Zeitschrift für Sozialismus und Frieden 9/05

Herausgeber: Verein zur Förderung demokratischer Publizistik (e.V.)

Spendenempfehlung: 1,60 €

Ausgabe September / Oktober 2005


Inhalt


Redaktionsnotiz

Die Welt ist durch die Wahl in Deutschland natürlich weder schöner noch besser geworden, auch wenn die Linkspartei im Bundestag ist. Die Bourgeoisie hat ihre Forderungen bereits formuliert (nichts Neues, nur alles, also Steuererleichterungen für das Kapital, Lohnsenkungen für die Proletarier, spätere und kleinere Rente, weniger Kündigungsschutz usw. etwas schärfer und schneller) und unser aller Bundespräsident Köhler hat vor der Kommandeurstagung der Bundeswehr deutlich gemacht, dass jetzt mehr die eigenen Interessen und weniger die internationalen Institutionen und Konventionen die Außen- und „Verteidigungs“-Politik der BRD bestimmen müssten (eigentlich auch nichts Neues, aber schon eine klare Kriegserklärung für die Zukunft).

Wir haben 56 weitere Unterschriften für unseren Solidaritätsaufruf mit dem Widerstand im Irak bekommen. Aus Platzgründen können wir ihn in dieser Ausgabe nicht wieder abdrucken. In der Nov-Dez-Ausgabe 2005 werden wir ihn nochmals mit allen Unterschriften bringen und ihn dann an die Iraker und an die Botschaften Großbritanniens und der USA geben. Wir danken allen, die diesen Aufruf unterstützt haben oder es noch tun werden.

Wie Ihr sicherlich bemerkt habt, tanzen wir zur Zeit auf mehreren Hochzeiten (wir machen die Zeitschrift, bereiten zwei Buchveröffentlichungen vor und werden im März 2006 das Fernstudium beginnen), dabei sind wir hart an der Grenze der finanziellen Möglichkeiten gelandet. Wir brauchen dringend Spenden. Jeder Betrag zählt.

Heute legen wir Euch unser Fernstudium ans Herz. Alles dazu Notwendige erfahrt Ihr auf den nächsten Seiten – und es gibt zum Weitergeben ein aus der Zeitschrift herauslösbares Faltblatt in der Mitte. Das zur Zeit wichtigste ist: Wir brauchen für das Fernstudium Eure Unterstützung. Diese kann aus benötigten Büchern bestehen (vor allem K.Marx: Das Kapital, Band 1), natürlich kann sie auch finanzieller Natur sein, oder auch mittels Sachspenden, z.B. hat uns gerade ein guter Genosse eine Komplett-Ausgabe Lenin Werke zur Verfügung gestellt, die wir hiermit gegen Spenden anbieten. Das durch die Spende eingegangene Geld fließt in unseren Hilfsfonds für das Fernstudium.

Also: Lenin-Werke komplett abzugeben gegen Spende für das Fernstudium! Bitte melden!

 

Mit der Angabe unseres Spendenkontos schließen wir diese Redaktionsnotiz:

Spendenkonto Offensiv:

Konto Frank Flegel
Kt.Nr.: 30 90 180 146
bei der Sparkasse Hannover
BLZ 250 501 80.

Je nach Zweck der Spende bitte „Offensiv“, „Publikationen“ oder „Fernstudium“ als Kennwort angeben!

Wir bitten Euch wirklich ganz eindringlich, uns zu helfen.

                                                                                                                     Redaktion Offensiv, Hannover


Marxistisch-leninistisches Fernstudium

Programm des marxistisch-leninistischen Fernstudiums der Zeitschrift Offensiv

I. Allgemeines

Das Fernstudium soll die Grundlagen des Marxismus-Leninismus vermitteln und diese nutzbar machen für die aktuelle Praxis. Da die interessierten Genossinnen und Genossen weit über das Land verstreut sind und wir nicht die Kapazitäten haben, kontinuierliche Schulungsarbeit vor Ort durchzuführen, haben wir uns für die Form des Fernstudiums entschieden.

Spezifische Form des Fernstudiums

Diese Form bedeutet, dass es Einführungsseminare mit den „Teamern“, also den für den jeweiligen Studienteil verantwortlichen „Lehrern“ geben wird, woran sich eine Phase der Eigenarbeit in den jeweiligen Gruppen bzw. allein anschließt, unterstützt durch ein Informations- und Diskussionsforum im Internet, welches nur den Teilnehmern/innen des Fernstudiums und den Teamern zugänglich ist. Eine solche Phase dauert etwa vier Monat. Am Ende dieser Zeit findet eine Lernzielkontrolle statt, deren Auswertung und Nachbereitung bei einem Zwischenseminar durchgeführt wird.

Nun würde die zweite Phase des Studiums beginnen, aufgebaut so wie gerade für die erste Phase dargestellt.

Im Ganzen denken wir an einen Zeitraum von zwei Jahren, jeweils unterteilt in 4-monatige Blöcke (mit kleinen zeitlichen Variationen) – so wie oben skizziert.

Aufbau des Studiums

Ein Jahr gehört der Ökonomie, d.h. vorwiegend der Marxschen Kapitalanalyse und der Leninschen Imperialismustheorie (sowie einem kleinen historischen Überblick über die unterschiedlichen Gesellschaftsformationen). Und im anderen Jahr soll es um Themen wie Lenins Parteitheorie, Kampf gegen Trotzkismus und Revisionismus, Bündnispolitik, Kampf gegen das Kapital, Revolutionstheorie, Aufbau des Sozialismus als erster Phase der kommunistischen Gesellschaft, Planwirtschaft, Diktatur des Proletariats und Klassenkampf gehen, abschließend mit konkreten Analysen aktueller Ereignisse, z.B. im Trikont, aber auch in Europa und in der BRD. Hier wollen wir auch die Ursachen der Niederlage des Sozialismus in Europa analysieren.

Teamer für den ökonomischen Teil des Programms wird Frank Flegel sein, die politischen, partei- und sozialismustheoretischen sowie aktuellen Themen werden von Michael Opperskalski und Andrea Schön begleitet.

Ein Einstieg in das Schulungsprogramm ist sowohl über den ökonomischen als auch über den politischen Strang möglich. Wie auch immer man anfängt, inhaltlich wird es letztendlich identisch sein.

Voraussetzungen und Bedingungen

Das Programm ist nicht unkompliziert, setzt kontinuierliche Arbeit und einige Disziplin voraus. Andererseits ist es auch zu schaffen: als Teilnehmer/in muss man ein- bis zweimal wöchentlich zwei bis drei Stunden Studienzeit aufbringen können, man muss alle vier Monate zu einem eintägigen Seminar fahren können und die Zeit haben, zu Beginn und zum Abschluss, also Anfang 2006 und Anfang 2008, zu einem zweitägigen Seminar kommen zu können. Und hilfreich ist es, wenn man Zugang zu einem Computer mit Internet-Anschluss hat.

Materialien und Kosten

Wir werden für das zweijährige Studium eine Gebühr nehmen müssen zur Bücherbeschaffung und zur Herstellung der Materialien: Alle Teilnehmer/innen werden zu Beginn ein Paket ausgehändigt bekommen mit Büchern, einem zusammengestellten Reader, mit Kopien und wahrscheinlich auch einer CD mit Texten. Wir bemühen uns, z.B. das „Kapital“ von Marx und Lenins Imperialismusschrift möglichst günstig antiquarisch zu beschaffen bzw. in günstigem Nachdruck parat zu haben. Um eine Größenordnung zu nennen: Wir hoffen, dass 30,- € für die Beschaffung der Materialien pro Teilnehmer/in ausreichen werden. Die Kosten für die Übernachtung incl. Verpflegung werden sich beim Anfangs- und beim Schlussseminar auf rund 20.- € belaufen. Man braucht zum Start (am ersten Wochenende im März 2006) also 50,- €.  Für die Fahrtkosten und die Kosten der Unterkunft bei den zweitägigen Seminaren werden wir einen Spendenfonds anlegen, damit fehlendes Geld kein Hindernis für’s Lernen ist.

Start: Termin und Ort

Das Fernstudium startet mit dem Anfangsseminar am 4. und 5. März 2006 in Strausberg (etwas östlich von Berlin gelegen).

Die Zwischenseminare werden wir wandernd so legen, dass die Belastung durch die Fahrten auf die Teilnehmer/innen einigermaßen gleichmäßig verteilt wird.

II. Inhaltlicher Überblick:

1. Ökonomie

Erster Teil

- Einführung in materialistisches Denken.   – Einführung in die Kapitalismusanalyse.   - Ware und Geld.   - Verwandlung von Geld in Kapital.   - Mehrwerttheorie.   - Exkurs zur materialis-tischen Dialektik. Einheit der Widersprüche, Weiterentwicklung der Widersprüche, dialek-tische Logik.

Literatur: Marx: Feuerbachthesen; Auszüge aus Marx/Engels: Deutsche Ideologie; Marx: Das Kapital Band 1 (Feuerbachthesen und Auszüge aus Deutsche Ideologie können für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kopiert bzw. auf CD gebrannt werden, es lohnt aber auch, sich die Werke anzuschaffen. Marx, Kapital, Band 1 muss angeschafft werden.)

Zweiter Teil

- Absolute Mehrwertproduktion….- Produktivkräfte und relative Mehrwertproduktion.   - Arbeitstag und Arbeitslohn, Klassenkampf.   – Exkurs: Mystifizierung der Oberfläche des Kapitals, Fetischcharakter von Ware, Geld und Kapital, grundlegende Verkehrung der gesell-schaftlichen Verhältnisse durch die kapitalistische Produktionsweise. Marxsche Methode.

Literatur: Marx: Kapital Band 1; Offensiv Heft 6/1997 „Marxsche Methode, Wissenschaft, Dialektik“, daraus: S. 4-32, F. Flegel: Marxsche Methode. (Marx: Kapital Band 1 ist angeschafft, Offensiv-Text kann für die Teilnehmer/innen kopiert werden.)

Dritter Teil

- Allgemeines Gesetz der kapitalistischen Akkumulation, Produktion der industriellen Re-servearmee.   - Tendenzieller Fall der Profitrate, Gesetz der ungleichen Entwicklung.  - Le-nins Imperialismustheorie. Allgemeine Krise des Kapitalismus. (Inhaltlicher Übergang zur Geschichtsphilosophie)

Literatur: Marx: Kapital Band 1; Auszüge aus Marx: Kapital Band 3; W.I. Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, Allgemeinverständlicher Abriss; Harpal Brar: Imperialismus im 21. Jahrhundert, Sozialismus oder Barbarei. (Marx: Kapital, Band 1, ist angeschafft, Auszüge aus Marx: Kapital Band 3 können für alle Teilnehmer/innen kopiert werden, Lenin und Brar müssen angeschafft werden.)

2. Geschichte der Gesellschaftsformationen

- Dialektik von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen.   - Kurzer (logischer – nicht historisch-konkreter) Überblick über die bisherigen Gesellschaftsformationen. Darin: Entwicklung der Klassengesellschaft, unterschiedliche Formen der Ausbeutung, Ableitung der jeweiligen gesellschaftlichen Moralvorstellungen, der Rechtsvorstellungen, der Entwicklung des Staates.

- Urgesellschaft.   – Stammesgesellschaft.    – Sklavenhaltergesellschaft.   - Feudalismus, Übergang zum Kapitalismus.   - Aktuelle Epochebestimmung.

(Inhaltlicher Übergang zu den Themen: „Kampf der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten“ und „Aufgaben der kommunistischen Bewegung“.)

Literatur: Fernstudium Geschichte, Herausgegeben vom Deutschen Pädagogischen Zentralinstitut, 1951-1954. Auszüge aus dem 3., 4., 5., 8. und 9. Lehrbrief. (Die Texte der Lehrbriefe Fernstudium Geschichte können für alle Teilnehmer/innen kopiert werde.)

3. Grundlegende strategische Maximen der kommunistischen Bewegung während ihres Kampfes gegen das Kapital

- Die Partei: Lenins Parteitheorie.   - Partei und Massenorganisationen; Bündnispolitik.   - Kampf gegen den konterrevolutionären Trotzkismus, den aus dem Imperialismus erwachsenden Revisionismus und Reformismus sowie andere kleinbürgerliche Strömungen, insbesondere auch den „linken“ Opportunismus; angesichts seiner wachsenden aktuellen Bedeutung wird die aktuelle Situation sowie die geschichtliche Rolle des Trotzkismus besonders beleuchtet.   - Geschichte der deutschen kommunistischen Bewegung. Von ihren Ursprüngen in der Sozialdemokratie über die Gründung der KPD bis heute. Dabei wird die Geschichte der Sozialdemokratie bzw. dem so genannten „demokratischen Sozialismus“ als Waffe gegen den wissenschaftlichen Sozialismus einer besonderen Betrachtung unterzogen

Literatur: Es wird für diesen Teil ein Reader zusammengestellt mit Auszügen aus folgenden Texten: J.W. Stalin: Fragen des Leninismus // Geschichte der KPdSU(B) // Wissenschaftlicher Kommunismus, Lehrbuch für das marxistisch-leninistische Grundlagenstudium, Berlin (DDR) 1976 // W.I.Lenin: Bedingungen für die Aufnahme in die Kommunistische Internationale (1920) // W.I.Lenin: Brief an einen Genossen über unsere organisatorischen Aufgaben (1902) // W.I.Lenin: Der „linke Radikalismus“, die Kinderkrankheit im Kommunismus // J.W.Stalin: Die Partei vor und nach der Machtergreifung // Leninismus – Lesehefte für Schulen und Selbstunterricht: Heft 1 (Was ist Leninismnus), Heft 2 (Die Theorie der proletarischen Revolution) sowie Heft 7 (Strategie und Taktik) // J.W.Stalin: Vierte Beratung des ZK der KPR(B) mit den verantwortlichen Funktionären der nationalen Republiken und Gebiete. // W.I.Lenin: Was tun?// W.I.Lenin: Entwurf des Programms der KPB(B. // G.Dimitroff: Probleme der Einheits- und Volksfront (Reden und Aufsätze, so u.a. auf dem VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale) // Sammlung von Texten Lenins: W.I. Lenin - Gegen den rechten und linken Opportunismus und den Trotzkismus. // Verschiedene Herausgeber: Geschichte der deutschen Sozialdemokratie 1863-1975 // Wolfgang Abendroth: Aufstieg und Krise der deutschen Sozialdemokratie. // Max Seydewitz: Stalin oder Trotzki. // Michael Sayers/Albert E.Khan: Die große Verschwörung. // Harpal Brar: Perestrojka

4. Grundlegende strategische Maximen der kommunistischen Bewegung beim Aufbau des Sozialismus

- Der Sozialismus als erste Phase der kommunistischen Gesellschaft; grundsätzliches Ziel: die kommunistische Gesellschaft.   - Diktatur des Proletariats und Klassenkampf im Sozialismus; Verteidigung der Revolution.    - Gesamtgesellschaftliche Planung, Eigentumsfragen, Grundgesetze der sozialistischen Produktionsweise; Warenproduktion und Warenzirkulation als dem Sozialismus grundsätzlich wesensfremd, als Relikte des Kapitalismus. Rolle und Funktion derselben im Sozialismus.    - Revisionismus als Grundlage für die Konterrevolution und die Niederlage des Sozialismus in den sozialistischen Ländern Osteuropas sowie dessen Rolle in der kommunistischen Weltbewegung

Literatur: Es wird für diesen Teil ein Reader zusammengestellt mit Auszügen aus folgenden Texten:

Marx/Engels: Manifest der Kommunistischen Partei. // W.I. Lenin: Staat und Revolution. // Leninismus – Lesehefte für Schulen und Selbstunterricht: Heft 3 (Die Diktatur des Proletariats) sowie Heft 4 (Der Kampf um den Sieg des sozialistischen Aufbaus). //

J.W.Stalin: Fragen des Leninismus. // J.W.Stalin: Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR. // Autorenkollektiv:  Lehrbuch der politischen Ökonomie. // Harpal Brar: Perestrojka. // „offen-siv“-Sonderheft: Der Revisionismus. // Kurt Gossweiler: Taubenfusschronik, Band 1 und 2. // Kurt Gossweiler: Wider den Revisionismus

5. Analyse der aktuellen Situation

- Imperialismus heute, 1. Teil: Analyse der so genannten Neuen Weltordnung; Strategien und Dominanz des US-Imperialismus, wachsende Konkurrenz der imperialistischen Zentren, insbesondere zwischen dem US-Imperialismus und dem entstehenden europäischen Imperialismus (BRD-Imperialismus als führende imperialistische Macht in Europa); Kriegsgefahr und zunehmende Faschisierung der entwickelten imperialistischen Staaten; Aktualität der Leninschen Imperialismustheorie

- Imperialismus heute, 2. Teil: Rolle und Strategie des deutschen Imperialismus im Rahmen der so genannten Neuen Weltordnung: Strategien und Kontinuitäten des deutschen Imperialismus seit der Reichsgründung 1871.

Abschließende Diskussion zu a) und b) : US-Imperialismus, EU-Imperialismus, BRD-Imperialismus – Kräfteverhältnisse, Einschätzungen, Aufgaben der Kommunisten heute: Was bedeutet heute Antiimperialismus? In diesem Zusammenhang muss sich das Verständnis von Lenins Imperialismustheorie bewähren als Analyse eines Systems und nicht eines bestimmten, sich kriegerisch gebärdenden Landes. (Stichwort: Imperialismus ist nicht da, wo geschossen wird – sein Friede ist aus demselben Stoff wie sein Krieg).
Entlarvung von Forderungen nach "ziviler" Gegenmacht als Illusionen eines nicht-imperialistisch organisierten Kapitalismus.
Bildung eines aktuellen Begriffs vom "proletarischen Internationalismus" angesichts der Kriege gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak etc.

- Aktuelle Kämpfe und die Strategie der kommunistischen und Arbeiterbewegung sowie antiimperialistischer, progressiver, revolutionärer und demokratischer Kräfte in den Zentren und im Trikont. Zwei Beispiele aus dem Trikont: Irak/Naher Osten und Lateinamerika/Venezuela/Kolumbien

- Strategische Konzeptionen der linken und kommunistischen Bewegung in Europa und insbesondere auch der BRD

Literatur: Harpal Brar: Imperialismus im 21. Jahrhundert (ist angeschafft), // „offen-siv“-Konferenzband: Imperialismus und antiimperialistische Kämpfe im 21. Jahrhundert (wird gestellt) // Textsammlung aus Reinhard Opitz "Europastrategien des Deutschen Kapitals 1900-1945", (wird zur Verfügung gestellt)//

Reader mit Auszügen aus:W.I. Lenin "Rohentwurf der Thesen für einen offenen Brief an die Internationale Sozialistische Kommission und alle sozialistischen Parteien", LW Bd. 23, S. 210 ff // W.I. Lenin "Die Aufgaben des Proletariats in unserer Revolution"/Abschnitt "Die Lage in der sozialistischen Internationale", LW Bd. 24, S. 59-66 //  W.I. Lenin "Ursprünglicher Entwurf der Thesen zur nationalen und kolonialen Frage", LW Bd. 31, S. 132 ff // 

W.I. Lenin, "Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus" (ist angeschafft)

III. Methode: (für jede Arbeitsphase des Programms)

1. Einführungsseminare als Impulsveranstaltungen: Überblick über den Inhalt und Einsicht in den Zweck jeder Studiumsphase mit überblickartigen Vorträgen zu den inhaltlichen Blöcken, anschließend Fragen und Diskussionen. Dabei Mitschriften über inhaltliche Eckpunkte, Probleme und Fragen anlegen.

2. Selbständige konkrete Bildungsarbeit vor Ort in den Gruppen oder individuell – anhand von Literaturangaben, den Mitschriften aus den Einführungsseminaren und Diskussionen via Internet mit den anderen Teilnehmern/innen und/oder den Teamern des Fernstudiums.

3. Lernzielkontrolle und Rückmeldung an die Teilnehmenden über eventuelle theoretische Unschärfen. Jede/r einzelne Teilnehmer/in schreibt eine Art Klausur, die der/die jeweilige Teamer/in intensiv durchsieht und mit Kommentaren versehen zurücksendet, so dass Lernfortschritte und eventuelle Lernprobleme sichtbar werden.

4. Zwischenseminar, worin die Probleme, Fragen und evtl. Unklarheiten, die sich in der Lernzielkontrolle gezeigt haben, aufgenommen und geklärt werden können.

Außerdem soll es je ein gemeinsames zweitägiges Anfangs- und Abschlussseminar geben.

IV. Didaktischer Aufbau und Zeitstruktur 

Variante 1 Variante 2
Allgemeines Anfangsseminar für alle
Danach Aufteilung und jeweilige Einführungsseminare
1. Jahr:

Teamer: Frank Flegel

Ökonomie 1. Teil
Arbeitsphase: Vier Monate, Zwischenseminar

Einführungsseminar: Ökonomie 2. Teil
Arbeitsphase: Vier Monate, Zwischenseminar

Einführungsseminar Ökonomie, 3. Teil und Überblick über die Gesellschaftsformationen
Arbeitsphase: Vier Monate.
1. Jahr:

Teamer: Michael Opperskalski und Andrea Schön

Aktuelle Situation, Trikont und Europa/BRD
Arbeitsphase: Vier Monate, Zwischenseminar

Einführungsseminar: Grundlegende strategische Maximen der Kommunisten gegen das Kapital
Arbeitsphase: Vier Monate, Zwischenseminar

Einführungsseminar: Grundlegende strategische Maximen der Kommunisten beim Aufbau des Sozialismus
Arbeitsphase: Vier Monate


Gemeinsames Zwischenseminar,
zunächst Abschlussseminare der letzten Phase sowie des ganzen ersten Jahres mit den alten Teamern,
dann Teamerwechsel,
neue Einführungsseminare in den Stoff des 2. Jahres mit den neuen Teamern
2. Jahr

Teamer: Michael Opperskalski und Andrea Schön

Grundlegende strategische Maximen der Kommunisten gegen das Kapital.
Und: Grundlegende strategische Maximen der Kommunisten beim Aufbau des Sozialismus.
Arbeitsphase: Acht Monate, Zwischenseminar

Einführungsseminar Aktuelle Situation, Trikont und Europa/BRD
Arbeitsphase: vier Monate
2. Jahr

Teamer: Frank Flegel

Gesellschaftsformationen und Ökonomie, 1. Teil
Arbeitsphase: fünf Monate, Zwischenseminar

Einführungsseminar Ökonomie, 2. Teil
Arbeitsphase: Vier Monate, Zwischenseminar

Einführungsseminar Ökonomie, 3. Teil
Arbeitsphase: drei Monate
Gemeinsames Abschlussseminar,
zunächst Abschlussseminare der letzten Phase sowie des ganzen zweiten Jahres mit den jew. Teamern,
danach: Abschlussseminar des gesamten Fernstudiums mit allen Teilnehmern und Teamern

V. Spendenaufruf:

Fahrt- und Unterkunftskostenhilfe:

Wir brauchen einen Hilfsfonds für die Unterstützung junger Genossinnen und Genossen, die sich die Fahrten, die Unterkunftskosten und/oder die Anschaffung der notwendigen Bücher nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten leisten können.

Spendenkonto: Konto Frank Flegel,

Kt.Nr.: 30 90 180 146 bei der Sparkasse Hannover, BLZ 250 501 80, Kennwort: Fernstudium

Literaturbeschaffung:

Wir brauchen kostengünstig oder als Sachspende Exemplare des 1. Bandes von Karl Marx: „Das Kapital“, möglichst in der Ausgabe des Dietz-Verlages (wegen der Vergleichbarkeit der Seitenangaben).

VI. Anmeldung:

Entweder brieflich an: Offensiv, Frank Flegel, Egerweg 8, 30559 Hannover (siehe Faltblatt in der Mitte des Heftes

oder per E-Mail an: redaktion@offen-siv.net

Redaktion Offensiv, Hannover


Jugendbibliothek Gera

Jugendbibliothek – Gera e. V. sagt Dankeschön!

Dank der Spendenbereitschaft vieler Genossinnen und Genossen aus nahezu jeder Ecke von Deutschland bekamen wir Sach-, Zweck- und vorwiegend Bücherspenden. So zahlreich, dass wir momentan alle Hände voll zu tun haben, alles zu katalogisieren und einzusortieren. Für Ihre Solidarität gilt unsere höchste Anerkennung. Ein ganz herzliches Dankeschön an jeden von Ihnen möchten wir an dieser Stelle bekunden. Jedoch ist es noch dringend erforderlich, um letztlich sämtliche Betriebskosten auf Dauer abdecken zu können, auch Sie als Fördermitglieder zu gewinnen. Wenn Sie uns und viele weitere Menschen auch, mit einen regelmäßigen kleinen Spendenbetrag von nur wenigen Euro jeden Monat unterstützen, können wir optimistischer in die Zukunft der Jugendbibliothek–Gera e. V. vorangehen.

Regional in Ostthüringen sind wir eine wirtschaftlich scheintote Zone, ohne nennenswerten Perspektiven, mit enormen Sozialkahlschlag in allen Schichten der Bevölkerung. Ein idealer Nährboden für dererlei Fundamentalismus. Die Stadt Gera und das Umland hat leider eine sehr extreme und straff organisierte Neonaziszene. Schulkinder begeistern sich für rassistische Demagogie, sei es durch das Elternhaus, bzw. dessen Freundeskreis. Es ist die alte Leier. Restvorkommen an staatlicher und kommunaler Kinder- und Jugendarbeit haben sich längst verantwortungslos verkommerzialisiert, erziehen den Menschen eher zu Habgier, Gleich-gültigkeit und Kanonenfutter. Deswegen haben wir uns als engagierte junge Menschen zusammengeschlossen und gemeint, wir müssten etwas Bewußtsein Schaffendes, was die Bildung fördert, Multiplikatoren motiviert, antifaschistische Kultur aufbaut und bündelt errichten, - eine Jugendbibliothek.

Unsere Bücherei ist noch sehr jung. Im Juni dieses Jahres war die Eröffnungsfeier. Wie schon in den Monaten vor der Einweihung, als auch jetzt können wir uns über das stetige Wachstum an Interesse seiner Nutzer und Mitglieder aus Stadt, Umland und Region nur freuen. Wir die jungen Betreiber, das sind: Schüler, Auszubildende, Studenten, Arbeitslose und sozial benachteiligte Menschen. Wir haben etwas gemeinsam aufgebaut, sehr zum Erstaunen mancher eingestaubter älterer Genossen. Die gesamte Arbeitsleistung beim Aufbau und nun zum Betrieb unserer Bücherei erfolgt einzig und alleine durch freiwilliges Engagement, ohne finanzielle Gegenleistungen. Jeden Mittwoch- und Samstagnachmittag ist geöffnet. Für jeden 3. Samstag im Monat ist ein Vortrag oder Lesung mit politischen Themen geplant. Aber auch zu anderen Wochentagen füllt sich der Terminkalender immer mehr an. Diskussionsrunden zum aktuellen Geschehen, Seminar- und kulturelle Veranstaltungen, von malen, musizieren bis hin zu Spielenachmittagen und nicht zu vergessen, für die jüngsten Gäste: Programm für die Kinder. Jeder sozialen Gruppierung bieten wir an bei uns vorbeizuschauen. Unser Hauptziel ist, diese zu bündeln: „gemeinsam streiten - gemeinsam feiern - gemeinsam arbeiten“. Unter uns haben wir das längst erreicht. Wir sind Jugendliche und jung Gebliebene aus den verschiedensten linken Organisationen. Am Stadtrand von Gera haben wir eine schöne, idyllische Räumlichkeit, wo Wiese und Wald sich anschließen und die für größere Veranstaltungen ideal Platz bietet.

Bereits mehr als 5.000 linke Bücher und fast sämtliche aktuellen kapitalismuskritischen und antifaschistischen Zeitungen und Zeitschriften stehen interessierten Lesern in unserer Bücherei kostenfrei zur Auswahl. Vorwiegend haben wir DDR–Literatur: von Kinderbüchern bis schöngeistigen Romanen, von Militärgeschichte bis hin zu den typischen Vertretern der politischen Klassik. Besonders liebevoll gestalten wir unsere „Botschaften“ von: Chile, Vietnam, Venezuela, Nordkorea, China, Kuba und der Sowjetunion. Ganz speziell hierzu suchen wir immer etwas, je aktueller, um so begeisterter. Idee ist, diese Botschaften mit Andenken und Büchern aus den jeweiligen Regionen entsprechend auszustatten. Auch wenn Sie einen bestimmten Wunsch haben, fragen Sie uns nach Thema, Autor oder Titel, und wir helfen ihnen gerne weiter.

Mit solidarischen Grüßen, Marco Schaub, Gera

Kontakt unter: Jugendbibliothek - Gera e. V.  GP - Keplerstraße 34-36, 07549 Gera – Thüringen

Telefon: 0365 8352065; E - Mail: buch-gera@web.de

Termine 2005:

19.11., ab 14.00 Uhr: Das Potsdamer Abkommen und die EU Absicht

26.11., ab 20.00 Uhr: Videoabend

17.12., ab 14.00 Uhr: Geschichte des Vietnamkrieges

31.12., ab 14.00 Uhr: Silvesterparty


Zum Imperialismus der BRD

FDJ: Wir erklären: Jedes Land hat zwei Geschichten, zwei Traditionen.

FDJ-Karte

(Wir dokumentieren hier den Aufruf der FDJ zu ihrer Veranstaltungswoche um den 7. Oktober. Was die Genossinnen und Genossen der FDJ hier ausdrücken, hat Bestand auch über diesen Termin hinaus; d.Red.)

Die eine Geschichte, auf hochglänzendem Seidenpapier, geschrieben und erzählt von den Herrschenden über ihre Hunderte Jahre alte Ordnung und ihren großen Reichtum. Die eine Tradition, ein Stammbaum großer Geschlechter, umrahmt und begleitet von ihren Kriegen, Eroberungen und den zu Boden getretenen Feinden.

Die andere Geschichte aber, geschrieben und erzählt von denen, die für die Herrschenden unter Schweiß und Peitsche das glänzende Papier herstellen. Berichtet von denen, die genau das von Tag zu Tag mehr satt haben und danach fragen, was an der Jahrhunderte alten Ordnung nicht stimmt. Getrieben eben von der Frage, wer den Reichtum schafft und wem er zu Gute kommt. Die andere Tradition ist eine bunte Sammlung von Männern und Frauen, Jungen und Alten, Klugen und weniger Klugen, die aufhören wollen, Kriege für große Geschlechter zu führen, andere Länder zu erobern und dabei Feinde zu zertreten, die auch nur Männer und Frauen sind wie sie.

Hier ist die eine Geschichte. Die Geschichte großer deutscher Unternehmen und Generäle, die von 1914 bis 1918 die Völker Europas überfielen und unter dem Schlachtruf „fürs Vaterland“ Bombentrichter mit Gedärmen füllten und das dann ihren ersten Weltkrieg nannten. Es ist die Geschichte, die weiter von noch größer gewordenen deutschen Unternehmen erzählt und von noch mehr deutschen Generälen, die von 1939 bis 1945 einen Kontinent dem Erdboden gleich machten und die Juden Europas ausradierten, das nannten sie dann ihren zweiten Weltkrieg. Diese Geschichte berichtet weiter vom Bruch des Potsdamer Abkommens und der Wiederbewaffnung der wieder mächtig und groß gewordenen deutschen Unternehmen mit der Gründung der Bundeswehr durch Nazi-Generäle. Diese Geschichte der Herrschenden ist auch die Geschichte der Bombardierung Jugoslawiens 1999, der Eroberung deutscher Protektorate im Kosovo, in Mazedonien und Afghanistan. Friedensmission nennen die Herrschenden das heute, und sie steuern sich und alle unbeirrt auf eine dritte "Friedensmission" hin.

Hier ist die andere Geschichte, eine von mächtigen Demonstrationen der Arbeiter gegen das Elend des Krieges. Sie erzählt von Matrosen und Soldaten, die desertieren, meuterten und sich mit denen auf der anderen Seite der Schützengräben des ersten Weltkrieges verbrüderten. Getrieben wird diese andere Geschichte von einer Revolution im November und der Gründung der KPD. Diese Geschichte berichtet vom antifaschistischen Widerstand und Bergen von ermordeten Genossen, Widerstandskämpfern und anderen, die den Herrschenden im Weg standen. Doch die andere Geschichte ist auch die Geschichte der Selbstbefreiung des Konzentrationslagers Buchenwald. Ein Gebirge von Leichen verhungerter, vergaster, erschlagener und verbrannter Genossen, Freunde und anderer, die den Herrschenden im Weg standen, zeichnet die andere Geschichte. Zu ihr gehört auch die Enteignung der großen deutschen Unternehmen und die harte Bestrafung der deutschen Generäle des zweiten Weltkrieges, wenigstens in einem Teil dieses Landes.

Hier listet die eine Tradition Namen auf wie Kaiser Wilhelm und Otto Bismarck, Deutsche Bank, Adolf Hitler und Joseph Mengele, Siemens, Krupp, IG Farben und Auschwitz, Daimler Benz und Buchenwald, Adenauer und Globke, Kohl und Stoiber, BASF, Scharping und Fischer und Schröder, Volkswagen und Walser, Möllemann und die Jugoslawienkriegsverbrecher der deutschen Regierung.

Die andere Tradition schreibt Namen wie Karl Marx und Friedrich Engels, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Da erscheinen Namen wie Spartakusbund und Kommunistische Partei Deutschlands, Ernst Thälmann, Bertolt Brecht und Lion Feuchtwanger und Hans Eisler, Edelweißpiraten, Geschwister Scholl, Herbert Baum, Ernst Busch, Hans Beimler, Konrad Wolf, die Freie Deutsche Jugend und die antifaschistische demokratische Umwälzung, Walter Ulbricht (der antifaschistische Tischler als Staatsmann) und die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, 5-Jahrespläne, NVA und VEB´s.

Beide Geschichten und Traditionen sind unvereinbar miteinander, stehen sich unversöhnlich gegenüber, sind einander Todfeind.

Das Eine hat immer in Krieg und Faschismus geführt und wird es weiter tun.

Das Andere hat sich immer dagegen gestemmt und wird es weiter tun.

Das Eine scheint von alleine zu funktionieren, weil es darauf gründet, den Mensch als Tier zu halten, dessen einziger Tagesinhalt ist, dem Tier gleich seine Nahrung zu sichern. Das eine macht keine Fehler. Erwerbslosigkeit und die immanente Gefahr von Weltkriegen und Faschismus sind keine Makel an ihm, so was gehört zu ihm, so wie das Wasser immer nach unten fließt.

Das Andere funktioniert mit aller Gewissheit nicht von alleine. Es braucht Millionen Hände und Ideen, Mut und Wissen, Bewusstsein und die Erkenntnis der eigenen Lage. Weil es darauf gründet, so wie der Mensch zu sein, der mehr will als nur täglich zu überleben.

Hier in diesem Land ist es ein Besonderes mit den beiden Geschichten und Traditionen. Denn kein anderes Land außer diesem brachte so eine unvorstellbare Menge an Leid und Hass über die Welt. So viel davon, dass die Völker der Welt zusammenfanden, um dieses Land zu besiegen. Das war am 8. Mai 1945. Doch die alte Zeit war nicht geschlagen. Im Westen überwinterte sie und trieb erneut ihre fauligen Triebe und bereitet bis heute und gerade heute den nächsten Krieg vor. Die geschlagenen deutschen Unternehmen wurden hier wieder einflussreich und mächtig, den deutschen Generälen der beiden Weltkriege gab man hier wieder eine Armee, die heute „deutsche Sicherheit“ verteidigt bis zum Hindukusch. Bevor dieses Deutschland der alten Zeit seinen verdienten Tod stirbt, schickt es sich an, neuerlich Millionen in den Tod zu reißen und die Massen ins Elend zu stürzen.

Im Osten dieses Landes aber hatte man das Elend, das deutsche Unternehmen und Weltkriegsgeneräle verursachten, ein für allemal satt. Am 7. Oktober 1949 gründeten die Bezwinger der alten Zeit die Deutsche Demokratische Republik und setzten sich damit ein Denkmal, weil sie es wollten und mussten. Weil die Geschichte der Kriege, die Tradition des deutschen Faschismus und Militarismus endlich in die Schranken gewiesen werden sollte und musste. Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik war die Umsetzung der Beschlüsse des Potsdamer Abkommens in wenigstens einem Teil dieses Landes. Sie war die Umsetzung des Willens der Völker, die uns vom Faschismus befreiten. Sie war letztlich ein internationales Projekt aller fortschrittlichen Kräfte. Im Osten verjagte sie die alte Zeit so gründlich, dass sie 40 Jahre brauchte, um zurückzukommen. Und mit der alten Zeit, die in den Westen floh, flohen die Großgrundbesitzer, die Naziverbrecher, die Geldgeber Hitlers und seine Junker. Und so ist es ein Besonderes mit den beiden Geschichten und Traditionen in diesem Land. So wie es die beiden gibt, so wie es Tag und Nacht gibt, so gibt es zwei Staaten, die unvereinbar sind miteinander.

Der eine hat immer in Krieg und Faschismus geführt und wird es weiter tun.

Der andere hat sich, so lange er existierte, dagegen gestemmt. Seine Erben werden es weiter tun!

Den Geburtstag der Deutschen Demokratischen Republik, der ersten deutschen demokratischen Republik, den feiern wir mitten ins verlogene Gesicht der Berliner Republik. Ein verdammt guter Grund zu feiern für uns, denn 40 Jahre Sieg über die alte Zeit waren 40 Jahre Ausblick ins Morgen! Auf dass die Sehnsucht nach dem Morgen immer da sein wird, so lange, bis es angebrochen ist. Vielleicht wird das wieder an einem 7. Oktober sein. Denn der 7. Oktober heißt: Die alte Zeit verjagen!

FDJ, Berlin

Michael Opperskalski: Deutschland - Großmachtstreben und innerimperialistische Widersprüche[1]

Will man die Rolle des deutschen Imperialismus sprechen, kommt man nicht umhin, das zu charakterisieren,  in dem wir jetzt das seltsame Vergnügen haben zu leben, die sogenannte Neue Weltordnung (NWO). Der Begriff "Neue Weltordnung" wurde von 1991/92 Bush senior geprägt. Er wollte damit begreiflich machen, dass nach der Zerschlagung der sozialistischen Länder eine neue Epoche angefangen hätte, die Epoche der absoluten globalen Dominanz des Imperialismus und des kapitalistischen Weltsystems und natürlich aus Sicht von Bush senior unter der Führung der USA. In den letzten 15 Jahren haben sich Prozesse abgespielt, die in der Regel von Kriegen auf dem Rücken des Trikonts begleitet und beschleunigt wurden und gleichzeitig die Widersprüche innerhalb des imperialistischen Lagers hervorgekehrt haben.

Dazu ein erhellendes Zitate aus dem imperialistischen Lager selbst: Es stammt von Jeffrey A. Garten, US-Bankier und US-Berater verschiedener Präsidenten. Dieser antwortet 1992 auf die Frage eines Journalisten nach der Bedeutung der "NWO" wie folgt: "Es ist die Periode nach dem "Kalten Krieg". Es ist der "Kalte Friede". Die USA, Japan und ein deutsch geführtes Westeuropa werden sich in massiven Auseinandersetzungen um politische und wirtschaftliche Hegemonie befinden. An die Stelle des "Ost-West Konflikts" ist die Systemauseinandersetzung zwischen drei kulturell, ökonomisch und politisch konkurrierenden Wirtschaftsblöcken getreten." Im Jahre 1993 titelt das US-Fachmagazin "Chief Executive" in gleichem Tenor: "Willkommen im 2. Kalten Krieg".

Die herrschenden imperialistischen Kreise haben bereits mit Beginn der sogenannten NWO klar dargestellt, was diese aus ihrer Sicht bedeutet.

Man kann die sogenannte NWO folgendermaßen charakterisieren:

1. Nach dem zeitweiligen Sieg der Konterrevolution in den sozialistischen Ländern insbesondere der Sowjetunion (SU), sind wir mit einer NWO konfrontiert, in der das imperialistische System zur global dominierenden Macht wurde. Innerhalb dieses Systems sind die USA noch die eindeutige Hegemonialmacht. Wie lange sie das noch sein wird, das ist seit Beginn der Ausrufung der sog. NWO unter den Konkurrenten in der Diskussion auch und gerade in der Bundesrepublik. Beispielsweise veröffentlicht die Stiftung "Wirtschaft und Politik" (ein think tank oder Denkfabrik), die langfristige strategische Studien erstellt, um die Politik der herrschenden Kreise mitzugestalten und zu beeinflussen, im Jahr 1994 eine Studie unter dem Titel: "Weltmacht USA - Zum Verhältnis von Macht und Strategie nach dem Kalten Krieg". Zentrale Aussage dieser Studie ist, dass die USA zwar die global dominierende Macht ist, allerdings auf absteigendem Ast. Die zukünftigen Mächte liegen in Asien und vor allem in einem deutsch-französisch geführten Europa. Aufgrund dessen müssen alle Anstrengungen unternommen werden, dieser wachsenden imperialistischen Großmacht entsprechende politische, ökonomische und militärische Strukturen herauszuarbeiten und besonderen Wert wird in der Studie auf die Notwendigkeit der Entwicklung eines unabhängigen militärisch industriellen Komplexes (MIK) in Europa.

2. Im Rahmen der Neuaufteilung der Welt, d.h. der Märkte, der Rohstoffvorkommen, geostrategischer Einflusssphären, etc. strebt der US-Imperialismus nach einer Ausweitung der direkten, unmittelbaren Kontrolle und regionalen wie globalen Hegemonialrolle sowie einer Verteidigung dieser Position. Dies schließt eine wachsende Konkurrenz und Konfrontation mit imperialistischen Konkurrenten ein. Mit Europa und dem BRD-Imperialismus entsteht eine neue Supermacht mit Weltmachtambitionen.

Das lässt sich belegen vor allem an Kriegen und der Rolle, die bestimmte Mächte innerhalb dieser sich zuspitzenden und sich ausweitenden kriegerischen Entwicklungen, gespielt haben.

Der erste Pflock der "NWO" wurde 1990/91 mit dem ersten Krieg gegen den Irak eingeschlagen. Ziel dieses Krieges war nicht, wie propagandistisch behauptet, die Befreiung Kuwaits. Es lässt sich detailliert nachweisen, wie die Besetzung Kuwaits von den USA provoziert wurde und wie die irakische Regierung systematisch in eine Situation hinein manövriert wurde, die zur militärischen Konfrontation mit Kuwait führen sollte und auch führte. Es ging dem US-Imperialismus im Wesentlichen um drei geostrategische Ziele:

a. Minimierung des europäischen/BRD-Einflusses auf der arabischen Halbinsel. Vor dem Angriffskrieg auf Kuwait kamen die größten Investitionen und Kapitalimport/export aus der BRD und anderen europäischen Ländern (Frankreich, GB) und dann erst aus den USA. Zu der Zeit spielte Kuwait für die USA nahezu keine Rolle mehr. Nach dem ersten Krieg gegen den Irak ist Kuwait quasi ein us-amerikanisches Protektorat und der EU- und BRD-Imperialismus spielt ökonomisch und damit politisch so gut wie keine Rolle mehr.

b. Ausbau direkter militärischer Basen und Installationen zur Kontrolle der gesamten Region. Ein anvisierter Nebeneffekt dabei war, die sich entwickelnde Intifada der Palästinenser zu ersticken.

c. Weiterer größerer Nebenaspekt war der Brückenschlag zur Kontrolle, die der US-Imperialismus in der Großregion von Eurasien (ehemalige sowjetischen Republiken wie Kasachstan, Usbekistan,..) über die Türkei, Iran, Irak und dann die Sichel schließend in Nordafrika bis nach Marokko anstrebte und immer noch anstrebt.  Diese Länder verfügen über die größten Rohölreserven der Welt.

Zur Bedeutung von Eurasien äußerte sich der ehemalige US-Sicherheitsberater unter Präsident Carter und einer der strategischen Köpfe in den USA, Zbigniew Brzezinski, in seinem 1993 veröffentlichten Buch "Das große Schachspiel". (Zur Erinnerung: Brzezinski posierte für die Medien 1980 in Afghanistan am Kyberpass mit einer Maschinenpistole Richtung Afghanistan zeigend und den Worten: "Hier in Afghanistan werden wir die Sowjetunion ausbluten lassen". Parallel begannen die massiven CIA Operationen bezüglich des Krieges in Afghanistan) Brzezinski schreibt in dem Buch, das die US-Strategie der nächsten Jahrzehnte zur Verteidigung ihrer Dominanz gegenüber den schnell aufkommenden Konkurrenten besonders Europas unter deutsch/französischer Führung umreißt: "Amerikas geopolitischer Hauptgewinn ist Eurasien. Ein halbes Jahrtausend lang haben europäische und asiatische Mächte und Völker in dem Ringen um die regionale Vorherrschaft und dem Streben nach Weltmacht die Weltgeschichte bestimmt. Nun gibt dort eine nicht-eurasische Macht (USA) den Ton an und der Fortbestand der globalen Vormachtstellung Amerikas hängt unmittelbar davon ab, wie lange und wie effektiv es sich in Eurasien behaupten kann. Der Politologe Samuel Huntington dürfte dann mit seiner kühnen Behauptung Recht behalten, ohne die Vorherrschaft der USA wird es auf der Welt mehr Gewalt und Unterordnung und weniger Demokratie und wirtschaftliches Wachstum geben, als es unter dem überragenden Einfluss der USA auf die Gestaltung der internationalen Politik der Fall ist. Die Fortdauer der amerikanischen Vorherrschaft ist sowohl für das Wohlergehen und die Sicherheit der Amerikaner als auch für die Zukunft von Freiheit und Demokratie, freier Marktwirtschaft und internationaler Ordnung in der Welt von zentraler Bedeutung"

In seinem Buch entwickelt er weiter die strategischen Komponenten der US-Politik, die fast wie eine Blaupause für das aussieht, was danach an kriegerischen Aggressionen und zunehmenden Auseinandersetzungen zwischen Europa auf der einen Seite und den USA auf der anderen Seite gefolgt ist. Mit dem strategischen Konzept der Kontrolle von Eurasien bis Nordafrika ist dann Europa im Griff und man hat Einfluss auf die ökonomische Entwicklung. Gleichzeitig hat man Russland im Griff und zielt in Richtung des prosperierenden China.

Der nächste Schritt in der Umsetzung dieser strategischen Konzeption und damit die erste direkte Konfrontation mit dem europäischen, insbesondere dem BRD-Imperialismus, war der Krieg gegen Jugoslawien. Der BRD-Imperialismus war zunächst der Hauptverantwortliche dafür, dass Jugoslawien auseinander brach. Das strategische Konzept des BRD-Imperialismus war es Anfang der 90er Jahre Jugoslawien zu teilen, zu beherrschen und den wachsenden Einfluss der USA zurückzudrängen. Dieses Konzept ist nicht aufgegangen, weil die BRD und der europäische Imperialismus weder ökonomisch, aber besonders militärisch, nicht in der Lage waren, das Konzept als alleiniger Spieler zu bestimmen. Ab dem Zeitpunkt als der US-Imperialismus auf den Plan trat, wurde der BRD-Imperialismus wieder zurückgedrängt. Dieses war die erste direkte Konfrontation dieser beiden imperialistischen Interessenssphären.

Die nächste Konfrontation spielte sich in Tschetschenien ab. Über den Tschetschenienkonflikt gibt es viel Desinformation und Propaganda und nur ganz wenig wird über die realen Hintergründe berichtet. Der Konflikt begann während der früheren Phase des Jelzin-Regimes. In dieser Zeit hatten der BRD-Imperialismus und Europa den bestimmenden Einfluss auf die russische Politik. Die USA unterstützten die tschetschenischen Rebellen und die sogenannte Unabhängigkeitsbewegung. Hintergrund war die geostrategische Rolle, die Tschetschenien in dieser Region zukommt. Durch Tschetschenien lief praktisch der gesamte Öl- und Gasexport Russlands. Wer Tschetschenien kontrollierte, hat Einfluss auf Russland. Die Europäer unterstützten Jelzin und waren in Verhandlung bezüglich der Übernahme von Rohstoffmonopolen (Stichwort Gasprom). Die Amerikaner sahen ihre Karten schlecht verteilt und unterstützten in dieser Anfangsphase die tschetschenischen Rebellen über die gleichen Strukturen, mit denen sie die so genannten Mujahedin gegen Afghanistan trainiert hatten. Pakistan bildete die Operationsbasis für die CIA in Kooperation mit dem pakistanischen Geheimdienst (ISI). Nicht nur die tschetschenische Aufstandsbewegung auch andere Aufstandsbewegungen in Eurasien, in den ehemaligen Sowjetrepubliken wie Usbekistan, Kasachstan, Kirgisien wurden dort von CIA und ISI ausgebildet ebenso wie die Taliban.

In dieser Phase der Konfrontation um Tschetschenien/Eurasien gab es die 2. direkte Auseinandersetzung um Einflusssphären zwischen dem europäischen Imperialismus und dem amerikanischen Imperialismus.

Weitere Knackpunkte dieser Auseinandersetzung - etwa ab Mitte der 90er Jahre - ist die Diskussion um die Erweiterung der Europäischen Union. Damals war es die Position der USA, diese Erweiterung nicht zu unterstützen. Auf europäischer Seite war es insbesondere die BRD unter Helmut Kohl, die die Aufnahme von Polen, Tschechien, Bulgarien und Rumänien forciert betrieb. Denn zu dieser Zeit hatte der BRD-Imperialismus in Osteuropa den dominierenden Einfluss. Beispielsweise war in Tschechien von Supermarktketten, über Versicherungen bis hin zu Zeitungen alles weitgehend unter deutscher Konzernkontrolle und ähnlich sah es auch in Polen, Rumänien, Bulgarien und Ungarn aus. Mittlerweile haben die USA ihre Haltung um 180 Grad geändert. Bereits vor dem Scheitern der EU-Verfassung hat sich die US-Außenministerin Condoleezza Rice in einem Newsweek-Interview im Februar 2005 für eine noch weitere Erweiterung der EU ausgesprochen und betonte auch die Notwendigkeit der Aufnahme der Türkei. Diese Kehrtwendung liegt darin begründet, dass die USA inzwischen ihren ökonomischen und politischen Einfluss in einigen Ländern vertiefen und die Vormacht der BRD und anderer europäischer Länder zurückdrängen konnte. Polen und Bulgarien könnte man heute fast als Marionettenstaaten der USA bezeichnen. Washingtons Strategie ist es jetzt, Klienten und Marionetten in der EU zu haben, die eine eigenständige imperialistische Politik der EU verhindern sollen.

Nächster Ort der immer direkteren Auseinandersetzung zwischen den imperialistischen Blöcken USA und Europa war Ende der 90er Jahre die Republik Kongo (ehemals Volksrepublik Kongo, Hauptstadt Brazzaville) und die Demokratische Republik Kongo (ehemals Zaire, Hauptstadt Kinshasa). Durch die Interessen am Öl wurde in der Republik Kongo der Krieg entfacht. Nachdem der Ölvertrag mit der französischen Elf Aquitaine (seit 2000 Total Fina Elf) ausgelaufen war, hatte der amtierende Präsident Sassou-Nguesso den Vertrag mit dem französischen Konsortium um 10 Jahre verlängert. Gleichzeitig hatte der Oppositionsführer einen Vertrag mit der us-amerikanischen Mobil Oil (seit 1999 Exxon Mobil) abgeschlossen. Folge war, daß dieser Oppositionsführer zum Zweck der Machtübernahme von den US-Imperialisten aufgerüstet wurde und im weiteren Verlauf der Krieg ausbrach und Brazzaville in Schutt und Asche gelegt wurde. Dieser Krieg war ein reiner Stellvertreterkrieg (proxy war) zwischen dem us-amerikanischen und dem europäischen bzw. dem französischen Imperialismus. Ähnliches gilt für den Nachbarstaat, der Demokratischen Republik Kongo (DR), allerdings mit einer weiteren Zuspitzung. Unter Laurent Kabila, der den Diktator Mobutu 1997 zu Fall brachte, zeichnete sich ab, dass in der Region eine unabhängige, nationaldemokratische, antiimperialistische,revolutionäre  Tendenz sich durchsetzen könnte, die den Einfluß sowohl der EU wie der USA zurückdrängen würde. Aus diesem Grund wurden von beiden Lagern Rebellengruppen besonders aus Ruanda aber auch aus Uganda finanzielle und militärisch unterstützt. Der Krieg gegen Kabila begann und führte zu seiner Ermordung im Jahr 2001. Zum Teil kämpfen diese Rebellengruppen immer noch mit ihren westlichen Herren im Rücken, die bereits vorher bestimmte Verträge über die Ressourcenplünderung abgeschlossen haben. Die innerimperialistische Konfrontation mittels Stellvertreter hat 2 Millionen Kongolesen das Leben gekostet. Die Rivalität der Imperialisten und ihr gemeinsames Streben, eine nationaldemokratische, revolutionäre Bewegung zu verhindern, hat diese rohstoffreiche Region Afrikas in Blut getaucht.

Jüngstes Beispiel ist der zweite Krieg gegen den Irak und die anhaltende Besatzung. Der Irak war noch ein fehlendes Feld im Schachbrett (Brzezinski). Auch dieser Krieg war u.a. eine direkte Konfrontation zwischen dem deutsch/französisch geführten Europa und den USA. Die angebliche Antikriegsposition der BRD und Frankreichs hatte nichts mit dem Streben nach friedlichen Wegen zu tun. Es ging lediglich darum, die USA von einem Alleingang abzuhalten. Ursprüngliches Ziel war ein gemeinsames Vorgehen (wie es sich zunächst auch in den UN abgezeichnet hatte) abzustimmen, um Saddam Hussein zu stürzen und den Irak mehr oder weniger gleichberechtigt aufzuteilen. Als die US-Regierung klar machte, dass sie die dominante erste Stelle einnehmen werden, trat dann die sogenannte „Friedensposition“ in Europa auf den Plan. Das ist mehr als sarkastisch besonders bezüglich der BRD, denn von Militärbasen in Deutschland wurden und werden Angriffe gegen den Irak geflogen. Die logistische Zentralen waren und sind die US-Basen bei Frankfurt und Stuttgart. Es wurde und wird erneut von deutschem Boden aus Krieg geführt und die Verfassung gebrochen.

Der Krieg gegen den Irak zeigt also wiederum die Rivalität der Imperialisten, ausgetragen auf dem Rücken anderer Völker.

Wie sind die Perspektiven? Sie sind grausam und barbarisch. Folgende Konstellationen zeichnen sich heute im Jahr 2005 ab:

Die Europäer haben eine eigenständige Militärdoktrin gerade in den letzten 2-3 Jahren forciert, zusammengefasst u.a. im European Defence Paper (EDP). Dieses Papier entwickelt erstmalig eine gemeinsame, kohärente Militärstrategie, die auf folgenden Punkten basiert:

1. Rascher Aufbau eines militärisch industriellen Komplexes (MIK) unter europäischer vor allem deutscher und französischer Kontrolle.

2. Einsätze der Armee (unter der Parole Friedenssicherung, aber zum Teil auch offener im EDP formuliert) zur Sicherung der Rohstoffquellen weltweit.

3. (offen formuliert) Ersetzung von Regierungen, die nicht in die geostrategische Planung Europas passen. (sehr empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang, zu lesen: ausführliche Analyse des EDP "Blaupause für Europas Kriege der Zukunft" der Informationsstelle Militarisierung; www.imi-online.de)

Ähnlich der Strategiepapiere der USA im Interesse des US-Imperialismus formuliert das EDP die Interessen des EU-Imperialismus unter deutsch/französischer Führung. Das bedeutet, dass irgendwann in absehbarer Zukunft in irgendeinem Stellvertreterkrieg auf dieser Welt es zu direkten Zusammenstößen zwischen EU-Soldaten und US-Soldaten kommen kann. Das EDP ist verabschiedet und ist gemeinsame Politik. Auch das Gejammer der europäischen Herren über das vorläufige Scheitern der EU-Verfassung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die militärischen und geostrategischen Planungen bereits ablaufen. Und bezüglich dessen gibt es keinerlei wesentlichen Unterschiede zwischen den europäischen Regierungen, auch nicht zwischen sogenannten sozialdemokratisch geführten und konservativ geführten Regierungen. Wie wird das Europa der Zukunft aussehen? Es wird sich entsprechend des EDPs entwickeln und hinsichtlich der Balance zwischen den verschiedenen Staaten folgendermaßen: Es wird ein Kerneuropa geben. Das sind die entwickeltsten imperialistischen Staaten mit der Führung BRD und Frankreich mit kleinen Satelliten herum, die eine ähnliche Entwicklung haben aber ökonomisch und politisch nicht ganz so stark sind wie bspw. Dänemark, Niederlande, etc..  Darum wird es den nächsten konzentrischen Ring der Abhängigkeit geben wie Spanien, Italien, Griechenland, etc.. Und dann wird es die "Sklavenstaaten" geben, das sind die neuen Staaten in der EU, insbesondere die osteuropäischen. So wird sich das neue Europa darstellen, aggressiv nach außen wie nach innen und zwar auf allen Ebenen: ökonomisch, politisch, militärisch und insbesondere natürlich auch bezüglich der Repressionsapparate innerhalb der einzelnen Länder. Denn diese rasante Kriegs- und Sklavenhalterpolitik in Europa und der Welt, lässt sich natürlich nur verteidigen, wenn man die eigene Bevölkerung kontrolliert und da, wo es Widerstand gibt, nach Möglichkeit diesen Widerstand unterdrückt und notfalls auch liquidiert. Denn die Herren, die uns regieren, sind dieselben Herren, die die Faschisten an die Macht gebracht haben. Es sind dieselben Eliten,  die nach '45 die SS-Uniformen auszogen und durch schöne Anzüge ersetzten.

Was kann die Gegenstrategie gegen diese Entwicklung sein?

(Diese Frage wurde von den OrganisatorInnen der Veranstaltung gestellt und Michael Opperskalski stellte seine persönliche Position, die im wesentlichen auch die Position der "Offen-siv" darstellt, zur weiteren Diskussion vor.)

Gegen die europäische imperialistische Strategie muss auf zwei Gleisen gearbeitet werden, die einander bedingen. Erstens, so wie es die Genossen der griechischen Kommunistischen Partei (KKE) formulieren, den Aufbau einer breiten, antiimperialistischen Volksfront, d.h. die Sammlung aller Kräfte die gegen diese imperialistische Barbarei bereit sind aufzustehen und von dieser betroffen werden. Wie diese Sammlung aussieht, welche Formen sie annimmt, das wird sicherlich von Land zu Land unterschiedlich sein und bedeutet ein Maximum an Flexibilität. Das schließt aber auch ein, sämtliche Strukturen Europas konsequent abzulehnen. Die Verfassung, den Ausbau der Verfassung ist nicht die Sache dieser Kräfte, das ist die Sache der Herrschenden. Jede Diskussion, dass man die europäische Verfassung demokratisieren könnte, ist eine Diskussion, die in die Leere führt, im Gegenteil sogar verhindern kann, daß sich eine breite Volksfront entwickelt. Innerhalb dieser aufzubauenden Volksfront und insbesondere innerhalb der BRD unter ganz besonderen Bedingungen haben die kommunistischen Kräfte eine ganz besondere Rolle. Es gibt hier noch keine einheitliche kommunistische Partei auf klaren Positionen. Es gibt eine Reihe von Organisationen, die diesen Anspruch erheben und ihre Existenzberechtigung haben, aber eine einheitliche kommunistische Partei mit klarer Orientierung und einem gewissen Masseneinfluss gibt es nicht. Der erste Schritt muss deshalb sein, dass sich die Kommunisten auf klaren Prinzipien einigen. Diese Prinzipien bedeuten: 1. eine klare Analyse der "Neuen Weltordnung", 2. eine klare Konzeption, wie diese "NWO" am effektivsten zu bekämpfen ist, 3. eine klare Orientierung darauf, dass die Schaffung der antiimperialistischen, demokratischen, breiten Volksfront der notwendige Schritt zur sozialistischen Revolution ist, 4. die eindeutige Basis des Marxismus-Leninismus. Von all diesen Aspekten sind wir leider noch ein ganzes Stück weit entfernt. Aber letztendlich ist angesichts der Entwicklung die alte Parole, die Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in einer der letzten Ausgaben der "Roten Fahne", bevor sie im Januar 1919 ermordet wurden, von den gleichen Herren, die uns heute regieren, aufgestellt wurde, aktueller denn je: "Sozialismus oder Barbarei!" Michael Opperskalski, Köln


Irak

Frederic F. Clairmont[2]: Irak – Die Nemesis des Imperialismus

„Die koloniale Aggression gegen den Irak und die widerlichste Lüge der Lügenmaschine, die solche barbarischen Handlungen propagierte und rechtfertigte, wird für immer eines der größten und unverzeihlichsten Verbrechen gegen die Menschheit bleiben.“

(José Luis Zapatero, Premierminister Spaniens)

Ein unglaublich geschrumpfter, aber großspuriger und ehrloser Tony Blair hat sich mit Hilfe eines minimalen Wahlsiegs an die Macht geklammert. Dabei wurde er den Schmähungen seines Volkes ausgesetzt und vor aller Welt als „einer der infamsten politischen Schwindler aller Zeiten“ abgefertigt, wie es ein Labour-Parlamentarier formulierte. Das sind wohl die schärfsten Worte, die einen miserablen politischen Opportunisten beschreiben können, dessen schamlose Lügen seine Nation in einen grausamen Krieg hineinmanövrierten.

George W. Bush, sein Mitverschwörer, erreichte ebenfalls einen Wahlsieg (wenn man das so bezeichnen kann) – zu einem Kostenpunkt von 4 Milliarden US$. Eine jämmerlich korrupte Administration, schwer angeschlagen vom Vormarsch der nationalen Befreiungskräfte des Irak, ist in einem militärischen Morast stecken geblieben. Dazu lastet auf den USA eine der schlimmsten Zahlungskrisen, das notorische Doppeldefizit, was jemals eine Handelsnation befiel. Aber darüber später mehr.

Es gibt da noch einen dritten Mitspieler, der „gewählt“ bzw. von der Kolonialmacht aufgestellt wurde. Der Zweck dieses Marionetten-Regimes im Irak ist nicht Demokratisierung, wie seine Verfechter es darstellen, sondern als Diener eines fremden Oberherrn zu fungieren, dessen Befehle es ausführen muss. Da gibt es keinen Spielraum zum Manövrieren, und sein Aktionsradius ist auf die so genannte „Grüne Zone“ im Zentrum Bagdads beschränkt – ein von Stacheldraht umzäuntes Fegefeuer, das kein Quisling verlassen kann, es sei denn in schwer bewaffneter Begleitung, denn sie sind fast ohne Ausnahme den scharfen Angriffen der Widerstandskräfte ausgesetzt. Seine Lebensdauer ist nur kurz, denn als Dienerklasse hängt das Regime von seinem weißen Kolonialherren ab, dessen Hauptziel unverändert ist: Die Inbesitznahme der Energiequellen des Landes.

Michael Meacher, Parlamentsmitglied der Labour-Party und früherer Umweltminister, betont mit aller Deutlichkeit: „Der Grund, warum sie den Irak angreifen, hat nichts mit Massenvernichtungswaffen zu tun, auch nichts mit der Demokratie im Irak, es ging nicht um Saddam Husseins Missachtung der Menschenrechte. Es geht vor allem und ausnahmslos um Öl. Es geht um die Kontrolle des Nahen Ostens und spezifisch um die Kontrolle des Irak, des zweitgrößten Ölproduzenten der Welt. … Die Beweisführung ist überwältigend.“

Es ist kein Zufall, dass die Kolonialherrscher einen amerikanischen Strohmann und verurteilten Bankenschwindler, Ahmad Chalabi (einen amerikanischen Staatsbürger) zum stellvertretenden Premierminister des irakischen Quisling-Regimes ernannten. Sie wissen, dass ihre Gegenwart unerwünscht ist. Der Todesgeruch schwebt über Bagdad. Einst war es das ausdrückliche Ziel der Aggressoren, „die Herzen und Seelen“ ihrer Opfer zu gewinnen. Jedoch folgend auf Bushs Sieges-Halleluja vor über zwei Jahren hat die koloniale Besatzungsmacht mehr als 165.000 Menschen getötet und verwundet, und außerdem dazugezählt werden müssen die zahlreichen Opfer von Hunger und Epidemien wie Tuberkulose und Malaria. Die Zeiten verlogener Moralisierung sind wahrlich vorbei.

Die Besatzer und ihre Truppen, unentrinnbar verstrickt in ihre Demoralisierung und Drogenabhängigkeit, wissen, dass das Endspiel bald naht. Das Militär und die zivile Administration leben unter dem gleichen Druck der Verzweiflung. Im Jahr 1998 erklärte die damalige Außenministerin Madeleine Albright noch: „Wir sind die unentbehrliche Nation.“ Madeleine Albright antwortete auf die Frage, was sie davon halte, dass die Sanktionen gegen den Irak das Leben einer halben Million Kinder gekostet habe: „Wir denken, dass der Preis es wert ist.“

Der Krieg geht weiter, aber Bush und seine Berater leben in der Vorstellung, dass das Schreckliche nicht schrecklich ist. Ihr Refrain ist beruhigend in seiner Einfachheit: Der Feind ist in die Flucht geschlagen und der Sieg ist nahe. Aber die Widerstandskämpfer in der nationalen Befreiungsbewegung, mit denen ich sprach, sehen das anders.

In seinem Feuer- und Schwefelgedonner zu Anfang seiner zweiten Präsidentenperiode sprach Bush vom „Zünden eines Feuers in den Seelen der Menschen“ und erklärte, dass „eines Tages dieses ungezähmte Feuer der Freiheit bis in die dunkelsten Winkel unserer Welt leuchten wird.“ Ob derartiges Kauderwelsch seinen Anhängern Aufschwung gab oder die „Wächter gegen die Tyrannei“ begeisterte, weiß ich nicht. Die Oberhirten der führenden Kastenherde leben in ihrer eigenen Vorstellungswelt. Gleich ihrem Meister erkläre die us-amerikanische Außenministerin Rice: „Amerika und die freie Welt sind wiederum in einem langjährigen Kampf gegen eine Ideologie des Hasses verwickelt, gegen Tyrannei, Terror und Hoffnungslosigkeit. Wir stehen bei jedem unterdrückten Volk auf jedem Kontinent, und wir können nicht ruhen, bis jeder Mensch, der in Angst lebt, schließlich seine Freiheit erlangt hat. Wir müssen diesen Herausforderungen mit derselben Entschlossenheit und demselben Mut gegenübertreten, die unsere Nachkriegsjahre bestimmten.“ Es ist hoffnungslos, sie mit der Nase in das Blut der Millionen Menschen der Dritten Welt stecken zu wollen, die seit 1945 Opfer des us-amerikanischen Völkermordes überall auf der Welkt wurden. Entsprechend dieser verruchten Logik wurden die us-amerikanischen Massaker unter dem Deckmantel des Schutzes der Menschenrechte ausgeführt.

Das Geschwätz der Frau Rice ist mehr als nur eine politische Erklärung. Es ist das unverblümte Modell für einen weltweiten Eroberungskrieg. Um es gleich fest zu halten: zu den „Vorposten der Tyrannei“ zählen zur Zeit sechs Länder – Kuba, Burma, Belarus, Nordkorea, Iran und Zimbabwe. Es wird geplant, das Büro eines Koordinators für Wiederaufbau und Stabilisierung zu gründen, an das us-amerikanische Außenministerium angeschlossen und geleitet von Carlos Pascual, den George W. Bush als einen der „Befreier der Ukraine“ bezeichnete. Der Krieg im Irak ist noch nicht zu Ende, da werden bereits Pläne für weitere Kriege in der Zukunft geschmiedet, in 25 Ländern „demokratische und marktfreundliche“ politische Bedingungen zu schaffen. Der Imperialismus wurzelt nun einmal im Hegemonialstreben seiner Zentren, was heute heißt: neoliberale Politik, Privatisierung staatlicher Unternehmen, Deregulierung der Märkte, ungehemmte Kapitalanlage, wirtschaftlicher und politischer Druck bzw. Erpressung und schließlich Krieg.

In den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts ironisierte David Lloyd George: „Kratze an einem Tory und Du wirst immer einen Faschisten finden.“ Heutzutage ist es kaum nötig, am Neoliberalismus zu kratzen, um die primitive Anatomie des us-amerikanischen Faschismus sichtbar zu machen. Wendell Wilkie, der amerikanische Staatsmann, stellte präzise fest: „Sollte der Faschismus jemals nach Amerika kommen, wird es unter dem Namen `Demokratie` geschehen“. Viele sind der Ansicht, dass es heute bereits so weit ist.

Falluja – Iraks „Guernica“

Die besetzten Gebiete sind nicht mehr unter der Kontrolle der Besatzer. Das tägliche Leben ist zu einer tödlichen Lotterie geworden. „Meiner Ansicht nach ist Bagdad feindliches Territorium“, meint Oberst Lanza von der 1. Kavalleriedivision, die für einen großen Teil Bagdads verantwortlich ist. Aber das gilt nicht nur für Bagdad selbst, sondern für ein Hinterland, das so groß ist wie Kalifornien.

Die Stadt Falluja wird für immer im Pantheon nationaler Befreiungskämpfe ihren Platz haben. Eine einstmals schöne, moderne Stadt, etwa so groß wie Genf (320.000 Einwohner), ist jetzt eine Ruine. Krankenhäuser, Moscheen, Schulen und Gemeindehallen wurden dem Erdboden gleich gemacht. Unzählige Menschen verbluteten, weil medizinisches Personal gewaltsam aus der Stadt entfernt wurde. Apache Helikopter, Kampfflugzeuge, Napalm, Panzer, Artillerie und uranhaltige Munition wurden gegen ein schutzloses Volk geschleudert. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind das einzige Land, welches das Abkommen von 1980 über das Verbot von Napalm nicht unterschrieben hat – einem tödlichen Cocktail aus Polystirenen und Flugzeugbrennstoff. Gegen diese Armada und die militärische Elite des Kolonialheeres traten die Widerstandskämpfer mit Handwaffen und kleinen Geschützen an – ihnen gegenüber us-amerikanische Spezialeinheiten, ukrainische und polnische Söldner u.a.m., über ihnen Großbritanniens „Black-Watch“-Helikopter. Trotzdem blieben die Widerstandskämpfer unbesiegt und entgingen der Gefangenschaft: nachts verschwanden sie spurlos über den Tigris.

Das Gemetzel der Soldateska im November 2004, angefeuert durch die Losung „Operation Phanto, Fury“, hatte zum Ziel, den Widerstand zu brechen, die so genannten „Terroristen“, „Saddams Müll“, später etwas höflicher, (wenn auch falsch) als „Aufständische“ bezeichnet, zu vernichten. Die militärische Vernichtungsorgie ging Hand in Hand mit grausamen Folterungen, wie sie die US-Truppen seit dem Vietnam-Krieg nicht mehr ausgeübt hatten. Es gab keine unabhängigen Berichterstatter, nur die von den US-Militärs “akkreditierten“ Journalisten, und besonders keine arabischen Nachrichtendienste wie Al Jazeera, die verboten waren.

Was die Besatzer (oder wenigstens die intelligenteren unter ihnen) begriffen, war die Intensität des Freiheitskampfes. Capt. Peter McCulloch von der „Black Watch“ fasste es treffend zusammen. „Der Feind ist überall und nirgends. Ich sehe Kinder, Frauen, alte Männer; die jungen Männer sind verschwunden. Aber wir wissen, dass wir die gehassten Feinde sind. Die Kinder und die Frauen fürchten sich nicht mehr. Ein junges Mädchen sagte zu mir in einfachem Englisch: `Wenn ich älter und stärker wäre, würde ich Dich töten!` - Das war keine zufällige Bemerkung, und ich wusste, dass sie keinen Augenblick gezögert hätte. Wie oft werden wir von Jungen und vor allem Mädchen beschimpft!? Ihre Hauptbeleidigung ist das Wort `scum` - Abschaum.“

Ein tiefer psychologischer Wandel versetzte den Todesstoß gegen die schwindenden Kräfte des Imperialismus. Nach Falluja ist der Widerstand gewachsen: laut Pentagon handelt es sich um rund 200.000 Männer, Frauen und selbst Kinder aller Altersgruppen und aller ideologischer und religiöser Überzeugungen, die Widerstand leisten.

Die Errichtung eines grausamen Folterregimes, das nicht seinesgleichen hatte seit den finsteren Tagen der US-Besatzung in Vietnam, gehört zu den größten Verbrechen der Okkupanten. Dessen Architekten sind selbstverständlich in den höchsten Schichten der militärischen und politischen Eliten zu finden, die niederen Ränge, die das dann ausführen mussten, werden nun aber dafür belangt. Wie die „New York Times“ vom 28. April 2005 schreibt, „waren die Rechtsüberschreitungen in Abu Ghraib, die einem damals den Atem verschlugen, symptomatisch für die Brutalität und Unrechtmäßigkeit der Bush-Regierung. Die Weitergabe Gefangener an Staaten, die Folterungen praktizieren, so z.B. ununterbrochene Zwangsbefragungen, Schlafentzug und Wassertorturen, sind heute weitgehend bekannt.“ In den Folterkammern, die während und nach der Schlacht um Falluja und in Abu Ghraib entstanden, wurden Experimente vorgenommen, die auch im Konzentrationslager Guantanamo Bay ihre Anwendung fanden.

Es ist nicht schwer, sich die arabische Reaktion auf das Gemetzel in Falluja vorzustellen. Ein 30-jähriger, westlich ausgebildeter Saudi artikulierte die Empörung von Millionen Arabern und anderer in der „Financial Times“: „Für uns ist der `amerikanische Traum` jetzt zum Alptraum geworden. Wir sehen auf unseren Fernsehschirmen, was im Irak vor sich geht. Die Amerikaner töten Männer, Frauen und Kinder. Die arabische Welt kann nicht das erschütternde Bild vergessen, wie ein amerikanischer Soldat kaltblütig einen wehrlosen Betenden in der Moschee von Falluja umbrachte. Wenn man Gewalt predigt und anwendet, erntet man Gewalt.“ Stabs-Sergeant James Massey beschrieb vor der kanadischen Kommission für Flüchtlings-Status, wie er und seine Kollegen von den `Marines` mehr als 30 unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder totschossen, darunter einen irakischen Jungen, der mit erhobenen Händen aus dem Auto stieg. „Wir feuerten rund 500 Patronen per Personenwagen. Was die `Marines` taten: sie mordeten.“ Laut einem anderen Soldaten von der 82. `Airborne Division` wurden sie angeleitet, alle Araber als potenzielle Terroristen anzusehen … „Und wir wurden zu einem Hass angestachelt, der einem das Blut zum Kochen brachte.“ Tragischer Weise hören sich inzwischen diese so oft wiederholten Killer-Bekenntnisse fast banal an.

Derart blutrünstige Praktiken gehören zum imperialistischen Vernichtungskatalog, der an My Lai in Vietnam vom Jahre 1968 erinnert. Es waren Verbrechen des gleichen Typus. Ein Mitglied der us-amerikanischen `Marines`, von seinem Gewissen geplagt, schrieb damals an den Senator von Maryland, Charles McManus, wie er anhören musste, wie seine Männer fröhlich-angeregt die Tötung einer jungen Vietnamesin beschrieben, die sie mit einem 50-mm-Maschinengewehr angriffen, und wie sie lachten, als die Frau 10 Meter hoch in die Luft geschleudert wurde: „Für viele US-Amerikaner haben Vietnamesen längst aufgehört, Menschen zu sein.“, schrieb er. Die 347 Opfer des Massakers von My Lai, meist Frauen und Kinder, waren also keine Menschen. Im Vokabular der Nazi-Ideologen handelt es sich nur um Untermenschen.

Viele Milliarden Dollars fließen heute in die Gosse, in einem verzweifelten Versuch, das „Wiederaufbau-Geld“ dazu zu nutzen, Irakis gegen Irakis aufzustacheln. Ein flüchtiger Blick auf die täglichen Fernseh-Nachrichten zeigt  den totalen Bankrott einer solchen Strategie. Tatsächlich gibt es nichts Neues in der archaischen Militärplanung der Kolonialmächte. General de Lattre de Tasigny hatte schon 1948 angekündigt: „Wir werden Vietnamesen mit Vietnamesen töten!“ Aber am 30. April 1975, dem Datum, an dem der 30-jährige koloniale Völkermord in Vietnam endete, kam die Beschränktheit des Generals de Lattre so recht zum Vorschein: sein Plan, dass eine immer größere Zahl von angeheuerten Killern die Flut des Widerstandes aufhalten würde, war zerschmettert. Die hehren Worte des Siegers von Dien Bien Phu, des legendären Vo Nguyen Giap, an US-Verteidigungsminister Robert McNamara gerichtet, sind von höchster Bedeutung für ein tieferes Verstehen des heutigen Debakels der USA im Irak: „McNamara und seine Berater brachten die Zahl der Aggressoren auf eine halbe Million. Was war das Ergebnis? Sie wandten riesige Mengen giftiger Chemikalien und anderer fürchterlicher Mittel der Massenvernichtung an. Wohl werden sie dadurch die Zahl der Toten mehren und neue, schreckliche Leiden über unser Volk bringen, aber dadurch wird es ihnen nicht gelingen, das Ringen unserer Kämpfer um unsere Freiheit zu brechen. Es wird uns stärker machen. Und am Ende werden unsere Widerstandskämpfer siegen.“

Geschichtliche Parallelen sind nicht unbedingt identisch, und das bezieht sich auch auf den Vergleich zwischen Vietnam und Irak. Aber ungeachtet der Differenzen ist es doch von zentraler Bedeutung, dass sowohl der Widerstandskampf der Vietnamesen wie auch derjenige der Irakis das Verlangen versklavter Völker nach Freiheit darstellen. Die Internet-Botschaft eines der irakischen Freiheitskämpfer und Falluja-Veterans drückt die Bedeutung dieses Ringens mit unübertroffener Kraft und Pathos aus: „Über zwei Millionen Unschuldiger mussten sterben, während sie auf das Licht am Ende des Tunnels warteten. Es ist unsere Pflicht und unser Recht, die Besatzer zurückzuschlagen, und die an der Aggression teilnehmenden Nationen werden moralisch Rechenschaft ablegen müssen. Wir überqueren nicht die Meere, um Großbritannien oder die USA zu besetzen, Und wir sind nicht verantwortlich für 9/11. Dieses sind nur einige der verleumderischen Lügen, mit welchen diese Verbrecher ihre wirklichen Pläne für den Raub unserer Energiequellen verdecken wollen. Wir danken all den Menschen in den USA, in England und anderswo, die an Protestmärschen gegen den Krieg und gegen die Sanktionen teilnahmen. Wir brauchen weder Waffen noch Kämpfer. Wir haben davon genug. Wir rufen Euch auf, eine weltweite Front gegen den Krieg, gegen Sanktionen zu formieren. Die Feinde sind am Laufen. Sie haben keine Verstecke mehr und sind in die Enge getrieben wie Ratten. Jeden Augenblick ihres Lebens fürchten sie die Widerstandskämpfer. Sie können nichts vorausplanen, weil sie nichts voraussehen können. Wir sind jetzt in der Lage zu entscheiden, wen wir angreifen, wo wir angreifen und wann wir angreifen. Wie schon unsere Ahnen die ersten Funken der Zivilisation entfachten, so werden wir den Begriff „Eroberer“ neu definieren. In diesem Augenblick, zum aktuellen Zeitpunkt, schreiben wir ein neues Kapitel der Kriegskunst in Stadt und Land.“ Dieses noble Manifest ist meiner Überzeugung nach ein unzerstörbares Dokument und wird eine der feierlichsten Erklärungen der Menschenrechte bleiben. Es ist die höchste Bestätigung menschlicher Freiheit. Der Kernpunkt ist die Überzeugung, das die Überwältigung des Imperialismus grundlegend für die Verwirklichung einer Freiheit ist, die weit über den Irak hinaus reicht.

Nachfolgend werden wir untersuchen, wie der us-amerikanische Imperialismus durch seine eigene, widersprüchliche Politik geschwächt wird. Die astronomischen Kosten seiner Kriegsmaschine sind unkontrollierbar geworden, wie schon das Doppel-Defizit der USA anzeigt.

Der Militär-Moloch

Das Militär-Budget der USA für 2006 wächst ständig, und das Ausmaß dieses Wahnsinns kennt keine Grenzen. Ein Beispiel ist das Pentagon-Projekt für eine „unbesiegbare Roboter-Armee“. Billionen Dollars sollen in die Schaffung einer vollautomatischen Kampfgruppe investiert werden, die den unauffälligen Titel „Kampfsystem der Zukunft“ trägt. Es handelt sich um den größten militärischen Kontrakt in der Geschichte der USA. Das Ziel ist die Welteroberung. Wie General Gordon Johnson vom Oberkommando der bewaffneten Kräfte es zusammenfasste: „Lasst Euch daran erinnern, dass diese Roboter niemals hungrig werden. Sie haben keine Angst. Sie vergessen ihre Befehle nicht. Es kümmert sie nicht, wenn ihr Nachbar eben niedergeschossen wurde. Sie sind viel billiger. Und ja – sie leisten bessere Arbeit als Menschen.“ Dieser Marktschreier imperialistischer Warenangebote erinnert uns daran, dass die Roboter, angetrieben von Nanotechnologie (= Wissenschaft kleinster Strukturen), sich wie Menschen fortbewegen können oder wie Kolibris, wie Traktoren oder Panzer, wie Heimchen oder Zikaden.

Die Kosten für diese neuen Systeme werden vom Verteidigungsministerium für das Jahr 2010 mit rund 530 Mrd. US-Dollar angegeben. Gleichzeitig zehren aber die militärischen Schwierigkeiten der us-amerikanischen Expeditionstruppen an den finanziellen und produktiven Reserven des Imperialismus: massive Schuldenlasten, gleichzeitige Überakkumulation bei zu wenigen einträglichen Investitionsmöglichkeiten, Überproduktion und ungenutzte Produktionskapazitäten – es ist eine unabänderliche, systematische, fortlaufende und sich verschärfende Krise, die nicht wegargumentiert werden kann mit Hilfe frömmelnder und lügenhafter Versicherungen. Die imperialistische Wirtschaft segelt auf einem stürmischen Ozean der Schulden und hält sich parasitär am Leben mit Hilfe ausländischer Anleihen, vor allem finanziert von asiatischen Zentralbanken. Ende März 2005 betrug zudem die Inlandsverschuldung der USA 7,7 Billionen US-Dollar, etwas über 66 % des Nationalprodukts. Eine Zahl illustriert die nahende Katastrophe besonders deutlich: die Kennziffer des Handelsdefizits der USA. Der Wert der Einfuhren liegt um 66 % höher als der Erlös aus den Ausfuhren. Weitere Krisenzeichen: in den letzten 35 Jahren schrumpften die Arbeitsplätze in der Industrie von 33% auf weniger als 14% zusammen. Und die laufende Manipulation des Wechselkurses des US-Dollars kann das Defizit auf die Dauer auch nicht überbrücken. Wie wir also wiederholt feststellen, können die USA heute wohl kaum als führende Wirtschaftsmacht eingestuft werden, denn sie sind auf dem Weg zum Staatsbankrott.

Der Klassenkampf kann angesichts dieser aktuellen Situation nicht als gestriger, überlebter Industrie-Abfall abgetan werden. Im Laufe der letzten drei Jahre wuchsen die Löhne zehnmal langsamer als die Profite. Dieses Ergebnis kam zustande mit Hilfe solch klassischer Methoden wie Rationalisierung, aber auch durch Arbeitszeitverlängerungen, Lohnkürzungen – wie auch immer, es ist die alte Methode: Mehr Leistung für weniger Lohn.

Wie die New York Times vom 10. Juni 2005 schreibt, sind wirtschaftliche Stabilität und Sicherheit Dinge der Vergangenheit. Es braucht nicht viel, so etwa Krankheit oder Entlassung, um eine Familie aus der Mittelschicht in die Armut zu stürzen. Gleichzeitig werden die Reichen reicher: Die oberen 1 % der US-Amerikaner sahen ihr Einkommen verdoppelt, die oberen 0,1 % sogar verdreifacht.

Eines Tages werden Historiker die koloniale Aggression gegen den Irak als den Anfang des Zusammenbruchs der Weltmacht USA erkennen. Entsprechend der Hegelschen Philosophie der Geschichte sind die Ergebnisse menschlichen Handelns oft abweichend oder gegenteilig zu dem, was beabsichtigt wurde. So war es mit Hitlers Angriff auf die Sowjetunion, so ist es heute, sagt der ägyptische Schriftsteller Hosni El Shazli, mit der Aggression der USA gegen den Irak. Niemand konnte sich vorstellen, wie vereinsamt das Imperium nur zwei kurze Jahre nach der Verkündung des „Sieges“ ist. Bush steht allein da, eine verzweifelte, konfuse Gestalt. Und ein triumphierender George Galloway höhnt, dass Blairs Opfer ihn heimsuchen würden... Es ist nicht nur eine Anklage gegen den getreuen Schakal Bushs, sondern bezieht sich ebenfalls auf die bunte Auswahl der kolonialen Killer-Hilfstruppen, die „Koalition der Willigen“. Sie springen vom sinkenden Schiff des US-Imperialismus ab. Daher wird es nicht mehr lange dauern, bis sich diese Verbrecher vor einem Kriegsschuld-Tribunal verantworten müssen.

Das Ringen um die nationale Befreiung Iraks bedeutet, dass das Imperium nicht mehr im Stande ist, dem Ansturm des Neuen zu widerstehen, nicht nur nicht im Nahen Osten, sondern auch nicht anderswo. Dank der festgefahrenen Situation im Irak bleiben die Angriffspläne gegen Kuba und gegen Venezuela in den Schubladen des Pentagon liegen. Eine „zweite Front“ scheint für die USA zur Zeit nicht möglich zu sein. Und Kuba und Venezuela, die für ihre nationale Unabhängigkeit kämpfen, werden nicht unterliegen. Die Widerstandskämpfer im Irak haben aber dadurch aber nicht nur von diesen beiden Ländern den schärfsten Druck genommen, sie haben auch andere Invasionspläne der USA gestoppt: die US-Pläne zur Vernichtung des Iran und Nordkoreas. Nicht weniger wichtig ist, dass der Irakische Widerstand auch die Pläne zur Schaffung eines Groß-Israel, eines Super-Zionistenstaates, gestoppt hat.

Der Raub der riesigen Energievorräte des Irak ist bisher gescheitert, und gerade dies zeigt die verwundbare Stelle der us-amerikanischen Wirtschaft, die heute um ihr Überleben ringt mit geborgter Zeit und geborgtem Geld. Der US-Imperialismus ist ein Koloß auf tönernen Füßen, der keine Strategie siegreicher Kriege und auch keine Strategie des eigenen nationalen Überlebens entwickelt hat und sie auch nicht entwickeln kann.

Für den größten Teil der Menschheit ist das eine positive Entwicklung. Das Debakel des US-Imperialismus – militärisch, wirtschaftlich und ideologisch – hat die Schleusen geöffnet für den alles überwältigenden Ansturm anti-imperialistischer Fluten. Von diesem Standpunkt aus gesehen ist der Irakische Widerstand der Katalysator für den Zusammenbruch des imperialistischen Weltsystems geworden.

Frederic F. Clairmont, Genf; (Übersetzung: Vera Butler, Melbourne)

Antiimperialistische Koordination: Italienische Regierung verhindert Konferenz zur Anerkennung des irakischen Widerstands. Solidaritätsbewegung setzt ihren Kampf fort

Eine Koalition aus antiimperialistischen Kräften hatte über das vergangene Jahr eine internationale Konferenz zur Unterstützung des irakischen Widerstands vorbereitet, die am 1. und 2. Oktober 2005 in Italien hätte stattfinden sollen.

Selbst für die Veranstalter überraschend, erklärten sich hochrangige Vertreter aller namhaften Tendenzen des irakischen Widerstands und der Opposition gegen die Besatzung bereit, auf der Konferenz zu sprechen. Dabei handelte es sich um: Ayatollah al Baghdadi, einer der ranghöchsten schiitischen Geistlichen, der dem Widerstand nahe steht und der für Predigten bekannt ist, in denen er Gott als „Arbeiter und Bauern“ bezeichnet; Scheich Jawad al Khalesi, schiitischer Theologe und Vorsitzender des multikonfessionellen Vielparteienbündnisses „Iraqi National Foundation Congress“, das die von den USA inszenierten Wahlen boykottierte; Scheich Hassan al Zargani, internationaler Sprecher der Bewegung Muqtada al Sadrs und Herausgeber der Zeitschrift „Hawza“, deren Schließung durch die Besatzer im Frühjahr 2004 zum Aufstand Muqtadas führte; Salah al Mukhtar, ehemaliger Botschafter des Iraks in Vietnam und Indien, Intellektueller und Journalist der als inoffizieller Vertreter der baathistischen Strömung gilt; Mohamed Faris, Patriotischer Kommunist; Ahmed Karim, irakischer patriotisch-kommunistischer Kurde; Awni al Kalemji, Sprecher der Irakischen Patriotischen Allianz.

Dabei sind nicht nur die Personen selbst bemerkenswert, sondern viel mehr noch die Tatsache, dass sie bereit sindm, gemeinsam aufzutreten. Angesichts der bekannten politischen Spannungen unter den sich der Besatzung gegenüberstellenden Kräften kann deren Teilnahme als symbolischer Schritt zur Vereinigung in einer politischen Front gewertet werden.

Damit veränderte die Konferenz schlagartig ihren Charakter. Von einem Treffen der Solidaritätsbewegung verwandelte sie sich in ein Ereignis zur politischen Anerkennung des Widerstands und der Opposition als einzig legitimen Vertreter des irakischen Volkes. So änderte sich auch das Motto in „Lassen wir den Irak in Frieden – unterstützt den gerechten Widerstand des irakischen Volkes“. In einem gewissen Sinn fiel den Veranstaltern jene Aufgabe zu, die in den 70er Jahren von der europäischen Sozialdemokratie erfüllt wurde, als sie beispielsweise die PLO anerkannten oder auch die Verhandlungen mit dem Warschauer Pakt begannen – wenn auch mit der gegenteiligen Intention, nämlich sie auf sanfte Weise in die Knie zu zwingen und nicht ihnen zum Sieg zu verhelfen, wie das die Veranstalter der Konferenz in Italien proklamieren.

Komitees Freier Irak, Italien: Fünfzehn Tage Hungerstreik, fünfzehn Tage der Opfer, die nicht umsonst waren.

Rom, 14. September 2005

Eine Welle der Solidarität erreichte uns von überall her, ebenso wie die Grüße vieler Genossen und Genossinnen, die uns moralisch und materiell während dieser zwei schwierigen Wochen unterstützt haben. Diese Solidarität und Anteilnahme hat uns die Stärke gegeben, Widerstand zu leisten.

Wir erreichten nicht die Rücknahme der Weigerung der Regierung und des Außenministers Fini, die dem Druck der USA ausgesetzt waren, die Visa für sechs hochgeschätzte Vertreter des irakischen Volkes auszustellen.

Auf der anderen Seite gibt es zwei sehr wichtige Ergebnisse:

1. Wir schlugen die US-geführte Kampagne zur Kriminalisierung der Organisatoren zurück, die darauf angelegt war, all jene zu treffen, die den irakischen Widerstand unterstützen oder ihn als legitim erachten.

2. Wir begannen mit dem Verfahren die Einreise von Haj Ali al-Qaysi, der Mann, der im Gefängnis von Abu Ghraib gefoltert worden war, zu ermöglichen. Haj Ali al-Qaysi wird dann an einer Rundreise teilnehmen in deren Rahmen Veranstaltungen stattfinden werden, um gegen die Barbarei des Krieges protestieren und die Verbrechen der Besatzer aufzudecken.

Mit Haj Ali sehen wir uns verpflichtet, auch gegenüber all jenen, die in unseren Kampf involviert waren, eine Kampagne zu beginnen, welche die Wahrheit der andauernden Tragödie, die im Irak stattfindet, ans Licht bringen soll, eine Kampagne, die den Kampf um die Visa wiederbeleben und wiederaufnehmen wird, betreffend der Konferenz in Chianciano, die früher geplant war (“Für einen gerechten Frieden, mit dem irakischen Widerstand”, eine Konferenz, welche die US-Regierung und die Berlusconi-Fini Regierung erschreckt hat, sodass diese schließlich stattfinden kann.

Die Konferenz wurde verschoben, nicht jedoch abgesagt. An die Regierung gewendet sagen wir: wer zuletzt lacht, lacht am besten.

Der nächste Termin ist der 2. Oktober in Rom. Dort wird ein großes internationales Treffen stattfinden, nicht nur um den Kampf um die Visa für die irakischen Vertreter weiterzuführen, sondern auch um Raum für die Anti-Kriegsbewegung zu öffnen, die einen gerechten Frieden im Irak, Abzug der Besatzungstruppen und volle Respektierung der nationalen Souveränität des Landes fordert, denn ohne diese Vorraussetzungen bleiben Freiheit und Demokratie bloß leere Worte.

So erklären wir mit dem heutigen Tag das Ende des Hungerstreiks.

Wir gehen nicht nach Hause zurück, sondern wir widmen uns der Zusammenarbeit mit all jenen, die gewillt sind gegen diese Kriegsregierung zu kämpfen, damit Italien schlussendlich ein souveräner Staat und ein Ort des Friedens und des Dialogs werden kann, nicht nur mit dem irakischen Volk, sondern mit allen, welche für ihre Befreiung von den imperialistischen Ketten kämpfen.

Komitees Freier Irak, Italien

Antiimperialistische Koordination: Internationales Protesttreffen zur Ermöglichung der Internationalen Konferenz “Lasst Irak in Frieden – unterstützt den legitimen Volkswiderstand"

2. Oktober 2005, 10 Uhr, Rom, Italien Aula Magna Università Valdese, via Pietro Cossa 40 (zona Piazza Cavour)

mitHaj ALI, Folteropfer aus Abu Ghraib, Awni al KALEMJI, Sprecher der Irakischen Patriotischen Allianz, Kawthar al KUBAYSI, Frau von Abduljabbar, entführter Sekretär der Irakischen Patriotischen Allianz, Abdulhaleem KANDIL, Vertreter von Kifaya, Ägypten, Georges LABICA, Philosoph, Frankreich, Jan MYRDAL, schwedischer Autor, John CATALINOTTO, International Action Centre, USA, Gianni VATTIMO, Philosoph, Italien, Hamza PICCARDO, Nationaler Sekretär der Union der islamischen Gemeinden, Italien. Domenico LOSURDO, Philosoph, Italien, Marina BIGGERO, Cobas, Italien, Giovanni FRANZONI, christliche Basisgemeinde San Paolo, Italien, Vainer BURANI, Anwalt islamischer Aktivisten, die wegen “Terrorismus” angeklagt sind. Aldo BERNARDINI, Professor für Internationales Recht, Roberto GABRIELE, für die sieben Hungerstreikenden.Vorsitz: Manolis ARKOLAKIS, International League of People's Struggle ILPS, Leonardo MAZZEI, Sekretär der italienischen Komitees Freier Irak, John CATALINOTTO, International Action Centre, USA, Wilhelm LANGTHALER, Antiimperialistisches Lager

Indem die Visa für die Exponenten der irakischen Zivilgesellschaft unter dem Vorwand, dass diese “Hassprediger” und eine “Gefahr für die nationale Sicherheit” seien, abgelehnt wurden, verhinderte die italienische Regierung die Abhaltung der geplanten Konferenz in Chianciano.

Tatsächlich wären die Iraker nicht nur gekommen um die Gründe für ihren Widerstand gegen die Besatzung zu erklären, sondern auch um Italien dazu einzuladen, den eingeschlagenen Kurs zu ändern, und sich für eine Politik des Friedens zu entscheiden.

Es ist eine Tatsache, dass Berlusconi, Fini &Co seiner Majestät Bush hörig sind, der durch ein Ultimatum, das von 44 US-Kongressabgeordneten herausgegeben worden war, Rom dazu gezwungen hatte die angekündigte Konferenz zu verhindern.

Mit einem Schlag wurde die nationale Souveränität, die Verfassung und die Freiheit jener, welche frei ihre Opposition dagegen zum Ausdruck bringen wollen, in den Sumpf des „Kampfes der Kulturen“ hineingezogen zu werden, beiseite gewischt. Nicht die italienische Bevölkerung an sich war verängstigt, sondern nur die Regierung, beschäftigt damit die Wahrheit darüber zu verbergen, was im Irak passiert: dass es dort keine Befriedung gibt, keine demokratische Stabilisierung, sondern dass der Krieg blutiger als zuvor ist, dass die Besatzungstruppen und Todesschwadrone abstoßende Verbrechen verüben, für die sie zynischerweise versuchen den Widerstand verantwortlich zu machen.

Ausführlichere Informationen unter: www.iraqiresistance.info

Abschlussdokument des internationalen Treffens der Organisatoren der Irak Konferenz "Für einen gerechten Frieden, für den Widerstand"

Das internationale Treffen in Rom stellte eine Gelegenheit für Protest, Solidarität und Kampf dar, aber gleichzeitig auch eine Gelegenheit zur weiteren Planung.

Wir klagen die gewaltige Unterdrückung, unter welcher das irakischer Volk leidet, an. Gleichzeitig klagen wir die Angriffe gegen die elementarsten demokratischen Rechte, inklusive des Rechts auf freie Meinungsäußerung, in Europa an.

Die Ablehnung der Ausstellung eines Visums für Haj Ali, dem Symbol für die Folter in Abu Ghraib, schloss sich den negativen Bescheiden bezüglich der Visa für sechs hohen Repräsentanten der irakischen Gesellschaft, an, die als Sprecher auf der Konferenz von Chianciano eingeladen worden waren. Es war eine beschämende Entscheidung, welche die Freiheiten, die in Jahrzehnten des Kampfes gewonnen wurden, beschnitt und sich in abscheulicher Art und Weise gegen Opfer der US-Folter stellt.

Unsere volle Solidarität gilt Haj Ali und allen Opfern der militärischen Besatzung.

Dieselbe Solidarität gilt auch dem mutigen Widerstand des irakischen Volkes, das, indem es sich der größten Militärmaschinerie der Geschichte entgegenstellt, gleichzeitig gegen das Projekt des US-Imperialismus, die Welt zu beherrschen, kämpft. Deshalb reicht die Bedeutung des Kampfes weit über die Grenzen des Irak hinaus und stellt ein nachahmenswertes Beispiel für alle unterdrückten Völker dieser Welt dar.

Unser Treffen war ein Treffen des Kampfes, von Menschen die sich nicht der existierenden Staatsräson unterordnen, die für die Freiheit der Völker kämpfen und die den kriminellen Wahnsinn des „Kampfes der Kulturen“ beenden wollen.

Um diesen Kampf zu konkretisieren, wurde ein Arbeitsprogramm beschlossen, welches gleichzeitig als Vorschlag an alle Teile der Antikriegsbewegung, welche den Kampf für Frieden mit dem Widerstand gegen politische, militärische, ökonomische und kulturelle Unterdrückung durch den Imperialismus zu verbinden suchen, dient. Der Kampf für Frieden muss als Ziel einen gerechten Frieden haben, der die Rechte der Völker auf der Basis der Selbstbestimmung und der nationalen Souveränität respektiert, was das genaue Gegenteil der “pax americana” ist, welche dem Irak aufgezwungen werden soll.

Hier ist der Arbeitsplan der von den anwesenden internationalen Delegationen ausgearbeitet wurde:

1. Konsolidierung des europäischen Netzwerkes in Unterstützung des irakischen Widerstands und seine eventuelle Erweiterung. Das Netzwerk hat bereits wichtige Ergebnisse erzielt. Aber die Bedingungen heute sind reifer und sie begünstigen eine stärkere Koordinierung und können auch die Effizienz der gemeinsamen Aktion steigern. Alle Kräfte die in Rom anwesend waren, werden in erster Linie in diesem Sinn weiterarbeiten.

2. Die erste Aufgabe wird es sein, eine Kampagne für Haj Ali zu führen, um ihm die Reise nach Europa zu ermöglichen, damit die geplante Tour zur Denunzierung der Brutalität der imperialistischen Besatzung durchgeführt werden kann. Das NEIN zum Visum für Haj Ali von der italienischen Regierung – ein Staat der mit rund 3000 Soldaten sich an dieser Besatzung beteiligt ist – muss und kann bekämpft werden. Dieser Kampf wird aufzeigen wie viele demokratische Freiheiten auf unserem Kontinent noch vorhanden sind. Daher rufen wir alle ehrlichen Demokraten auf, sich für die Verteidigung der Freiheit zu engagieren. Um die jüngsten antidemokratischen Angriffe unter dem Deckmantel der „Antiterror-Gesetze“ zu stoppen, müssen wir eine starke, gemeinsame und sofortige Antwort geben.

Deshalb rufen wir alle verfügbaren Kräfte dazu auf, nichts unversucht zu lassen – niemand kann behaupten er habe nichts davon gewusst.

Die Tour von Haj Ali soll durch den ganzen Kontinent gehen, um der Wahrheit in jedem Eck Europas Stimme zu verleihen, und Gegeninformation zu den Medienlügen über den “gerechten Krieg” zu leisten.

Dies wird auch Gelegenheit geben, an die Existenz der Verschwundenen zu erinnern, jene Iraker und Irakerinnen, welche von den Besatzungstruppen entführt wurden und nie wieder aufgetaucht sind, wie Abduljabbar Al Kubaysi, der Sekretär der Irakischen Patriotischen Allianz.

3. Parallel werden die Vorbereitungen für die internationale Konferenz mit den hohen Vertretern der irakischen Gesellschaft, die ursprünglich in Chianciano, Italien, geplant war, weitergehen. Ihre Anwesenheit ist unumgänglich nicht nur um die Iraker für sich selbst sprechen zu lassen und um das Wort der irakischen Opposition und dem Widerstand zu geben, sondern vor allem um den Weg für ihre internationale Legitimierung und politische Anerkennung zu bereiten.

Das ist es worum es wirklich geht. Um dieses Ziel zu erreichen, laden wir alle Kräfte, die etwas zu dem Befreiungskampf des irakischen Volkes beitragen wollen, ein, gemeinsam zu arbeiten.

Die internationalen Delegationen, welche in Rom anwesend waren, einigten sich darauf, den Kampf für die Abhaltung der Konferenz weiterzuführen. In den nächsten Wochen werden die Möglichkeiten in den verschiedenen europäischen Ländern evaluiert, während die Anstrengungen, die Konferenz in Italien abzuhalten, verstärkt weitergehen werden. Anschließend werden Ort und Zeit festgelegt werden.

Inzwischen bestätigen wir unsere geeinte und internationale Unterstützung für alle Initiativen in Solidarität mit dem Widerstand, welche bereits in den nächsten Monaten in Deutschland und Griechenland geplant sind.

Bezüglich Italien unterstützen wir die Mobilisierung für eine nationalen Demonstration, welche am Ende des Jahres stattfinden wird, als Versuch die Antikriegsbewegung wiederzubeleben, für eine klare Unterstützung des Widerstands im Irak und gegen die stärker werdenden Angriffe gegen die demokratischen Rechte.

Die Kraft des irakischen Widerstands, das Wachsen der Volksopposition gegen die Besatzung und die Ablehnung der Verfassung, welche von den USA und ihren Verbündeten dem Irak aufgezwungen wurde, geben uns große Hoffnung auf einen Sieg über die imperialistischen Kräfte. Diese Hoffnung muss von allen Kräften in der Welt, welche gegen den Krieg waren, aufgenommen werden.

Das ist unsere Aufgabe heute. Der Arbeitsplan, der angenommen wurde, ist darum bemüht dieser Notwendigkeit zu entsprechen.

Es gibt Kämpfe welche die Epoche, in welcher sie stattfinden, prägen. Heute liegt das Joch an vorderster Front die Freiheit gegen die Tyrannei zu verteidigen auf den Schultern des irakischen Volkes. Wir werden es auf jede mögliche Art und Weise unterstützen, für die Freiheit und Selbstbestimmung des Irak, für die Niederlage der imperialistischen Tyrannei überall auf der Welt.

Rom, 2. Oktober 2005,
Internationales Treffen der Organisatoren der Irak Konferenz
"Für einen gerechten Frieden, für den Widerstand"


Debatte zur politischen Ökonomie des Sozialismus

Hermann Jacobs: Der Festpreis als ökonomisches System.
Zum Beitrag von Gerald Hoffmann und Andrea Schön,
Teil II

(In der Ausgabe Juli-August 2005 brachten wir den ersten Teil. Hier nun die Fortsetzung; d.Red.)

Wertbestimmtheit und Wertform

Ich würde also bestimmte Definitionen, wie sie Gerald Hoffmann und Andrea Schön noch für möglich halten, gar nicht erst versuchen; z.B. gleich die Überschrift: „Zur Erscheinungsweise des Wertgesetzes im Sozialismus“; da letztlich die Erscheinungsweise der Festpreis (als System) ist, und er gerade als das Gegenteil des Wertes, als der Gebrauchswert, als die Menge der Produkte gedacht werden muß, entfällt zwar nicht eine Erscheinungsweise, aber eine des Wertes und Wertgesetzes; der Sozialismus hat keine. Oder: „Bei allen Formen der Warenproduktion (es gibt keine Formen der Warenproduktion, sondern nur deren Entwicklung, J.), auch wertökonomischen Reformen der Planwirtschaft (?, ist ebenfalls ein Ding der Unmöglichkeit, die Planwirtschaft setzt ja gerade an die Stelle des Wertes die Regulation der oder durch die Arbeitsmenge, also kann es nur bezogen auf diesen Gegenstand in einer Planwirtschaft Reformen geben) muß unseres Erachtens eben diese Frage gestellt werden, wie weit sie mit der Aufhebung der Klassen, mit der Herstellung gesamtgesellschaftlich einheitlicher Produktionsverhältnisse verträglich sind. (Aber sie sind doch a priori unverträglich mit der Herstellung einheitlicher Produktionsverhältnisse, d.h. die Frage der Verträglichkeit stellt sich gar nicht für das Volkseigentum, das nur definiert ist, wenn als Aufhebung des Privateigentums. Sie stellt sich nur für die Zeit davor, d.h. für noch eine reine Machtform der Arbeiterklasse unmittelbar nach der Revolution; wie weit sich die Politik mit der Ware verträgt, ist dann Frage, nicht wie weit die Ökonomie. Diese - wenn entstanden - gar nicht.) Warenproduktion ist, weil gebunden an die Form des Privateigentums (den Austausch), mit dem Hineinwachsen des Sozialismus in den Kommunismus unverträglich“. (So spät erst? Im Sozialismus, in der 1. Phase des Kommunismus, entstehen doch diese einheitlichen Produktionsverhältnisse, weil die Planung. Diese Verlagerung der Unverträglichkeit aus der ersten in die zweite Phase - oder bei Übergang zu ihr -  ist aber Methode der noch nicht genau erkannten, noch ungenau bestimmten Historie; sie macht ja den passiven Sozialismus).

Wenn das Geld seine Fähigkeit verliert den Wert auszudrücken und damit zu „messen“, und das ist der Fall, wenn es sich bindet an die Darstellung der konkreten Arbeit/Menge der Produktion im allgemeinen, gehört es mit zum System des Festpreises, dass sich alle Bewußtheit über die Rationalität der Arbeit, den arbeitszeitlichen Verbrauch an Arbeit usw. den direkten Zeitformen der Arbeit zuwendet, d.h. eine sich durchschnittlich ermittelnde Arbeitszeit, die Wertform der Zeit, ist für die Planwirtschaft uninteressant. Der Wegfall der Wertform resp. der Warenform des Produkts (nicht identisch der Aneignung des Produkts über das Geld nunmehr als eines zur Aneignung berechtigenden Scheins) gebiert ein anderes Verhältnis zur Arbeitszeit. Durch Wechsel im Begriff vom Wert zur Zeit fällt auch die leiseste Spur einer Identifizierung der Zeit mit dem Wert resp. die Gleichsetzung von Zeit und Wert. (Obwohl der Wert natürlich Zeit ist, aber er ist Zeit in spezifischer gesellschaftlicher Bestimmung. Und das ist die reine (direkte, unmittelbare) Zeit natürlich auch.[3])

Weil aber dieser Übergang vom Wert zur Zeit erfolgt, endet auch nicht mit der Wertform die Bewußtheit von allen zeitlich rationalen Momenten der Arbeit, sondern nimmt es nur diese neue Form an. Die Überlegungen über die Wertbestimmtheit und ihren Verbleib im Kommunismus (übrigens beider Phasen) bei Gerald Hoffmann und Andrea Schön sind also schon richtig und notwendig, Wertbestimmtheit muß als Prinzip auch von seiner Fixiertheit nur auf die Form der Warenproduktion befreit werden, sie müssen aber noch zu ihrer gemäßen Begrifflichkeit finden, man meide besser den Begriff Wert und ersetze ihn wirklich durch Zeit.

Woher rührt die gewissermaßen zur Neurose geratene Vorstellung einer Fortsetzbarkeit von Warenproduktion über die Aufhebung des Eigentums zum Volkseigentum hinausgehend? Von - das ist bekannt - dem Genossenschaftsbegriff oder -verhältnis im Sozialismus. Was sind aber Genossenschaften im Sozialismus unter Bedingung der herrschaftlichen Existenz von Volkseigentum, d.h. aufgehobenen Privateigentums, allgemeinen Eigentums? Genossenschaften sind dann nichts als kleines, begrenztes Volkseigentum, sie sind aber nicht eine besondere Form der Produktion (wie es bei Stalin/Ökonomische Probleme noch heißt)[4], sie besitzen vor allen Dingen keinen besonderen gesellschaftlichen Charakter gegenüber dem Volkseigentum - erkennbar am gleichen Preis-Geldmengen-, Kosten- wie Gewinn-System wie das Volkseigentum; sondern sie sind Umsetzungen des Verhältnisses des Volkseigentums im Kleinen, in einem engeren ökonomischen Kreis als dem allgemeinen Kreis des Volkseigentums. Sie gebieren also das selbe Produktionsverhältnis wie das Volkseigentum - in einem nur anderen Rahmen; sie sind, weil („einfache“) Form des Volkseigentums, von deren Gehalt, also Nichtwarenökonomien: Damit, dass wir so definieren, dass wir endlich richtig definieren wohin Genossenschaften im Sozialismus/Kommunismus gehören, liquidieren wir den letzten vermeintlichen Grund, dass im Sozialismus von ihnen eine Notwendigkeit auf eine warenökonomische Form des Sozialismus ausgeht (dem sich das Volkseigentum noch unterzuordnen habe, denen gegenüber das Volkseigentum, die Planwirtschaft ihren Charakter aufzugeben hätten - wie ungemäß und unterordnend, so das Volkseigentum zu sehen, a priori also eine restaurierende, abwertende Betrachtung des Volkseigentums im Kommunismus).

Dreh- und Angelpunkt einer Theorie muß immer eine reale Bewegung sein. Festpreis ist eine Bewegung!, ist nur als Preis im Einzelnen still, unbeweglich, nicht als Menge, nicht als Summe von Preisen; da gerade nicht. Indem ich bewußt Festpreis und Warenproduktion trenne, kann der Sozialismus auch nicht mehr als Warenproduktion verstanden werden, gibt es diese Produktionsform nicht mehr und steht eine Verträglichkeit von Sozialismus und Warenproduktion nicht mehr zur Debatte. Es gibt demnach eine „Form der Warenökonomie“, die nicht mehr als Warenökonomie gedacht werden kann! Oder von Formen der Waren-ökonomie (Formen in der Warenökonomie) ist nicht mehr warenökonomisch zu denken. Aber um so zu denken, muß natürlich der Festpreis nicht wie ein x-beliebiger Preis einer Warenökonomie definiert werden, sondern wie sein Gegensatz; d.h. unser Standort in der Ökonomie hängt von der Analyse des Festpreises ab.

Resümee: Der wirkliche Fortschritt muß in einer Kritik der Reformen bestehen, das ist die Wiederherstellung des Marxismus für den Sozialismus/Kommunismus. Das ist auch (wieder) der Bruch der revolutionären mit der reformistischen Form der Bewegung der Arbeiter - der zweite historisch notwendig gewordene Bruch. Die subjektiven Voraussetzungen für eine im Objektiven revolutionäre Geschichte der Menschen wären damit wieder hergestellt, die Arbeiterbewegung wieder von ihren bürgerlichen Flausen - befreit.

Die 60er Reformen als bürgerliche Flausen der Arbeiter? Ja. Man muß einfach sehen, dass eine Übergabe der ökonomischen Verantwortung an die „untere Ebene“ („Betriebe“) einer gesellschaftlichen Verkehrsform bedarf, und die muß sich immer des Eigenen (an Arbeit, Arbeitsgegenständlichkeit) bemächtigen, das man unmittelbar hat/„besitzt“. Das ist die „betriebliche“ Arbeit, die hier, wenn mit ihr ein Aneignungsrecht verbunden ist, für „private Arbeit“ steht, also für die Ursache der Warenproduktion, die damit eine sie wiederherstellende Grundlage, ein ökonomisches Subjekt in der sozialistisch-kommunistischen Gesellschaft bekommt. Ihr hat man die gesellschaftliche Form zu geben. Das ist die Wertform, in deren Rahmen man nun Ökonomie betreibt.

Der ökonomische Gegensatz, also der Kommunismus der Ökonomie, ist, dass man die gesamte Arbeit einer Gesellschaft besitzt (dem Verhältnis nach, das kommunistische ist demnach das vollendete, auf die Spitze - die letzte, äußerste Höhe -, eben auf das Ganze getriebene private Verhältnis, ist die Aneignung dem Werte nach als Ganzer Wert - durch Alle; das Ende des besonderen Rechts ist das Ende dieses Rechts, des als besonders zu formulierendes Rechts, daher Ende des Wertes als Verhältnisses und Beginn eines - gegenständlich anders - bestimmten besonderen Rechts). Man kann unmittelbar zugreifen auf die Arbeit der Anderen (Teile, Glieder der gesellschaftlichen Produktion); der Rahmen der eigenen Arbeit ist damit gesprengt, ist nicht mehr über die eigene Arbeit vermittelt gesprengt, daher unmittelbares Recht. Aber: In einer Gesellschaft haben alle dieses Recht. Der wirkliche Zugriff, das, was man real-gegenständlich aneignet, erfährt eine eigene Bestimmung; sie kann als besondere nur noch eine konkrete, naturale sein, wenn der Wert bereits ein ganzer - dem Recht auf Aneignung nach - geworden ist! Ergo ist nach der Form zu suchen (zu fragen - in der Lehre), worin der Einzelne, Besondere (sagen wir Betrieb) im Sozialismus dieses unmittelbare Recht auf alles an Arbeit wahrnimmt zugleich mit allen anderen Besonderen (Betrieben) an Arbeit. (Fortsetzung des Verhältnisses von allgemein und besonders in einem Ganzen Verhältnis, also keinem relevanten mehr für das Individuum). Es ist klar, dass dies einen Wechsel im Gegenstand der Aneignung zur Folge hat, der einerseits frei ist von den Fesseln der Privatökonomie - die „eigene Arbeit“ ist zugleich eine Fessel -, andererseits aber auch eine ökonomische Disziplin zum Ausdruck bringt, worin das Recht der anderen nicht geschmälert, sondern auch gesetzt ist. Und dies kann nur das Bedürfnis sein, wie es sich aus der konkreten (Seite der) Arbeit vermittelt. Das ökonomische Bedürfnis ist konkret, es ist bedingt durch die eigene Produktion Bedarf an Gütern von anderen, bezogen auf das eigene Besondere - den eigenen Gebrauchswert (den man produziert).

Es versteht sich am Rande, dass die Kritik an den waren- und wertökonomischen Reformen, die Kritik an einem Sozialismus der „Selbstregulation“, in einem längeren Beitrag, bis ins Einzelne gehend, einmal gründlicher nachgewiesen werden müßte; das NÖSPL - falsch? Ja, und nun warum. Die Frage, die Andrea Schön und Gerald Hoffmann an Kurt Gossweiler richten, der sich zwar kritisch zum System der jugoslawischen Selbstverwaltung verhält, aber diese kritische Sicht nicht auf die DDR- und sowjetischen Reformen der 60er Jahre ausdehnt[5], halte ich daher für berechtigt, und ich schließe mich ihr an.

Nicht der Wert und „das Eigentum“, sondern der Wert als Eigentum oder als Eigentum durchsetzendes Verhältnis. Eigentum soll sich durchsetzen, und Wert (Ware und Wert) sind nur die dieses Eigentum durchsetzende Formen. Aber dass man einerseits vom Wert und dann von den Eigentumsverhältnissen spricht, ist undialektisch; es kann nämlich bedeuten, dem Wert auch einen selbstständigen Charakter zuzuschreiben, weil man z.B. von einem Wechsel in den Eigentumsverhältnissen auszugehen gezwungen ist, eigentlich von einem Ende der Warenproduktion sprechen müßte (weil vom Ende ihrer Voraussetzung), aber nun meint, d.h. auch von den neuen Eigentumsverhältnissen meint, sie resp. unter ihnen würde sich der Wert noch eine Weile geschichtlich fortsetzen. Dann tritt das quantitative Moment der Wertbestimmung hervor, man bevorzugt Definitionen für den Wert, in denen der quantitative Aspekt des Wertes besonders gewürdigt ist und eigentlich schon für die Wesensbestimmung der Ware genommen wird. Man meint also, mit der bürgerlichen Form würde gesellschaftlich verloren gehen, was aber für die Arbeit notwendig nachgewiesen werden müßte: Der Arbeitsaufwand, im weitesten Sinne die Rationalität der Arbeit. Dann mißversteht man die qualitative Seite der Warenproduktion, um die quantitative der Arbeit zu verstehen; weil die Warenproduktion eine Form ist, die Arbeit widerzuspiegeln, ist sie auch Arbeit. Man lehnt dann zwar die Wertform ab, nur um die Wertbestimmtheit zu verteidigen, d.h. das qualitative Element ab, um das quantitative zu bewahren; man verteidigt verbissen etwas, was Form ist. statt sich zu befreien zu der anderen gesellschaftlichen Form. Denn in der Tat ist die Wertbestimmtheit der Arbeit in zwei gesellschaftlichen Formen zu fassen/erfassen. Die zweite verlangt die Lösung/Trennung von der ersten, die Wertbestimmtheit die Trennung von der Wertform der Wertbestimmtheit; sie ist nicht deren Modifikation, Variation. Der Kommunismus also nicht Wertbestimmtheit, während Wertform das Privateigentum ist und wo zwischen Wertform und Wertbestimmtheit so etwas wie ein Verwandtschaftsverhältnis zweiten oder dritten Grades besteht. Zeit ist nicht Wert; Zeit ist konkrete Arbeit, ist unmittelbar gesellschaftliche Arbeit, Wert abstrakte, vermittelt gesellschaftliche Arbeit, d.h. er bedarf einer gesellschaftlichen Form, die er nicht unmittelbar besitzt. (Bei unmittelbarem Verhältnis aber entfällt die Vermittlung, sie ist die Form, die sie ist).

Man wird an diesem Punkt von uns Aufklärung verlangen, und wir werden nur antworten können, dass die völlige Sicht auf die Warenproduktion dahin führt, im Wert ein Eigentum, Privateigentum durchsetzendes Verhältnis zu sehen. Der Wert ist ein Eigentumsverhältnis; das ist er qualitativ, vom Produktions- oder gesellschaftlichen Verhältnis her. Diese Definition des Wertes geht allen anderen Definitionen des Wertes voran, die qualitative Definition ist also so zu treffen, dass kein Gesichtspunkt, der sich aus der quantitativen Bestimmung des Wertes ergibt, also Bestimmung der Wertgröße nach (da spielen ja Momente aus der konkreten Arbeit herein), in die qualitative Bestimmung des Wertes hineinpfuscht. D.h. es muß in der Tat nur um die Verhältnis-Bestimmung gehen: Warum gerade der Wert als Verhältnis, ist die erste und wichtigste Frage - und das führt zu jener geschichtlich-gesellschaftlich isoliert produzierenden Urgemeinde zurück (Marx), die Überschüsse produziert, aber noch nicht in einem höheren gesellschaftlichen Sinne funktioniert und sich daher zu ihren Produkten als privaten verhält, wenn sie sie auch austauschen muß/will; und ist dies einmal bestimmt, kann es erst darum gehen, was der Wert substantiell ist, wie er rein sachlich, als Arbeit selbst, verstanden sein will. Aber dass man nun gezwungen ist, auf die Arbeit zurückzugreifen, dass man den Wert mit und als Arbeit erklärt, beweist nicht, dass man, indem man von der Arbeit ausgeht, auf den Wert als Verhältnis auch stößt oder dieses mit jener erklärt. Die qualitative Erklärung des Wertes ist eine von der quantitativen Erklärung unabhängige Erklärung, sie hat andere Ursachen und Gründe als die quantitative Bestimmung, ohne die sie nicht auskommt, um erklärt resp. verstanden zu sein. Man kann aber wiederum das qualitative Verhältnis, seine Ursachen und Gründe, nicht für sich erklären, denn als Verhältnis und der direkt auf seine Entstehung zuführenden Gründe bedarf es dennoch der Arbeit, um zu sein; der Wert ist ein Verhältnis, aber er ist ein Verhältnis zur Arbeit. Aber die Arbeit existiert auch unabhängig von diesem, und erklärt die Notwendigkeit, ein Verhältnis zur Arbeit, gerade zu diesem Element sachlichen Seins des Wertes einzugehen, selbst nicht.

Kommunisten, aufgepasst:

Die Debatte, die wir zur Zeit im „offen-siv“ über die Warenproduktion, das Wertgesetz in nachkapitalistischen Gesellschaftsordnungen, also unter Bedingungen des Volkseigentums führen, ist die einzige in sozialistischen Periodika im Maßstab der Welt. Nirgendwo sonst noch gibt es eine adäquate Auseinandersetzung über den jedoch wesentlichen Dissens-Punkt in der sozialistischen (oder auch kommunistischen) ökonomischen Wissenschaft resp. ökonomisch bedingten politischen Wissenschaft des Kommunismus. Dass wir mitten in der Phase des Wegtauchens des realen Sozialismus in der aktuellen Geschichte eine Debatte um seinen Bestand führen, uns ernsthaft mit seinem maßgebenden inneren Problem auseinandersetzen - der Trennung der kommunistischen von der kapitalistischen Produktionsweise -, ist ein Novum, und damit ein besonderer historischer Wert.

Manche mögen meinen, die Diskussion sei beendet worden - durch den realen Sozialismus selbst, es bringe daher nichts, sie wieder aufleben zu lassen. Denn: Ist nicht die Marktwirtschaft/Warenproduktion an die Stelle der Planwirtschaft geschichtlich zurückgekehrt? Aber: Wechsel in den Gesellschaftssystemen bzw. Produktionsweisen sind nie Beweis dafür, dass Systeme nicht dennoch Systeme sind oder nicht machbar sind, beruht Existenz doch auch auf Macht, Kraft, Behauptung unter äußeren Bedingungen (statt nur inneren). Die Frage, warum man von einem Scheitern eines Systems spricht, muß auch beantwortet werden unter der Bedingung, dass man die nichtsystemischen Gründe für ein Scheitern (oder den vielleicht voreilig scheinenden Rückzug einer Gesellschaft aus der Geschichte) in die Antwort mit einbezieht. Weil nichtsystemische Gründe nichts mit den Produktionsverhältnissen einer Gesellschaft zu tun haben müssen, beweisen sie auch nichts für die Produktionsverhältnisse dieser Gesellschaft.[6]

Dass wir in „offen-siv“ die Debatte um die Warenproduktion wieder aufleben lassen, reicht allein jedoch nicht aus. Wie wir sie führen, wird mehr und mehr zum Maß. Denn es kommt nicht auf die Debatte an sich an, sondern ihre Erweiterung bis zu dem Punkt, da wieder die Gegensätzlichkeit von Sozialismus (oder auch Kommunismus; Phasen sind hier egal, müssen aber in der Theorie natürlich bedacht sein) und Warenproduktion herausgearbeitet wird. In allen bisherigen, inneren, Debatten noch im Sozialismus fehlt er. Dass es hier auch um einen handfesten Gegensatz geht, war aus den Debatten, die innerhalb der Sowjetunion, der DDR usw. geführt wurden, zwar zunächst, fußend auf Marx, noch zu ersehen, aber mit jedem weiteren Verlauf des Aufbaus der neuen Gesellschaft immer weniger, und zuguterletzt ganz aus den Debatten verschwunden; d.h. die sozialistische Wissenschaft ist ganz auf die Form der Verträglichkeit, Übereinstimmung, manchmal sogar Identität von Sozialismus oder Planwirtschaft und Warenproduktion übergewechselt.[7]

Und mit dieser „neuen Sicht“, wie sie in letzten Reformen, zuallerletzt aber in die Politik des letzten Generalsekretärs der KPdSU, Michail Gorbatschow, ihren höchsten Ausdruck nur gefunden hat - aber nicht ersten -, wird nun in den Beiträgen in „Offen-siv“ gebrochen; wir beenden eine aufgekommene Tradition. Wir führen diese Diskussion nicht abstrakt für die sozialistisch-kommunistische gesellschaftliche Evolution, sondern ab dem Beginn der geplanten Wirtschaft. (Wir werfen diese Frage also nicht für die 20er Jahre in der Sowjetunion auf, sondern ab den 30er Jahren). Es wird - in unserer Debatte - teils die alte (Marxsche) Sicht, worin auch der Gedanke des Gegensatzes - des Kommunismus zur Warenproduktion - bedient wird, wiederhergestellt, teils aber die Frage des Gegensatzes viel stärker als bisher, und einbezogen unter Bedingung der Praxis des realen Sozialismus, nachgewiesen: D.h. den hauptsächlichen Nachweis des Gegensatzes führen wir gar nicht mehr mit Marx und einigen Zitaten von Lenin und anderer sozialistischer Persönlichkeiten, sondern mit der Praxis der Planwirtschaft selbst.[8] (Apropos: Den Nachweis des Gegensatzes mit Marx zu führen, ist auch eine Erscheinung der Absicht, gerade die Gegenwart des realen Sozialismus aus der Analyse auszuschalten und vom Gegensatz wie einer fernen Zukunft zu sprechen, ist also auch ein falsches Bekenntnis zum Gegensatz).

Die Theorie der Warenproduktion im Sozialismus (1. Phase des Kommunismus) ist unbegründet. Sie ist nicht die Theorie der sozialistischen Realität, wie sie mit dem Beginn der geplanten Wirtschaft entstanden ist, so dass wir sowohl für die Kreierung einer Warenproduktion im Sozialismus nur die Theorie zur Verfügung haben, als auch für die Praxis des realen Sozialismus über keine reale Theorie verfügen - wenn sie eben nicht diesen Gegensatz von Warenökonomie und Sozialismus bedient. Das ist der Zustand - den wir beenden wollen.

Sind oder werden wir damit „radikalistisch“?

Sofern wir uns im Rahmen der Praxis des realen Sozialismus bewegen, nicht. Wir sind aber nicht dadurch nichradikalistisch, dass wir nicht durch ein Bekenntnis zu den ökonomischen Reformen der 60er Jahre den Nachweis zu erbringen versuchen, nichtradikal zu sein. Das nennten wir rechte Erpressung. Unter nichtradikal (aber revolutionär) verstehen wir das Nichtbekenntnis zur Reform und das Bekenntnis zur Form des realen Sozialismus, worin dieser bereits Gegensatz zu einer realen Warenökonomie ist.

Also, wie gesagt, in „offen-siv“ bemühen wir uns, nunmehr Licht in dieses theoretische Dunkel zu bringen; dazu dienen bisher diverse Beiträge, die einen mehr, die anderen weniger, die einen allgemeiner, die anderen spezifischer. Wir führen eine Diskussion zu Ende, die die sozialistische Wissenschaft begonnen, aber nicht vollendet hat; wir schaffen den theoretischen Vorlauf für künftige sozialistische Praxen. Um es noch einmal zu sagen: Es geht um den selbstständigen Anspruch der Theorie für den Kommunismus gegenüber den realen Parteien des Kommunismus - so ist der Zustand, auf den wir zugelaufen sind; nicht Parteien sind es (schon), die uns lehren, sondern die Wissenschaft muß wieder die Partei lehren, das setzt voraus, dass die Theorie selbstbewußt ihr Haupt erhebt. Die Theorie hat jetzt, nach 70 Jahren kommunistischer Realität (in der Sowjetunion) ein eigenes Recht, und steht in einer besonderen Pflicht. Weder Recht noch Pflicht werden von den realen sozialistischen, kommunistischen Parteien abgedeckt. Daher darf sich die Theorie nicht dieser Praxis oder diesen Parteien unterordnen, obwohl sie sich letztlich aus ihrem Eigenanspruch wieder lösen und in die praktische Politik wieder einordnen wird; sie formuliert sich ja nur für diese. (Dass Theorie sich nur für die Theorie formuliert, also nicht praktisch werden will, ist bürgerlich).

Es kommt zur ganzen Breite der Palette der bisherigen Diskussion - vielleicht, also auch zu Verteidigungen der Übereinstimmung von Sozialismus und Warenproduktion. Aber wegen des a priori postulierten weitergehenden Ansatzes in der bisherigen Diskussion bis hin zur Negation der Warenökonomie - was ja früher streng verpönt war und eben als radikalistisch[9] galt -, dürfte die bekennende Lehre, das Lager der Reform, bereits nicht mehr bis zur Form der „glühenden Verteidigung der Einheit von Plan und Ware“ gehen; der Negationsgedanke, weil er eine andere Sicht auf die Praxis des realen Sozialismus vermittelt, wird überwiegen und die Schranken der bekennenden Lehre aufzeigen. D.h. wir werden aller Wahrscheinlichkeit nach gezwungen sein, die Lehre von der realen Warenproduktion zu erweitern - um den realen Kommunismus um so besser verständlich zu machen wie zu verteidigen. Die neuen Erkenntnisse müssen also nach zwei Seiten gehen: Sowohl weniger von der Warenproduktion zu sagen (sondern mehr von deren Gegensatz), als auch mehr von ihr sagen (und uns um so weniger zu ihr zu bekennen).

Und das ist der Durchbruch durch einen bisherigen, unbefriedigenden Stand der sozialistisch-kommunistischen Theorie. Denn der ganze jetzige Sozialismus ist auf den Reformgedanken fokussiert und beansprucht für sich, die geschichtliche Zukunft des Sozialismus vom Weg und vom Ziel her zu besetzen. Dem wird also widersprochen, und deshalb ist eine der Zukunft gewidmete Debatte, die von einer anderen Sicht auf die Vergangenheit ausgeht, eine Debatte um die Gegenwart, um die Besetzung der theoretischen Gegenwart des Marxismus und der Arbeiterbewegung. Die Debatte im „offen-siv“ ist nicht mehr und nicht weniger als ein Anspruch auf die Deutungshoheit der sozialistischen Geschichte, d.h. um deren revolutionäre Kontinuität. Er ist hier wissenschaftlich zu erbringen, nicht politisch, nicht ideologisch.

                                                                                                                               Hermann Jacobs, Berlin



Aus der Leser/innen-Post

Franz Siklosi:
Bemerkungen zum Artikel von Manfred Sohn über die kommunistische Reorganisation

Aus seiner Analyse des Gegenwärtigen Zustandes des Kapitalismus/Imperialismus in den Kernländern postuliert Manfred Sohn folgende Aussagen:

  1. Die Arbeiterklasse ist am Schrumpfen.
  2. Die Parteien, welche die Systemfrage stellen, verlieren dadurch immer mehr an Einfluss.
  3. Eine den Verhältnissen entsprechende politische Arbeit ist mit den bisherigen K- Parteien nicht möglich, weil diese neben den betroffenen Klassen stehen und nicht in diesen verankert sind.
  4. Den Parteien gelingt es nicht, die qualitativen Veränderungen des Kapitalismus zu erfassen. Damit sind nicht Veränderungen im Erscheinungsbild des Kapitalismus (EU, Transnationale Konzerne usw) gemeint, sondern Veränderungen, die die inneren Mechanismen der politischen Ökonomie des jetzigen Kapitalismus ausmachen.
  5. Die Lösung besteht in der politischen Arbeit in Zirkeln.

Viele der oben gemachten Aussagen sind begründet.

Seit 1989 kann sich der Kapitalismus ohne innere und äußere Zwänge entfalten.

Grundlagen sind die Steigerungen des produzierenden Mehrwertes gegenüber dem Wert der Arbeitskraft und die Erhöhung der Mehrarbeitszeit gegenüber der notwendigen Arbeitszeit. Die neue Qualität des Kapitalismus besteht einmal darin, dass er fast alle möglichen Mittel, den Ausbeutungsgrad zu steigern, ohne Rücksichtnahme einsetzen kann. Dies geschieht durch die Verlängerung der Arbeitszeit- Steigerung des Absoluten Mehrwerts - und durch die Kürzung der Löhne bei gleichzeitiger Intensivierung der Arbeit - Steigerung des Relativen Mehrwerts. Und beides geschieht zugleich. Die Löhne werden gesenkt, die Arbeit wird rationalisiert und dies bei gleichzeitiger Ausweitung der Arbeitszeit.

Die viel gravierendere Entwicklung des Kapitalismus, die für seine neue Qualität entscheidend ist, besteht aber in der Veränderung des Konstanten Kapitals. Meiner Meinung nach ist durch die Mikroelektronik und die Nanotechnologie die Produktivkraft so weit gestiegen, dass unter der kapitalistischen Produktionsweise einfach keine weiteren Arbeitskräfte als die zur Zeit ausgebeuteten mehr gebraucht werden und die Massenarbeitslosigkeit, egal unter welchen politischen Vorgaben, ständig vorhanden sein wird. Die logische Erkenntnis ist, dass unter diesen Bedingungen weder der Liberalismus noch der Keynesianismus sozial abgesicherte Vollbeschäftigung bringen kann. Löhne rauf nützt nichts, Löhne runter nützt nichts, staatliche Beschäftigung a la Harz IV nützt nichts, Arbeitszeitverlängerung nützt nichts, Arbeitszeitverkürzung nützt nichts zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Unter ungebremsten kapitalistischen Verhältnissen gibt es keine Maßnahmen, die sozial abgesicherte Massenarbeitsplätze schaffen.

Klassengesellschaft im Wandel

Die zahlenmäßige Abnahme der Arbeiterklasse erfolgt aus verschiedenen Gründen: Arbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz und potentielle Arbeiter bekommen keinen Arbeitsplatz. Geschieht dies über mehreren Generationen, nimmt die Anzahl derer zu, die niemals im Produktionsprozess stehen werden. Das führt zum Anstieg des Lumpenproletariats.

Bei der Bestimmung des Begriffs Lumpenproletariat ist zu beachten, dass man die verschiedenen Schichten der Armut sorgfältig auseinander halten muss - allerdings nicht auf Grund moralischer Kategorien. Im Band 1 des Kapital über die Sphäre des Pauperismus schreibt Marx:,,

Abgesehen von Vagabunden, Verbrechern, Prostituierten, kurz dem eigentlichen Lumpenproletariat, besteht diese Gesellschaftsschicht aus drei Kategorien. Erstens Arbeitsfähige. Man braucht sich die Statistik des englischen Pauperismus nur oberflächlich anzusehen, und man findet, dass seine Masse mit jeder Krise schwillt und mit jeder Wiederbelebung des Geschäfts abnimmt. Zweitens: Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten großen Aufschwungs rasch massenhaft in die aktive Arbeiterarmee einrolliert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige. Es sind namentlich Individuen, die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit untergehn, solche, die über das Normalalter eines Arbeiters hinausleben, endlich die Opfer der Industrie, deren Zahl mit gefährlicher Maschinerie, Bergwerksbau, chemischen Fabriken wächst, Verstümmelte, Erkrankte, Witwen. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und das tote Gewicht der industriellen Reservearmee. Seine Produktion ist eingeschlossen in der Produktion der relativen Überbevölkerung, seine Notwendigkeit in ihrer Notwendigkeit, mit ihr bildet er eine Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion und Entwicklung des Reichtums. Er gehört zu den faux frais der kapitalistischen Produktion, die das Kapital jedoch großenteils von sich selbst ab auf die Schultern der Arbeiterklasse und der kleinen Mittelklasse zu wälzen weiß“

Als Lumpenproletariat werden von Marx diejenigen bezeichnet, die die käuflichen Mobilgarden der Konterrevolution bilden. Die Bourgeoisie benutzt sie zur Niederschlagung der Arbeiterklasse mit Hilfe von Sold und falschen Versprechungen. Der Kampf gegen die Deklassierung der Arbeiter ist deshalb von großer Bedeutung, weil bei einem Abstieg ins Lumpenproletariat eine Politik zur  Integration der Arbeiter in den Klassenkampf schwindet. Der große Teil der zukünftigen Lumpenproletarier wird aus Menschen bestehen, die nicht mehr im Produktionsprozess stehen werden. Diese werden gewerbsmäßig der Prostitution, dem Verbrechen, dem Betrug, dem Betteln u.s.w nachgehen. Diese Schicht ist also dadurch gekennzeichnet, dass sie sich einen Teil des gesellschaftlichen Reichtums aneignet, ohne am Produktionsprozess beteiligt zu sein. Ebenso wie die Kapitalisten ernährt das Lumpenproletariat nicht die Gesellschaft, sondern die Gesellschaft ernährt diese. Die politische Gefahr eines wachsenden Lumpenproletariats besteht im Heranwachsen des faschistischen Potentials. Deshalb müssten wenigstens alle Arbeiter, die aus dem Produktionsprozess ausgestoßen wurden, in den verschiedenen Arbeiterorganisationen, Parteien und Gewerkschaft integriert werden.

Manfred Sohn hat damit in seinem Artikel ein zukünftig immer wichtig werdendes Thema benannt.

Hinauf in den Keller - Die Organisationsfrage

Wenn die Arbeiterklasse schrumpft und die Systemfrage nicht auf der Tagesordnung steht, müssten sich die K- Parteien auflösen, weil sie nicht im Volk verankert seien. Der Ausweg bestehe im Zug ins Volk mit Hilfe des Zirkelwesens, damit unter dem Volke die sozialistischen Ideen verbreitet werden können. Diese politische Herangehensweise ist ein Schritt zurück hinter Lenin. Die Narodniki, russische Anarchisten während der Zarenzeit, haben diese Strategie verfolgt und wurden von den Bauern an den Zaren verraten.

Manfred Sohns Parteienanalyse sollte man sich ohne ideologische Scheuklappen vergegenwärtigen. Wenn die Sowjetunion seit Stalin immer mehr im revisionistischen Sumpf unterging, sind auch alle damit verbundenen Parteien involviert. Also auch die DKP und die PDS. Die PDS/Linkspartei profitiert von der politischen Unreife ihrer Klientel und wird eines Tages irgendwie mit der SPD fusionieren. Die DKP (deren PV- Ebene) wäre da irgendwie gerne dabei. Dazu passt, dass die Wahlaussagen der PDS/ Linkspartei dort begeistert aufgenommen werden, ohne die dahinter stehende Strategie zu           reflektieren. Die bedingungslose Unterstützung der PDS/Linkspartei durch den PV der DKP hat bei manchen Genossen zu Irritationen geführt. Ein Genosse des KV Darmstadt- Dieburg-Bergstrasse hat auf seine Weise reagiert und kandidierte zur BW auf der Liste der MLPD.

Diese Kandidatur verbindet er mit mehreren Kritikpunkten am Zustand der DKP. So ist für ihm: ,,Die MLPD die treibende Kraft hinter den Montagsdemos gegen Harz IV in Darmstadt.“ Seine Meinung zur Linkspartei besteht darin, ,,dass die Spitze der Partei aus einem Sammelsurium von verschiedenen Möchtegernpolitikern besteht. … Wo die PDS an der Regierung ist, setzt sie Harz IV mit um und trägt die Kürzungen mit. … Oben wollen sie Politik für das Großkapital machen und unten den Widerstand organisieren. Das kann nicht gut gehen.“

Über den politischen Zustand der DKP machte er folgende Aussagen: ,,Für mich als ML innerhalb der DKP war es nahe liegend, dass wir uns mit ML über die Kandidatur zur BW beraten, statt sich ausschließlich an die Reformisten zu wende … Vom Bezirksvorstand gab es Kritik, ich hätte das nicht abgesprochen. … Ich hätte die Harmonie gestört. … Hier in Südhessen hat die DKP eine Bastionen in den Kommunalparlamenten. Das verstärkt die Illusion in den Parlamentarismus. … Wenn sich noch mehr so entschieden hätten wie ich, wären die Widersprüche aufgebrochen. … Die Diskussion über eine alternative Gesellschaftsordnung ist allgemein vorhanden, aber meine DKP-Genossen trauen sich nicht, das offen anzusprechen. Ich finde es spannend, die Alternative Sozialismus offen und breit in der Gesellschaft zu diskutieren.“ Ob der Ausweg, dem sich dieser Genosse angeschlossen hat, der richtige ist, bleibt abzuwarten. Seine Kritikpunkte sind auf jeden Fall diskussionswürdig.

Natürlich sind nicht alle DKP-Mitglieder Reformisten. Jedenfalls nicht verbal...

Fakt ist aber, das die DKP weder politisch noch logistisch für die BW-Wahl gerüstet war. Der PV hat sich sofort für die Unterstützung der Linkspartei ausgesprochen und vermittelte propagandistisch in der UZ ein Bild des einheitlichen Marschierens gegen die Parteien des Sozialabbaus. Interviews von führenden Funktionären der WASG und der PDS dienen zur Untermalung dieser politischen Strategie. Über die strategischen Ziele der PDS findet keine Diskussion statt. Man sollte aber diskutieren. Denn von einer Kommunistischen Partei kann man mehr als die Verfolgung kurzfristiger taktischer Ziele erwarten.

Das Projekt Linkspartei ist seit der Gründung der PDS deren erstrebtes Ziel. Darunter ist letztendlich die Vereinigung einer Lafontaine-SPD mit der PDS zu verstehen. Die WASG ist dabei nur eine Zwischenetappe. Erstaunlicherweise ist das politische Selbstverständnis der WASG linksozialdemokratischer als die realpolitischen Taten der PDS. Knackpunkt ist, dass die PDS nicht aus den bisherigen Länderregierungen ausgetreten ist und damit weiterhin den Sozialabbau mitträgt. Die Geschichte wiederholt sich einmal als Tragödie und dann als Farce. USPD, MSPD und KPD waren Tragödien. Die Linkspartei wird als Farce enden.

Eine Farce ist auch die von einer unergründlichen Harmoniesucht befallene Kommunistische Plattform der PDS/Linkspartei. In einer Partei, die niemals Kommunisten haben wollte, spielen diese Bankrotteure das Gewissen der DDR. Die Welt hat sich aber verändert und die heutigen Realitäten müssen bekämpft werden. Mit jeder Sekunde in der PDS verliert die Kommunistische Plattform endgültig an politischer Daseinsberechtigung.

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Kritik von Manfred Sohn an Schärfe. Es scheint, als ob alle ehemaligen revolutionären Parteien den Weg der Zweiten Internationalen gegangen sind. Die heutige Tatsache, dass es trotz verschärftem Klassenkampf keine führende revolutionäre Partei gibt, erfordert eine neue Strategie. Manfred Sohn ist für die Auflösung der bisherigen K-Parteien und ihre Ersetzung durch Netzwerke und Zirkel. Das einzig sinnvolles Ziel wäre die Verbreitung kommunistischer Propaganda ungefähr wie in Brechts: „Die Maßnahme“. Diese Zirkel könnten einmal der Beginn neuer revolutionärer Parteien werden. Der Knackpunkt dieser Strategie ist leicht zu erkennen. Ohne einer ideologisch gefestigten Zentrale würden diese Grüppchen innerhalb kürzester Zeit in Streitereien untereinander zerfallen. Die Junge Welt und die Marx Engels Stiftung kann keine Entscheidungsinstanz ersetzen.

Meiner Meinung nach ist eine Partei leninistischer Art unersetzbar. Eine Partei, in der die alten Zöpfe abgeschnitten wären, nämlich das Betroffensheitsgesülze der DDR-Identität und die immer wieder unternommenen Versuche, zwischen den Kapitalismus und den Sozialismus eine neue Gesellschaftsform dazwischen zu schieben. Wir brauchen eine Partei des Hier und Jetzt mit der klaren gesellschaftlichen Analyse des Ist-Zustandes dieser Gesellschaft. Dies kann nur mit einer Partei neuen Typs mit entsprechender Führung geleistet werden. In diesem Sinne können die bisherigen K- Parteien aufgelöst werden.

Noch einmal Lenin in seiner Schrift:,, Was tun“: ,,Und nun behaupte ich: 1. Keine einzige revolutionäre Bewegung kann ohne eine stabile und die Kontinuität wahrende Führerorganisation Bestand haben. 2. je breiter die Masse ist, die spontan in den Kampf hineingezogen wird, die die Grundlage der Bewegung bildet und an ihr teilnimmt, um so dringender ist die Notwendigkeit einer solchen Organisation, um so fester muss diese Organisation sein (denn um so leichter wird es für allerhand Demagogen sein, die unterentwickelten Schichten dieser Masse mitzureißen). 3. Diese Organisation muss hauptsächlich aus Leuten bestehen, die sich berufsmäßig mit revolutionärer Tätigkeit befassen. 4. Je mehr wir die Mitgliedschaft einer solchen Organisation einengen, und zwar so weit, dass sich an der Organisation nur diejenigen Mitglieder beteiligen, die sich berufsmäßig mit revolutionärer Tätigkeit befassen und in der Kunst des Kampfes gegen die politische Polizei berufsmäßig geschult sind, um so schwieriger wird es in einem autokratischem Land sein, eine solche Organisation `zu schnappen.` 5. Um so breiter wird der Kreis der Personen aus der Arbeiterklasse und aus den übrigen Gesellschaftsklassen sein, die die Möglichkeit haben werden, an der Bewegung teilzunehmen und sich in ihr aktiv zu betätigen.“

Diese Organisation kann nur entstehen, wenn sich die K-Parteien in der BRD mit ihren fähigsten Köpfen zusammenschließen.

Franz Siklosi, Heppenheim

André Vogt:
Die Arbeiterklasse, die kommunistische Partei und Manfred Sohn

In offen-siv 07/2005 lenkt Manfred Sohn zum wiederholten Mal unsere Aufmerksamkeit auf die Themen Arbeiterklasse und kommunistische Partei. Erneut trägt er die Meinung vor, daß die Arbeiterklasse schrumpfe und sie deshalb keine ausreichende Basis mehr für die eigenständige kommunistische Partei sei. Er kreiert einen „dreifach freien Arbeitslosen“, welcher frei sei „von feudalen Fesseln“, „frei von Produktionsmitteln“ und „frei von der Ware Arbeitskraft“.

Nun ist es mit der „Ware“ Arbeitskraft so, daß dieser ihr Warencharakter nichts Zufälliges ist und er auch nicht dadurch verschwindet, daß man der Lohnarbeit fern bleibt. Der doppelt freie Lohnarbeiter war Bedingung für die volle Entfaltung der Warenproduktion; also der Produktionsweise, bei welcher die Ergebnisse der einzelnen unabhängigen Privatarbeiten zum Zwecke des Austausches Warencharakter annehmen müssen.

Ursache hierfür ist das Privateigentum, und die Lösung besteht nicht in der „Offensive“ des „Gemeineigentum(s) gegenüber dem Privateigentum“, wie M.S. schreibt, sondern in der konsequenten Überführung der gesellschaftlichen Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum; Liquidierung des Privateigentums an Produktionsmitteln. (Das Kapital ist ohnehin ein gesellschaftliches Produkt, was nur durch die gemeinsame Arbeit bewegt werden kann, folglich allen gehört und dessen private Aneignung durch die Kapitalisten ein Widersinn ist.)

Als Voraussetzung zur erfolgreichen Realisierung dieser Maßnahme hat die wissenschaftliche Weltanschauung allerdings eine notwendige, unerläßliche Bedingung erkannt: Die Eroberung der politischen Macht durch das revolutionäre (also klassenbewußte) Proletariat unter Führung der kommunistischen Partei; Beendigung der Diktatur der Bourgeoisie und Einrichtung der Diktatur des Proletariats zur Niederwerfung, Niederhaltung und schließlichen Enteignung der Ausbeuterklassen. Die kommunistische Revolution beendet die Anarchie in der Produktion, die blinde Herrschaft der Produkte über den Produzenten erlischt und der Warencharakter fällt endgültig mit der vollständigen Etablierung sozialistischer Produktionsverhältnisse, wo alle Arbeitskraft planmäßig für gesellschaftlich notwendige und nützliche Zwecke verausgabt wird (siehe Karl Marx: „Das Kapital“, „Kritik des Gothaer Programms“ usw.).

Übrigens hat auch die Arbeitskraft des „Unternehmers“ Warencharakter. Nur ist dieser gewöhnlich nicht zum stückweisen Verkauf derselben gezwungen, denn er lebt ja von der (Mehr)arbeit anderer - und das nicht auf dem ALG-II-Niveau.

Der Lohnarbeiter aber muß sie verkaufen für Lohn oder muß sie anbieten (im Sprachgebrauch der Bourgeoisie: „erwerbsfähiger Hilfebedürftiger“), um Lebensgeld zu erhalten (welches ebenso wie die Altersrente aus dem Arbeitslohn kommt). Manfred Sohn meint, daß „putzige Linke immer noch versuchen, einem Jugendlichen, der nach der Schule von einer perspektivlosen Fortbildungs– und Beschäftigungsmaßnahme zur anderen geschubst wird, einzureden, er sei Teil der Arbeiterklasse und das gesellschaftliche Drama nicht begreift“ (besser: begreifen) „, daß dieser Mensch nie Arbeiterklasse war und niemals sein wird, ...“

Die Zugehörigkeit zu einer Klasse ist bekanntermaßen durch die Stellung zu den Produktionsmitteln (und nicht durch „Einreden“) recht eindeutig determiniert. Danach unter-scheiden wir in der kapitalistischen Phase der Ausbeutergesellschaften drei Hauptklassen, nämlich Grundeigentümer, Kapitalisten und Lohnarbeiter. Erstere bilden gemeinsam die Klasse der Bourgeoisie, letztere bilden das Proletariat.

Da oben bezeichneter Jugendlicher in der Regel weder Grundrente noch Profit bezieht, gehört er zum Proletariat. (Er ist weder Bauer noch Handwerker noch Intelligenzler.) Erkennt er diesen seinen objektiven Klassenstandpunkt, dann ist er ein bewußter Proletarier und kämpft für die Befreiung seiner Klasse. Anderenfalls ist er ein klassen-unbewußter Proletarier, ein Möchte-Gern-Bourgeois, ein verhetzter Proletarier oder ein „Linker“, jedenfalls ein Werkzeug der Bourgeoisie gegen die objektiven Interessen seiner Klasse.

Solche einfachen politökonomischen Tatsachen hat Manfred Sohn vergessen. „Gesellschaftliches Drama“ nennt er die Unfähigkeit der Kapitalisten, alle Arbeitskraftanbieter gleichzeitig ausbeuten zu können („weil seine Arbeitskraft unter kapitalistischer Logik überflüssig ist ...“). Wäre ihm Vollbeschäftigung im Kapitalismus lieber? Wozu soll das „Mehrgewinnschöpfrad“ rund laufen? Ist es ehrenvoll, lohnzuarbeiten?

Nein, das wirkliche Trauerspiel ist, daß diese „linken“, idealistischen Vorstellungen (falscher Klassenbegriff, Verwerfen der Notwendigkeit und Möglichkeit der marxistisch-leninistischen Partei, Auslassen der Diktatur des Proletariats, Aufgabe der organisatorischen Eigenständigkeit der Kommunisten) von Manfred Sohn im Namen des Marxismus und im Namen des Leninismus vorgetragen werden, obwohl sie doch mit beidem rein gar nichts zu tun haben.

Die offen-siv bietet demnächst ein Fernstudium u.a. zu Fragen der politischen Ökonomie und des Klassenkampfes an. Genosse Sohn sollte diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen und sich im Interesse der Bekämpfung des Revisionismus daran unbedingt und auch als Lernender beteiligen.

André Vogt, Dresden

Heinz W. Hammer:
Blockade, nicht Embargo!

Lieber Frank, hier eine freundschaftliche Kritik zur offen-siv Nr. 7; Juli-August 2005:

In der Beschreibung des Bildungsprogramms auf Seite 10, Veranstaltungsangebot I / a) Brennpunkte ..., heißt es im letzten Spiegelstrich: »Cuba – der Sozialismus verteidigt sich gegen Embargo und anhaltende imperialistische Destabilisierungsstrategien«.

Ich möchte Euch darauf aufmerksam machen, dass der Begriff »Embargo« in diesem Zusammenhang sowohl unzutreffend ist als auch vor allem vom Gegner benutzt wird, um den wahren Sachverhalt, der mit dem Begriff »Blockade« treffend beschrieben wird, zu verharmlosen.

Hierzu ist in den letzten Jahrzehnten schon reichlich viel geschrieben worden. Zuletzt hat sich sehr treffend Frank Schwitalla, NETZWERK CUBA–Vorsitzender in seinem jW-Beitrag »Embargo oder Blockade (siehe unten) damit auseinandergesetzt. Schließlich sei noch darauf verwiesen, dass es die Betroffenen selbst sind, die ausschließlich den Begriff Blockade benutzen, weshalb ich Euch bitte, diese korrekte Sprachregelung zu übernehmen.

P.S.: Es hat mich sehr gefreut, dass Ihr eine Beitrag von Werner Hoppe aus Hamburg veröffentlicht habt! Ich schätze diesen Autor sehr, seitdem ich seine, von klarem Klassenstandpunkt und eindeutigem Internationalismus geprägten Artikel aus dem RotFuchs kenne. Ich hoffe, dass Ihr ihn als regelmäßigen Autor für die offen-siv habt gewinnen können.

Herzliche Grüße an Dich und Anna

Heinz W. Hammer, Essen

Werner Wild:
Zur Klarstellung der LPG-Typen in der DDR

Hallo Anna und Frank! Bisher nur Leser von „Offensiv“ macht es sich aber nun zwingend notwendig, auch zum Schreiber in „Offensiv“ zu werden. Anlass ist der Beitrag von Andrea Schön und Gerald Hoffmann: „Zur Erscheinungsweise des Wertgesetzes im Sozialismus“ in der Ausgabe März-April 2005. Es geht mir um die Fußnote 21 auf Seite 84. Die Darstellung der LPG-Typen I – III kann ich so nicht stehen lassen – gelinde ausgedrückt: sie sind falsch und daher sehr missverständlich. Die Verfasser hätten sich kundiger machen sollen – Literatur dazu gibt es aus DDR-Zeiten sicherlich noch genug.

Also zur Klarstellung der LPG-Typen:

Die LPG waren genossenschaftlich-sozialistische Betriebe in verschiedenen Größenordnungen und Spezialisierungen. Zur gemeinsamen Produktion hatten sich die Bauern und andere Werktätige freiwillig zusammengeschlossen. In der DDR bildeten sich drei Typen heraus, die sich durch den Umfang der Vergesellschaftung der Produktion und durch die Form der Verteilung des genossenschaftlichen Einkommens unterscheiden. Stets wurde die höhere Form – Typ III – angestrebt.

LPD Typ I: In der Regel genossenschaftliche Bewirtschaftung des Ackerlandes (nicht der Zusammenlegung von Einzelwirtschaften), z.T. auch des Grünlandes und von Wald. Die Tierproduktion blieb individuell.

LPG Typ II: Genossenschaftliche Bewirtschaftung des Ackerlandes, z.T. auch von Grünland und Wald. Darüber hinaus werden Maschinen, Geräte und Zugtiere eingebracht. Die Tierproduktion blieb auch hier individuell. Zum Teil erfolgten in den Typen I und II auch schrittweise der Aufbau einer genossenschaftlichen Viehwirtschaft.

LPG Typ III: Die gesamte land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche, Maschinen, Geräte, Gebäude und sämtliches Nutzvieh wird in die LPG eingebracht, so weit sie für die genossenschaftliche Produktion erforderlich sind.

Von den Mitgliedern ist der im Statut der LPG festgelegte Inventarbeitrag (in Form von Maschinen, Geräten, Vieh, Geld) zu leisten. Die Mitglieder konnten eine persönliche (individuelle) Hauswirtschaft (0,5 ha Ackerland sowie Tiere laut Statut) betreiben. Die Vergütung der Mitglieder erfolgte nach der Arbeitsleistung (zu 60 % Typ I, 70 % Typ II, 80 % Typ III der zur Verteilung gelangenden, erwirtschafteten Einkünfte). Die restliche Vergütung wurde für die Bodenanteile ausgezahlt. Der Boden blieb Eigentum des Einbringers. Die LPG hatte das Nutzungsrecht.

Grundlage der gesamten Arbeit der LPG war das Statut und die Betriebsordnung. Die Leitung erfolgte nach dem Prinzip der innergenossenschaftlichen Demokratie. Die Mitgliederver-sammlung der LPG war das höchste Beschlussorgan. Die LPG waren keine Staatsbetriebe, auch nicht der Typ III.

Alle drei Typen waren vom Anfang ihres Bestehens an in die staatliche Planung einbezogen.

Durch das Entstehen der LPG war die Ausbeutung in der Landwirtschaft der DDR beseitigt. Zugleich wurden so Voraussetzungen geschaffen, um die Rückständigkeit des Dorfes gegenüber der Stadt in vieler Hinsicht schrittweise zu überwinden. Durch Spezialisierung der Produktion, Schaffung großer Produktionseinheiten in Ackerbau und Viehwirtschaft entstanden industrieähnliche Verhältnisse.

Die heute existierenden Großbetriebe in der Landwirtschaft in den verschiedenen Eigentumsformen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sind hoch konkurrenzfähig, stabil mit hoher Produktion – Grundlage war die sozialistische LPG.

Mit freundlichen Grüßen

Werner Wild, Magdeburg

Jürgen Zameit:
Schweigen zu den Entwicklungen beim RotFuchs ?

Lieber Frank, ich lese schon seit geraumer Zeit regelmäßig „offen-siv“. Was ich gut finde an Eurem Blatt, was Euch unterscheidet von andern, ist die Mischung aus prinzipiellen Artikeln mit marxistisch-leninistischen Grundpositionen und aus Artikeln über die Diskussionen der Linken in der BRD und auch woanders. Dabei wart Ihr bis jetzt auch bereit, heiße Eisen anzupacken.

Umsomehr wundere ich mich über Euer beharrliches Schweigen über die Entwicklungen beim „RotFuchs“, die sich nun schon seit Monaten zuspitzen. Ihr habt in dem Artikel über das Treffen der Vorstände „RotFuchs“/“offen-siv“; und im letzten Heft über die Streichung des „offen-siv“-Link von der „RotFuchs“-Homepage darüber berichtet, wie vom „RotFuchs“-Vorstand wohl eine Distanzierung von „offen-siv“ vorgenommen wird. Aber warum berichtet Ihr dann nicht auch über die Entwicklungen im „RotFuchs“-Verein selber, die ja dies erklärlich machen?

Der Vorsitzende des „RotFuchs“-Vereins, Genosse Feldbauer, sowie der Webmaster der Zeitung, Genosse Strohschein, sind von ihren Positionen zurückgetreten, gegen andere, u.a. den Vorsitzenden der Regionalgruppe Hamburg, Genossen Hoppe, wurde vom „RotFuchs“-Chefredakteur eine Kampagne unter der Gürtellinie losgetreten. Inzwischen werden sogar in der Zeitschrift Behauptungen aufgestellt, die falsch und unwahr sind, z.B., dass Genosse Feldbauer fordere, der „RotFuchs“ und der Verein sollten die schnelle Gründung einer marxistisch-leninistischen Kampfpartei vorbereiten. Die Richtigstellungen des Genossen Feldbauer werden entweder zensiert oder nicht abgedruckt. Genauso ist es mit einer zunehmenden Zahl kritischer Leserbriefe. Ich könnte noch eine Reihe von Beispielen aufzählen, aber dies würde wohl den Rahmen eines Leserbriefes sprengen.

Ich – und nicht nur ich – habe den Verdacht, daß sich eine „Richtungsentscheidung“ auf der nächsten Mitgliederversammlung des „RotFuchs“-Vereins abzeichnet, die die marxistisch-leninistische Kräfte innerhalb des „RotFuchs“-Vereins an den Rand oder mit organisiertem Mobbing herausdrängen soll, um sich dem linken und kommunistischen Mainstream anzunähern.

Warum schweigt Ihr zu diesen alle Kommunisten betreffenden Entwicklungen?

Jürgen Zameit, Berlin

Antwort der Redaktion Offensiv:

Wir erhielten in den letzten Wochen mehrfach und mit der Zeit zunehmend Briefe und Berichte über die Auseinandersetzungen im RotFuchs, wir sind also gut informiert. Mehrfach wurden wir gefragt, warum wir zu diesen Entwicklungen nichts bringen würden, wenigstens hätten wir doch jene Positionspapiere des zurückgetretenen Vorsitzenden des RotFuchs, Gerhard Feldbauer, abdrucken können, die innerhalb des Vereins oder der Zeitschrift RotFuchs nicht oder nicht in der von ihm gewünschten Form veröffentlich wurden.

Wir haben uns jetzt entschlossen, auf diesen Leserbrief zu antworten, um allen Genossinnen und Genossinnen, die uns bisher in dieser Angelegenheit angesprochen haben, zu signalisieren, dass wir ihr Anliegen nicht ignorieren und die Entwicklungen, die für alle Marxisten-Leninisten bedeutsam werden können, aufmerksam beobachten.

Gerade deshalb werden wir diese jedoch (noch) nicht kommentieren und dies hat mehrere Gründe:

1.) Wir gehen nach wie vor davon aus, dass wir mit dem RotFuchs in den entscheidenden Fragen übereinstimmen (obwohl es ganz offensichtlich Kräfte im RotFuchs gibt, die eine Zusammenarbeit, wie sie einmal erfolgreich existierte, torpedieren und kaum etwas unversucht lassen, einen Bruch mit uns zu provozieren).

2.) Für die Entwicklung des Vereins sowie der Zeitschrift RotFuchs haben einzig und allein die Mitglieder des RotFuchs-Vereins die Verantwortung. Daher wollen wir uns in deren aktuelle Diskussionen oder Auseinandersetzungen nicht einmischen, vor allem auch, um jenen Kräften, die ganz offensichtlich einen Bruch mit uns anstreben, keinerlei politische Munition zu liefern. Wir wollen uns nicht für Behauptungen instrumentalisieren lassen, dass wir diese oder jene Kräfte angeblich oder tatsächlich unterstützen, da sich mit solchen konstruierten Frontstellungen schnell Schuldzuweisungen und Dolchstoßlegenden konstruieren und notwendige politische Klärungsprozesse verstecken oder verdrängen lassen.

3.) Allerdings sind auch wir der Meinung, dass es Indizien für eine mögliche Richtungs-entscheidung beim RotFuchs gibt. Vielleicht wird die nächste Mitgliederversammlung Anfang Dezember 2005 in dieser Hinsicht weitere Erkenntnisse liefern. Erst wenn solche Entscheidungen Konsequenzen für Marxisten-Leninisten und für die „Offensiv“ haben sollten, sehen wir Gründe für eine nähere Beschäftigung mit den Entwicklungen im RotFuchs und eventuell auch für eine öffentliche Stellungnahme.

Zur Zeit schlagen wir allen interessierten Genossinnen und Genossen vor, sich direkt an die Beteiligten zu wenden.

Chefredakteur der Zeitschrift RotFuchs, Klaus Steiniger, Mail: rotfuchskessel@t-online.de

Ehemaliger Vorsitzender des RotFuchs-Vereins, Gerhard Feldbauer, Mail: manupino@web.de

Redaktion Offensiv, Hannover


Buchbesprechung

Fritz Dittmar:
Georg Fülberth
„G Strich, Kleine Geschichte des Kapitalismus“

Gut, das Jahrtausend war nichts. Sprechen wir
Von Nummer drei, Genossen, oder vier!
Peter Hacks

Mit diesem „bescheidenen“ Zeitrahmen gibt sich Genosse Fülberth in seinen Betrachtungen nicht zufrieden. „Wie lange das (Funktionieren des Kapitalismus) möglich sein wird, ist unbekannt… Angeblich könnte das Sonnensystem rein physikalisch gesehen weitere 5 Milliarden Jahre währen.“

Ich habe nach dem ersten Befremden über den Auszug in der UZ das Buch gelesen, durchaus an manchen Stellen mit Gewinn. Dennoch würde ich es jungen Genossen nicht empfehlen. Das liegt weniger an inhaltlichen Differenzen in der Darstellung einzelner Aspekte als an der generellen Tendenz.

Zur Einleitung: F sieht sein Buch als Einstieg in eine neue Wissenschaft, die er Kapitalistik nennt. Von der politischen Ökonomie grenzt er sie in mehreren Aspekten ab.

Zum einen will er in die Kapitalistik „Gesellschafts-, Geistes-, Rechts-, und Wirtschaftswissenschaften“ und evl. auch Naturwissenschaft einbeziehen. Das scheint ihm in der bisherigen politischen Ökonomie zu fehlen.

Zum anderen meint er wegen dieser angeblichen Mängel zur Aufgabestellung der Kapitalistik: „Es kömmt…nicht sofort darauf an, die Welt…zu verändern, sondern zu verstehen.“ Schon gar nichts will F mit dem „Wissenschaftlichen Kommunismus“ gemeinsam haben, wie er im Realsozialismus betrieben wurde. Das diente laut F nur der „Selbstbestätigung einer bestehenden…Gesellschaft“.

In beiden Aspekten möchte ich ihm entschieden widersprechen:

Um nur Marx, Engels und Lenin zu nennen, so haben sie sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit über den Kapitalismus nicht auf politische Ökonomie in engerem Sinne beschränkt. Ich nenne als bekannte Werke den „Anti – Dühring“, „Bürgerkrieg in Frankreich“, „der 18. Brumaire“, „Dialektik der Natur“, „Der Anteil der Arbeit an der Menschwerdung...“, „Materialismus und Empirio – Kritizismus“, „Was tun?“, „Staat und Revolution“, „der linke Radikalismus…“. In allen diesen Werken habe ich den inneren Zusammenhang mit der politischen Ökonomie gesehen, ebenso wie in der gesamten journalistischen Tätigkeit von Engels. Und in seinem Hauptwerk zur politischen Ökonomie, dem Kapital, greift Marx in dem Kapitel über die ursprüngliche Akkumulation weit über die Grenzen des engeren Fachgebiets hinaus, ganz im Sinne von Fs Kapitalistik. Nichts gegen einen Appell, diese Arbeit fortzusetzen und ihr Gebiet auszudehnen, aber die Idee scheint mir nicht so neu oder originell, dass sie die Einführung eines neuen Wissenschaftsgebiets rechtfertigen würde.

Und zu Fs Umformulierung der Feuerbachthese muss ich seine Einschränkung „nicht sofort“ interpretieren. Meint er, der Kapitalismus sei noch nicht so weit entwickelt, dass man planvoll an seinem Sturz arbeiten könne, oder meint er, der Kapitalismus sei dafür noch nicht genügend erforscht? Für letzteres spricht die Aufgabenstellung, den Kapitalismus zu verstehen, für ersteres die Dauer, die F für die Fortexistenz des Kapitalismus in Betracht zieht.

Ich würde beides anlehnen. Weder ist der Kapitalismus das unbekannte Wesen, über das nur vage Vermutungen vorliegen, noch zeichnet sich für mich eine stabile Entwicklung des Kapitalismus ohne Krisen und ernsthafte Erschütterungen ab. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Programmdiskussion, die gegenwärtig in der DKP geführt wird, und hierbei insbesondere auf die Argumentation aus dem Umfeld Holz/Köbele.

Die Arbeiten des „Wissenschaftlichen Kommunismus“ in Bausch und Bogen als Apologetik und Verherrlichung abzutun, erscheint mir reichlich voreilig. Ich denke, zur Aufarbeitung des Realsozialismus gehört stattdessen eine Sichtung dieser Literatur. Wir müssen wissen, was sie zur wissenschaftlichen Erkenntnis beigetragen hat, und auch, ob sie zum Teil des Problems geworden ist.

Zum Theorieteil: Nach Definition grundlegender Begriffe der Ökonomie behauptet F, „Kapitalismus – spezifisch sind (von diesen Begriffen) nur drei: Gewinn, Investition und Kapital“. Lohn und Lohnarbeit sind für ihn nicht kapitalismus – spezifisch. Hiermit verabschiedet sich F von dem zentralen Punkt der marxschen Analyse. Bei diesem bilden Lohnarbeit und Kapital die Seiten im dialektischen Widerspruch des Kapital – Verhältnisses.

F mag einwenden, dass Jahrhunderte des Handelskapitalismus dem industriellen vorausgingen. Für den Handelskapitalismus hat er aber als wesentliche Quelle des Gewinns die Intransparenz der Märkte angegeben, also eine notwendig nur temporäre Erscheinung. Auf längere Sicht bleiben als Gewinnquellen des Handelskapitals die Dienstleistung der Arbeiter, die den Transport  bewältigen, und der Anteil am industriellen Profit, der die verkürzte Unschlagdauer des Kapitals „entlohnt“.

Wenn aber F schon im Ansatz seiner  Darstellung die Bedeutung der Lohnarbeit gering schätzt, ihre wunderbare Eigenschaft, mehr Wert produzieren zu können als sie enthält, so muss es ihm auch schwer werden, die Perspektive des Kapitalismus richtig zu beurteilen.

F referiert die historische Entwicklung ökonomischer Theorien. Er teilt die Auffassung bürgerlicher Theoretiker, dass mit der Marxschen Theorie von Arbeitswert und Mehrwert die Preise der Waren nicht erklärt werden können. Das begründet er mit dem Widerspruch zwischen Preisen entsprechend der Arbeitszeit und dem Ausgleich der Profitraten zwischen Unternehmen mit unterschiedlichen organischen Zusammensetzungen ihrer Kapiltale. „Die Preise lassen sich nicht in reiner Form auf Arbeitswerte zurückführen. Damit ist auch der Profit nicht alternativlos als Mehrwert darstellbar. Die Mehrwerttheorie gilt nicht als falsch, aber als redundant….Die Frage nach der Quelle des Gewinns (ist) wieder offen.“. Diese Konsequenz scheint mir in keinem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung des noch nicht gelösten Problems zu stehen. Es ist vielmehr so, als hätten die Mediziner, als sie den Eisprung noch nicht kannten und auf das Problem der unfruchtbaren Tage stießen, wegen dieses Problems behauptet: „ Die Theorie der Nachkommen – Zeugung durch Geschlechtsverkehr gilt nicht als falsch, aber als redundant…Die Frage nach der Herkunft der Kinder ist wieder offen.“.

F stellt schlüssig dar, dass reine Darstellung der Preise über die Arbeitswerte bei unterschiedlicher organischer Zusammensetzung verschiedenen Kapitale zu unterschiedlichen Profitraten führen würde. Er sieht die Debatte um dieses Thema „mittlerweile als abgeschlossen“ an, stellt aber im Folgenden dar, dass keine der späteren ökonomischen Theorien das Entstehen von Gewinn als gesetzmäßiges und nicht nur ausnahmsweises  Ergebnis der kapitalistischen Produktion erklärt oder dass sie die Frage nach der Quelle des „regulären“ Gewinns ignorieren. Akzeptiert man diese Lage der Theoriebildung, so gibt man einen wissenschaftlichen Anspruch an die politische Ökonomie überhaupt auf. Eine Theorie, die die nach F zentrale Voraussetzung des Kapitalismus, den Gewinn, zur Ausnahmeerscheinung erklärt, schlägt der täglichen Erfahrung so krass ins Gesicht, dass sich darüber nicht zu sprechen lohnt. Was immer wir mit den Kapitalisten vorhaben, es wäre doch schlicht inhuman, dass der durchschnittliche Kapitalist mitten im Kapitalismus einfach verhungern sollte.

Und wenn Schumpeter nur noch den „Extraprofit“ für Innovationen betrachtet, so übergeht er schnöde das Interesse des Arbeiters, der vielleicht gerne wissen möchte, wieso auch der nicht – innovative Boss täglich reicher wird, im Gegensatz zu ihm selbst. (Siehe Fußnote!)

Den ersten Teil des Abschnitts „Geschichte“ fand ich lesenswert. Ich möchte ihn auch allen interessierten, politisch gefestigten Genossen empfehlen. Für mich war er ein gut geschriebenes, gut lesbares Repetitorium. Darüber hinaus berücksichtigte er viele, auch neuere Forschungsergebnisse, die mir nicht bekannt waren. Z.B. wusste ich bisher noch nichts über die Ansätze zu eigenständiger kapitalistischer Entwicklung in Indien, Japan und China. An manchen Punkten hatte ich Widersprüche und ungeklärte Fragen, aber das mindert für mich nicht den Wert dieses Abschnitts, auch als Anregung zu weiteren Studien.

Je näher die Darstellung aber an die Gegenwart herankam, umso mehr wuchs mein Unbehagen. Das beginnt mit Fs Darstellung des ersten Weltkriegs. Auf vier Seiten (215 -220) geht er auf viele Einzelaspekte und Details ein. Dabei kriegt z.B. die Bedrohung des Adelsprivilegs auf die deutschen Offiziersstellen fast das Gewicht einer Kriegsursache, obwohl sicher jedem Politiker und Militär klar sein musste, dass gerade der Krieg mit seinen Millionenheeren das Privileg vernichten musste. Vollständig ignoriert F die von Lenin im „Imperialismus als höchstes Stadium…“ aufgeworfene These, dass Imperialismus die ungleichmäßige Entwicklung der Zentren gesetzmäßig hervorbringt, und dass hieraus notwendig Versuche folgen, die Aufteilung der Welt gewaltsam dem veränderten Kräfteverhältnis anzupassen. Wenn diese These zutrifft, rückt das schon allein die Frage nach der möglichen Dauer des Kapitalismus in ein ganz anderes Licht.

Die Oktoberrevolution und die SU bis zum Ende des zweiten Weltkriegs handelt F auf knapp vier Seiten ab. Das verwundert schon sehr. Ich bin mir sicher: Hätte es mitten im Feudalismus ein Beispiel gegeben, dass ein kapitalistischer Staat sich trotz andauernder Aggression des Ancien Regimes in 50 Jahren zur zweiten Weltmacht aufgeschwungen hätte und dann nach 20 Jahren Niedergang wieder verschwunden wäre, dann hätte F diesem Phänomen wohl intensivste Aufmerksamkeit und gründlichste Analyse gewidmet. Stattdessen teilt er über den Sozialismus solche Belanglosigkeiten mit, wie, dass Stalins Name eigentlich Dschugaschwili ist. (Die entsprechenden Informationen über Lenin/Uljanow und Trotzki/Bronstein scheint ihm weniger mitteilenswert.) Die vier Seiten bieten eine äußerst oberflächliche Beschreibung der SU – Geschichte als einer Zeit von Krieg, Not und Terror. Wie es die SU vermocht hat, unter den äußerst ungünstigen Voraussetzungen ein ökonomisches, politisches und soziales System zu werden, das den Faschismus besiegen konnte, bleibt hierbei unverständlich. F könnte einwenden, dass der Sozialismus nicht sein Thema war. Aber auch sein goldenes Zeitalter des „wohlfahrtsstaatlichen Kapitalismus“ von 45 bis 73 wird m.E. nur verständlich, wenn man die Bereitschaft der Kapitalisten in Rechnung stellt, angesichts der bedrohlichen   Systemkonkurrenz die Proleten in den Metropolen bei Laune zu halten.

Dasselbe gilt für Fs Darstellung des „neoliberalen Kapitalismus“ seit 1974. Er beschreibt die Rückkehr zu Formen der „Sozialpolitik“, die zum Teil schon seit hundert Jahren überwunden waren. Zur Erklärung dieses radikalen Wechsels in der Wirtschafts – und Sozialpolitik führt er einen Paradigmenwechsel in der ökonomischen Diskussion an, erklärt aber nicht, welche politischen und ökonomischen Entwicklungen den Wechsel herbeiführten. Wer am materialistischen Ansatz festhalten will, sollte doch versuchen, die Entwicklung der Ideen , hier der ökonomischen Theorien, als Reflex von Entwicklungen in der Realität zu erklären, statt umgekehrt.

Ein platter, aber vielleicht dennoch diskussionswürdiger Ansatz könnte ja sein, dass die von 45 bis 73 zugestandenen Konzessionen mit der Krise des Realsozialismus nicht mehr so nötig erschienen und seit 89 gänzlich zur Disposition stehen.   

Absoluten Widerspruch fordert das letzte Kapitel dieses Abschnitts, „Ende des Kapitalismus?“ heraus. F hält eine weitere Dauer von 500 Jahren für plausibel, hält aber auch astronomische Zeiträume für denkbar, wie eingangs zitiert. Zu dieser Betrachtung kommt er nach Kritik verschiedener, z.T. mathematischer Modelle des Kapitalismus von mehr oder weniger bekannten, mehr oder weniger marxistischen Autoren wie Marx selbst, Lenin, Hilferding, Luxemburg, Bauer, Bucharin und Kurz. All diesen bescheinigt er, dass sich aus ihren Theorien nicht zwingend ein ökonomischer Zusammenbruch ergibt. So weit, so gut, oder auch nicht.

Ich kenne allerdings keinen marxistischen Autor, der die Aufgabe einer siegreichen Revolution durch den Selbstlauf der kapitalistischen Ökonomie ersetzen will. Aus gutem Grund: Die Beispiele revolutionärer Krisen aus der Geschichte hatten nichts mit einem allgemeinen Zusammenbruch der kapitalistischen Ökonomie zu tun. Ich nenne als wichtigste 1848, die Pariser Commune, 1905 und 1917 in Russland, 1918 in Deutschland, die Zerschlagung des deutschen Faschismus 1945. In all diesen Krisen ging es nicht um einen Zusammenbruch der kapitalistischen Verwertungsmechanismen. Bis auf 1848 waren sie alle Folgen von (verlorenen) Kriegen.

Umgekehrt: Die einzige ökonomische Krise, die weltweit die Fortexistenz des Kapitalismus in Frage zu stellen schien, die von 1929 nach dem „schwarzen Freitag“, führte nicht zu revolutionären politischen Krisen.

Als Beleg für die unvorhersehbar lange mögliche Dauer führt F die auch heute noch wachsenden Produktivkräfte im Kapitalismus an. Zur Bekräftigung zitiert er Marx: „ Eine Gesellschaftsordnung geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist…“ Seine Anwendung dieses Zitats auf den heutigen Kapitalismus scheint mit einseitig. Ich verstehe Marx an dieser Stelle so: Wenn die heranreifende neue Gesellschaft prinzipiell die Produktivkräfte schneller und effektiver entwickeln kann als die vorhandene, ist die Umwälzung historisch herangereift, auch wenn die alte Gesellschaft noch irgendwie funktioniert und sogar noch den einen oder anderen Entwicklungsschritt leisten kann. Ein Beispiel: In der deutschen Bildungspolitik wurde unter dem Sputnik – Schock die Bildung reformiert und das allgemeine Niveau deutlich angehoben. (Abiturientenanteile von 33% statt früher 5% der Bevölkerung). Seit aber die Systemkonkurrenz fehlt, geht es heftig rückwärts, wie die PISA – Ergebnisse zeigen.

Ob der Kapitalismus reif zum Untergang ist, hängt also davon ab, ob er insgesamt zu einer Fessel der Produktivkraft – Entwicklung geworden ist, ob der Sozialismus hierin leistungsfähiger ist. Für F. ist diese Frage absolut offen, bis dahin, ob es überhaupt der Sozialismus ist, der gegebenenfalls den Kapitalismus ablöst.

„Der Politik“ stellt F. für die unüberschaubare Restlaufzeit des Kapitalismus zwei Aufgaben:

„1. die Gefahren dieses Gesellschaftssystems… zu blockieren“ und

„2. dafür zu sorgen, dass (Naturwissenschaft, Technik und Medizin) zur Erleichterung des menschlichen Lebens genutzt werden.“ Dem folgt eine höchst mystische Andeutung: „Dabei wird sich zeigen,…wie lange eine solche Praxis möglich ist, ohne dass „die materiellen Existenzbedingungen“ für „neue höhere Produktionsverhältnisse... ausgebrütet worden sind.“

Hier zeigt sich ein verhängnisvoller Mangel in Fs Kapitalistik. Er teilt nicht die Einsicht in das Wesen des Staats, wie es von Engels in „Ursprung der Familie…“, von Marx in „Kritik des Gothaer Programms“ und von Lenin in „Staat und Revolution“ herausgearbeitet wurde. Der Staat im herrschenden Kapitalismus ist danach Staat der Kapitalisten, ihre Diktatur, unabhängig von der jeweiligen Verfasstheit des Staats. Er dient dazu, ihre Herrschaft zu sichern und ihre Interessen durchzusetzen. Da aber zu diesen Interessen eben das gehört, was F als „die Gefahren dieses Gesellschaftssystems“ bezeichnet, die es zu blockieren gelte, nämlich „ Krieg, Verschleiß von Resourcen…und Ausbeutung“ und da die „Erleichterung des menschlichen Lebens“ leider nicht oder höchstens als Nebeneffekt beim Streben nach Profit die Kapitalisten interessiert, muss es sich nicht mehr zeigen, „ob …eine solche Praxis möglich ist“ Es sollte Kommunisten vielmehr klar sein, dass eine solche Politik im Rahmen des Kapitalismus irreal ist. Sie kann nur auf den alten, ausgetretenen Pfad des Opportunismus führen, den vor uns Sozialdemokraten und Grüne, PDS und Attac gegangen sind oder noch gehen, und der vielleicht auf Ministersessel führt, aber gewiss nicht zu einer Humanisierung des Kapitalismus.

Fritz Dittmar, Hamburg

 

Anhang:

Ich akzeptiere, dass in einem noch nicht von Monopolen geprägten Markt über den Konkurrenzmechanismus ein Ausgleich der Profitraten stattfinden musste, und dass dann eine Übereinstimmung der Preise mit den Werten nicht möglich war.

Man muss aber weiterhin die Erklärung des Gewinns in der Gesellschaft aus dem Mehrwert beibehalten und das Verhältnis der Preise zu den Arbeitswerten erklären. Dies will ich an einem Beispiel erläutern:

Das Kapital einer Gesellschaft bestehe aus 48 Teilen, von denen 12 Teile in einem Bereich 1 mit einer organischen Zusammensetzung c1:v1 = 2 eingesetzt werde und  36 Teile mit c2:v2 = 1. Somit wäre c1 = 8, v1 = 4, c2 = v2 = 18.

Die Mehrwertrate betrage in beiden Bereichen 150%. Dann wäre m1 = 6 und m2 = 27. In der gesamten Gesellschaft wäre der Mehrwert 6+27 = 33, und die gesellschaftliche Profitrate

33 : 48 = 68,75%. (Die unkorrigierte Profitrate in Bereich 1 wäre 6 :12 = 50%, und in Bereich 2  27 : 36 = 75%.)

Um die beiden Profitraten dem gesellschaftlichen Durchschnitt anzugleichen, müssen wir für die Preise der Produkte Korrekturfaktoren f1 und f2 einführen. Der Ansatz muss sein, dass in beiden Bereichen der Preis des Produkts das 1,6875 – fache des eingesetzten Kapitals beträgt.

Für Bereich 1: (12 + 6) * f1 = 1,6875 * 12,

also                                  f1 = 1,6875 * 12 : 18 = 1,125,

das heißt, die Preise in diesem Bereich würden um 12,5% von den Arbeitswerten nach oben abweichen.

Für Bereich 2: (36 + 27) * f2 = 1,6875 * 36,

also                                    f2 = 1,6875 * 36 : 63 = 0,9643 = 1 – 0,0357,

das heißt, die Preise in diesem Bereich würden um 3,57% nach unten korrigiert.

Diese Korrekturen finde ich nicht so aufregend, dass ich wie F ihretwegen die Frage nach der Quelle des Gewinns für offen halten würde. (Hinzu kommt, dass die Korrekturen geringer ausfallen, wenn man realistischere Werte für die organische Zusammensetzung annimmt. Setzt man in die Rechnung für die Zusammensetzungen 19 und 14 ein statt 2 und 1, ergeben sich als Preiskorrekturen 1,74% Anhebung  bzw. 0,57% Absenkung)

Es ist klar, dass das Beispiel ausgearbeitet werden müsste. Zum einen müsste die Verteilung des gesamten gesellschaftlichen Kapitals nach  organischer Zusammensetzung und Mehrwertraten berücksichtigt werden, zum anderen die Preiskorrekturen, die bereits in v und c enthalten sein könnten. Das wäre eine aufwändige Arbeit. Letzten Endes müsst man für die Gesellschaft eine Buchführung der Arbeitszeiten neben die vorhandene Buchführung der Preise stellen. Ich sehe aber nicht ein, warum sie nicht grundsätzlich möglich sein sollte und die realen Preise nicht sollte erklären können (so weit sie nicht heute ohnehin durch Monopolbildung modifiziert sind).

 


Anmerkungen

[1] Michael Opperskalski, Journalist, Redaktionsmitglied des geheimdienstkritischen Magazins "Geheim" und Mitherausgeber der Offen-siv  - Zeitschrift für Sozialismus und Frieden - referierte zu diesem Thema auf Einladung der „Karawane“ in Hamburg. Der folgende Text ist eine Zusammenfassung des Vortrags.

[2] Frederic F. Clairmont ist gebürtiger Kanadier, hat viele Jahre in der Wirtschaftskommission für Afrika und die UN-Konferenz für Handelsentwicklung gewirkt. Er hat in Kanada, im Kongo, in Schweden und in Indien unterrichtet und ist der Verfaser einer Reihe bedeutender Analysen zur Krise des Kapitalismus. Frederic F. Clairmont lebt zur Zeit in Genf und ist Mitarbeiter von „Le Monde diplomatique“. Vera Butler aus Melbourne war so freundlich, den Artikel für uns ins Deutsche zu übersetzen.

[3] Bei jeder Wertform der Zeitermittlung gehört der Aufwand, der für die Kollegin in der Kantine (Köchin) betrieben werden muß, natürlich zu den Kosten des Betriebes und geht in die Ermittlung des Warenwertes resp. der Rentabilität des Kapitals ein, in der direkten Zeitermittlung natürlich nicht, da gilt nur die direkt produktive Zeit als „Wert“. Außerdem: Die „Wertbestimmung“ als allgemeines Prinzip (aller Gesellschaftsformationen) muß im Kommunismus, einer individuellen Aneignung nach dem Bedarf, natürlich ohne den Lohn auskommen; Bedarfsaneignung ist ja freies Element gegen den individuellen Arbeitsaufwand. Man käme, bezöge man den Lohn in Arbeitskosten/-zeitkonten ein, ganz im Gegensatz zum kommunistischen Verhältnis bei hoher Bedarfsaneignung zu hohem/überhöhten Werten, bei geringer zu sinkenden - während der reale Aufwand in beiden Fällen einen anderen, dritten Wert ergäbe, den durch die Arbeit, und daher stets gleichen.

[4] Man sollte auch nicht all zu lange dem Prinzip genossenschaftlicher Lohnzahlung hofieren, sondern die Bestimmung wie Zahlung des Lohnes auf die allgemeinere Basis des Volkseigentums stellen, das ist übrigens Übergang der Genossenschaft (des kleinen Volkseigentums) zum allgemeinen Volkseigentum (zum großen).

[5] „Bei Kurt Gossweiler fällt auf, dass er zwar den Marxismus-Leninismus in der politischen Ökonomie, insbesondere die Stalinsche Etappe verteidigt, aber nicht die daraus folgende Frage beantwortet, wie sich dazu die späteren Reformen verhalten, z.B. das ‚Neue Ökonomische System der Planung und Leitung (NÖSPL)‘“; in „offen-siv“ 2/2005, Seite 79.

[6] Woran wird denn der Bestand einer Gesellschaft gemessen? Der Kapitalismus zum Beispiel noch an Holland? Auch mit England als Beweis für den Bestand des Kapitalismus hätte man seine Schwierigkeiten. Für bestimmte Länder gibt es, weil gebunden an bestimmte Zeitfenster, historische (begrenzte) Fähigkeit, etwas, was allgemein ist oder sein soll, zu beweisen, also zum Beispiel Gesellschaftsformationen durch Nationen zu beweisen. Letztlich wird natürlich das Allgemeine durch das Besondere bewiesen, aber es ist nicht das Besondere. Das Allgemeine sucht sich seine Partner auch aus.

[7] Und woran Gorbatschow (oder der „Gorbatschowismus“) keine Verantwortung trägt. Das war schon der normale Kommunismus (in seinem historischen Verlauf).

[8] Insofern wir den Gegensatz von Warenproduktion und Kommunismus wieder herauskehren, stellt sich uns auch die Frage unseres Verhältnisses zu dem Stand der sozialistischen ökonomischen Wissenschaft, wie er unter Stalin erreicht worden war bzw. durch Stalin beeinflußt worden ist.

[9] Übrigens nicht trotzkistisch, denn Trotzkismus ist Warenproduktion (als Sozialismus oder Kommunismus); Selbstverwaltung ist immer Warenproduktion oder muß sie sein.