterrevolution in Europa«, an das ZK der PCC wenden würde.

Ein offener Dialog unter Freunden ist m.E. auf jeden Fall »cubanologischen« (Fehl-) Interpretationen vorzuziehen.

Mit internationalistischem Gruß, Heinz-W. Hammer, Essen, 09.07.08


Frank Flegel:
Ein entscheidender Aspekt war damals, dass Fidel – wie üblich – diesen Schritt ausführlich vor dem Volk begründete…“

Antwort auf Heinz W. Hammer

Lieber Heinz, Du bist ganz offensichtlich nicht der Ansicht, dass es neue Entwicklungen auf Cuba gibt, hältst die „Interpretation“ der neuen Landwirtschaftspolitik als „Aufweichung“ sozialistischer Prinzipien für irrig und meinst, dass wir (also die „offen-siv“) eine konkrete Maßnahme (die Landvergabe an Privatbauern) aus einem ganzen Katalog herausnehmen und ideologisch verorten würden. Das Ganze sei unseriös und eine „cubanologische“ (Fehl)Interpretation.

Es tut mir wirklich leid, gerade Dir widersprechen zu müssen.

Zunächst einmal möchte ich jedoch festhalten, auf welcher prinzipiellen Basis unsere Diskussion stattfinden: wir – Du wie auch die „offen-siv“ – haben im Sinne und auf Basis unserer Prinzipien des proletarischen Internationalismus auch zu Cuba eine wissenschaftliche „Richtschnur“: die prinzipielle und bedingungslose Unterstützung des sozialistischen Cuba und seiner revolutionären Führung! Das unterscheidet uns von jenen, die entweder eine – wie auch immer geartete – so genannte „kritische Solidarität“ predigen oder praktizieren, hinter deren „Cuba-Engagement“ sich aber tendenziell antisozialistische Positionen verstecken oder aber solchen, die nach außen hin ganz prinzipiell die cubanische Revolution zu unterstützen scheinen, zum Beispiel aber gleichzeitig eine strategische Bündnispolitik mit konterrevolutionären Kräften betreiben, die offen für den Sturz der revolutionären Führung in Cuba, d.h. die Konterrevolution, eintreten.

Was ich (neben den zu erwartenden klassenmäßigen Schwierigkeiten, die die neue Landwirt-schaftspolitik hervorbringen wird und worauf ich weiter unten noch näher eingehe) für ein großes Problem halte, siehst Du schon an der Überschrift. Ich zitiere dort Deine Worte bezüglich des Verhaltens der revolutionären Führung Cubas bei Einführung des Dollars 1993 als zweite Währung. Das Zitat in der Überschrift ist nicht vollständig, Du fährst in Deiner Zuschrift nämlich wie folgt fort: „…hierbei keinesfalls Schönfärberei betrieb, sondern diese – zu dieser Zeit in diesem Raum – ökonomische Notwendigkeit als einen durchaus politischen Rückschritt definierte und an die PCC-Kader als Vorbilder in der anstehenden Phase appellierte.“

Mir ist nicht bekannt, dass aktuell Ähnliches zur historischen und ideologischen Einordnung der neuen Landwirtschaftspolitik geschah, im Gegenteil: alle mir bisher zugänglichen Quellen stellen das Ganze nicht als (historisch-aktuell notwendigen, aber bedauerlichen und hoffentlich bald wieder aufhebbaren) Rückschritt, sondern als grundsätzlichen Fortschritt dar.

Und so etwas muss man selbstverständlich „ideologisch verorten“, auch wenn Du das so abschätzig formulierst. Warum? Ich zitiere aus dem ND: „85 Prozent dessen, was die Kubaner verzehren, entstammt Importen. Der Staat muss dafür 1,6 Milliarden Dollar im Jahr berappen, bei steigender Tendenz. Zugleich liegen 51% des kultivierbaren Bodens brach oder werden mangelhaft bewirtschaftet. Rentabel arbeiten nur die Privaten und zumindest einigermaßen akzeptabel jene Genossenschaften, denen Plantagen vom Saat zur Nutzung übergeben wurden. Die rein staatlichen Farmen können nur in den seltensten Fällen ihren Verpflichtungen nachkommen.“ Das sagt aus: die Landwirtschaft sozialistisch zu organisieren (zur Zeit und/oder auch grundsätzlich? – das bleibt im Unklaren) ist unmöglich. Eine solche Einschätzung, lieber Heinz, ist nicht irgendwas.

Die Maßnahmen, die die cubanische Führung beschlossen hat, um die Lage zu verbessern, sind: Vergabe von Land an Privatbauern, Auflösung von 104 landwirtschaftlichen Staatsbetrieben, Erhöhung der staatlichen Ankaufpreise für Agrarprodukte der Privatbauern und der Genossen-schaften.

Das ist mitnichten eine einzelne ökonomische Maßnahme, sondern eine grundsätzliche Orientierung (siehe zum Beispiel auch Entwicklungen im sozialistischen Polen und die SU unter Gorbatschow, wobei ich allerdings unterstreichen möchte, dass ich hier keine „Gleichheits-zeichen“ setze!).

Wohin Privatisierungen in der Landwirtschaft aus der dann entstehenden Dynamik der Klassensituation und der Klassenkämpfe führt und führen muss, sollte uns allen bekannt sein: Der Privatbauer möchte expandieren, fordert die rechtliche Möglichkeiten, Arbeitskräfte nach seinem Gutdünken einzustellen und zu entlassen, fordert „Freiheit“ von der staatlicher „Gängelung“ garantierter Abnahmemengen zu festen Preisen („Seit dem 1. April sind die Bürokraten ausgeschaltet“, ND vom 14. April 2008), fordert stattdessen freie Preise und freie Märkte, fordert Privateigentum an Grund und Boden, fordert freien Verkauf auch für die ihm nützlichen Produktionsmittel, daraus folgt die Forderung nach freiem Außenhandel, - sprich: er wird zum Kulak, zum Konterrevolutionär. Der Feind ist sich darüber im Klaren und passt dementsprechend seine konterrevolutionäre Strategie an; deshalb haben wir ja auch sehr ausführlich die strategischen Einschätzungen einiger bundesdeutscher Stiftungen wie auch von Bundesaußenminister Steinmeier abgedruckt.

Um der wirtschaftlichen Erdrosselung durch den Imperialismus und seinen Weltmarkt zu entgehen, ist es für sozialistische Revolutionen nicht immer auszuschließen, einen solchen Weg privater Landwirtschaft, auch privater Dienstleistungen und privater Kleinproduktion (kurzzeitig) gehen zu müssen. Ein Fortschritt aber ist dieser Weg nie und kann er nie sein. Damit sind wir beim „springenden Punkt“: in jeder revolutionären Entwicklungsphase, auch in einer sozialistischen, können unter bestimmten historischen Bedingungen Notwendigkeiten entstehen, Kompromisse, ja sogar Rückschritte, hinsichtlich einiger Entwicklungstendenzen sowie schon erreichter Errungenschaften, vor allem auch im ökonomischen Bereich, einzugehen, um die grundsätzliche Entwicklung wie auch die strategische Orientierung gegen den Imperialismus und seine fünften Kolonnen zu verteidigen. Das führt objektiv zu einer Verschärfung des Klassenkampfes unter revolutionären und sozialistischen Bedingungen. In dieser Phase kommt es besonders auf die politische und ideologische Klarheit sowie einer dementsprechenden Einheit der revolutionären Führung, insbesondere einer Kommunistischen Partei, an. Auf dieser Basis entwickeln sich z.B. die Orientierung der Kader oder die öffentliche Darstellung und Analyse der getroffenen Maßnahmen. Denn alles entscheidet sich an der Bewusstheit der Führung, der Partei und des Volkes.

Welche Rolle in so einer komplizierten Entwicklungsphase sozialdemokratische Parteien, Organisationen oder Persönlichkeiten haben können, wollten wir ebenfalls mit der Dokumen-tierung der Positionierungen der „Rosa-Luxemburg-Stiftung“ (der Partei „Die Linke“) in diesem Zusammenhang anhand der Widergabe von Originalpositionen dokumentieren. Lieber Heinz, über Hans Modrow brauchen wir beide ja wohl nicht mehr zu diskutieren... Sein Versuch jedenfalls, in Cuba eine Perestroika zu verkaufen, dient objektiv der ideologischen Verwirrung, Schwächung und damit jenen Kräften, die die revolutionäre, sozialistische Entwicklung in Cuba von innen her zersetzen wollen. Auch das ist ein nicht zu unterschätzendes Element des Klassenkampfes.

Kurzum: wir haben in einer komplizierten Entwicklungsphase des Sozialismus in Cuba vor dem Hintergrund der so genannten „Neuen Weltordnung“ des Imperialismus Strategiepapiere des Feindes, Aktivitäten sozialdemokratischer Kräfte (so auch der Partei „die Linke“) sowie Maßnahmen der revolutionären Führung Cubas dokumentiert, die als Antwort auf die imperialistische Herausforderung zu werten sind. In diesem Zusammenhang haben wir Fragen gestellt, wollten zum Nachdenken anregen, das Augenmerk auf den sich verschärfenden Klassenkampf in Cuba lenken mit dem Ziel, die ideologische und politische Wachsamkeit gegenüber den Strategien des imperialistischen Feindes – auch, aber nicht nur, in Cuba - zu schärfen. Das ist ein Element des proletarischen Internationalismus und damit im Falle Cubas der prinzipiellen Verteidigung des sozialistischen Cuba und seiner revolutionären Führung.

Frank Flegel, Hannover


Hermann Jacobs:
Im NÖS-Boot nach Kuba … / …eine Hans-Modrow-Initiative

Auf der Grundlage des Berichts in „Sozialismus“ 5/08 informiert uns „offen-siv“ 6/08 über eine Modrow-Reise nach Kuba und insbesondere über seine Rede vor dem Führungs-Gremium des kommunistischen Partei. Kein Problem an sich, aber es enthält eine Hommage an eine längst vergangene Zeit, genauer: An ein ganz bestimmtes ökonomisches System aus längst vergangener Zeit, zu dem sich die DDR-Führung (ein Teil davon) einst bekannt hatte; es sollte DDR-prägend werden: Das „Neue ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft der DDR“, NÖSPL oder kurz auch NÖS genannt. In der DDR, sagen wir es offen, ist es gescheitert, für Kuba entwickelt es Hans Modrow im Nachhinein zu einer Offerte für die Zukunft.

Aber zunächst zu dem, was Hans Modrow gesagt hat. Er stellt gegenüber:„Zwischen sowjetischem Sozialismus-Modell und „Neuem ökonomischen System“ („offen-siv“ S. 26).

Es ist interessant, dass Modrow vom NÖS der DDR als einer Alternative zur Planwirtschaft a la SU spricht. Wenn das bei den Initiatoren des NÖS so gedacht/empfunden worden war, spricht Modrow – heute – mehr aus, als das – damals – bekannt war, mindestens gesagt worden ist, denn als eine Alternative zur Sowjetunion wurde das NÖS in den 60er Jahren nicht vorgestellt – auf keinen Fall von Walter Ulbricht. Aber stimmt das, dann hätte der politische Kreis um Breschnew übrigens Recht gehabt mit seiner Intervention.[28]

Wir können das NÖS hier nicht in seiner ganzen Länge vorstellen, und das tut/tat Modrow in seiner Rede in Kuba ja auch nicht. Aber er sagt etwas sehr Gegensätzliches in Bezug auf beide ökonomischen Systeme und worin er ein Wesen ihrer Unterschiedlichkeit sieht - und worin wohl auch der Rat an die kubanischen Genossen besteht: Ich zitiere aus den verschiedenen Stellen seines Textes, die immer den selben Gedanken, von verschiedenen Seiten aus beleuchten: „Als Walter Ulbricht in den 1960er Jahren eigenständige (!, J.) Elemente in Wirtschaft und Gesellschaft entwickeln wollte … Zu den damals angestrebten Erneuerungen gehörten …- hohe Eigenverantwortung (!, J.) der Betriebe, - wachsende (!, J.) Mitbestimmung in den Betrieben… … Das zentralisierte System der volkswirtschaftlichen Planung in der DDR verhinderte (!, J.) Flexibilität und Eigeninitiative (!, J.) der Wirtschaftseinheiten. Die Sozialleistungen (nach dem 8. Parteitag der SED) stellten sich als Geschenk (!, J.) des Staates dar. Sie wirkten nicht (!, J.) als Leistungsansporn in den Betrieben. Als Leistungsansporn wären Faktoren direkt am Arbeitsplatz (!, J.) und größere Autonomie (!, J.) ausschlaggebend gewesen.“

Nur keine „Geschenke“ vom Staat annehmen, Leistung und Ansporn ist nur, was man sich ganz individuell und selber verdient, so Modrows Botschaft vom NÖS.

Ich könnte auch sagen: Immer am alten bürgerlichen Schema festhalten, privat sein, niemals gesellschaftlich sein. Nie sich also Gedanken machen um Initiative in einer auf den Bedarf, den zu produzierenden Gebrauchswert orientierenden Ökonomie – als sei dieser Gedanke Teufelswerk, das es nicht geben könne …

Hier geht es um Grundverständnisse in der Ökonomie. Das Problem Modrows – und all der vielen anderen Interpreten gleichen Geistes – ist nicht nur (ich betone das), dass sie das alte bürgerliche Denken in Politik und Ökonomie verteidigen, sondern dass sie dem neuen kommunistischen Denken in Politik und Ökonomie keinen Raum geben. Ihr Anspruch ist daher inhaltlich rückwärtsgewandt und formal monopolistisch. Dem Kommunismus, dem kommunistische Denken, nehmen sie das Minimum einer Chance, wenigstens ausgesprochen, wenigstens einmal vorgestellt oder überdacht zu werden. Nur was der Kommunismus angeblich „erstickt“ („Eigenverantwortlichkeit“, „Flexibilität“, „direkter Leistungsansporn“, „Autonomie“) wird angesprochen. Die Sicht Modrows und vieler anderer „Marktsozialisten“ ist noch immer geprägt durch Eigenschaften, die das Privateigentum kennzeichnen und die dadurch einen Ewigkeitsstatus übergestreift bekommen, zum Merkmal menschlicher Natur schlechthin erhoben werden.

Der Kapitalismus trennt Eigentum an den Produktionsmitteln als Privateigentum der Kapitalistenklasse von denjenigen, die die lebendige Arbeit verkörpern, der Arbeiterklasse. Akkumulation, Konzentration und Zentralisation, Monopolbildung, Imperialismus, Krise, Krieg – die Katastrophe. Das bringt gesellschaftliche Korrekturgedanken auf den Plan.[29] Wie Arbeit und Eigentum wieder vereinigen?

Die kleinbürgerliche (Modrow-)Variante sieht so aus: Mir hat einer etwas weggenommen, und nun ist das, was ich besaß, bei einem einzigen nur noch konzentriert: Dem werde ich es wieder wegnehmen – Korrektur der Geschichte; aber nun in der Form des Eigentumstitels, nicht in der Form der Veränderung des Eigentums selbst (vgl. Jugoslawien und die vielen Reformkonzepte vom Prager Frühling über die Gorbatschow-Illusionen bis zum „modernen Sozialismus“ der Brie und anderer). In dieser Form ist der geschichtliche Korrekturgedanke ein auf die Person des Einzeleigentümers gerichteter. Betriebe mögen neue Eigentümer finden, aber damit sind sie noch nicht neue Verhältnisse. D.h. die Produktion der Güter als Formen des Privateigentums, der Geltendmachung von einzelnem Eigentum geht weiter. Auch die Produkte des kollektiven Privateigentums sind Waren. Dieser kleinbürgerlich-antikapitalistische Korrekturgedanke, dieses rückwärtsgewandte Verständnis von Geschichte will nur einen Enteignungsprozess[30] rückgängig machen, sie will noch nicht einen neuen Aneignungsprozess konstituieren.

Damit ist aber die Geschichte nicht objektiv begriffen. Solange ich immer folgende Schere im Kopf habe: die Arbeit … leiste ich ja, sie ist meine Arbeit, sie bzw. ihr Ergebnis will ich haben unter allen Umständen, in allen Formen, die mir möglich sind, - werde ich nie begreifen, dass man nicht nur seine eigene Arbeit, sondern jede Arbeit, darunter auch seine, aber seine Arbeit nur gemeinsam mit jedem anderen Arbeiter aneignen kann, dass das das andere Aneignungsprinzip gesellschaftlicher Art ist; dass es dazu aber einer Voraussetzung bedarf: Ich muss in der Tat das private Eigentums-/Aneignungsverhältnis zu „meiner“ Arbeit aufgeben, ich muss aufhören, mich zu mir als Eigentümer zu verhalten, etwas Besonderes gegenüber der Gesellschaft, der Arbeit anderer zu sein.

Damit, dass ich die bürgerlichen Eigentumsformen aufgebe, gewinne ich etwas: Unmittelbares Eigentumsrecht, das ich vorher ja gerade dadurch, dass ich unmittelbar nur mich besitzen konnte, nicht besaß. Die Aufgabe des Eigentums dem Objekt nach, d.h. dem Wertverhältnis nach, ist die Voraussetzung dafür, dass ein neues gesellschaftliches Aneignungsverhältnis dem Subjekt nach begonnen werden kann. Sonst kann man das nicht! Die Menschen/Arbeiter im Kommunismus sind nur kommunistisch, wenn die Arbeit aufhört, in den Verhältnissen des Privateigentums gefasst zu sein.

Dass die Arbeit aber in ein Eigentumsverhältnis gemeinschaftlicher Art gefasst ist, schließt ein, dass sie einem Wandel ihrer ökonomischen Kategorien unterliegt. „Danach“ ist nichts mehr so, wie es „vorher“ war. Die Auffassung, kommunistische Aneignung komme als ein „Geschenk“ (s.o.) auf das Individuum, wenn sie von der Gesellschaft ausgeht – und dass das ein Problem sein soll -, zeigt nur die tiefe Verwurzelung derjenigen, die so etwas von sich geben, im bürgerlichen Denken, im Denken nach den Kategorien des Wertgesetzes. Aber im Kommunismus setzt sich das Individuum ganz anders in Bewegung – und es sieht für den bürgerlichen Geist so aus, als gäbe es alles weg und behielte nichts, aber: siehe da, es kommt etwas zurück, die Gesellschaft spendet auch. Dass das nicht „der Staat“ ist, sondern ich selber, nur in einer gemeinsamen Form des Selber, das muss erst begriffen werden, dazu ist Aufklärung notwendig. Und die will man oder will man nicht, je nachdem, wie man zum Kommunismus steht.

Hans Modrow meint, diese neue Form der Aneignung seien Geschenke vom Staat, und das sei auch nicht leistungsfördernd. Das nehme der Bürger eben nur so hin. Ja, wenn ich nicht klarmache, dass hier ein Aneignungsrecht besteht, dann mag ich so denken. Aber wir tun ja ein Übriges, dass nicht so gedacht wird, sondern dass jeder, der im Kommunismus arbeitet, begreift, dass er das Recht besitzt, die Arbeit aller anzueignen. Da kommt nicht etwas vom Staat, sondern das bin ich, dass ist meine Arbeit in einem gesellschaftlichen Zusammenhang. Was da scheinbar von außen kommt, das bin ich, das bin ich in meinem neuen Recht. Und was da verteilt wird, sind keine Geschenke, sondern ist meine Arbeit, allgemein verteilt. Es ist klar, dass allgemeine Verteilung einer Voraussetzung bedarf: Allgemeiner Aneignung. Man muss nur bereit sein, in dem, der da allgemein aneignet, nicht den „bürokratischen“ Staat, sondern das Individuum in seinem gemeinsamen Status, also die Gesellschaft zu sehen.

In den wenigen Tagen einer vom „bürokratischen Zentralismus befreiten DDR“ hatte Hans Modrow wohl die Hoffnung, dem NÖS noch einmal eine Chance geben zu können. Einiges in seinem Handeln deutet darauf hin; auch, was von den plötzlich auftauchenden Reformern bis in das Frühjahr 1990 als Offerte an die Regierung Modrow geschrieben wurde, geht in die gleiche Richtung. Es ist nichts daraus geworden. Den Reformer von einst ficht es nicht an, er fühlt sich nicht verraten. Nun wünscht er sich also „NÖS in Kuba“.

Kann Kuba das/ein NÖS machen? Selbstverständlich. Man sollte nicht unbedingt und sofort sagen, dass es sich um einen bürgerlichen Restaurationsversuch durch Kuba handeln würde. Da sind noch viele Übergänge möglich. Weil nicht Kapitalisten es sind, die einen solchen Versuch starten, sondern es Kommunisten durchführen, würde ein wirklich praktiziertes NÖS zunächst mit einer Übergangsphase beginnen, in der sozialistische Betriebe auf Wertökonomie umgestellt würden. Ob sich daraus rein subjektiv gesehen ein Verhältnis von Menschen ergäbe, die Privateigentümer der Betriebe der Realität nach werden wollen und sich damit zu Konterrevolutionären wenden würden, könnte nur ein zweiter Schritt nach dem ersten werden. Es ist eine an sich bürgerliche Reform, aber noch immer erst eine Reform unter kommunistischer Macht. Von dieser hängt alles ab.

Wird/soll uns Kuba (ein erneuertes, versteht sich) endlich Klarheit über das NÖS, seiner Alternativfähigkeit zur „orthodoxen“ sowjetischen Planwirtschaft bringen? Ich bekenne hier: Vom Standpunkt all jener Politiker, Ökonomen und Gesellschaftswissenschaftler, die noch irgendwo in ihrem Hinterkopf haben, das NÖS der DDR wäre wohl doch einen Versuch in der Praxis wert gewesen, wäre es wünschenswert, dass Kuba endlich die Wahrheit über die Möglichkeit eines „alternativen Sozialismus“ ans Licht der Welt bringen würde. Auch wenn Kuba dabei – als sozialistisches Land – draufginge. Einmal angefangen, wäre ja kein Ende abzusehen. Wünschen kann man real so etwas aber nicht – die Gefahren sind unauslotbar, der Verlust wäre unwiederbringlich und das Elend von Millionen Menschen schrie zum Himmel.

Hermann Jacobs, Berlin

Aus der Leser/innen-Post

Monika Kauf:
Rosarote Brille?  – zu offen-siv 6-08

Liebe Genossen! Offen-siv ist für mich zur unverzichtbaren, interessanten, lehreichen und streitbaren Literatur geworden, deshalb bin ich Mitglied des „Freundeskreises offen-siv“, ich möchte, dass sie uns erhalten bleibt!

Vorwiegend teile ich die in Offen-siv vertretenen Meinungen, reiche die Zeitschrift an Gleichgesinnte, die finanziell nicht in der Lage sind, sich entsprechende Literatur zu leisten, weiter – und dennoch gibt es auch Momente, in denen ich mehr als sauer bin, wenn ich lese, was da manchmal einer so von sich gibt.

So geschehen beim Lesen des kurzen Artikels von Hansjörg Schupp aus Appetshofen.

Ich stimme mit ihm überein, wenn er schreibt, dass der Beitrag von Erich Buchholz weit publik gemacht werden sollte.

Ob Buchholz noch, wie Schupp vermutet, der ehemaligen PDS angehört, die ich schon vor vielen Jahren verlassen habe, weil ich als Kommunistin keiner sozialdemokratischen Partei angehören möchte, weiß ich nicht, aber Buchholz ist klug genug zu wissen, was er tut. Ihm zu unterstellen, dass Wort und Tat bei ihm nicht übereinstimmen, halte ich schlicht für geschmacklos.

Es ist für mich als gelernte DDR-Bürgerin auch unerträglich, immer wieder auch von Westlinken mitgeteilt zu bekommen, dass so manch einer von uns, so auch Buchholz, die DDR mit rosaroter Brille beurteilt.

Dass das mein Klassenfeind (siehe Schönbohm) gebetsmühlenartig in die Hirne der Menschen einzutrichtern pflegt, damit kann ich leben, er erfüllt nur Kinkels Auftrag – wozu sich Linke und schon gar nicht Kommunisten missbrauchen lassen sollten.

Von meinen Genossen im Westen erwarte ich, dass sie uns, die wir in der DDR gelebt, gearbeitet, geliebt und oft auch gestritten haben, unsere Sicht auf dieses Land lassen, wir waren ihre Bürger, nicht sie!

Mit roten Grüßen, Monika Kauf, Berlin


Helmut Jaeger:
Agitation von Verbildeten  – zu offen-siv 6-08

Lieber Frank, meine Aufgabe sehe ich in der Agitation von Verbildeten. Denen darf ich nicht mit marxistischer Theorie kommen. Vielmehr hilft mir bei meinem Anliegen die Beschreibung der Auswirkungen imperialistisch-kapitalistischen Treibens weltweit bzw. die Gegenüber-stellung von Meinungsmanipulation der Massenmedien und der Realität mit Hintergründen der Geschehnisse.

Geeignete Artikel für die Aufklärung finde ich überwiegend in der „jungen Welt“, im „RotFuchs“, dem „Roten Brandenburger“ und ab und zu eben auch in „offen-siv“.

So möchte ich heute Dir einmal ausdrücklich für den Abdruck des Beitrags von Thomas Waldeck: „Medien – Flächendeckende Manipulation“ unter der Rubrik „Kapitalismus hier und heute – aktuelle Analysen“ danken. Der Beitrag wurde von mir zehn mal kopiert und geht so nach und nach zehn Personen zu, von denen ich annehme, dass ihnen dadurch ein wenig die Augen geöffnet werden.

Nochmals herzliches Dankeschön für die Zusendungen. Dem „offen-siv“-Kollektiv wünsche ich weiterhin nie erlahmende Schaffenskraft und natürlich auch persönlich alles Gute.

In alter Verbundenheit, Helmut Jaeger, Berlin


Max:
Wäre es doch so gekommen  - zu offen-siv 5-08

Hallo Genossen, den Kübeln von Lügen, die vom Kapital über die DDR verbreitet werden,  muss etwas entgegen gesetzt werden. Ich bin für jede aufrichtige Aufklärung über DDR dankbar! Ich habe auch "50 Jahre DDR - Für Sozialismus und Frieden" studiert und bin zum Schluss gekommen, dass es Gebot der Stunde ist, das revolutionäre Erbe der DDR zu verteidigen.

Viel Interessantes über die sozialistische Verfassung der DDR wurde hier  von Erich Buchholz geschrieben. Wenn man sich das alles mal durch den Kopf gehen lässt, wird nochmals  deutlich, weshalb die DDR die größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung war. Auch wusste gar nicht, dass diese Verfassung für  Gesamtdeutschland, für einen einheitlichen deutschen Staat ausgearbeitet worden war.

Wäre es doch so gekommen, das hätte uns allen gut getan. Eine Verfassung, die das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln festschreibt mit einem sozialistische Arbeitsrecht würde ich mir heute wünschen.

Mit kommunistischen Grüßen, Max


Bernd Kelly:
Wertvolle und interessante Beiträge  -zu offen-siv 5-08

Liebe Genossen der Redaktion offen-siv, vielen Dank für das neue Heft mit seinen wertvollen und interessanten Beiträgen. Zu zwei Beiträgen möchte ich eine kurze Stellungnahme abgeben:

Zu Wolfgang Hoss: Stellungnahme zum Beitrag " Ware geht – Markt bleibt? " von H. Jacobs:

Durch Aufhebung der Golddeckung des Dollars 1971 hat das Geld seinen Warencharakter nicht verloren. Verloren hat es nur die starre Preisbindung an das Gold. Wäre Geld keine Ware gäbe es auch keinen Geldmarkt – dieser bestimmt aber heute ganz wesentlich die Weltwirtschaft.

Die Argumentation, daß der Geld nur noch Information sei, begründet durch die Existenz  elektronischen Geldes, ist nicht stichhaltig. Geldeinheiten haben immer eine Information bezüglich ihrer Menge enthalten, ob es sich um Edelmetallgeld, Papiergeld oder elektronischen Geld handelt. Dieser Informationsgehalt war gerade die Grundlage für den universellen Charakter der Ware Geld.

Die technische Entwicklung, die die Form des Geldes verändert, verändert nicht seine ökonomische Rolle im Kapitalismus und in der Übergangszeit zum Sozialismus.

Zu Manfred Höfer: Sozialismus – in den Farben Chinas?:

Leider sagt M. Höfer in seinem interessanten Beitrag nichts über die ideologische Arbeit der KP Chinas in dieser Periode des ökonomischen Rückzuges. Diese ist jedoch besonders wichtig, da die vorhandenen und wachsenden kapitalistischen Strukturen bürgerliches Bewußtsein erzeugen. Dies wirkt insbesondere auf die Jugend verderblich, die den bisherigen Entwicklungsweg nicht aus eigener Erfahrung kennengelernt hat. Alle chinesischen Studenten, die ich bisher in der BRD kennengelernt habe, hatten zwar eine Beziehung zu China, aber keine Beziehung zum Sozialismus bzw. zur KP.

Und noch ein Kommentar zu dem Satz: „Und wir wissen, daß dieses System (NÖP) dort erfolgreich funktionierte, bis es dann Stalin liquidiert hat."

Das klingt nach individueller Willkür Stalins. Die NÖP wurde jedoch nach langwierigen und heftigen Diskussionen in der Partei zugunsten des Aufbaus einer industriellen Basis und wegen ihrer negativen ideologischen Folgen beendet. Wäre die NÖP bis 1940 fortgesetzt worden, die UdSSR hätte dem Faschismus weder militärisch noch ökonomisch noch ideologisch standhalten können.

Bernd Kelly


E. u. H. Weber:
Zum Kern vordringen

Sehr geehrter Genosse Flegel, wir lesen Eure Schriften mit großem Interesse und finden in vielen Beiträgen unsere Auffassungen bestätigt. Besonders gefällt uns die Konsequenz, mit der Ihr Euch bemüht, den Marxismus-Leninismus anzuwenden und zu verteidigen.

In diesem Zusammenhang möchten wir ein großes Lob aussprechen für die Veröffentlichung der Arbeiten von Kurt Gossweiler. Es kann in der gegenwärtigen politischen Situation, in der wir immer noch damit zu tun haben, die Auswirkungen der fürchterlichen Niederlage zu verkraften und zu verarbeiten, nichts Wichtigeres geben, als das Gedankengut von Kurt Gossweiler zu verbreiten. Für uns gehört er zu den Wenigen, die die Probleme analysieren, die Ursachen aufdecken und immer in den entsprechenden Zusammenhang stellen.

Das ist heute leider sehr selten geworden, so dass sich Kurt Gossweiler wohltuend abhebt. Zu Viele beschäftigen sich gegenwärtig mit den vielfältigsten Erscheinungen, ohne zum Kern vorzudringen. Das bringt uns aber nicht wesentlich weiter.

Wir haben noch ein anderes Anliegen. Vielleicht ist es Euch möglich, uns noch ein Exemplar der „Niederlagenanalyse“ zur Verfügung zu stellen. Wir wollen es verschenken.

Mit freundlichen Grüßen, E. u. H. Weber, Buchholz/Nordheide


FUSSNOTEN

  1. Damit wurde auf die Schlacht vom 15. Juli 1410 angespielt. Einst wurde das Heer des Deutschen Ordens vernichtend vom Heer des Königreiches Polen und des Großherzogtums Litauen geschlagen.

  2. Die Zeitung Super Express gehört übrigens keinem polnischen Kapitalisten, sondern sie kommt aus dem Haus der schwedischen „Media Express“-Gruppe.

  3. Übersetzung des Artikels: „Zimbabwe and the Furies of private interest“ aus „Lalkar“, Featherstone Road, Southall, Großbritannien, Ausgabe Juli-August 2008

  4. Ludwig Erhard, Gedanken, Reden und Schriften – ausgewählt und herausgegeben von Karl Hohmann, 1988, by Econ-Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien und Berlin

  5. Marktwirtschaft im Streit der Meinungen, Rede Ludwig Erhards vor dem 2. Parteikogress der CDU der britischen Zone, Recklinghausen, 28. August 1948, a.a.O., S. 78

  6. Agenda 2010 und Harzt IV lassen grüßen.

  7. Ebenda, Es würde den Rahmen dieses beitrags sprengen, auf diese Frage unter den Aspekten der Entfremdung im Kapitalismus näher einzugehen. Gleiches gilt für die bürgerlichen so genannten „demokratischen Freiheitsrechte“.

  8. a.a.O., S. 83

  9. a.a.O., S. 84

  10. a.a.O., S. 93. „Zur Demokratisierung der Wirtschaft“, vgl: Beitrag des Verfassers in Topos, Heft 26, Oktober 2006, S. 85ff.

  11. a.a.O., S. 94

  12. H. Koziolok, Erhards Ideen und heutige Realität, Neues Deutschland vom 3. 2. 1997

  13. Vorwort „Zur Kritik der politischen Ökonomie“, MEW Band 13, S. 8

  14. Vgl. Karl Marx, Das Kapital, Erster Band, MEW Band 23, S. 779

  15. Vgl. Karl Marx, Das Kapital, Dritter Band, MEW Band 25, S. 397

  16. Vgl. die Sendung „Monitor“ des Fernsehsenders ARD und den hier erwähnten Prüfbericht des Bundesrechnungshofes

  17. Leonid W. Kantorowitsch, The best use of economic resources, Pergamon Press Oxford, 1965, ist die Zusammenfassung der Arbeiten des Autors auf diesem Gebiet seit ihrem Beginn 1938 an der Leningrader Universität.

  18. Ebd. S.139

  19. Stalin, Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR, Dietz Verlag Berlin, 1952, S.17

  20. Walter Ulbricht, Zum ökonomischen System des Sozialismus in der DDR, Bd.2, Berlin 1968, S.530

  21. Politische Ökonomie des Sozialismus und ihre Anwendung in der DDR, Berlin, 1969, S.264

  22. Ebd. S. 390

  23. Ebd. S. 391

  24. Granma Internacional, Juni 2008, S. 3

  25. ND, 30.06.2008: »In Kuba hört man neue Töne«

  26. Homepage der FG BRD-Kuba e.V, Regionalgruppe Essen

  27. Granma Internacional, Juni 2008, S. 3

  28. Die Sowjetunion hat ihr ökonomisches System der Planwirtschaft immer als allgemeines System des Sozialismus/Kommunismus empfunden, und das entsprach auch der Marxschen Vorgabe.

  29. Logisch, dass sie die Gedanke der unterdrückten Klasse, in diesem Fall der Arbeiterklasse, sind. Als außerhalb des Eigentums steht sie ja außerhalb eines Verhältnisses zur Arbeit bzw. steht sie nur innerhalb eines negativen Verhältnisses zur Arbeit. Anders der Kapitalist: Für ihn könnte die Geschichte nun ewig so weitergehen, mit immer neuen Varianten der Konzentration des Eigentums auf Wenige.

  30. Denjenigen des Monopolkapitals am Rest der Gesellschaft