Zeitschrift für Sozialismus und Frieden 05/08

Herausgeber: Verein zur Förderung demokratischer Publizistik (e.V.)

Spendenempfehlung: 3,00 €


März-April 2008


Inhalt

Redaktionsnotiz

Die Gewerkschaft ver.di  hat mit dem Tarifkompromiss im öffentlichen Dienst mehr als nur eine Chance vertan. Sie hat, wenn man beide Jahre der Laufzeit des Tarifvertrages zusammennimmt und die aktuelle Preissteigerungsrate sowie die Arbeitszeitverlängerung gegenrechnet, einen Abschluss unterschrieben, der nicht einmal ganz die heutige Kaufkraft hält – vorausgesetzt, die Preise steigen nicht stärker als bisher. Vor allem von Übel aber ist die Tatsache, dass ver.di sich auf Arbeitszeitverlängerungen eingelassen hat. Das ist ein fatales Signal. Und damit hat die Gewerkschaftsführung wieder einmal den Willen und die Kampfbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen verraten. Ach ja, eine starke, kämpfende kommunistische Partei fehlt halt an allen Ecken und Enden.

Dieser Seufzer führt zur „Linkspartei“ oder genauer: zum Rausschmiss der Genossin Christel Wegner aus der Fraktion der Partei „Die Linke“ im niedersächsischen Landtag. Diese Geschehnisse - also nicht nur der Rausschmiss, sondern vor allem die darauf folgenden Reaktionen der unterschiedlichen Kräfte - werfen ein deutliches Schlaglicht auf den Zustand der Partei „Die Linke“, aber auch auch auf die Ausrichtung der DKP. Wir haben dazu einige Beiträge gesammelt. Direkt über den Parteitag der DKP berichten wir in diesem Heft nicht (wegen Überlänge), in der nächsten Ausgabe werden wir darauf eingehen.

Stattdessen bringen wir zwei relativ lange Diskussionsangebote in diesem Heft: Das Papier „Positionen zum Sozialismus im 21. Jahrhundert“ und die Rede von Klaus Blessing über die Bedeutung des Kommunistischen Manifestes für den Kampf um diesen Sozialismus. Wir sind auf Eure Meinungen sehr gespannt und richten dazu gern ein Diskussionsforum ein.

Außerdem beschäftigen uns die Ereignisse in Gaza und im Kosovo. Der Schwerpunkt „politi-sche Ökonomie“ bringt weitere Diskussionen und auch die Entwicklung in China ist erneut Thema. Sehr gefreut haben wir uns darüber, dass uns Erich Buchholz seinen Vortrag über die Verfassung der DDR, gehalten auf der erweiterten ZK-Sitzung der KPD im März dieses Jahres, zum Abdruck zur Verfügung gestellt hat, bildet dieser Beitrag doch so ein gutes Gegengewicht gegen die Abschwörungsrituale der Vertreter der „Linkspartei“ in Niedersachsen.

Über dies Heft hinausgehend sollt Ihr hier über zwei interessante Diskussionen unseres Herausgebergremiums kurz informiert sein: erstens haben wir über die Frage der Einheit der Kommunisten (womit Marxisten-Leninisten gemeint sind) gesprochen und unterschiedliche Alternativen erörtert. Uns erschien dabei der Weg, den die österreichischen Genossinnen und Genossen mit ihrer „Kommunistischen Initiative“ beschreiten, als eine sehr interessante Mög-lichkeit. Während dieser Diskussion wurden wir darüber informiert, dass es Gespräche zwischen der KPD und der KPD(B) mit dem Ziel der Vereinigung geben soll, was von unserem Herausgebergremium einhellig begrüßt wurden. Gleichzeitig wurde deutlich, dass eine prin-zipienlose Einheitsdiskussion z.B. mit der KPD/ML und ähnlichen Kräften sehr problematisch werden kann. (Siehe hierzu: „Nachrichten aus dem Sumpf“.) Zweitens haben wir mit „kommunisten-online.de“ engere Kooperation vereinbart und dazu eine Internet-Arbeitsgruppe eingerichtet, zu der Genossinnen und Genossen von kommunisten-online, aus unserem Heraus-gebergremium und aus dem Kreis der Fernstudenten gehören.

Apropos Fernstudenten: der zweite Durchgang hat begonnen, es nehmen insgesamt 52 Genos-sinnen und Genossen teil. Das Startseminar war interessant, sehr intensiv und hatte eine gute Atmosphäre. Wir freuen uns sehr, dass unser Angebot eine so gute Resonanz findet.

Nun bleibt nur noch zu sagen, was auch die Rechenschaftsberichte, die Ihr am Schluss des Heftes findet, ausdrücken: Wir sind nicht reich und werden es auch nicht.

In 2007 hatten wir wieder ein Defizit. Wir bitten Euch um finanzielle Mithilfe.

Frank Flegel, Hannover

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Inland: Konto Frank Flegel, Kt.Nr.: 30 90 180 146 bei der Sparkasse Hannover, BLZ 250 501 80, Kennwort: Offensiv

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Redaktion Offensiv, Hannover

Nachrichten und Berichte

Michael Warschawski:
Gaza - Das Wüten der Schlächter und die internationale Verantwortung

Alternative Information Center, 4. März 2008

Über 100 Einwohner Gazas wurden in den letzten Tagen durch Beschuss und Bombardierung von Israel massakriert, und die Liste wächst stündlich. Im Vergleich zu dem mörderischen Gespann Olmert-Barak, könnte man Ariel Sharon für einen Schüler Mahatma Gandhis halten: Das Massaker von Djenin, das 2002 einen gewaltigen internationalen Aufschrei der Entrüstung hervorrief, hatte, an der gegenwärtigen israelischen Aggression gemessen, weit weniger Opfer. Nichtsdestoweniger ist die Reaktion der internationalen Gemeinschaft deutlich milder als vor sechs Jahren.

Warum? Diese Frage sollte im Mittelpunkt der Überlegungen der internationalen Soli-daritätsbewegung, und ganz allgemein, des globalen Widerstands stehen.

Denn die israelischen Kriegsverbrechen sind nur möglich, weil die internationale Gemeinschaft in den letzten sechs oder sieben Jahren aufgehört hat, irgendeine Art Druck auf die israelische Regierung auszuüben, und sie in Wirklichkeit darin unterstützt. So war es nicht immer, zumin-dest seitens der meisten europäischen Staaten, die früher gegen die Strategie des "globalen, endlosen Präventionskrieg" der neokonservativen US-Regierung opponierten und eine Strategie der globalen Stabilität verteidigten statt der von Bush und seiner Bande betriebenen Politik des globalen Chaos.

Der Aufstieg des europäischen Neokonservativismus (Ein Beispiel für dieses Phänomen ist der französische Präsident Nicolas Sarkozy) ist eine neue Herausforderung für die Solidari-tätsbewegung, und ganz allgemein für die weltweite Anti-Globalisierungsbewegung: Die globale Kriegsstrategie ist nicht mehr die ausschließliche Angelegenheit der Regierung der USA (unterstützt von ein paar Ländern wie Großbritannien) sondern der "internationalen Gemein-schaft" an sich.

Dies stellt eindeutig einen Wandel dar, den der Globale Widersand sehr ernst nehmen muss: Es ist ein Weltkrieg im Gange, und jeder ist ein Teil davon. Gegen die "internationale Gemein-schaft", die mit Washingtons globalem Krieg gemeinsame Sache macht, ist eine vereinte inter-nationale Anti-Kriegsbewegung absolut vordringlich geworden.

Was das mit Gaza zu tun hat? Gaza ist heute die Frontlinie des Widerstands gegen diese Offensive. Wenn Gaza sich ergibt, werden sich Washington und Tel Aviv frei fühlen, eine zweite Runde im Libanon zu entfesseln und den Iran anzugreifen. Sie wissen genau, dass Gaza, Libanon, Syrien, Irak und Afghanistan unterschiedliche Schlachtfelder in ein und demselben Krieg sind, und sie konzentrieren ihre Kräfte, um Gaza, seine Bevölkerung und seine gewählte Führung zur Kapitulation zu zwingen. Diese Einsicht sollte auch die Globale Bewegung durchdringen und zu einer einzigen Schlussfolgerung veranlassen: Die Palästinenser in Gaza kämpfen nicht nur für ihre eigenen Rechte und ihre Würde sondern für die Freiheit aller Völker der Welt; sie widersetzen sich den vereinigten Führern des Imperiums und ihrem Versuch, die Völker der Erde zu Sklaven zu machen, einschließlich der arbeitenden Menschen in den industrialisierten Metropolen.

Niemand in unserem Lager, dem Lager des weltweiten Widerstands gegen das Imperium, hat das Recht, vor der Verpflichtung zu einer totalen Solidarität mit dem Widerstand von Gaza davonzulaufen, auch nicht unter dem Vorwand der Ablehnung einer von der Bevölkerung Gazas gewählten Führung. Dasselbe gilt für das Volk des Iran.

Im Mittelpunkt der Kampagne der Solidarität mit Gaza muss die Aufforderung zu einer Blockade des Staates Israel stehen, so lange die Blockade von Gaza nicht aufgehoben ist. Wirtschaftlicher, politischer und kultureller Boykott eines Staates, der sich selbst durch seine Kriegsverbrechen außerhalb der zivilisierten Welt gestellt hat: Bis die blutigen Angriffe auf Gaza eingestellt und die Belagerung aufgehoben wird, ist es die Pflicht aller anständigen Menschen laut und deutlich zu sagen: Keinerlei Beziehungen mit dem verbrecherischen Staat Israel!

Michael Wtarschawski,
Übersetzung aus dem Englischen: Klaus von Raussendorff

Mark Schwarzmeer:
Internationaler Kampf-, Solidaritäts- und Einheitstag der Arbeiterklasse:
1. Mai 2008

Woher kommt der 1. Mai?

Am 1. Mai 1886 beginnt in den USA ein mehrtägiger Generalstreik für die Einführung des Achtstundentages. An ihm nehmen etwa 350.000 Arbeiter in den großen Industriezentren des Landes teil. Vom 14. bis 20. Juli 1889 findet - mit tatkräftiger Hilfe von Friedrich Engels - ein internationaler Arbeiterkongress in Paris statt. Hier beraten fast 500 Delegierte von sozia-listischen Parteien, Gruppen und Arbeiterorganisationen aus allen europäischen Ländern, Argentinien, Russland und den USA. Sie einigen sich darauf, ab 1890 jeden 1. Mai als inter-nationalen Kampftag der Arbeiterklasse für den Achtstundentag durchzuführen. Und das in einer Situation, in der die Arbeiterinnen und Arbeiter in Deutschland täglich 11 Stunden an sechs Tagen (von Montag bis einschließlich Samstag) schuften müssen.

Aus Niederlagen lernen …

In den letzten Jahren ist die Arbeiterklasse in Deutschland in eine Reihe von Abwehrkämpfen gegen die Pläne der herrschenden Kapitalisten verwickelt. Massenentlassungen und Werks-schließungen standen und stehen an. Symbole für diese Abwehrkämpfe sind die Streiks und Aktionen um das Berliner Bosch-Siemens-Hausgerätewerk (BSH), das Nürnberger AEG/ Elektrolux-Werk, das Siemens/BenQ-Werk in Kamp-Linfort, die Stellenstreichungen an den verschiedenen Airbus-Standorten, die Schließung des Nokia-Werkes in Bochum. Weitere Massenentlassungen von Tausenden Arbeiterinnen, Arbeitern und Angestellten sind von den Konzernherren bei Siemens (SEN), Telekom, Henkel und BMW angekündigt. So konnte in den letzten Jahren kein Arbeitsplatzabbau verhindert werden, obwohl die DGB-Gewerkschaften (insbesondere die IG Metall) zu betrieblichen Aktionen bis hin zu Streiks um so genannte Sozialtarifverträge aufriefen. Dabei geht es den DGB-Bürokraten nie um die effektive Verhin-derung von Massenentlassungen oder Werksschließungen. Die Wut und Kampfentschlossenheit der betroffenen Belegschaften soll nur auf die legalen Bahnen von Verhandlungen für einen Sozialplan (oder Sozialtarifvertrag) zwischen „Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern“ gelenkt werden, der dann mit entsprechenden Druck durch die einzelnen Belegschaften (Aktionen, Demonstrationen, Solidaritätskreise in der Region usw. bis hin zum Streik) möglichst teuer für die Konzerne werden soll. Allerdings drohen den dann doch entlassenen Kolleginnen und Kollegen die Suche nach neuen Arbeitsplätzen (womöglich in einer ganz anderen Region der BRD), Qualifizierungsmaßnahmen in so genannten Beschäftigungs-gesellschaften, unbefristete Arbeitsverträge, Leih- und Zeitarbeitsplätze, Praktika, Arbeitslosengeld I und schließlich Hartz IV mit den Ein-Euro-Jobs (und damit einer neuen Form von „gemeinnütziger“ Zwangsarbeit, die fatal an den faschistischen Reichsarbeitsdienst erinnert).

Kampf um jeden Arbeitsplatz organisieren

Diese Taktik des auf friedliche Zusammenarbeit mit dem Kapital ausgerichteten DGB-Gewerkschaftsapparates nur auf legale Aktionsformen – wie den Streik für einen Sozial-tarifvertrag – zu orientieren, hat sich in der Praxis als untauglich erwiesen. So sollen wir an die Kette des reaktionären Betriebsverfassungs- und Tarifvertragsgesetzes gelegt werden, was unser Recht auf selbst bestimmte Streiks und Aktionen stark einschränkt.

Eine Macht können wir Werktätigen nur werden, wenn wir die Sache in die eigenen Hände nehmen, wenn wir nicht zulassen, dass eine Handvoll DGB-Bonzen darüber bestimmen, ob, wie, wann, wie lange, mit welchen Forderungen wir kämpfen und streiken. Dafür ist es nötig, wenn wir einen Kampf beginnen, dass wir uns ein von den Gewerkschaftsbossen unabhängiges Organ in den Betrieben schaffen. Ein selbständiges Kampf- und Streikkomitee, das direkt von der gesamten Belegschaft (unabhängig ob gewerkschaftlich organisiert oder nicht) aus unserer Mitte gewählt wird, um den Kampf um jeden Arbeitsplatz oder eine andere anstehende Kampfaufgabe zu organisieren, zu koordinieren und zu leiten. Ein Kampf-/Streikkomitee, das unser volles Vertrauen genießt, uns über jeden Schritt Rechenschaft ablegt, und im Falle unseres Misstrauens jederzeit wieder absetzbar ist. So wird proletarische Demokratie fass- und erlebbar gemacht. Ein Komitee, das nicht dazu da ist, um hinter verschlossenen Türen mit den Bonzen zu klüngeln und in die Fußstapfen der Gewerkschaftsbürokratie zu treten, sondern für die von uns aufgestellten Forderungen als Minimalziele zu kämpfen. Nur solche Kampf-/Streikkomitees geben die Möglichkeit, die stärkste Einheit und breiteste Solidarität in der Belegschaft herzustellen, nicht nur um unsere eigenen Forderungen kundzutun, sondern sie auch zu erkämpfen.

Eigenständige Kampf-/Streikkomitees für einen konkreten Kampf zu gründen, bedeutet nicht, dass wir uns gegen gewerkschaftliche Organisierung stellen oder aus der Gewerkschaft austreten wollen. Gewerkschaften sind die breiteste Massenorganisation der Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten. Sie sind die erste Schule der Organisation, der Solidarität und des Kampfes. Wenn der DGB keine dieser Eigenschaften besitzt, so liegt es daran, dass er nicht die objektiven Interessen seiner Mitgliedschaft vertritt, sondern die der Bonzen und seines bürokratischen Apparates. Daher müssen wir in den Gewerkschaften bleiben und in diesen einen Kampf für unsere Interessen führen, gegen die Interessen der Gewerkschaftsbosse.

Die Bilanz der letzten Jahre des Arbeitsplatz- und Sozialabbaus zeigt, dass wir mehr den je betriebliche Kampf-/Streikkomitees brauchen, um uns gegen die ununterbrochenen Angriffe von Kabinett und Kapital zu wehren.

Politischer Kampf gegen den BRD-Imperialismus

Doch nur in den Betrieben um ökonomische Ziele zu kämpfen genügt nicht. Der Demokratie-, Lohn- und Sozialabbau sowie der demokratische und soziale Notstand der Republik kann nur gestoppt werden, wenn die Werktätigen auch politisch kämpfen. Es stellt sich u.a. die Frage: Wie oft denn sollen die Werktätigen den Kapitalisten ihren Staatshaushalt finanzieren? So verkündet die Regierung, sie erwarte bis 2009 82 Milliarden Euro mehr an Steuergeldern als vorausgeschätzt. Hauptgrund: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer, also einer Steuer, die vor allem die trifft, die den größten Teil ihres Einkommens für das nackte Überleben ausgeben müssen.

Wir sollen nochmals zahlen für ihren Staatshaushalt. Bezahlt haben wir, indem wir für die Steuern vom Lohn immer weniger bekommen – immer weniger Schulen, Krankenhäuser, Schwimmbäder, Theater oder öffentliche Verkehrsmittel. Mit unserer Arbeit hergestellt haben wir, um nur ein Beispiel zu nennen, jedes Krankenhaus, jeden Operationssaal und jeden Wattebausch in diesem Land. Ohne uns wäre das alles nur ein Haufen glänzender Schrott. Und dann bezahlen wir es noch mal mit unserer Lohnsteuer. Und noch mal mit Zuzahlungen, Praxis-gebühren, Krankenhaustagegeldern usw. Jetzt sollen die Arbeiterinnen, Arbeiter und Ange-stellten länger arbeiten (Wiedereinführung der 40-Stundenwoche etc.) und auf Lohnerhöhungen (bzw. Urlaubs- und Weihnachtsgeld) verzichten, obwohl doch alles andere (z.B. die „Mittel zum Leben“, also nicht nur die Lebensmittel) immer teuerer wird.

Und wozu das alles? Damit und dazu, dass die Regierung wie gerade angekündigt den Kapitalisten noch mal 10 Milliarden an Steuern schenken kann, um dann gleich weiter über die angeblich leeren Kassen zu jammern. 120 Milliarden Euro wollen und können die deutschen Monopole dieses Jahr in Firmenkäufe in der ganzen Welt stecken, bezahlt von den Arbeiterinnen, Arbeitern und Angestellten mit der größten Lohnzurückhaltung seit 1959, mit unbezahlter Arbeit und aus den Steuernachlässen der Regierungen.

„Solidarität“ damit und dazu, dass die Regierungen das von uns geraubte Geld in die Bundeswehr, also die höchstgerüstete Armee Europas stecken, damit Deutschland wieder einmal Hindukusch oder in Heiligendamm verteidigt wird? Wenn wir diese „Solidarität“ verweigern, ist das nur allzu richtig.

„Diesem System keinen Mann und keinen Groschen!“ Das war einmal das Motto einer Sozial-demokratie, die das Lohnsystem noch abschaffen wollte. Diesem System keinen Mann, keinen Cent, keine Minute – und nicht eine unbezahlte Sekunde!

Aufruhr, Widerstand, Klassenkampf statt Vaterland!

Da reichen uns Werktätigen nicht die eine oder andere Reform am System des BRD-Imperialismus, auch wenn sie sich noch so gut anhört, wenn die Vertreter der neuen sozialdemokratischen Partei „Die Linke“ den „Turbo“-, „Heuschrecken“-, „Finanz“- oder „neoliberalen“ Kapitalismus sozialer, gerechter und pazifistischer einrichten möchten. Helfen kann dem Proletariat nur der konsequente ökonomische, politische und ideologische Klassenkampf gegen den staatsmonopolistischen Kapitalismus der BRD und seine Helfershelfer (in den verschiedenen sozialdemokratischen Parteien) innerhalb der Arbeiterbewegung. J.W. Stalin beschreibt diesen Klassenkampf in seinem Artikel „Der Klassenkampf“ von 1906:

„Zwecks Verteidigung der beruflichen Interessen der Proletarier werden Gewerkschaftsverbände geschaffen, die für die Erhöhung des Arbeitslohns, für die Kürzung des Arbeitstages usw. kämpfen. Aber außer ihren beruflichen Interessen haben die Proletarier auch noch allgemeine Klasseninteressen, die in der sozialistischen Revolution und in der Errichtung des Sozialismus bestehen.

Die sozialistische Revolution aber lässt sich nicht vollziehen, bevor nicht das Proletariat als eine einheitliche und unteilbare Klasse die politische Herrschaft erobert hat. Dazu eben braucht das Proletariat den politischen Kampf und eine politische Partei, die seiner politischen Bewegung die ideologische Führung gibt. Natürlich sind die Arbeiterverbände zum größten Teil parteilos und neutral. Aber dies bedeutet lediglich, dass sie von der Partei nur in finanzieller und organi-satorischer Beziehung unabhängig sind. […]

Was dagegen die ideologische Abhängigkeit der Gewerkschaften von dieser oder jener politischen Partei anbelangt, so muss eine solche Abhängigkeit unbedingt bestehen, sie muss, abgesehen von allem anderen, schon deshalb bestehen, weil den Verbänden Mitglieder ver-schiedener Parteien angehören, die unvermeidlich ihre politischen Überzeugungen in die Ver-bände hineintragen werden. Klar ist: Kann das Proletariat nicht ohne den politischen Kampf auskommen, so kann es auch nicht ohne die ideologische Führung dieser oder jener politischen Partei auskommen. Noch mehr, es muss selbst eine Partei suchen, die seine Verbände in wür-diger Weise in das „gelobte Land“, zum Sozialismus führen wird. Hier aber muss das Proletariat auf der Hut sein und umsichtig zu Werke gehen.

Es muss sich über das ideologische Gepäck der politischen Parteien volle Klarheit verschaffen und sich frei zur ideologischen Führung derjenigen Partei bekennen, die seine Klasseninteressen mutig und konsequent verteidigen, das rote Banner des Proletariats hochhalten und es kühn zur politischen Herrschaft, zur sozialistischen Revolution führen wird. Bisher erfüllt diese Rolle die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands, folglich besteht die Aufgabe der Gewerkschaften darin, sich zu ihrer ideologischen Führung zu bekennen. Bekanntlich ist das in der Tat auch so.

Also ökonomische Schlachten mit Hilfe der Gewerkschaften, politische Attacken unter der ideologischen Führung der Sozialdemokratie [heute muss es heißen: unter Führung der Kommunistischen Partei – AdV] – diese Form hat heute der Klassenkampf des Proletariat an-genommen. Kein Zweifel, dass der Klassenkampf immer stärker entbrennen wird.“ (Stalin-Werke, Bd. 1, S. 248-249, siehe: www.stalinwerke.de )

Für den Wiederaufbau der KPD!

Kampf gegen den Demokratie-, Sozial- und Lohnabbau sowie den Staatsumbau zum Notstand der Republik!

Schafft selbstständige Kampf- und Streikkomitees beim konkreten Kampf um jeden Arbeitsplatz und gegen die Forderungen der Kapitaloffensive!

Für die Forderung nach der 30 Stundenwoche (6-Stundentag bei einer 5-Tagewoche) bei vollem Lohn- und Personalausgleich in den nächsten Tarifrunden!

Für einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 10 Euro pro Stunde!

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit (für Frauen, Arbeitsmigranten, Leih- und Zeitarbeiter)!

Weg mit der Rente mit 67, Hartz IV und den anderen „Reformen“ der Agenda der großen Koalition!

Marc Schwarzmeer,
Bochum

Kosovo

Brigitte Queck:
Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo - ein weiteres Verbrechen am serbischen Volk und an der ganzen Menschheit

Durch den Bruch des Völkerrechts
drohen künftig weitere Kriege auf dem europäischen Kontinent

Die von den meisten Regierungen der EU, der USA anerkannte Unabhängigkeit des Kosovos wurde von den Serben parteienübergreifend abgelehnt und mit landesweiten Protesten beant-wortet.

Die Serben betrachten zu Recht den Kosovo als Ihren Landesteil, denn sie können dort auf 1300 Jahre ihrer Geschichte zurückblicken (eine englische Karte zeigt z. B., dass Kosovo bereits im Jahre 814 Bestandteil Serbiens war) und auch zahlreiche Bauten und Kirchen dort zeugen von der reichen, durch die Serben geprägten Kultur, die nun einfach ausgelöscht werden soll.

Die Serben verbindet mit dem Kosovo eine lange Leidensgeschichte. Sie wurden 500 Jahre lang durch die Osmanen - unter späterer Mithilfe der Albaner - unterdrückt, verfolgt und vertrieben. Während des 2. Weltkrieges wurden die Serben erneut vertrieben und ermordet, was sich in der Zeit zwischen 1974 – 1989 und nach 1999 sogar unter Anwesenheit der „internationalen Gemeinschaft“ (NATO) fortsetzte.

Wenn man weiß, dass vor allem durch die opferreiche Schlacht auf dem Amselfeld seitens der Serben der Vormarsch der Osmanen gestoppt werden konnte, für den ist allein das schon ein Verbrechen, wenn die Regierungen Europas jetzt mehrheitlich den Serben durch ihre einseitige Anerkennung des Kosovos als Staat - ohne die Serben überhaupt zu fragen, oder das Veto Russlands im Sicherheitsrat dazu zu beachten, ja der UNO–Resolution 1244 nach dem NATO–Bombardement auf Jugoslawien selbst zuwiderhandelnd, die besagte, dass der Kosovo ein multiethnisches Gebiet bleiben muß - den Serben in den Rücken fallen !!

Diese Anerkennung des Kosovos geschieht unter Mißachtung des Völkerrechts, der UNO- Charta, die ja als ein Ergebnis der verheerenden Folgen des 2. Weltkrieges (über 50 Millionen Tote aller Völker Europas!) zustandegekommen ist und deren Ziel es war, nie mehr ver-brecherische Angriffskriege, die auf dem Nürnberger Kriegsverbrecherprozess als schlimmste Form des Faschismus bezeichnet wurden, zuzulassen! (Siehe Artikel 2 der UNO-Charta, der die territoriale Unversehrtheit eines jeden Mitgliedsstaates garantieren soll).

Der von der EU deklarierte vermeintliche Schlussstrich in der Kosovo–Frage ist also eine Demontage des nach 1945 geschaffenen Völkerrechts und der UNO!!

Die Regierungen der USA haben nach dem 2. Weltkrieg das von ihnen einst mit aus der Taufe gehobene Völkerrecht mehrfach gebrochen, bis heute, vor allem nach dem ominösen Anschlag auf das Welthandelszentrum am 11. September 2001, mit dem sie sich sogleich die unum-schränkte militärische Unterstützung ihrer Bündnispartner, der NATO- Staaten, einholten. Die USA treten seit dem Jahre 2001 offen dieses von ihnen mit geschaffene Völkerrecht mit Füßen, sie morden und brandschatzen in Ländern, die sich ihrem Weltmachtstreben entgegenstellen. Die EU versucht wenigstens nach außen das Gesicht zu wahren, indem sie behauptet, dass bezüglich des Kosovos endlich eine Lösung geschaffen werden musste, weil Unruhen drohten. Die gleichen Gründe übrigens mußten damals 1999 vor dem NATO–Bombardement herhalten, als man sich bereitwillig wegen eigener Herrschafts,- und Machtgelüste in diesem Raum vor den Karren der USA und der UCK spannen ließ !

Werfen wir einen Blick zurück in die Zeit vor das wegen „Völkermord“ im Kosovo gerecht-fertigten NATO-Bombardement gegen Jugoslawien.

Als Auslöser für den Beginn des NATO-Angriffskrieges gegen Jugoslawien diente damals „das Massaker von Racak“. Ganz bewußt wurden die, wie man später feststellte, zusammen-getragenen Leichen, nicht auf Schmauchspuren an den Händen untersucht. Sonst hätte selbst ein Laie sehen müssen, dass es sich dort um Opfer von Kampfhandlungen gehandelt haben muss, zumal in diesem Gebiet auch verstärkte Kampfhandlungen zwischen der UCK und jugoslawischen Einheiten stattgefunden hatten, wie Einheimische, ja selbst anwesende Journa-listen berichteten. Aber dies, wie auch die vorsichtigen Äußerungen der den Tatort unter-suchenden forensischen finnischen Ärztin wurden von den damaligen westlichen Politikern und der westlichen Presse unterdrückt, da dies dem gewollten militärischem Eingreifen der NATO hinderlich war.

Wie dieses von den Medien, vor allem dem Fernsehen ausgeschlachtete Ereignis hatten bereits die „Massaker“ von Sebrenica dafür gesorgt, die Serben in den Augen der Weltöffentlichkeit als blutrünstige Monster erscheinen zu lassen. „Srebrenica war die Wende“ gestand der deusche Außenminister J. Fischer seine Wende vom Kriegsgegner zum Kriegstreiber ein. Mit dem „Massaker von Srebrenica“ und seinen „dreißigtausend Toten“ begründete der deutsche Ver-teidigungsminister Scharping den Angriffskrieg gegen Jugoslawien. „Srebrenica“ gelte als ein Synonym für Auschwitz als Beweis dafür, dass die Serben Völkermörder sind und nichts sie stoppen kann als die Militärmacht der NATO.

Bis 1998 konnten von den laut UNHCR 7076 Vermißten von Sebrenica trotz intensivster Suche höchstens 480 Leichen – so der im muslimischen Body Count nicht zimperliche Erich Rath-felder im Mai 1998 – gefunden werden.

Am 18. Juli 1995, eine Woche nach der Eroberung von Sebrenica duch das serbische Militär, hatte aber die „New York Times“ bereits gemeldet, „dass zwischen drei- und viertausend bosnische Muslime, die nach dem Fall von Srebrenica von Vertreten der Vereinten Nationen als vermißt registriert waren, sich einen Weg durch die feindlichen Linien auf das Territorium der bosnischen Regierung gebahnt haben.“ Und am 2. August 1995 hatte die Londoner „Times“ diesen Vorgang so beschrieben: „Es kann davon ausgegangen werden, dass Tausende von vermißt gemeldeten bosnisch-muslimischen Soldaten, die im Focus der Berichte über mögliche Massenexekutionen durch die Serben gestanden haben, nord-östlich von Tuzla in Sicherheit sind.

Zwei Wochen bevor die Vertreter des Roten Kreuzes, Angelo Gnaedinger und Jessica Barry, ihre Zahlen an die Presse gaben, brachte ein anderer Sprecher des Internationalen Roten Kreuzes in Genf, Pierre Geultier, ein wichtiges Detail zur Sprache. In einem Interview mit der „Jungen Welt“ vom 8. August 1995 erklärte er: „Insgesamt kamen wir dabei auf eine Zahl von etwa 10000 (Vermißten aus Srebrenica). Allerdings kann es gut sein, dass darunter viel Doppel-nennungen sind... Unsre Arbeit wird noch dadurch erschwert, dass die bosnische Regierung uns mitgeteilt hat, dass mehrere Tausend der Flüchtlinge sich durch die feindlichen Linien geschlagen haben und sich wieder in die bosnisch-muslimische Armee eingegliedert haben. Diese Personen sind nicht vermißt, sie können aber auch nicht aus den Vermißtenlisten gestrichen werden.“

Da die Zahl derer, die als vermißt (also vermutlich tot) geführt werden, während der letzten Jahre konstant bei 8000 geblieben ist, muss davon ausgegangen werden, dass die bosnisch- muslimische Regierung dem Roten Kreuz nie die Namen jener Menschen mitgeteilt hat, die die muslimischen Linien sicher erreicht hatten. Auf einen weiteren Aspekt hat Prof. Milivoje Ivanisevic von der Universität Belgrad hingewiesen. Nachdem er die Liste des Roten Kreuzes mit den „vermißten“ Personen überprüft hatte, entdeckte er, dass etwa 500 Peronen, die als „vermißt“ geführt wurden, schon vor der Einnahme Srebrenicas gestorben waren. Und als Ivanisevic die Wählerliste für die Herbstwahlen von 1996 (dem Jahr nach dem angeblichen Massaker) mit der Vermißtenliste des Roten Kreuzes verglich, stellte er fest, dass 3.016 Leute, die auf der Vermißtenliste des IKRK standen, ebenfalls auf der Wählerliste zu finden waren. Entweder ließ die bosnische Regierung auch Tote wählen, beging also Wahlbetrug, oder die Wähler waren am Leben, und das „Massaker“ war ein Betrug !

Interessannt ist ebenfalls eine Mitteilung der „New York Times“, dass „sich etwa 350 der Flüchtlinge aus Sebrenica nach Tuzla durchgeschlagen hatten, die sich mit den Verteidigern von Zepa vereinigten“. Sadik Ahmetovic, eine von 151 Personen, die nach Sarajewo ins Kranken-haus gebracht wurden, erklärte, dieser Zeitung zufolge, dass sie in Gefangenschaft der Serben nicht mißhandelt worden seien.

„New York Times“ schreibt: „Ist es nicht seltsam, dass die muslimischen Verteidiger von Zepas bei der Flucht aus der Stadt ihre verwundeten Kameraden zurückließen, damit sie in die Hände der „serbischen Völkermörder“ fallen würden?! Seltsam auch, dass die 5000 mus-limischen Soldaten bei ihrer Flucht aus Sebrenica ihre Frauen und Kinder dort ungeschützt vor den serbischen Vergewaltigern und Kindermördern zurückgelassen haben. Oder haben die muslimischen Soldaten der eigenen Regierungspropaganda bezüglich der Serben nicht geglaubt ? Und warum ließ das serbische Militär die verletzten muslimischen Soldaten von Zepa hinter die muslimischen Linien ins Krankenhaus nach Sarajewo evakuieren?“

In dem schon erwähnten Artikel der Londoner „Times“ ist von 2000 Soldaten die Rede, die es von Srebrenica bis in den Nordosten von Tuzla auf sicheres muslimisches Gebiet geschafft hatten“ohne ihre Angehörigen zu informieren“. Wurden deren Familien überhaupt jemals in-formiert? Die Öffentlichkeit jedenfalls wird bis heute in dem Glauben gelassen, sie seien massakriert worden !

Übrigens haben die  Frauen von Srebrenica lange Jahre Demonstrationen organisiert, um die Regierung Izetbegovic zu zwingen, Informationen über ihre Angehörigen herauszugeben, von denen sie nach wie vor glauben, dass sie am Leben sind.

Die Glaubwürdigkeit einer Falschinformation hängt nicht nur von der Aufrechterhaltung der Illusion ab, sie sei wahr, sondern auch von der Unterdrückung aller möglichen Tatsachen.

Fest steht, dass bosnisch-muslimische Kriegsgefangene aus Srebrenica in etliche weit entfernte Länder geschickt wurden!! Die bosnische Nachrichtenagentur TWRA, die auf der Seite der muslimischen Regierung steht, berichtete: „Die Vereinigten Staaten haben sich entschieden, 214 Bosniaken aufzunehmen, die nach dem Fall von Srebrenica und Zepa in serbischen Lagern gefangen gehalten waren, und ihnen den Aufnahmestatus von Flüchtlingen zu geben.“

TWRA berichtete weiter „103 bosnisch- muslimische Soldaten, die vor kurzem aus den Ge-fängnissen entlassen worden sind, sind gegen ihren Willen nach Australien geschickt worden“. Das behauptete ihr Kommandant Osmo Zimic, der das UNHCR deshalb kritisierte.

TWRA erklärte auch, dass die bosnische Botschaft in Australien das Tribunal in Den Haag aufgefordert hätte, mit einer Unersuchung der Zwangsverschickung von 800 Bosniaken von Serbien nach Australien und in europäische Länder zu beginnen. Auch die UNHCR sei bei der Verschickung behilflich gewesen.

Das Lügengebäude von Srebrenica erlaubt ein vorläufiges Resüme: Das UNHCR assistiert bei der Produktion von Flüchtlingen, mit Hilfe des Roten Kreuzes werden Familien getrennt, Tribunale klagen zuerst an und suchen nach Verbrechen später. Sie helfen dabei, alle Beweise verschwinden zu lassen, die der Anklage der Serben im Sinne der NATO widersprechen würden. Zeugen behaupteten nämlich auch, dass die Leute des bosnisch- muslimischen Armeekommandanten Naser Oric hinter 19 Attentaten an den Muslimen stehen, die bereits vor dem Einmarsch der Serben in Srebrenica verübt wurden. Über die Morde dürfe man auch heute noch nicht sprechen. Einige Kenner der militärischen und politischen Verhältnisse in Srebrenica wagen es zu behaupten, dass „Zeugen sogar liquidiert worden sind, als sich das muslimische Hauptkontingent aus Srebrenica herausgekämpft hatte“. Während dieses Durchbruchs auf freies Territorium wurde auf dem Gebiet von Baljkovici Azem Bajramovic, ein Präsidiumsmitglied der regierenden Moslempartei SDA, getötet. Sein Tod wird als Beispiel dafür angeführt, wie man Zeugen aus Srebrenica zum Schweigen bringt, schrieb die Wochenzeitung „Ljiljan“. Dies deckt sich mit den Aussagen von Flüchtlingen aus Srebrenica, die in der Zeitung „Oslobodjenje“ wiedergegeben wurden. „Deshalb beschuldigen die Vertriebenen die Führung, für das Verschwinden oder den Tod vieler verantwortlich zu sein, die sich mit den Kämpfern auf freies Territorium zurückgezogen haben“.

Die präzisesten Angaben stammen von Ibran Mustafic, dem ehemaligen SDA–Vorsitzenden von Srebrenica. In einem Interview mit dem muslimischen Polizeikreisen nahestehenden Magazin „Slobodna Bosna“ berichtete er von seiner Flucht aus der Stadt und der Gefan-gennahme durch die Serben: „Persönlich glaube ich, dass die Mehrzahl der Menschen, die sich den Serben ergeben haben, noch am Leben sind“.

Und weiter sagte er: „Ich habe von Leuten, die der kroatischen Staatssicherheit nahe stehen und Kontakte zu den Serben haben, gehört, dass sich an verschiedenen Orten noch 5.600 Überlebende aus Srebrenica befinden“. Mustafic hält die gängige These von der tausend-fachen Mordlust der serbischen Eroberer für nicht plausibel, weil diese sogar ihn, den prominentesten in der Enclave wieder frei gelassen hatten.

Zu den Photos mit der Beschriftung Mögliche Massengräber, Kasaba/Konjevic-Polje Gebiet, Bosnien“ tauchen etliche Fragen auf: Warum wurden dem Sicherheitsrat nicht die ursprüng-lichen Photos gezeigt? Aufklärungsphotos weisen normalerweise eingebaute zeitliche und geographische Erkennungsmerkmale auf. Woher soll man wissen, dass diese Photos in der Nähe von Srebrenica aufgenommen wurden? Der Titel und andere Bemerkungen über das, was man auf den Photos erkennen soll, wurde nachträglich auf die Photos geschrieben, während die zeitlichen und geographischen Erkennungsmerkmale wegretuschiert worden waren!

Laut TAZ vom 17. Dezember 1997 wurden alle Srebrenica-relevanten Akten für die nächsten 30 bis 50 Jahre in der New Yorker UNO-Zentrale weggesperrt und dürfen auch dem den Haager Tribunal nicht vorgelegt werden. (siehe Konkret 8/ 99: „Srebrenica“ ).

Welche Rechtfertigung könnte es geben, die Beweise von Verbrechen gegen die Menschheit als geheim einzustufen und für Jahrzehnte aus dem Verkehr zu ziehen ? !

Im Srebrenica–Untersuchungsbericht der französischen Nationalversammlung vom November 2001 findet sich ein brisanter Hinweis auf eine lange geplante Provozierung oder Inszenierung der Ereignisse in Srebrenica. Demnach hat UNO- Generalsekretär Kofi Annan am 15. No-vember 1999 ein internes Treffen der bosniakischen (muslimischen) Führung vom 28. und 29. November 1993 erwähnt, auf dem Präsident Izetbegovic erklärt habe, er habe in Erfahrung gebracht, dass eine Intervention der NATO in Bosnien-Herzegowina möglich sei, aber nur stattfinden könne, wenn die Serben gewaltsam in Srebrenica eindrängen und dort mindestens 5000 Personen massakrierten“ ( zitiert nach Balkan–Info, Paris, Nr. 63)

Auch Hakija Meholjic, vor der Besetzung Srebrenicas Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei, stützt die These von einer frühzeitigen Einmischung der USA. Er hatte an einem Treffen der bosnisch-muslimischen Staatsführung im September 1993 in Sarajevo teilgenommen, auf dem der damalige Präsident Alija Izetbegovic gesagt habe: „Wißt ihr, Clinton bot mir im April 1993 an, dass die Streitkräfte der Tschetniks (Schimpfwort für serbische Soldaten) Srebrenica erobern, ein Massaker von 5000 Muslimen begehen, und dann könne eine militärische Intervention geschehen“ (Interview mit der muslimischen Zeitung Dani in Sarajevo, 22.06.1996) Demnach hat Clinton über zwei Jahre vorher genau das vorgeschlagen, was dann im Sommer 1995 passiert ist.

Diese Fakten zu den „völkermordenden Serben“!

Die europäischen Staaten sollten sich bezüglich ihrer mehrheitlichen Anerkennung des Kosovos schämen, zumal sie damit gegen ihre eigenen Interessen verstoßen. (Vergleiche: mit den NATO-Bombardements 1999 auf Jugoslawien sank der Wert der europäischen Währungen gegenüber dem Dollar rapide ab! Diese Währungsrichtlinien sind immer ein Kennzeichen für eine stabile bzw. unstabile Situation in einem bestimmten Raum und vor allem dafür, wer im Moment wo seinen Nutzen daraus zieht!!)

Das gilt auch für die gegenwärtige Haltung der EU zum Kosovo.

Cui bono ? Wem nutzt diese einseitige Anerkennung des Kosovos? Auf jeden Fall nicht dem Friedenswillen und dem Wohlergehen der Völker Europas. Denn: die völkerrechtswidrige Anerkennung des Kosovos wird weitere kriegerische Auseinandersetzungen auf dem euro-päischem Kontinent heraufbeschwören !

Der kanadische Botschafter von 1990 bis 1992 in Jugoslawien, James Bissett, äußert sich wie folgt zum Bruch des Völkerrechts: „Die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unver-letzbarkeit der Grenzen sind elementare Gesetzmäßigkeiten, die nicht nach Lust und Laune der NATO-Länder beiseite gewischt werden können... Die USA zeigen ein perverses Interesse, für die albanische Seite im Balkan einzutreten. Das ist bekannt. Wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien hier gehorsam folgen, enttäuscht mich aber sehr... Die Führung des Kosovo und die UCK sind in meinen Augen Kriegsverbrecher. Sie haben unter der NATO-Besatzung fast die gesamte nicht-albanische Bevölkerung vertrieben, über 150 christliche Kirchen und Klöster zerstört. Die Unabhängigkeit des Kosovo wird den Traum eines „Groß-Albaniens“ an-heizen und den Balkan weiter destabilisieren.“ (Junge Welt, 18.02.2008 )

Der russische Präsident Putin hat auf seiner Jahrespressekonfernz am 14.02.2008 den Euro-päern ihre Politik der Doppelstandards vorgeworfen, was ihnen eigentlich peinlich sein müßte.

„Seit 40 Jahren gibt es de facto die unabhängige Republik Nordzypern. Warum wurde sie von den Europäern bisher nicht anerkannt?“ machte Putin auf die unterschiedlichen Vorgehens-weisen der EU-Staaten bei der Lösung der gleichen Probleme in verschiedenen Regionen der Welt aufmerksam.

Die nunmehr mehrheitlich von Albanern bewohnte südserbische Republik solle nach dem Willen Washingtons und Brüssels von Serbien losgetrennt und in die überwachte Unab-hängigkeit entlassen werden. Das widerspräche dem im Ergebnis der NATO- Aggression gegen Jugoslawien 1999 geschlossenen Friedensvertrag von Kumanowo und der UNO–Resolution des Sicherheitsrates 1244, in der das Kosovo als Teil Serbiens festgeschrieben steht.

Mit der Abspaltung des Kosovos von Jugoslawien würde erstmals seit dem Bestehen der nach dem 2. Weltkrieg hergestellten Friedensordnung ein europäischer Staat seiner territorialen Inte-grität verlustig gehen. Damit wäre ein Präzedenzfall geschaffen, der es auch abtrünnigen Pro-vinzen in den “postsowjetischen Republiken Moldawien und Georgien (Transnistrien oder Ab-chasien und Südossetien) ermöglichen würde, mit dem gleichen Recht wie die Kosovo- Albaner ihre staatliche Unabhängigkeit zu bekunden.“         

Der nunmehr vom Sicherheitsrat ausgesprochenen Anerkennung der staatlichen Unabhängigkeit des Kosovos (was ebenso UNO-Prinzipen widerspricht!!), steht die russische Vetodrohung gegenüber.

Putin unterstrich: “Eine einseitig erklärte Unabhängigkeit ist unmoralisch und illegal! Wenn man sich weiter von der sogenannten politischen Zeckmäßigkeit leiten läßt und den politischen Interessen einzelner Staaten dienen wird, werden dadurch das Völkerrecht und die Weltordnung zerstört.“

Da das Völkerrecht die Interessen von kleineren Staaten nicht schütze, komme es zum Wettrüsten. Gäbe es eine feste Ordnung, dann hätte man keine Angst und es bestünde keine Notwendigkeit, aufzurüsten.

Mit der Entscheidung, die einseitige und völkerrechtswidrige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo anzuerkennen oder abzulehnen, stehen die Regierungen in der ganzen Welt am Scheide-weg: eine weitere Anerkennung der UNO als Regulator in Konfliktfragen oder völlige Unter-werfung unter ein militärisches Diktat der USA, denen das Völkerrecht nur einen Fetzen Papier wert ist !

Brigitte Queck,
Dipl. Staatswissenschaftlerin Außenpolitik,
Potsdam

Eva Niemeyer:
Die "Unabhängigkeit" des Kosovo - eine Perle in der Kette deutscher Balkanstrategie

Als anlässlich des "Zwei-Plus-Vier-Vertrages" im September 1990 der bundesdeutsche Außen-minister die "Botschaft an die Völker dieser Welt" richtete: "Wir wollen nichts anderes, als in Freiheit und Demokratie und in Frieden mit allen anderen Völkern leben"[1], ahnte noch niemand, dass gerade mal ein Jahr später das "der größeren Verantwortung bewusst(e)"[2] Großdeutschland mit der einseitigen Anerkennung Sloweniens und Kroatiens die Zerschlagung Jugoslawiens einleitete, die bis heute mit der völkerrechtswidrigen Abtrennung des Kosovo von Serbien noch nicht zu Ende ist.

Der erste Streich

Am 25.06.1991 erklären die jugoslawischen Republiken Kroatien und Slowenien die völkerrechtswidrige Abspaltung von Jugoslawien. Die jugoslawische Staatsführung versucht mit dem sog. "Operetten"-Einmarsch (mit einer Bundesarmee ohne scharfe Munition und ohne Schießbefehl!) in Slowenien am 27.06.1991, die staatliche Einheit zu retten. Die kroatische Regierung beschließt eine neue Verfassung, die alle Nicht-Kroaten, vor allem die Serben mit einem über 13%-Anteil[3] an der Bevölkerung in Kroatien, zu Minderheiten mit eingeschränkten Bürger-rechten erklärt. Die serbische Bevölkerung in der Kraijna will daraufhin ihrerseits mit Ost-slawonien einen eigenen serbischen Staat gründen, die muslimische Bevölkerung in Bosnien pocht auf ihr Selbstbestimmungsrecht, eine Kettenreaktion nimmt ihren Lauf ...

Sie war allerdings von deutscher Seite durchaus berechnet, wenn nicht gar gewollt: Für sie war es ein "Schritt zur Schaffung einer neuen deutschen Einflusssphäre in Mittel- und Osteuropa ... Deutscher Einfluß kehrt zurück in eine Region, in der er lange Tradition hat: vom Ural bis zur Oder und von der Ostsee bis zur Adria. Verglichen mit Deutschland, spielen andere westliche Staaten auf dieser Bühne nur Nebenrollen."[4] Noch deutlicher wird die Prawda vom 20.2.1993: "Wir wurden mit einer erstaunlichen Tatsache konfrontiert: Die internationale Gemeinschaft erkannte das Recht auf Abtrennung als gewichtiger an als das Recht, in seinem Land zu verbleiben. So wurde ein großes Verbrechen begangen: Jugoslawien, einer der Gründungs-staaten der UNO, wurde zerstört. Ich sage es direkt: Hinter all diesen Ereignissen steht die Politik Deutschlands ... Alles begann mit der Vereinigung Deutschlands. Als das gerade ge-schehen war, begann Deutschland, die Sieger im Zweiten Weltkrieg zu bestrafen ... Jugoslawien wurde das erste Opfer der Politik des Revanchismus."[5]

Tatsächlich gelang es Deutschland, in der Frage der einseitigen Anerkennung Sloweniens und Kroatiens die EG zu erpressen: Die Frage der Währungsunion und die "Aufgabe" der D-Mark wurden plötzlich Verhandlungsmasse bei der Durchsetzung des "Selbstbestimmungsrechts" Sloweniens und Kroatiens. Und so konnte am 16.12.1991 auf einer EG-Außenministertagung die Anerkennung der Unabhängigkeit zum 15.1.1992 durchgesetzt werden. Das reichte Deutschland aber noch nicht, es musste vorpreschen und schon am 17.12.1991, einen Tag nach der Ent-scheidung, einseitig anerkennen.[6]

Die New York Times verzeichnet am 22.11.1991: "Seit Kroatien im Juni seine Unabhängigkeit erklärt hat, sind die Serben in Kroatien Opfer einer Einschüchterungskampagne geworden. ... (die) Entscheidung, eine Staatsflagge nach dem Muster der Ustascha-Flagge einzuführen, hat alles noch viel schlimmer gemacht. ... Mann kann den Serben nicht vorwerfen, Angst vor einer Wiedergeburt eines extremistischen Kroatien zu haben." Folgerichtig lässt der kroatische Präsident Tudjman nach der Abspaltung Kroatiens alle KZ-Gedenkstätten schließen.

Der zweite Streich

1992 löst dann der bosnische Präsident Itzetbegovic illegal das bosnische Parlament auf und geht zu einem fundamentalistisch-islamischen Kurs über. Die von der EG geforderte Volks-abstimmung über die Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas wird vom serbischen Be-völkerungsteil (33%!) boykottiert, in Montenegro hingegen stimmen 95,9% der Wähler für den Verbleib in Jugoslawien. Am 6.4.1992, pikanterweise der 51. Jahrestag des faschistischen Überfalls auf Jugoslawien, erkennt die EG abermals auf Druck Deutschlands[7], das sich diesmal der Unterstützung der USA versichert hatte, Bosnien-Herzegowina an. Damit begann "der zweite Akt der jugoslawischen Tragödie, der blutige Aufteilungs- und Aneignungskrieg um Bosnien mit seinen grausamen Flucht- und Vertreibungswellen."[8]

Der Ex-Botschafter der DDR in Jugoslawien, Ralph Hartmann, weist nach, dass jede Eska-lationsstufe bis hin zu Dayton (14.12.1995) und anschließend bis zum Kosovo-Krieg von Deutschland und deutschen Interessen getrieben wurde. Deutschland war demnach systematisch in der "Scharfmacher"-Rolle gewesen und hat mit dieser die NATO-Einsätze erst möglich gemacht. "Druck und Ultimaten in Richtung der Serben, Zuspruch und Ermunterung für die anderen Bürgerkriegsparteien, Sanktionen gegen die Serben und die Bundesrepublik Ju-goslawien, humanitäre Hilfe für die Kroaten und Moslems; Forderungen nach ausländischer militärischer Einmischung in den Bürgerkrieg und Beteiligung an den NATO-Angriffen auf serbische Stellungen und Ortschaften, Duldung, wenn nicht gar Organisierung der Lieferung von Waffen und anderem Kriegsgerät für die kroatischen und moslemischen Streitkräfte"[9], "Sanktionsverhinderung gegenüber Kroatien, Embargostopp für die Moslems"[10]. So das Muster bundesdeutscher Parteinahme. Und das ist nicht neu: "Den Kroaten schmeicheln, den Haß gegen die Serben schüren", schrieb Goebbels als "Propagandadirektive" am 7.4.1941, einen Tag nach der Bombardierung Belgrads, in sein Tagebuch[11]. Die USA konnte erst dann mit Dayton das Heft in die Hand bekommen, nachdem der Vance-Owen und der Vance-Stoltenberg Plan am Widerstand der bosnischen Serben gescheitert waren.

Der Ruf nach militärischem Eingreifen ist von deutscher Seite bereits 1991 erklungen[12], es folgten eine Reihe von "Beiträgen" des von allen historischen Fesseln befreiten deutschen Imperialismus: 15.7.1992 Regierungsbeschluss zur Teilnahme von Einheiten der Bundesmarine am NATO-Einsatz zur Sanktionsüberwachung, 2.4.1993 Regierungsbeschluss über Teilnahme von Bundeswehrsoldaten an AWACS-Einsätzen über Bosnien-Herzegowina, 30.6.1995 Bundes-tagsbeschluss zur Teilnahme der Bundeswehr an der 10.000 Mann starken Schnellen Eingreiftruppe von EU und NATO, 6.12.1995 Regierungsbeschluss zur Beteiligung der Bun-deswehr der internationalen "Friedenstruppe" (IFOR) in Bosnien-Herzegowina und damit zum größten Auslandseinsatz in der Geschichte der Bundeswehr.[13]

Und der dritte folgt sogleich

Die Abspaltung des Kosovo wurde ebenfalls maßgeblich und früh von Deutschland voran-getrieben. Nachdem im September 1991 die albanische Bevölkerungsmehrheit in Kosovo die "Republik Kosovo" ausruft, die einzig von Albanien anerkannt wird, wird die Exilregierung mit Ibrahim Rugova an der Spitze in Stuttgart beherbergt, über die Achse Bonn-Tirana[14] (damals noch regiert vom BRD-treuen Sali Berisha) die Sezessionsbewegung im Kosovo angeheizt und parallel die damals noch u.a. von den USA als "Terrorvereinigung" eingestufte UCK vom BND aufgerüstet.[15] Bis zur Verhandlungsfarce in Rambouillet war und blieb Deutschland die treibende Kraft, um auch in diesen Krieg zu stürzen und einen historischen militärischen Beitrag zu leisten, der das Friedensgebot des Grundgesetzes für immer zur Makulatur machen sollte.

Die Kriegsinteressen der imperialistischen Konkurrenten lassen sich wie folgt auf den Punkt bringen: "Die Verhältnisse im Kosovo spielten längst keine Rolle mehr. Die USA wollten den eigenen Rang und die Bedeutung der NATO in der Weltpolitik vor Augen führen, Groß-britannien und Frankreich ihre militärische Führungsrolle im Rahmen der EU unter Beweis stellen und Deutschland einen weiteren Teil Jugoslawiens in ein auch von Berlin aus ver-waltetes Protektorat verwandeln."[17] Entsprechend sortierte sich die Haltung der Konkurrenten zum NATO-Überfall auf Jugoslawien: "Die USA und Deutschland standen für eine harte Linie gegen Belgrad und für Nato-Luftangriffe, notfalls ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats. Großbritannien schloss sich dieser Linie mit Einschränkungen an. Italien und Frankreich bestanden auf dem UN-Mandat, während Russland Luftschläge gegen Belgrad ebenso ablehnte wie die Entsendung einer Nato-geführten Truppe in das Kosovo und deshalb bei bestimmten Fragen gar nicht erst einbezogen wurde.[18]

Die einzige Macht aber, die in dieser Gemengelage immer wusste, wohin sie wollte und damit die anderen zwang, sich zu positionieren, war Deutschland. Großbritannien hatte die Eska-lationsbewegungen an der Seite der USA nachvollzogen, allerdings mehr verbal (als Signal an den bevorzugten Bündnispartner), ansonsten war Großbritannien in actu sehr zurückhaltend. Frankreich hatte sich gegen die USA positioniert, um seine Eigenständigkeit unter Beweis zu stellen (ohne aber zugleich die Achse Bonn-Paris offen zu torpedieren), und die USA hatte auf keinen Fall den Durchmarsch der neuen Großmacht Deutschland dulden können.[18] Ex-Außenminister Henry Kissinger drückte das Dilemma der USA aus: "Jetzt gibt es keine Alter-native mehr zur Fortsetzung  und Intensivierung des Krieges, wenn nötig bis zum Einsatz von Bodentruppen - eine Lösung, gegen die ich bisher leidenschaftlich gekämpft habe, aber die jetzt erwogen werden muss, um die Glaubwürdigkeit der Nato zu wahren"[19], nachdem die New York Times noch am 8.6.1998 kundtat: "Das Pentagon hat deutlich erklärt, dass es irgendeine Form der Entsendung von Truppen in den Balkan nicht unterstützt."[20] Tatsächlich standen schließlich 150.000-200.000 NATO-Soldaten für die Bodenoffensive bereit, als es der Schröder-Regierung gelang, Russland für eine UN-Resolution ins Boot zu holen, auf diese Weise die Führung wieder in die Hand zu bekommen und den deutschen Imperialismus plötzlich als Friedensmacht zu präsentieren[21]. Und durchgesetzt hat sich schließlich mit der heutigen Entwicklung der am 14.4.1999 bekannt gewordene sogenannte "Fischer-Plan", der - anders als die Vorlage von Ram-bouillet - den vollständigen Abzug jugoslawischer Sicherheitskräfte aus dem Kosovo vorsah und den Kosovo zu einem UN-Protektorat zu machen suchte.[22]

Die jetzige Anerkennung des Kosovo erfolgte zwar scheinbar von den USA zuerst, tatsächlich aber war sie das langjährige Werk deutscher Wühlarbeit. Daher ist es auch kein Zufall, dass Deutschland als erstes Land eine Botschaft in Pristina eröffnet hat (vom Auswärtigen Amt offiziell bestätigt am 27.2.2008[23]). Aber auch heute gilt wieder, wie im obigen Zitat so treffend formuliert: "Die Verhältnisse im Kosovo spiel(t)en längst keine Rolle mehr." Der Kosovo ist nur ein weiterer Baustein in der Beherrschung des Balkan - unter deutscher Führung. Schon klopfen die "Karpaten-Ungarn" an die Tür und wollen in Rumänien und der Vojvodina Autonomierechte für ihre Volksgruppen durchsetzen – eine weitere Gelegenheit für bundesdeutsches Eingreifen tut sich auf, denn wie Heinrich Himmler bereits 1940 erklärte: "... wir (haben) nicht nur das größte Interesse daran ..., die Bevölkerung des Ostens nicht zu einen, sondern im Gegenteil in möglichst viele Teile und Splitter zu zergliedern."[24]

Und so setzt sich eine Tradition fort, die bereits zu Beginn des vorigen Jahrhunderts ihren Lauf nahm ...

Historische Kontinuitäten

Als sich mit dem Aufstand in der Herzegowina und in Bosnien unter serbischer Führung die Nationenbildung auf dem Balkan gegen die türkische Fremdherrschaft abzeichnete, vereinbarten im Berliner Memorandum von 1876 das Deutsche Reich unter Bismarck, Russland mit Staats-kanzler Gortschakow und die Habsburger Monarchie mit Graf Andrássy, dass "die Mächte die Entstehung eines großen slawischen Staates nicht fördern werden."[25] Als treibende Kraft dieser südslawischen Nationenbildung wurden die Serben identifiziert, die ihr kleines serbisches Königreich in langwierigen Kämpfen gegen die Türken ertrotzten, und so galt es, dieses nie mehr als zehn Millionen Menschen zählende Volk zu dämonisieren und zum Brandherd eines herbeigesehnten Weltkrieges zu machen.

"Mit seiner Empfehlung an Wien, gegen Serbien loszuschlagen, zündete Kaiserdeutschland sie (die Lunte am balkanischen Pulverfaß) und machte den Balkan und ganz Europa zum Schlachtfeld."[26]

Der faschistische Überfall am 6.4.1941 knüpfte an diese Tradition an: Es ging gegen "die gleiche serbische Verbrecherclique, die gleichen Kreaturen, die ... durch das Attentat von Sarajewo die Welt in ein namenloses Unglück gestürzt haben."[27] (Wir haben noch Kinkels Worte im Ohr vom 24.5.1992: "Wir müssen Serbien in die Knie zwingen."[28]) Wieder hatten sich die Jugoslawen, allen voran die Serben, unbotmäßig gezeigt, weil sie nicht bereit waren, den am 25.3.1941 geschlossenen Vasallenvertrag mit dem Drei(-Faschisten)mächtepakt aus Deutsch-land, Italien und Japan zu akzeptieren und am 27.3.1941 folgerichtig ihre Regierung stürzten.

Mit dem faschistischen Überfall begann die Zerschlagung Jugoslawiens mit ihren weithin bekannten Verbrechen gegen die jugoslawischen Partisanen und vor allem an der serbischen Bevölkerung. Das Land wurde in eine deutsche und eine italienische Interessensphäre geteilt, Slowenien annektiert und Deutschland und Italien gemeinsam zugeschlagen. Aus Kroatien wurde der "Unabhängige Staat Kroatien", aufgeteilt in eine italienische und eine deutsche Besatzungszone, zu der auch Bosnien und Herzegowina gehörten. Serbien geriet unter deutsche Besatzung und wurde auf das im ersten Balkankrieg 1912 gegen die Türkei erstrittene Territorium reduziert. Kosovo und Metohien wurden an das italienische Albanien ange-schlossen, wobei die Blei- und Zinkerzminen um Trepca zum deutschen Okkupationsgebiet gehörten.[29] Schließlich hatte der Vorsitzende des Südosteuropa-Ausschusses der IG Farben bereits 1940 erklärt: "Deutschland und die Länder des Südostens bilden zusammen einen Lebensraum, der ... allen beteiligten Ländern eine weitgehende wirtschaftliche Er-gänzungsmöglichkeit gibt ... Wer die Verhältnisse der Länder des Südostens kennt und die besondere Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit diesen Ländern, weiß, dass es sich bei dem Begriff Lebensraum nicht um einen Raum handeln kann, in dem Deutschland siedeln oder leben will, sondern mit Deutschland zusammenleben und Wirtschaft treiben will. ... Deutschland ist für die Entwicklung der Länder des Südostens von ebenso entscheidender Bedeutung, wie diese Länder für die Deckung des deutschen Bedarfs [Hervh. E.N.] von Wichtigkeit sind -, die Länder des Südostens gehören ebenso zum Lebensraum Deutschlands wie Deutschland zum Lebensraum dieser Länder gehört."[30]

Daran hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert. Hinzuzufügen wäre noch die strategische Bedeutung des Balkans als Sprungbrett nach Zentralasien mit seinen zahlreichen Öl- und Gas-vorkommen. Darauf ist noch einmal zurück zu kommen ...

Der vierte Streich

Mit der Nachkriegs-Resolution 1244 wurde Kosovo zum UN-Protektorat (UNMIK), wie im erwähnten "Fischer-Plan" gewünscht, militärisch unterstützt von den KFOR-Truppen der NATO. Nicht vorgesehen war in dieser Resolution allerdings die Unabhängigkeit des Kosovo oder eine Übernahme durch die EU, wie diese sie am 14.12.2007 in Form einer "Stabi-lisierungsmission" beschlossen hatte: Danach sollten rund 2.000 Polizisten, Richter und Staats-anwälte den neuen Zwergstaat, unabhängig von seinem zu klärenden Status[31], verwalten. Nun musste die Mission mit Namen "Eulex"[32] immer wieder verschoben werden, da handfeste Interessen anderer Staaten deutlich im Wege standen, und dies auch noch mit der Rücken-deckung des Völkerrechts: Russland und China als Mitglieder des UN-Sicherheitsrats, Serbien als unmittelbar betroffener Staat, dem ein weiteres Stück seines Territorium entrissen[33] werden sollte und wurde. EU-Staaten wie Zypern oder Spanien, denen bei einem Abnicken dieses Völkerrechtsbruchs sehr unwohl war angesichts der wackligen territorialen Integrität ihrer eigenen Staaten, mussten erst noch auf Linie gebracht werden. Die neue „Einigung“ bestand dann darin, Eulex durchzuführen, die Entscheidung über die Anerkennung des Kosovo als unabhängigen Staat jedoch jedem EU-Staat selbst zu überlassen. Entsprechend haben u.a. Spanien, Zypern, Griechenland und Rumänien den Kosovo bisher nicht als eigenständigen Staat anerkannt.[34]

Auch auf dem Balkan selbst musste Deutschland einen diplomatischen Eiertanz vollführen, um sein Interesse an der Sezession des Kosovo durchzusetzen: Da galt es zunächst, die Wiederwahl der EU-Marionette Boris Tadic[35] abzusichern und Serbien mit einem EU Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen oder zumindest einer Light-Version in Form eines reduzierten Handels- und Visa-Abkommens zu locken, die der störrische serbische Ministerpräsident Kostunica[36] entschieden ablehnte. Parallel musste man die Führung im Kosovo davon abhalten, mit einer voreiligen einseitigen Unabhängigkeitserklärung alles zu verderben, d.h. die Mehrheit der Staaten gegen den Völkerrechtsbruch aufzubringen. Vorsorglich wies man in (deutschen) bürgerlichen Medien natürlich auf die „imperialen“ Interessen Russlands hin, das kürzlich mit Gazprom[37] 51% der serbischen Erdölgesellschaft Nis erworben hat und die Gasversorgung Serbiens mittels Ausbau der bestehenden Gasleitung ("South Stream") aus Russland durch das Schwarze Meer nach Bulgarien[38] absichern will.

Der weitere Streich liegt in der Schublade

Um die Revanche auf dem Balkan erfolgreich fortzusetzen, galt und gilt es weiterhin, die deut-schen Interessen als um "nachhaltige Stabilität" und "Demokratie" in der Region ringende Bemühungen zu verschleiern, nachdem man dort – wir erinnern uns – vor kurzem noch erfolg-reich "Auschwitz verhindert" hatte ... Zu diesem Zweck, tatsächlich aber zur "wissen-schaftlichen" Fundierung des Führungsanspruchs Deutschlands auf dem Balkan, beauftragte das Zentrum für Transformation der Bundeswehr (ZTransBW) im Jahr 2006 das Institut für Europäische Politik (IEP) in Berlin mit einer großangelegten Studie, Titel: "Operationalisierung von Security Sector Reform (SSR) auf dem Westlichen Balkan – Intelligente/kreative Ansätze für eine langfristig positive Gestaltung dieser Region", die es sich dank ihrer sachlichen Unverblümtheit bei gleichzeitiger "Geheimhaltung" genauer zu betrachten lohnt – wobei wir die daraufhin erfolgte und noch erfolgende Umsetzung, sprich Machenschaften hinter den Kulissen sowie deren mediale "volksgerechte" Aufbereitung wieder erst Jahre später erfahren dürften: 

Mit "Security Sector Reform" ist gemäß dem "Erweiterten Sicherheitsbegriff" der EU der kom-plette Umbau des Sicherheitsapparates eines Landes unter dessen ziviler "demokratischer" Kontrolle gemeint, die man allerdings - wie im Jugoslawien-Krieg erfolgreich absolviert – ge-gebenenfalls erst einmal herbeibomben muss. Die Auffassung dieses modernen Befriedungs-begriffs gibt die Studie wie folgt zum besten: "Der Ansatz der Sicherheitssektorreform stellt sich somit ausschließlich als Teilaspekt einer tiefergehenden gesellschaftlichen Transformation dar, welche nicht auf eine bloße effizienzorientierte Umstrukturierung der unterschiedlichen Sicherheitskräfte setzt, sondern vielmehr die Veränderung der gesamtgesellschaftlichen 'Sicher-heitskultur' im Reformland anstrebt." Und damit der Leser angesichts des hochgestochenen Kauderwelschs nicht im Unklaren gelassen wird, folgt die Fußnote: "Dies wird besonders in autoritären Systemen wie etwa der DDR deutlich, die durchaus über effiziente Sicherheits-sektoren verfügte."[39] Es geht also NICHT um "Sicherheit", sondern um die Herstellung eines Besatzerstatus unter Abschaffung sämtlicher Souveränitätsrechte und Zerschlagung historisch gewachsener Strukturen; es geht um die Zurichtung der Gesellschaft formal nach dem Format bürgerlich-kapitalistischer Gesellschaften, inhaltlich, ihrem Wesen nach, zu treuen Vasallen imperialistischer Hegemonialinteressen, hier: deutscher.

Entsprechend desaströs wird die Lage im Kosovo gezeichnet: Beherrscht werde das Land von mafiösen Strukturen, die sich nach dem Krieg des Staatsapparates bemächtigt und jeden Ansatz "demokratischer" Verwaltung zunichte gemacht haben. (Wir erinnern uns: An die Macht im Kosovo waren jene Handlanger und Kriegsverbrecher gekommen, die Deutschland Anfang der neunziger Jahre so gepäppelt hatte!) Armut und Analphabetentum grassieren – 37% unterhalb der Armutsgrenze, mindestens 43% Arbeitslosigkeit (75% unter jungen Menschen), das Import-Export-Verhältnis bei 27:1, wobei 43% der arbeitenden Bevölkerung auf Subsistenzwirtschaft beschränkt ist.[40] Die mangelnde Stromversorgung habe bisher im Winter immer wieder Erfrierungstote gefordert - ein Versagen, das die Studie der EU als im Rahmen der UNMIK direkte Verwalterin der Energieagentur KEK im Kosovo anlastet[41].

Überhaupt spart die Studie nicht mit Kritik an der UNMIK-Verwaltung, die es nicht vermocht habe, demokratische bzw. stabile Verwaltungsstrukturen aufzubauen, sondern vielmehr mit der Anerkennung von Kriegsverbrechern als örtliche Verhandlungspartner bis hin zu Ver-strickungen im Mafiamilieu den heutigen Zustand eher befördert habe. (Wir erinnern uns ...) Statt einer modernen Justiz beherrsche das "aus dem 15. Jahrhundert stammende, mündlich überlieferte Gewohnheitsrecht ('Kanun')", das "insbesondere patriarchal-tribale Prinzipien wie das der Großfamilie und der Altersautorität umfasst. Der Kanun schreibt dabei nicht nur die Vorherrschaft des Mannes fest, sondern baut darüber hinaus auf einem gewaltlegitimierenden Ehrkonzept auf, welches die Begriffe Besa (Ehre) und Gjakmaria (Blurache) in den Mittelpunkt eines pseudojuristischen Ordnungssystems stellt."[42]

Außerdem sei das "multiethnische Gesellschaftsmodell" völlig gescheitert, da es UNMIK nicht geschafft habe, die nicht-albanische (sprich: serbische) Bevölkerung zu schützen, die zu Hun-derttausenden das Land verlassen habe und deren "Reste" in Enklaven hausen muss, aus denen man sich nicht herausbewegen könne, ohne dem "smart Terror" der albanischen Bevölkerung "unterhalb der internationalen Wahrnehmungsschwelle"[43] ausgeliefert zu sein (Steine auf Busse, verbale Einschüchterungen, behördliche Gängelei etc.).

Selbstverständlich wird die ganze Misere nicht darauf zurückgeführt, dass der deutsche Im-perialismus es vermocht hat, das "Völkergefängnis" für die ethnische Barbarei zu öffnen und mit der Bombardierung Serbiens auch den Kosovo ins Mittelalter zurück zu katapultieren, sondern vielmehr auf den Umstand, dass sich die UNMIK aus 49 Entsendestaaten zusammensetzt, die, zum großen Teil aus afrikanischen und asiatischen Staaten stammend, ein "gehäuftes Maß an Inkompetenz und Bereicherungsstreben"[44] mitgebracht hätten. Hinzu seien erhebliche Abstimmungsprobleme zwischen KFOR und UNMIK gekommen, wobei jede nationale Einheit ihre eigenen Wege gehe.[45] Schaut man sich dazu die Karte der territorialen KFOR-Aufteilung in eine deutsche, eine italienische, eine französische und eine US-amerikanische Zone an, kann man sich vorstellen, wie das kleine Gebiet des Kosovo durch konkurrierende imperialistische Interessen heruntergewirtschaftet wurde und wie es  weiterhin zum Spielball der imperialis-tischen "Mannschaften" Eulex und KFOR wird – "Unabhängigkeit" hin oder her. Denn KFOR soll bleiben, nur UNMIK soll durch Eulex abgelöst werden, auch ohne irgendeine völker-rechtliche Grundlage.

Da wird es Zeit, dass Deutschland die Führung übernimmt und wieder einmal ordentlich durchgreift. So zeige sich ja schon, wie gut es mit der Abstimmung funktioniert, wenn Deutsche an der Spitze stehen: "Zu verdanken ist dieser Fortschritt [eines Koordinierungstreffens zwischen den verschiedenen Protektoratsinstitutionen im Oktober 2006 – E.N.] insbesondere dem guten persönlichen Verhältnis des deutschen UNMIK-Chefs Joachim Rücker[46] mit dem ebenfalls aus Deutschland stammenden KFOR-Kommandeur, Generalleutnant Roland Kather, und unterstreicht nicht nur die Bedeutung von top-down-Prozessen, sondern auch den hohen Stellenwert von Beziehungsnetzwerken und 'persönlicher Chemie' im Einsatz", die natürlich nur unter deutschen Landsleuten so richtig aufkommen kann ...

So wird im letzten Kapitel der Studie "Nationale Interessen und Optionen" die Notwendigkeit deutscher Führung begründet (IEP-Studie S. 120 ff):

- "Deutschland als Vorreiter einer neuen Sicherheitsphilosophie": "Im Gegensatz zu anderen Staaten begreift sich Deutschland bereits heute als Motor einer nachhaltigen Sicherheitspolitik ... und könnte durch die Einnahme einer Vorreiterrolle bei der Entwicklung einer neuen euro-päischen und transatlantischen Sicherheitsphilosophie einen enormen internationalen Ansehensgewinn realisieren."

- "Deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2007 als Wegbereiter". Deutschland möge in dieser Eigenschaft den Strategiewechsel[47] mit einem "10-Punkte-Papier zur Zukunft des Kosovo nach der Statuslösung" einleiten und ein EU-internes "Food for Thought" Papier einbringen, wonach im Namen der Bekämpfung organisierter Kriminalität der "Elitenwechsel" im Kosovo er-möglicht bzw. von wirtschaftlicher Aufbauhilfe abhängig zu machen ist.

- "Deutsche Personalstrategie für internationale Positionen". Hier geht es darum, aus der Tatsache, "dass mittlerweile nahezu alle Führungsfunktionen auf dem Balkan mit deutschen Staatsbürgern besetzt sind", "nachhaltig Kapital zu schlagen und mit einem aktiven politischen Gestaltungswillen zu verknüpfen", was bisher nicht gelungen sei.

Eine ad hoc Arbeitsgruppe namens "Kosovo Strategy Group" aus "unabhängigen Experten" möge den Strategiewechsel mittels "klassischer parlamentarischer Lobbyarbeit" zur "Bewusstseinsschaffung unter Führungspersonen der Regierungsfraktionen sowie den Mitglie-dern des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses" während der deutschen Ratspräsidentschaft vorbereiten.

Im Mittelpunkt des „Strategiewechsels“ stehen die eingangs der Studie deutlich vorgetragenen "Deutsche(n) Interessen auf dem Balkan":

- Der Kosovo ist das "unzweifelhaft ... zentrale sicherheitspolitische Handlungsfeld Deutsch-lands. Deutschland ist dabei nicht nur der wichtigste Truppensteller auf dem Balkan, dem eine erhebliche Verantwortung beim Schutz eigener (ziviler und militärischer) Kräfte sowie der lokalen Zivilbevölkerung zufällt, sondern verkörpert obendrein den bedeutendsten Geldgeber für den regionalen Wiederaufbau, was nahezu zwangsläufig ein aktives Interesse am Gelingen der internationalen Stabilisierungsbemühungen mit sich bringt."

- "Die Stabilisierung des Balkan als Lackmustest europäischer Handlungsfähigkeit". Hier geht es um die "deutsche und europäische Glaubwürdigkeit zum weltweiten Krisenmanagement" und die "zukünftige außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands und der Europäischen Union", weshalb ein Scheitern der ressourcenintensiven Mission[48] auf jeden Fall verhindert werden müsse. Dazu gehört im übrigen auch, den an anderer Stelle erwähnten[49] "kontraproduktiven" Einfluss der USA zurück zu drängen. Letztere bestehe u.a. in der "teils offene(n) Behinderung europäischer Ermittlungsbemühungen" gegen Kriminelle (der stell-vertretende UNMIK-Chef Steve Schook betrinke sich einmal die Woche mit Expräsident Ramush Haradinaj) und im Verstoß gegen die UN-Resolution 1244 durch eine von pentagon-nahen Firmen organisierte Militärausbildung des KPC (Kosovo Protection Corps)[50].

- "Kosovo als 'Zentrales Experimentierfeld" der ESVP (Europäische Sicherheits- und Vertei-digungspolitik). Es geht um die "einzigartige Chance zur Weiterentwicklung gemeinsamer euro-päischer Fähigkeiten sowie der Vernetzung ziviler und militärischer Krisenmanagementakteure [unter deutscher Führung – die AG], da faktisch alle sicherheitspolitischen Kompetenzbereiche betroffen sind. Dies gilt insbesondere für das Kosovo, welches sich angesichts wachsender Interessenkonflikte mit den USA und Russland zunehmend zu einem 'Prüfstein für die EU'" entwickle.

Kurzum: Deutschland hat sich mit dem Vehikel der EU – koste es, was es wolle – auf dem Balkan durchzusetzen, gegen Russland und gegen die USA, als "Lackmustest" und "Prüfstein" für weitere imperialistische Aktionen anderswo.

Die Zielgerade

Und die Wirtschaftsinteressen? Aus der Studie erfahren wir, dass "nach unabhängigen Schät-zungen allein in der Trepca-Mine im nördlichen Teil Kosovos Erzvorkommen im Wert von 25 Mrd. € vermutet" werden. (Wir erinnern uns: Die Trepca-Mine gehörte einst zum deutsch-faschistischen Besetzungsgebiet.) "Hinzu kommt, dass sich besonders die gesicherten, auf rund 8,7 Mio. Tonnen geschätzten Braunkohlevorkommen bereits wenige Meter unter der Erde befinden und somit als leicht abbaubar gelten".[51] Obwohl die Qualität der Braunkohle als minderwertig zu erachten sei, stehen die Energiemonopole RWE und EnBW bereits in den Startlöchern: Sie "gehören zu den offiziellen Bewerbern um das etwa 3,5 Mrd. Euro teure Projekt eines neuen, 2,1 Megawatt großen Braunkohlekraftwerks 'Kosovo C' mitsamt neuer Kohlegrube."[52]

Wichtiger noch als die Rohstoffvorkommen des Kosovo ist allerdings die Beherrschung des Balkan als strategischer Brückenkopf nach Vorder- und Zentralasien. Und hier geht es, neben Absatzmärkten und Einflusszonen,  u.a. konkret um die Gasvorkommen im zentralasiatischen Raum und deren Absaugung via Pipelines über den Balkan Richtung Westeuropa:

Die "Nabucco"-Pipeline, deren Baubeginn für 2009 geplant ist, soll Gas aus der Kaspischen Region, vor allem dem Iran (South-Pars-Feld, das bereits von Total, Shell und ENI/Agip genutzt wird), über die Türkei, an Serbien vorbei (!) über Bulgarien, Rumänien und Ungarn zum Netzknoten Baumgarten an der slowakisch-österreichischen Grenze leiten. Das Konsortium wird von der österreichischen OMV betrieben, RWE wurde jüngst als zusätzlicher Partner zu den Erdgasunternehmen der Region ins Boot gelassen. Inzwischen ist auch eine Beteiligung von Gaz de France im Gespräch – das Bündnis mit Frankreich hat schließlich seinen Preis. Die Kon-kurrenzpipeline heißt "South Stream" und wird von Russland in Absprache mit den För-derländern Turkmenistan und Kasachstan betrieben. Die Pipeline, an der der italienische Energiekonzern ENI beteiligt ist, soll von Russland durch das Schwarze Meer über Bulgarien, Mazedonien und Albanien nach Süditalien führen und ebenfalls eine Abzweigung nach Österreich haben. Das Nabucco-Konsortium will daher Russland in sein Projekt einbinden und South Stream in Bulgarien an Nabucco anschließen, um sowohl Gas aus Russland als auch aus Zentralasien zu transportieren. Gegen Gas aus Iran zieht allerdings die US-Regierung zu Felde, auch wenn sie "offiziell" das Nabucco-Projekt unterstützt. Dabei scheint eher die Frontstellung gegen Russland eine Rolle zu spielen, da South Stream wiederum eine Konkurrenz-Pipeline zur US-amerikanischen BTC (Baku-Tbilissi-Ceyhan) Pipeline ist, die bewusst russisches Terri-torium umgeht. Eine Unterstützung des Nabucco-Projekts ohne den Iran ist allerdings faktisch keine, denn dort lagern mehr als Dreiviertel aller Gasreserven in Zentralasien ...[53]

Das Gerangel um Pipelines heißt aber nichts anderes als Kampf um die langfristige Zugriffsicherung auf Energiequellen, heißt wiederum nichts anderes, als sich alle bzw. mög-lichst viele Staaten der Region – die "Besitzer" der Rohstoffquellen wie die Transitländer – gefügig zu machen. Und darum ist es auch wichtig, wer den Balkan entsprechend "mund-gerecht" zerstückelt und beherrscht!

Der International Crisis Group, die die Sezession des Kosovo "begleitet" hat, gehören hochrangige Vertreter der deutschen Bourgeoisie[54] an und man darf damit rechnen, dass nun ein erheblicher Teil der strategischen Vorstellungen der deutschen Denkfabrik (IEP) umgesetzt wird. Da man auf Unruhen gefasst war und der Studie entsprechend einen Truppenrückzug aus der Region auch nach der "Unabhängigkeit" für wenig opportun hält, hat die Bundeswehr bereits seit November letzten Jahres ihre Aktivitäten in der Region verstärkt. So begann bereits am 16.11.2007 das deutsche NATO-Reservebataillon (Operational Reserve Force, ORF) im Süden Serbiens mit Patrouillen. Die 550 Soldaten entstammen dabei hauptsächlich dem Gebirgs-jägerbataillon 232 aus Bischofswiesen-Strub (bei Berchtesgaden in Bayern), dessen Tradition auf das 1938 gegründete Gebirgsjägerregiment 100 zurückgeht, das wiederum an Kriegs-verbrechen der Wehrmacht beteiligt war. Das Gebirgsjägerbataillon 232 hat bereits einige Ein-sätze in Kroatien, in Bosnien-Herzegowina und in Mazedonien hinter sich.[55] Abermals schließt sich der historische Kreis ...

Nachdem sich der deutsche Imperialismus in der Kosovo-Frage hat durchsetzen können, ist damit aber längst nicht das Ende der Fahnenstange auf dem Balkan erreicht: Die fast aus-schließlich von Serben bewohnte Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina könnte sich ver-anlasst fühlen, ebenfalls die Unabhängigkeit zu verlangen. Darauf vorbereitet, beteiligen sich bereits deutsche Soldaten an sogenannten "Liaison and Observation Teams" in Bosnien-Herzegowina. Die autonome serbische Provinz Vojvodina könnte die Sezession verlangen mit der Begründung, dass dort eine starke ungarische Minderheit lebt. In Mazedonien und Süd-Serbien sind bereits bewaffnete Albaner unterwegs, um sich mit dem Kosovo zusammen zu schließen und ein "Großalbanien" zu fordern.

Wie lange und wie oft noch wird der deutsche Imperialismus zündeln, bis die Region endgültig wieder in Flammen steht und deutsche Tornados abermals den Balkan zerbomben? Wie weit werden die imperialistischen Konkurrenten mitspielen bzw. stillhalten? Die Sezession des Kosovo ist ein weiterer Schritt in den nächsten Krieg, wenn es nicht gelingt, dem deutschen Imperialismus einen Riegel vorzuschieben.

Die Partei "Die Linke" hat bereits Organklage gegen die deutsche Anerkennung des Kosovo angekündigt. Sie ist in dieser Frage rückhaltlos zu unterstützen. Erfolg kann sie aber nur in dem Maße haben, wie sich innerhalb der Arbeiterbewegung und im demokratischen Kleinbürgertum eine Bewegung gegen die herrschende Klasse hier im Land und ihre Expansionsbestrebungen formiert: "Hände weg von Serbien! Abzug aller Soldaten und Bürokraten vom Kosovo! Raus aus dem Balkan!"

Eva Niemeyer,
Essen

FUSSNOTEN

  1. Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Bonn, September 1990, S. 56, zit. n. Ralph Hartmann, "Die ehrlichen Makler", 1999, S. 12
  2. ebd., S. 86
  3. Dieser Anteil betrug im übrigen vor den Massakern des faschistischen Ustascha-Regimes an den Serben und deren Vertreibung aus Kroatien noch 30%! (vgl. Ralph Hartmann, ebd., S. 58)
  4. Robert Gerald Livingston: "Guten Morgen Deutschland", in: Der Spiegel, 4/1992, zit. n. Ralph Hartmann, ebd., S. 186
  5. zit. n. ebd., S. 140/141, Berlin 1999
  6. ebd., S. 16, S. 126
  7. vgl. FAZ, 7.4.1992, zit. n. Hartmann, S. 135, 1999
  8. Reinhard Mutz: Friedensgutachten 1996, zit. n. FR, 13.6.1996
  9. Ralph Hartmann, ebd., S. 140
  10. ebd., S. 172
  11. Die Zeit, 27.3.1992, zit. n. ebd., S. 58
  12. Ralph Hartmann, ebd., S. 177
  13. ebd., S. 244 ff
  14. vgl. Matthias Küntzel, "Der Weg in den Krieg",  S. 83 ff, Berlin 2000
  15. ebd., S. 61 ff
  16. ebd., S. 181
  17. ebd., S. 166
  18. ebd., S. 191 ff
  19. zit. nach "Good Bye, America!" von Thomas Becker, Jungle World Nr. 16/14.4.1999
  20. Steven Erlanger, "Milosevic Agrees to let Diplomatic Observers Into Kosovo" ("Milosevic stimmt einer Entsendung diplomatischer Beobachter in den Kosovo zu"), in: New York Times, 8.6.1998, zit. n. Matthias Küntzel, ebd., S. 71
  21. vgl. KAZ 293, "Hauptfeind USA?", August 1999
  22. vgl. Matthias Küntzel, ebd., S. 193
  23. Handelsblatt, 28.2.2008
  24. Heinrich Himmler 1940, zit nach Reinhard Kühnl: Der deutsche Faschismus in Quellen und Dokumenten, S. 328, Köln 1980
  25. Geschichte der Diplomatie, Bd. 2, Moskau 1947, S. 44, zit. n. Ralph Hartmann, ebd., S. 23
  26. Ralph Hartmann, ebd., S. 31
  27. Adolf Hitler, Völkischer Beobachter, 7.4.1941, zit. n. ebd., S. 42
  28. zit. n. Die Zeit, 2.9.1994
  29. vgl. Ralph Hartmann, ebd., S. 48/49
  30. zit n. Meurer/Vollmer/Hochberger: Die Intervention der BRD in den jugoslawischen Bürgerkrieg, S. 6f
  31. Dies als Schachzug, um Russland auszumanövrieren, denn der ursprünglich vorgesehene "Ahtissari"-Plan des gleichnamigen finnischen UN-Vermittlers vom März 2007, der ein EU-Protektorat nach dem  in Bosnien-Herzegowina implementierten Vorbild vorsah, scheiterte an Russlands Widerstand im UN-Sicherheitsrat.
  32. Zu lesen als "Lex EU", die erhebliche Exekutivkompetenzen vorsieht bis hin zur Annullierung von kosovarischen Behördenentscheidungen (Artikel 146). Sie wurde taktischerweise erst 1 Tag nach der Unabhängigkeitserklärung veröffentlicht! (vgl. Handelsblatt, 20.02.2008)
  33. Nach der Auflösung des Staatenverbundes Serbien und Montenegro sollte mit dem Kosovo erstmals das serbische Kernland zerschlagen werden.
  34. Spanien wegen der Separatistenbewegungen im Baskenland, in Katalonien und Galizien, Zypern wegen des türkischen Nordteils, Griechenland wegen seiner Bindung an das griechische Zypern und Rumänien wegen seiner starken ungarischen Minderheit.
  35. Beim ersten Wahlgang am 20.1. konnte der "Ultranationalist" (= jemand, der es wagt, serbische Interessen zu vertreten und dabei von einem großen Teil der Bevölkerung unterstützt zu werden) Tomislav Nikolic noch bei einer "Rekordwahlbeteiligung" von 61% einen Stimmenanteil von 39,4% gewinnen, unterlag aber in der Stichwahl am 3.2.2008 Boris Tadic. Die EU belohnte das Ergebnis sogleich mit einem neuen Kooperationsangebot zur Bindung Serbiens an die EU.
  36. Kostunica vertrat mit seiner Haltung zur Wahrung der serbischen territorialen Integrität 75% der Bevölkerung, die in einer Meinungsumfrage erklärten, sie würden lieber auf einen EU-Beitritt verzichten statt den Kosovo (15% des serbischen Territoriums) aufzugeben (vgl. "Serbien lehnt EU-Kosovo-Mission ab", Handelsblatt, 17.12.2007).
  37. E.on's Ruhrgas hat an Gazprom einen Anteil in Höhe von 6,5% . Die BASF-Tochter Wintershall erwarb kürzlich direkte Förderrechte am westsibirischen Ölfeld Juschno Russkoje (im Gegenzug erhöht Gazprom seinen Anteil am Wintershall-Gazprom Gemeinschaftsunternehmen Wingas).
  38. "Gazprom kommt. Die Russifizierung des serbischen Energiemarkts", FAZ, 29.1.2008
  39. IEP-Studie, S.11
  40. ebd. S.30
  41. Nicht erwähnt wird allerdings in der Studie, dass ein gewisser Jo Hanns Trutschler mit gefälschter Vita die KEK jahrelang leitete und 4,3 Millionen Dollar auf Konten von Briefkastenfirmen in Gibraltar abgezweigt hat (vgl. Handelsblatt, 4.2.2008).
  42. ebd., S.34
  43. ebd.
  44. ebd. S.73
  45. ebd. S.76
  46. Als Nachfolger von Søren  Jessen-Petersen unterhält auch Rücker beste Beziehungen zum ehemaligen Ministerpräsident Ramush Haradinaj, der zahlreicher Kriegsverbrechen angeklagt ist.
  47. Mit „Strategiewechsel“ ist nach dem Jargon der Studie die „neue Sicherheitsphilosophie“, „nachhaltige Sicherheitspolitik“ etc. gemeint, anstelle des bisherigen sicherheits- und gesellschafts-politischen Flickwerks von UNMIK und KFOR, das die Studie so kritisiert. Tatsächlich geht es also um einen Wechsel hin zu einem vollständigen Besatzerstatus unter deutscher Führung.
  48. Das Handelsblatt spricht in seinem Artikel "Flucht nach vorn" vom "bisher größte(n) und teuerste(n) außenpolitischen Einsatz" der EU, 7.12.2007
  49. IEP-Studie, S.80
  50. Das sogenannte "Kosovo Schutzkorps" wurde 1999 gemeinsam von KFOR und UNMIK als Nachfolgeorganisation der UCK gegründet. Niemand wollte die UCK zerschlagen – obwohl dies in der Sicherheitsresolution 1244 vorgesehen war; sie sollte vielmehr in neuer, "ziviler" Form noch gute Dienste leisten bei der Befriedung des Kosovo und als Grundstein für den Aufbau einer eigenen Armee im Kosovo (unter imperialistischer Aufsicht, versteht sich). Die zahlreichen Übergriffe auf die serbische Bevölkerung, das Schleusen von Waffen u.a. nach Mazedonien, die Korruption und Verbrechensliste der Ex-UCK Führer, all dies ist umfangreich belegt, hat aber weder UNMIK noch KFOR bewogen, diese "Schutzorganisation" zu säubern bzw. aufzulösen. Es ist daher keineswegs nur der USA vorzuwerfen, gegen die UN-Resolution 1244 zu verstoßen ...
  51. IEP-Studie, S.31
  52. "Das letzte afrikanische Land Europas", Handelsblatt, 14.12.2007
  53. vgl. Handelsblatt, 5.2.2008
  54. Ex-Außenminister Joseph Fischer, Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe, SPD-Außenpolitikerin Uta Zapf, Ex-SWP (Stiftung Wissenschaft und Politik)-Vorsitzender Christoph Bertram
  55. vgl. www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57098

Der „Fall Wegner“

Frank Flegel:
Der „Fall Wegner“ und die Klarheit

„Nun so er das Feuer hat angezündet
Wäscht er mit Pilato die Händ
Den Mantel nach dem Wind hingewendt
Und will Euch jetzt dem Teufel geben.“

(Aus einem Spottlied aus den Bauernkriegen über Martin Luther aus dem Jahr 1525, überliefert von dem Rothenburger Franziskanermönch Michael Eisenhart)

„Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen,
denn ich habe sie heißen totschlagen.
All ihr Blut ist auf meinem Hals.
Aber ich weis es auf unsern Herrgott,
der hat mir das zu reden befohlen.“

(Martin Luther über sich selbst, einige Jahre später.)

Beide Texte entnommen dem Buch: „Der Bauerkrieg in Franken“ von Carlheinz Gräter, Frankonia-Buch Tauberbischofsheim, ohne Datum

Wir hatten ernste Befürchtungen, dass die Wahlerfolge der Partei „Die Linke“ in Hessen, Niedersachsen und auch in Hamburg zu überbordenden Illusionen in diese Partei führen würde.

Natürlich bestehen diese Befürchtungen noch immer, aber sie sind abgeschwächt worden, und das liegt vor allem an dem „Fall Wegner“. Vorauseilender kann ja kein Gehorsam mehr sein als derjenige, der von der niedersächsischen Landtagsfraktion der so genannten „Linkspartei“ hier gegenüber der herrschenden Klasse und ihren Medien gezeigt wurde. Und was das Ganze mit einem pikanten „Geschmäckle“ versieht ist die Tatsache, dass wichtige Funktionsträger dieser Landtagsfraktion ehemaligen DKP-Mitglieder sind:

Der ehemalige Genosse Hans-Henning Adler kam aus dem so genannten „Erneuererflügel“ der DKP in die PDS, war stellvertretender Landesvorsitzender der PDS Niedersachsen zu der Zeit, in der Anna Vorsitzende war – und einer der schärfsten Vertreter der rechten Linie innerhalb der PDS. Nun ist er Mitglied der Landtagsfraktion und selbstverständlich eindeutig positioniert gegen seine ehemalige Parteigenossin.

Der ehemalige Genosse Patrick Humke ist ein ähnlicher Fall. Er war Doppelmitglied, also Mitglied sowohl in der PDS als auch in der DKP, hatte die Gruppe der Kommunistischen Plattform der PDS in Göttingen gegründet und wurde dann in den Göttinger Stadtrat gewählt. Damit begann der Verfall. So war er daran beteiligt, zur Bundestagswahl Rolf Köhne (der sich immerhin zur Kommunistischen Plattform bekannte) vom Listenplatz eins der Landesliste Nie-dersachsen der PDS und damit aus dem Bundestag zu entfernen und durch eine gerade neu in die Partei eingetretene ehemalige Grüne zu ersetzen. Diese Person hat der Politik inzwischen den Rücken gekehrt und betreibt einen Swingerclub. Patrick Humke ist inzwischen Geschäfts-führer der Landtagsfraktion und betätigt sich als Wadenbeißer gegen Christel Wegner.

Der ehemalige Genosse Manfred Sohn war Parteivorstandsmitglied der DKP. Vor rund zehn Jahren war ihm der Kurs der DKP zu weich und zu anpasserisch, er sah revisionistische Ten-denzen, deshalb verfasste er eine „Polemik gegen das allmähliche Abheben von unseren theo-retischen Grundlagen“, die er bei uns unter dem Titel: „Ein Schimmel ist ein Pferd aus der Art der Rösser“ (offen-siv 8/98, Mai 1998) veröffentlichte. Darin kritisiert er die in der DKP breiten Raum einnehmenden Theorien von der „neoliberalen Globalisierung“, verteidigt die Leninsche Imperialismustheorie und beschreibt die Aufgabe der Kommunisten als „Vermittlung von Klarheit und Nüchternheit“. Das war vor zehn Jahren. Inzwischen „weint er der DDR keine Träne nach“ (HAZ) und will „den Stecker ziehen“ (junge Welt).

Dies sollen nur drei kleine Beispiele sein dafür, dass eine sozialdemokratische, damit antikommunistische und folgerichtig antikapitalistischen Kräften gegenüber feindlich Organi-sation ebensolche menschliche Charaktere anzieht bzw. hervorbringt.

Was geschehen ist, ist ein sehr klares Beispiel für das, was von der so genannten „Linkspartei“ zu erwarten ist; erstens: mit Sicherheit kein Sozialismus; zweitens: unsolidarisches Verhalten und Verrat gegenüber konsequenter antikapitalistischer Opposition; drittens: Sonntagsreden für soziale Verbesserungen. Von diesen Sonntagsreden bleiben dann, wenn die Partei in Regie-rungsbeteiligung kommt, nicht mal mehr 10,- € mehr Wohngeld monatlich für Bedürftige übrig - und der Streik der Beschäftigten der Berliner Verkehrsbetriebe wird einfach ausgesessen. Die „Linkspartei“ ist keine Partei der gesellschaftlichen Veränderung. Sie verteidigt in Berlin seit geraumer Zeit die staatsmonopolistische Finanzpolitik – und dies ohne Probleme auch gegen die Gewerkschaften.

So viel zur offiziellen Politik dieser Partei.

Nun ein kurzer Blick auf ihre „Kommunistische Plattform“: Sonst im Aufführen von Eiertänzen sehr geübt, gab es diesmal zunächst unerwartet deutlichen Klartext: Sahra Wagenknecht ließ verlautbaren, dass ein Rücktritt Christel Wegners wohl das beste sei (junge Welt). Aber in den „Miteilungen“ musste man doch etwas zurückrudern, hier erfolgte eine pflaumenweiche und konsequenzlose Solidarisierung mit Christen Wegner. Also doch der bekannte Eiertanz, der durch Ellen Brombacher einen weiteren Schlenker erfuhr: sie sagte, dass Christel Wegner ja nicht direkt Mauer und MfS verteidigt habe, auch wenn ihre Äußerungen eine solche Deutung nicht ausschlössen. Aber da sie es nicht wörtlich gesagt habe, gäbe es auch keine persönlichen Konsequenzen (junge Welt). Also: hätte Christel Wegner Mauer und MfS verteidigt, wäre auch die KPF für „persönliche Konsequenzen“, womit in diesem Fall ja nur der Rücktritt aus der Landtagsfraktion gemeint sein kann.

Das macht jeden Kommentar überflüssig.

Wir sprechen Christel Wegner unsere uneingeschränkte Solidarität aus. Wir haben kein Problem mit der Tatsache, dass sozialistische Gesellschaften einen Abwehrdienst brauchen. Deshalb war das Ministerium für Staatssicherheit der DDR ohne Zweifel ein legitimes Organ eines sozia-listischen Staates – ebenso, wie es der KGB für die Sowjetunion war. Wir können auch nichts Verwerfliches daran entdecken, dass selbstverständlich Cuba, Nordkorea, Vietnam und China heute geheimdienstlich tätig sind. Schließlich geht es darum, die Revolution und den Sozialismus zu schützen und gegen die Konterrevolution zu verteidigen.

Wer das nicht will, will weder Revolution noch Sozialismus. Auch wenn es manche nicht gern hören wollen: so einfach ist das. „Which side are you on?“

Und deshalb ist der „Fall Wegner“ ein gutes Lehrstück.

Und eine letzte Bemerkung: Was wir in diesem Zusammenhang nicht recht verstehen können ist die Veröffentlichungspolitik der „jungen Welt“. Was denkt man sich dort dabei - angesichts des Anspruches, eine marxistische Tageszeitung zu sein - einem solchen Wendehals wie Manfred Sohn zunächst eine Tribüne im Ausmaß von zwei kompletten Druckseiten zu gewähren und ihm dann auch noch einen persönlichen Auftritt bei einer von der „jungen Welt“ organisierten Veranstaltung zu verschaffen?

Wir sind der Meinung, dass von solchen Leuten wie Manfred Sohn, Patrick Humke, Hans-Henning Adler und ähnlichen Renegaten kein aufrechter Linker mehr ein Stück Brot nehmen sollte. Und da das, was diese Herren als „Theorie“ absondern, weder der Aufklärung noch dem Marxismus, sondern einzig der Vernebelung ihres Verrates dient, sollten sie die Druckkosten für ihre Rechtfertigungsergüsse schon selbst bezahlen müssen.                                                                                                                             

Im Folgenden bringen wir unterschiedliche Artkel und Reflexionen zum Thema. Leider muss dabei auch die DKP erwähnt werden.

So berichtet Spiegel-Online über den DKP-Vorsitzenden Heinz Stehr im Zusammenhang mit dem Parteitag: „Was die DKP zum ´humanistischen Erbe in Deutschland`zählt, ist im Parteiprogramm nachzulesen: die DDR, eine der ´größten Errungen-schaften der deutschen Arbeiterbewegung`. Später, im Gespräch, versucht Stehr die DDR-Verherrlichung zu relativieren: Man werde nirgendwo im Programm finden, ´dass wir an der DDR alles unisono gut und richtig fanden`. Was Entscheidungen der SED angehe, da müsse man schon andere fragen. Er sagt auch, dass ihm die Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeit nicht ausreiche. ´Es gibt kein Klima, in dem man offen und ehrlich über die Arbeitsweise der Stasi sprechen kann.` Geheimdienste gehörten im Sozialismus im Übrigen abgeschafft.“ (Spiegel-online, 23.2.2008, DKP-Bundesparteitag, „Nie so viel Antikapitalismus wie heute“ von Phillip Wittrock)

Und Ulrich Sander schreibt in „Der Metzger“, Nr. 81 vom März 08: „Was da jetzt von einem DKP-Mitglied in Panorama geäußert wurde, war nie die DKP-Position,…“

Weiter unten dazu mehr.                                                                                                                            

Frank Flegel,
Hannover

Heinz-W. Hammer:
Brief an die Partei „Die Linke“

Es ist die Aufgabe bürgerlicher Medien, mit ihren Mitteln kapitalismuskritische Kräfte zu bekämpfen. Auf der »Abschussliste« stehen seit jeher die Kommunisten an erster Stelle. Wenn es anders wäre, hätten wir etwas falsch gemacht.

Wenn man die Skandalisierung der inkriminierten Feststellungen von Christel Wegner auf die Fakten herunterbricht, bleiben Selbstverständlichkeiten. Ersten haben ausnahmslos alle Staaten der Erde Einrichtungen zur Absicherung ihrer jeweiligen Gesellschaftsordnung. Kapitalistische Staaten bekämpfen revolutionäre Kräfte ebenso wie die sozialistischen Staaten Einrichtungen für die Bekämpfung der Konterrevolution benötigen. Staatsbürgerkunde, Grundkurs.

Zweitens hat C. Wegner darauf hingewiesen, dass die mit dem Kampfbegriff »Mauerbau« umschriebene Sicherung der Staatsgrenze der DDR im Kalten Krieg auch deshalb notwendig wurde, weil dieser Staat – neben zahlreichen anderen Destabilisierungsmaßnahmen bis hin zur Kriegsvorbereitung –  eben auch ökonomisch ausgeblutet werden sollte. Im Grunde also auch dies keine aufregend neue Tatsachenfeststellung.

Wie gesagt, haben »Panorama« und die ihr folgenden Medienhyänen mit dieser jüngsten und sicherlich nicht letzten Antikommunismuskampagne einfach »ihren Job erledigt«. Der eigent-liche Skandal besteht jedoch darin, dass die Führungsriege der Partei Die Linke auf Bundes- und Landesebene stantepede mit klassisch Pawlowschem Reflex reagiert und als allererstes die sattsam bekannte Distanzierungsarie angestimmt haben. Sie kuschen schon bei der ersten Attacke und gehen in die Unterwerfungshaltung, statt sich hinter ihre Fraktionskollegin zu stellen. Vom stv. Parteivorsitzenden Maurer bis zum niedersächsischen Landes-Chef Dehm wird von C. Wegner die Niederlegung des Landtagsmandates verlangt, wofür jedoch überhaupt kein sachlicher Grund besteht.

Natürlich spreche ich dem Opfer dieser Kampagne, Christel Wegner, meine uneingeschränkte Solidarität aus – eine Selbstverständlichkeit, wie ich sie nicht nur von den entsprechenden DKP-Gremien, sondern auch aus den Reihen der Partei Die Linke erwarte.

Heinz-W. Hammer,
Essen

Bundesgeschäftsstelle der Partei „Die Linke“, Tanju Tügel:
Antwort an Heinz-W. Hammer

Sehr geehrter Herr Hammer, vielen Dank für Ihre Stellungnahme.

Die Äußerungen von Christel Wegner sind für uns absolut nicht akzeptabel.

Sowohl der Parteivorstand als auch der Vorstand des niedersächsischen Landesverbandes haben sich eindeutig distanziert. Die Betreffende ist aufgefordert worden, ihr Mandat zurückzugeben. Das hat sie abgelehnt. Daraufhin hat die niedersächsische Landtagsfraktion der LINKEN Christel Wegner heute einstimmig aus der Fraktion ausgeschlossen.

Christel Wegner ist kein Mitglied der LINKEN. Sie kandidierte auf der Liste der LINKEN als Mitglied der DKP.

Die Stellungnahme des Parteivorstandes:

Vorstand distanziert sich in aller Form

Zu den Äußerungen des auf Platz 9 der Liste der Partei DIE LINKE in den niedersächsischen Landtag gewählten DKP-Mitglieds Christel Wegner erklärt die Pressesprecherin des Partei-vorstandes Alrun Nüßlein:

Die Äußerungen des DKP-Mitglieds Christel Wegner sind inakzeptabel. Der Vorstand der Partei DIE LINKE distanziert sich davon in aller Form. Für DIE LINKE gilt ohne jede Einschränkung der vom Parteitag beschlossene Grundsatz: "Wir haben aus der Geschichte gelernt: Respekt vor den Ansichten Andersdenkender ist Voraussetzung von Befreiung. Wir lehnen jede Form von Diktatur ab und verurteilen den Stalinismus als verbrecherischen Missbrauch des Sozialismus. Freiheit und Gleichheit, Sozialismus und Demokratie, Men-schenrechte und Gerechtigkeit sind für uns unteilbar."

Eine starke und erneuerte LINKE ist angesichts von Steuerhinterziehung, Ausweitung der Militäreinsätze und verfehlter Bildungspolitik dringend nötig.

Mit freundlichen Grüßen,

Tanju Tügel,
Bundesgeschäftsstelle der Partei DIE LINKE, Bereich Parteientwicklung

KI Österreich:
Liebe Genossin Wegner!

Dein "Fall" bestätigt erneut, was Kommunisten und Kommunistinnen imKampf gegen das kapitalistische System tausendfach erfahren konnten: Sie werden mit allen (!) Mitteln von Klassengegener bekämpft, bis hin zum Mord.

Die gezielte Kampagne in deinem Fall hat aber zusätzlich die beschämende Seite, dass bisherige Wegbegleiter dem Klassenfeind zur Seite stehen und damit Dir, sich, vor allem aber den Arbeitenden, deren Interessen sie vertreten sollten, einen Bärendienst leisten. Dein "Fall" zeigt wiederum deutlich, dass jene "Linke", die meint, es gebe einen dritten Weg zwischen Anpassung und radikaler Überwindung des herrschenden kapitalistischen Systems, wie schon oft in der Geschichte und Gegenwart bewiesen, einfach Unrecht hat. Wie soll jemand, der schon bei so einer banalen Kampagne des Klassengegners sich in die Hosen scheißt, in schärferen Formen des Klassenkampfes bestehen? Wie sollten solche "Linke", deren "An-passung" ans herrschende System bis ins Unerträgliche geht, die keinen Anflug von proletarischer Solidarität mehr haben und deren Handlungen sich an der möglichen Reaktion ihrer Gegner orientieren, in diesem Klassenkampf bestehen? Man muss aber nicht nur auf die reale Politik dieser "Linken" hinweisen, auch deine Partei, die DKP hat z. B. beim Kampf der Lokführer leider eine Position eingenommen, die einer Partei mit gesellschaftsverändernden Ansprüchen nicht gerecht wurde.

Wir wünschen Dir, Genossin Wegner, jene Kraft und Stärke, die du nun benötigst, um die Interessen der Arbeiterklasse zu vertreten.

Mit solidarischen Grüßen für den Vorstand der Kommunistischen Initiative Österreich

OttoBruckner, Lisl Rizy,
Wien

Fritz Dittmar:
Leserbrief an die junge Welt“;
Betr.: Heinz Stehr zum Ausschluss von Genossin Wegner aus der „Linken“-Fraktion

Heinz Stehr bemüht sich, Christel zu verteidigen und die Position der DKP zu „Stasi und Co“ klarzustellen. Die „Substanz“ der Verteidigung enthalten zwei Sätze, die ich hier zitiere:

„Für uns ist nur ein Sozialismus vorstellbar, der die breitestmögliche Entwicklung von Demo-kratie zur Voraussetzung hat. Je mehr Menschen in lebendige demokratische Prozesse einbe-zogen sind, desto überflüssiger  wird jede Form von Gängelung, Repression, Bespitzelung und Bevormundung, die nicht mit sozialistischer Demokratie zu vereinbaren ist.“

So einem Text würde ich keinem Schüler der zehnten Klasse durchgehen lassen. In zwei Sätzen ein komplettes Kauderwelsch, zu dem sich jeder seins denken kann:

„vorstellbar“: Was hindert Heinz, sich den Sozialismus in der DDR vorzustellen? Gemeint ist vermutlich „erstrebenswert“ oder „akzeptabel“.

„breitestmöglich“: Breitestmöglich im Rahmen eines gegebenen historischen Kräftever-hältnisses, oder im Rahmen von Heinz` Auffassungen und Wünschen?

„zur Voraussetzung hat“: Ist damit eine zeitliche Abfolge gemeint (erst breitestmögliche Entwicklung der Demokratie, dann Sozialismus), oder handelt es sich um einen falschen Ausdruck (zur politischen Grundlage hat.)?

„überflüssiger“: „überflüssig“ lässt sich nicht steigern!

„Formen von Gängelung…, die mit sozialistischer Demokratie nicht zu vereinbaren sind.“ Und was sind die anderen Formen, die vereinbar sind? Zwei getrennte Gedanken erfordern zwei Sätze!

Lesbar würde der Text so lauten: „Für uns ist nur ein Sozialismus akzeptabel, der politisch auf der umfassenden Entwicklung von Demokratie beruht. Wenn die große Mehrheit der Menschen in lebendige demokratische Pro-zesse einbezogen wird, wird jede Form von Gängelung, Repression, Bespitzelung und Bevor-mundung überflüssig. Solche Formen sind für uns mit sozialistischer Demokratie nicht zu vereinbaren.“

In diesem Text tritt klarer hervor, worum es wirklich geht: um sozialdemokratische Positionen reinsten Wassers. Ein Sozialismus, der auf „jede Form von Gängelung, Repression, Bespit-zelung und Bevormundung“, auch der ehemals Herrschenden, verzichtet, kommt nie. Die Kapi-talisten würden sich schon durch die Enteignung in unerträglicher Weise gegängelt, unterdrückt und bevormundet fühlen. Wohlgemerkt: Auch Unterdrückung durch eine Mehrheit bleibt Unterdrückung. Und bespitzelt fühlen sie sich schon heute durch die Steuerfahndung. Was in Chile Allendes Sozialismus zum Erfolg gefehlt hat, war genau ein Dienst, der Pinochet erfolgreich „bespitzelt“ hätte, und eine bewaffnete Macht der Arbeiter, die ihn erfolgreich unterdrückt hätte. Es soll uns doch keiner erzählen, die fortschrittlichen Kräfte hier müssten nach ihrem Sieg nicht mit den deutschen Pinochets fertig werden!

Nichts anderes hat Christel in dem Interview ausgedrückt, und Heinz fällt ihr und allen Marxisten in den Rücken, wenn er diese Notwendigkeit bestreitet. Er distanziert sich damit von Marx´ und Engels Auffassung vom Wesen des Staats als Diktatur der ökonomisch herrschenden Klasse, von Lenin und der Oktoberrevolution gar nicht zu reden, und auch vom DKP-Programm: „Darum müssen alle Versuche der entmachteten Ausbeuter, die…kapitalistische Ausbeuterordnung wiederherzustellen,…unterbunden werden.“

Dass Heinz das Einknicken der „Linken“ kritisiert, ist nicht aufrichtig. Die distanzieren sich, weil sie einen ernsthaften Kampf gegen den Kapitalismus nicht wollen oder weil sie für die Gunst von Medien und Wählern über jedes Stöckchen springen, das die Herrschenden ihnen hinhalten lassen. (Beides läuft letzten Endes auf das Gleiche hinaus: auf das Ankommen im System.) Und Heinz knickt vor der Führung der Linken ein, so wie die vor dem Anti-kommunismus.

Was von Kommunisten zu erwarten war, war folgende Position: „Wir haben schon immer befürchtet, dass die Führung „der Linken“ bei Angriffen der Herrschenden vom Bündnis mit uns bereitwillig abrückt. Enttäuscht sind wir aber schon, dass sie so unkritisch, prompt und diensteifrig reagieren. Wir haben das Bündnis mitgetragen, solange es fortschrittliche Politik förderte. Wir wollen das Bündnis weiterhin, nicht in unserem Interesse, sonder im Interesse des gemeinsamen Kampfes für die Interessen der Arbeiter. Wir geben uns aber nicht dazu her, die Arbeiter über das Wesen des Kampfes zu täuschen, nur damit „die Linke“ uns weiter als Bündnispartner duldet. Verrat ist kein Preis, den wir für das Bündnis zahlen.“

Fritz Dittmar,
Hamburg

(Dieser Leserbrief wurde von der „jungen Welt“ nicht abgedruckt; d.Red.)

Ulrich Sander:
Fehler korrigieren

„Wir sind der Auffassung, daß der Weg, Deutschland das Sowjetsystem aufzuzwingen, falsch wäre, denn dieser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen in Deutschland. Wir sind vielmehr der Auffassung, daß die entscheidenden Interessen des deut-schen Volkes in der gegenwärtigen Lage für Deutschland einen anderen Weg vorschreiben, und zwar den Weg der Aufrichtung eines antifaschistischen, demokratischen Regimes, einer parla-mentarisch-demokratischen Republik mit allen demokratischen Rechten und Freiheiten für das Volk.“

Mit diesen Worten des Aufrufes der KPD vom 11. Juni 1945 wurden die Fehler von vor 1933 korrigiert, das Sowjetdeutschland zu verlangen und die demokratischen Rechte und Freiheiten der Weimarer Republik im antifaschistischen Kampf zu vernachlässigen. Die DKP hat sich dieser Programmatik von 1945 immer verpflichtet gefühlt, so in ihrer antimonopolistisch-demo-kratischen Orientierung.

Was da jetzt von einem DKP-Mitglied in Panorama geäußert wurde, war nie die DKP-Position, und als wir 1990 über die Stasi das erfuhren, was sie auch ausmachte, haben wir uns auch von diesem Sicherheitssystem distanziert, - es stand im Widerspruch zu unseren demokratischen Prinzipien, zu unserem Kampf gegen Berufsverbote und für das Grundgesetz.

Heute geht es wieder darum, dieses Land demokratisch zu machen, den Schäuble-Katalog des Überwachungsstaates und der Bundeswehreinsätze im Inneren und Äußeren zu bekämpfen.

Der Sozialismus kann nur mit den Menschen, mit der Mehrheit, erreicht werden – oder eben nicht. Und als die SED die Mehrheit verlor, da war es zu Ende mit ihr – dies auch, weil sie sich einem Mielke auslieferte.

Ulrich Sander,
dankend übernommen aus: Der Metzger Nr. 81, März 2008

Das revolutionäre Erbe der DDR verteidigen!

Erich Buchholz:
Zum 40. Jahrestag der sozialistischen Verfassung der DDR von 1968

Vor 40 Jahren, am 6. April 1968, wurde die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokra-tischen Republik durch Volksentscheid angenommen.

War die DDR die größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung, so war diese Ver-fassung  ein Höhepunkt in der politischen Entwicklung der DDR,  als Jurist meine ich sogar der Höhepunkt. Diese Verfassung war in wahrhaft demokratischer Weise zu Stande gekommen. Es war eine Verfassung des Volkes der DDR und für das Volk.

Sie war die demokratischste Verfassung, die es jemals in Deutschland gab

Über Monate wurde der Entwurf in der Öffentlichkeit diskutiert. Alle Haushalte erhielten den Text des Entwurfes. In zahlreichen Versammlungen in Betrieben, in Wohngebieten und in den Gemeinden und auf  Konferenzen von Bürgervertretern wurde der Entwurf  erörtert, ebenso in den Medien. Elf Millionen Bürger hatten in einer sich über Monate erstreckenden Volks-aussprache ihre Erfahrungen und Meinungen ausgetauscht und viele Änderungsvorschläge zum Text der Verfassung gemacht. Bei der Kommission zur Ausarbeitung einer sozialistischen Ver-fassung waren 12.454 Vorschläge eingegangen. Aufgrund dieser wurden 118 Änderungen am Entwurf vorgenommen, an der Präambel und an 55 Artikeln.

Neben anderem wurde vorgeschlagen – woran zu erinnern besondere Veranlassung besteht -, die Unantastbarkeit des Staatsgebietes der DDR verfassungsrechtlich zu verankern. So haben die Bürger der DDR ihren Grenzsoldaten im Art. 7 den Verfassungsauftrag erteilt, die Staatsgrenze der DDR zuverlässig zu schützen.

Weil die Grenzsoldaten diesen Auftrag ihrer Verfassung erfüllten, wurden sie durch die bundesdeutsche Strafjustiz wider Recht und Gesetz verurteilt. In diesen Urteilen, bis zu dem des Bundesverfassungsgerichts, wurde dieser den DDR-Grenztruppen durch ihre Bürger erteilte Verfassungsauftrag missachtet und ausgeblendet. Es durfte ihn nicht gegeben haben – so wie es die DDR überhaupt nicht gegeben haben sollte!

Von 12.208 986 stimmberechtigten Bürgern hatten 11.536 803 zugestimmt, das waren  94,49%.

Auch wenn man sich von Zahlen und Prozenten nicht berauschen lassen soll, ist unbestreitbar: Die Bürger der DDR gaben dieser Verfassung ihre Zustimmung. Damit gaben sie ihr Ja-Wort auch der Politik der Regierung der DDR und ihrer führenden Kraft, der SED. Selbst westliche Beobachter und Journalisten mussten einräumen, dass nach dem 13.8.1961 in den sechziger Jahre und bis in die achtziger Jahre hinein die überwiegende Mehrzahl der DDR-Bürger zu ihrer Regierung standen, dass sie, wie westliche Journalisten es formulierten, „sich mit ihrer Regierung arrangiert“ hätten.

Wie viel Bundesbürger stehen heutzutage und seit vielen Jahren zu ihrer Bundesregierung?

Unsere Verfassung von 1968 als die eines sozialistischen Staates hat sich – auch in ihrer 1974 geänderten Fassung - über Jahrzehnte bewährt.

Am 17. Juni 1990 – dieses Datum wollen wir uns merken - wurde diese von den Bürgern der DDR durch Volksentscheid angenommene Verfassung von der buchstäblich allerletzten Noch-Volkskammer mit einem Federstrich aufgehoben. Sie wurde durch dem westdeutschen Staats-recht entlehnte allgemeine Grundsätze eines „freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates“ ersetzt.

War das nicht Verfassungshochverrat? Jedenfalls war es das verfassungsrechtliche Ende der DDR. Zwei Wochen später wurde die DDR ihrer Währungshoheit beraubt. Die westdeutschen Kapitalisten konnten ungehindert die DDR mit ihren Waren überschwemmen und die DDR-Bürger auf alle mögliche Weise ihrer Kapitalherrschaft unterwerfen.

So wie die Bürger der DDR bei der Vorbereitung und Diskussion der DDR-Verfassung von 1968 beteiligt waren, so waren sie es auch bei allen anderen bedeutenden Gesetzen, so auf dem Gebiete des Arbeitsrechts, des Familienrechts, des Straf- und Strafprozessrechts und des Zivil- und Zivilprozessrechts.

Unsere Gesetze kamen demokratisch zustande.

Demgegenüber werden in der Bundesrepublik Gesetze zwischen den beiden großen Parteien in einem parlamentarischen Verfahren ausgehandelt.  Die Bürger selbst werden nicht beteiligt. Die Gesetzestexte werden dem Bundestag zum „Abnicken“ vorgelegt. Für eine detaillierte Debatte im Bundestag nach den dort geltenden Verfahrensregeln, insbesondere der Redezeitzuteilung, sind die Gesetze viel zu kompliziert. Die einzelnen Abgeordneten, auch die, die sich als Volks-vertreter sehen, durchschauen kaum, wofür sie abstimmen.

Die bundesdeutsche Gesetzgebung beruht maßgeblich auf den Gesetzbüchern der Kaiserzeit, so dem BGB. Dieses Gesetzbuch mit seinen ca. 3000 Paragrafen war und ist – wie dem Text unschwer entnommen werden kann - nicht in erster Linie für einfache Menschen, für Werktätige ausgearbeitet und mehrfach geändert worden. Es ist ein Kodex für Vermögende. Vor allem in deren Interesse, im Interesse „der Wirtschaft“ sind in der Bundesrepublik die Gesetze so abgefasst, dass der einfache Bürger sich ohne Rechtsanwalt in dem Paragrafendschungel und dem Justizdickicht weder zurechtfindet, noch seine Rechte und Interessen wahrnehmen kann.

 Nicht nur, weil in der DDR alle wesentlichen Gesetze mit den Bürgern erörtert und vorbereitet wurden, waren sie verständlich, bürgerfreundlich und volksnahe abgefasst. Auf der Grundlage solcher demokratisch zu Stande gekommener, den Interessen der Bürger dienender verständ-licher Gesetze konnten sie ihre Rechte und Interessen unkompliziert selbst vor Gericht wahr-nehmen. Besonders erfolgreich wirkten die Gesellschaftlichen Gerichte der DDR, Ihnen war im Art. 92 der DDR-Verfassung gemeinsam mit den staatlichen Gerichten Rechtsprechung übertragen worden. So etwas gab es nirgends auf der Welt!

Auch  konnten die Bürger beim Gericht unentgeltlich Rechtsauskünfte einholen. Mit dem 3.Oktober 1990 wurde ihnen das verschlossen! Ihnen wurde die Tür gewiesen!

Darüber hinaus konnten die Bürger der DDR ihre Interessen und Belange auf der Grundlage des Eingabengesetzes unkompliziert und vielfach erfolgreich in Eingaben zur Geltung bringen. Aus all diesen Gründen brauchten die DDR-Bürger nur ganz selten einen Rechtsanwalt.

Bevor wir auf den Inhalt unserer sozialistischen Verfassung näher eingehen und die darin enthaltenen Rechte der Bürger in Erinnerung rufen, besteht Veranlassung, zurück zu blicken.

Auch die erste Verfassung der DDR, die von 1949, war das Ergebnis einer breiten Diskussion, damals in Ost und West. Denn diese Verfassung war nicht für den ostdeutschen Staat, die DDR, sondern als Verfassung für Gesamtdeutschland, für einen einheitlichen deutschen Staat ausgearbeitet worden.

Nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus sammelten sich in Ost und West die zunächst wenigen  Antifaschisten und andere Demokraten, um nach der Zerschlagung der Macht der Hitlerleute und des Monopolkapitals durch die Streitkräfte der Alliierten in ganz Deutschland eine antifaschistische demokratische Ordnung zu errichten. Bereits im September 1946 began-nen verantwortungsbewusste Deutsche in Ost und West die Diskussion um eine demokratische gesamtdeutsche Verfassung.

Im Mittelpunkt dieser Diskussion, an die ich mich gut erinnere, stand die Frage, inwieweit an die Weimarer Reichsverfassung von 1919 angeknüpft werden könnte. Nach Sturz und  Abschaffung der kaiserlichen Monarchie und der Ausrufung einer Republik atmete die im Ergebnis der Novemberrevolution zustande gekommene Verfassung den Geist dieser Revolution. Sie war sehr fortschrittlich und gewährte den Bürgen nicht nur politischen Rechte, sondern auch eine Reihe von sozialen Rechten. Sie berücksichtigte ausdrücklich die Arbeiter-vertretung.

Da die alten reaktionären Kräfte im Ergebnis der Revolution nur geschwächt, aber nicht öko-nomisch und politisch ausgeschaltet wurden, bestand der Hauptmangel der Weimarer Verfassung darin, dass der Reichspräsidenten, in der maßgeblichen Zeit des Endes der Weimarer Republik Generalfeldmarschall von Hindenburg, als Repräsentant der Militärs, der Junker und überhaupt der reaktionären Kräfte, aufgrund des  Art. 48 unter Ausschaltung des Parlaments eine Präsidialamtsherrschaft ausüben durfte. Er regierte mit Notverordnungen, die die Grund-rechte der Bürger massiv beschränkten, er setzte eine willfährige reaktionäre Regierung nach der andern ein, um schließlich am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Aus Sicht der demokratischen Kräfte durfte es nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus in einer neuen deutschen Verfassung keine solche Präsidialamtsherrschaft geben.

Das Volk als Souverän musste den ihm gebührenden Platz im Staate einnehmen, nach dem Grundsatz: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ – so stand  es dann in Art. 3 dieser Verfassung von 1949. Inzwischen war aus der Massenbewegung für die " Einheit Deutschlands und einen gerechten Frieden " in Ost und West der Deutsche Volkskongress entstanden. Wir alle in Ost und West wollten ein einheitliches Deutschland, einen gerechten Frieden und einen ordentlichen Friedensvertrag mit Deutschland.

Im Oktober 1948 legte der Deutsche Volksrat dem deutschen Volke einen Verfassungsentwurf zur Diskussion vor. Mehr als 9000 Versammlungen wurden - insbesondere im Osten Deutschlands - zu dem Verfassungsentwurf durchgeführt. Beim Deutschen Volksrat gingen über 15.000 Meinungsäußerungen ein, 503 Änderungsvorschläge führten bei den 144 Artikeln der Verfassung zu Änderungen in 52 Artikeln. Der - aus Wahlen der Bürger der Sowjetischen Besatzungszone hervorgegangene - Deutsche Volkskongress verabschiedete am 30. Mai 1949 den Entwurf einer „Verfassung für eine Deutsche Demokratische Republik“. Die Ergebnisse dieser progressiven Diskussionen, die zunehmend auch einschloss, die ökonomische Basis der reaktionären Kräfte, so der Feudalherren und Junker sowie der Naziaktivisten und Kriegs-gewinnler durch eine Bodenreform und durch Enteignungen zu beseitigen, führten in den meisten deutschen Ländern, auch in vielen westdeutschen, zu entsprechenden Bestimmungen in ihren Verfassungen.

Ebenso nahm in den Länderverfassungen die Anerkennung sozialer Rechte, des Rechts auf Arbeit, auf Wohnung und andere soziale Rechte einen bedeutenden Platz ein. Am konsequentesten waren die Verfassungen der ostdeutschen Länder. Selbst die später veränderte Berliner Verfassung atmet noch den Geist jener Zeit.

Zum ersten Mal in seiner Geschichte gestaltete das deutsche Volk selbst seine Verfassung. Diese Verfassung für eine gesamtdeutsche demokratische Republik war  beispiellos demokratisch zu Stande gekommen. Nun kam es darauf an, diesen Verfassungstext tatsächlich, auch staatsrechtlich, zu einer Verfassung Gesamtdeutschlands, einer gesamtdeutschen  „Deutschen Demokratischen Republik“ zu machen.

Dazu kam es – wie wir alle wissen – nicht.

Vor allem die USA und Adenauer mit seinen Leuten traten den Wunsch des deutschen Volkes nach Einheit und Frieden mit Füssen. Es begann mit dem Intervenieren der westlichen Besat-zungsmächte und Kurt Schumachers persönlich gegen den auch in Westdeutschland und Westberlin auf der Tagesordnung stehenden Zusammenschluss von Kommunisten und Sozial-demokraten. Die von langer Hand vorbereitete separate Währungsreform im Juni 1948 bewirkte die wirtschaftliche Spaltung Deutschlands. Die USA-Kapitalspritze des Marshallplanes diente vor allem der Restauration des Großkapitals.

Zum Zwecke der Remilitarisierung Westdeutschlands und der Eingliederung des westdeutschen militärischen Potenzials in die NAT0 im Jahre 1954 als Speerspitze gegen den Osten wurde die politische Spaltung Deutschlands vorangetrieben. Es waren die USA und Adenauer, die lieber das " halbe Deutschland ganz " als das ganze halb wollten. Ja, sie nahmen wissentlich einen Bruderkrieg in Kauf oder kalkuliertem ihn sogar ein.

Bereits seit 1946 war in Westdeutschland und in Westberlin der durch die militärische Zer-schlagung des Hitlerstaates nicht beseitigte Antikommunismus wiederbelebt. Eine immer bös-artigere Hetzte gegen die Sowjetunion, gegen Antifaschisten und Opfer des Naziregimes, auch Sozialdemokraten, breitete sich dort aus.

Die KPD wurde aus dem demokratischen Konsens ausgeschlossen. Damit wurde die spätere massenhafte Strafverfolgung von Kommunisten und ihrer Sympathisanten in den fünfziger Jahren auf der Grundlage eines extra für diese Verfolgung geschaffenen Gesetzes durch-geführt.Dieses Strafgesetz hatte maßgeblich der Altnazi Schafheutle mitgestaltet. Es wurde von Nazijuristen, darunter schwer belastete NS-Verbrechern, gegen „unbelehrbare“ und „rück-fällige“ Kommunisten mit aller Schärfe angewandt. Diese umfassende Kommunistenverfolgung zielte auf das von Adenauer forcierte Verbot der KPD ab. Die KPD bewies sich als Haupthindernis für die Durchsetzung seiner volksfeindlichen Politik. Dieses Parteiverbot ist bis heute nicht aufgehoben; es wirkt weit über das Verbotsurteil hinaus nach.

Die Wiederauflage der Kommunistenverfolgung, wenige Jahre nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus und die Zerschlagung dieser Partei, führte zur Spaltung und Schwächung der Kräfte der Demokratie, auch der Sozialdemokratie. Dieser Antikommunismus hinderte die SPD seither daran, eigene demokratische Positionen zu vertreten.

Aus diesen Gründen konnten die restaurativen und reaktionären Kräften des deutschen Finanz- und Großkapitals, wieder erstarken. Im Verein mit den westlichen Alliierten, vornehmlich der USA, setzten diese Kräfte im Laufe des Jahres 1949 ihre gegen die Interessen und Forderungen des deutschen Volkes gerichtete politische Absicht bis zur Bildung eines westdeutschen Separatstaates durch.

So standen die Länder der sowjetischen Besatzungszone, einschließlich Berlins, vor der Situ-ation, einen eigenen Staat zu gründen. Was sollten sie sonst tun?

Für diesen plötzlich zu bildenden ostdeutschen Teilstaat war weder ein Grundgesetz noch eine Verfassung vorbereitet worden. Denn die Deutschen, nicht nur in Ostdeutschland, wollten ein einheitliches Deutschland und keine zwei deutschen Staaten. Dafür lag eine breit diskutierte ausgereifte Verfassung vor, die Verfassung der (gesamtdeutschen) Deutschen Demokratischen Republik.  

Nachdem die Ostdeutschen durch die westliche Spaltungspolitik gezwungen waren, ihren eigenen Staat zu gründen, konstituierte sich der Deutsche Volksrat als Volkskammer. Am 07. Oktober 1949 setzte diese durch besonderes Gesetz den Text der für Gesamtdeutschland aus-gearbeiteten Verfassung als Verfassung des ostdeutschen Teilstaates in Kraft. Dadurch wurde der demokratisch zustande gekommene für Gesamtdeutschland gedachte Verfassungstext zur Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik. Diese demokratisch zustande gekommene fortschrittliche Verfassung bot eine gute staatsrechtliche Grundlage für die Entwicklung wirk-licher Demokratie im Osten Deutschlands.

Es ist nicht möglich, über die sozialistische Verfassung der DDR von 1968 zu sprechen, ohne in Erinnerung zu rufen, wie das (westdeutsche) Grundgesetz von 1949 zu Stande kam. Das ist auch deshalb geboten, weil die Bürger der DDR, die 1968 ihre sozialistische Verfassung durch Volks-entscheid beschlossen hatten, kraft juristischer Annexion seit dem 3.10.1990 verfas-sungsrechtlich diesem Grundgesetz unterworfen wurden. Nur wenige von ihnen wissen, wie dieses Grundgesetz zu Stande kam und was es ihnen vorenthält.

Am 1. Juli 1948 verlangten die Militärgouverneure der drei westlichen Besatzungszonen  von den Landesregierungen der westdeutschen Länder (außer Berlin) im so genannten „Frankfurter Dokument“ die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung bis zum 1. September 1948. Ausgangspunkt der Schaffung des Grundgesetzes war also ein Befehl der Militär-gouverneure der drei westlichen Besatzungszonen! Damit sollte die vom Westen mit langer Hand, schon seit 1946, vorbereitete Spaltung Deutschlands nach der separaten Währungsreform im Juni 1948  nun auch staatsrechtlich festgeschrieben werden. Die westdeutschen Länder-regierungen wollten – ursprünglich – alles vermeiden, „was geeignet sein könnte, die Spaltung zwischen West und Ost weiter zu vertiefen“. Aber die westlichen Militärgouverneure, vor allem der US-General Clay, erzwangen die Erfüllung der „Londoner Empfehlungen.“

Darauf hin wurde am 1.September 1948 in Bonn am Rhein aus 65 Abgeordneten der westdeutschen Landtage ein so genannter „Parlamentarischer Rat“ als Verfassungskonvent gebildet, zu dessen Vorsitzenden sich Adenauer als Ältester der Anwesenden erklärte. Er sollte ein vorläufiges „Grundgesetz“ „für eine Übergangszeit“ zur einheitlichen Verwaltung(!) West-deutschlands ausarbeiten. Als Bezeichnung  des Staates wurde der Name „Bundesrepublik Deutschland“ gewählt, um den Anspruch auf ganz Deutschland geltend zu machen. Nach gene-reller Einigung mit den Alliierten  wurde ein Sachverständigenausschuss berufen, der den so genannten Herrenchiemseeer Entwurf in der Zeit vom 10. bis 23. August 1948 – also in weniger als zwei Wochen! -  im Schloss auf einer Insel im Chiemsee, also in Klausur, wie eine studen-tische Übungsaufgabe, zu Papier brachte.

Das ist dem Text des GG anzusehen. Er ist ahistorisch, apostrophiert in der Präambel  Gott im Himmel, verschweigt aber die deutsche Geschichte mit dem Hitlerfaschismus und die vom Wes-ten aus betrieben Spaltung Deutschlands. Vor allem fehlt eine klare Absage gegen den Faschis-mus.

Als vor Jahren die Fraktion der PDS angesichts der wachsenden Aktivität von alten und neuen Nazis eine Antifaschismusklausel ins Grundgesetz bringen wollte, stieß sie auf den ge-schlossenen Widerstand der etablierten Parteien. Ihr Antikommunismus schlug durch. Wenn schon im Grundgesetz eine Klausel gegen Extremismus Platz finden sollte, dann müsste sie auch gegen links gerichtet sei. Offenbar brauchen diese politischen Kräfte faschistische Grup-pierungen als Gegengewicht gegen linke Bewegungen.

Das erinnert an die Zeit vor 1933: Der Großbourgeoisie und den reaktionären Kräften kam es zupass, dass sich auf der Straße Kommunisten und Sozialdemokraten, Rotfront und Rotbanner und Nazis gegenseitig die Köpfe einschlugen. So konnten sie im politischen Hinterzimmer der Weimarer Republik die - scheinbar legale - Übergabe der politischen Macht an die Nazis insze-nieren.

Der Herrenchiemseer Entwurf wurde schließlich von den westlichen Alliierten mit einigen Vorbehalten bestätigt, so, dass Groß-Berlin nicht zum Bund gehört; für West-Berlin wurde am 14. Mai 1949 das Besatzungsstatut erlassen, das  bis 1990 galt.

Schließlich wurde dieser Entwurf am 8.Mai 1949 – man bedenke das Datum! -  im Parla-mentarischen Rat mit 53 gegen zwölf Stimmen angenommen. Die Länderparlamente bekamen Gelegenheit, binnen einer Woche – das ist die Notfrist für sofortige Beschwerden (gem. § 311) und die Einlegung von Rechtsmitteln (§§ 314 und 341 StP0/BRD) gegen Strafurteile - diesem Grundgesetz zuzustimmen. Die Länderparlamente hatten keine Alternative, denn Änderungen am Text waren ausgeschlossen. Man konnte nur zustimmen oder nicht – aber mit welchen Konsequenzen?

Artikel 144 sah ausdrücklich keine Volksabstimmung und keinen Volksentscheid über dieses Grundgesetz vor, sondern nur die Zustimmung durch die Landtage. Das Land Bayern stimmte nicht zu. Aber es betonte seine Zugehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland. Die West-Berliner Abgeordneten hatten „zugestimmt“, aber wegen des besonderen Status Westberlins (Besatzungsstatuts) zählte diese Zustimmung juristisch nicht.

Dieses auf einen Militärbefehl zurückgehende, ohne das Volk ausformulierte  Grundgesetz wur-de am 23. Mai 1949 formell in Kraft gesetzt. Am 14. August 1949 wurden Wahlen zum Bundes-tag durchgeführt. Wie viele Bundesbürger in den Sommermonaten den Text des GG überhaupt z. K. nahmen, ist nicht bekannt, aber im „Wahlkampf“ lief  der Antikommunismus und Antisowjetismus  auf Hochtouren. Am 07. September 1949 trat der Bundestag zusammen. Trotz der Kommunistenhatz waren 15 Kommunisten als Abgeordnete gewählt worden. An der Erar-beitung dieses Grundgesetzes hatte die Bevölkerung Westdeutschlands keinen Anteil.

Der Text des Grundgesetzes kam in einer beispiellos undemokratischen Art und Weise zu Stande.

Dessen sind sich die bundesdeutschen Verfassungsrechtler durchaus bewusst. Deshalb wird eine demokratische Legitimation durch das deutsche Volk als eine „verfassungsrechtliche Grund-annahme“ fingiert, unterstellt. Tatsächlich gibt es keine demokratische Legitimation durch das Volk, durch die  Westdeutschen. Da es solcher aber – jedenfalls verfassungsrechtlich „eigent-lich“ – bedarf, wird sie einfach angenommen, juristisch vermutet  – ganz so, wie, dass der Herr-gott die Welt geschaffen habe. Die Inanspruchnahme der Ausübung verfassungsgebender Ge-walt durch das Volk und so die fehlende direkte demokratische Legitimation werden verfas-sungsrechtlich stillschweigend vorausgesetzt!

Die  in der Präambel formulierte Aussage, dass „sich das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben“ habe, ist eine Lüge – wie dieses Gesetz überhaupt viel falsche Aussagen enthält oder von falschen Voraussetzungen ausgeht.

Es hat niemals eine dahingehende Volksabstimmung oder andere demokratische Legitimation dieses Grundgesetzes gegeben.

Die Präambel verdeckt den Mangel an demokratischer Legitimation, mit der es zustande gekommen sei und der westdeutsche Separatstaat BRD gegründet wurde. An diesem unheil-baren Geburtsfehler kranken das Grundgesetz und die Bundesrepublik bis heute! Soweit in der Präambel zu lesen steht, dass „auch für jene Deutsche gehandelt wurde, denen mitzuwirken versagt war“, so war ihnen durch das Procedere der Ausarbeitung und Inkraftsetzung objektiv jede Möglichkeit auch nur einer Äußerung zum Entwurf des Grundgesetzes genommen. Diese Formulierung war eine Anmaßung! Auch deshalb, weil den „Vätern“ des Grundgesetzes gut be-kannt war, dass Deutsche in Ost und West seit 1946 über eine Verfassung einer gesamt-deutschen demokratischen Republik diskutiert hatten.

Die "Väter" des Grundgesetzes wie auch der Parlamentarische Rat sahen das Grundgesetz als ein Provisorium an. So stand es im Art. 146 GG – juristisch unmissverständlich und verbindlich. Denn nach diesem Artikel „verliert“ – das GG -  „seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist. "

Dieser Tag ist bis heute noch nicht gekommen.

Die Bürger der Bundesrepublik leben – die westdeutschen inzwischen mehr als ein halbes Jahr-hundert - nach wie vor unter einem Provisorium. So wie das GG – auch seinem Wortlaut nach – weiterhin ein Provisorium ist, ist auch die darauf gegründete Bundesrepublik ein Provisorium!

Die im Art. 146 vorgegebene freie Entscheidung über eine Verfassung für Deutschland steht nach wie vor aus. Sie wurde von Bundeskanzler Kohl und seinen Parteigängern, die Gunst der Stunde nutzend, 1990 und danach hintertrieben. Die Einheit Deutschlands wur-de nicht über den ausdrücklich dafür vorgesehenen Art. 146, sondern über eine für die Wiedervereinigung gerade nicht vorgesehene Beitrittsregelung des Art. 23 durchgedrückt. Dies war und ist Verfassungsbruch!

Das politische Kalkül Kohls, vor allem seine nicht unbegründete Sorge, sein politisches Renommé könnte Schaden nehmen, wenn nicht nur die Bürger des Beitrittsgebietes erleben, dass statt der von ihm versprochenen „blühenden Landschaften“ sich Massenarbeitslosigkeit breitmacht, veranlasste ihn zu diesem Verfassungsbruch. Denn der verfassungsgemäße Weg über Art. 146 GG würde viel länger dauern, als der „kurze Prozess“ über Art. 23 GG. Wenn Politik dominiert, zählen Recht, selbst ein Grundgesetz oder  eine Verfassung nicht.

Somit entbehrt das Grundgesetz nicht nur der demokratischen Legitimation. Seine Fortgeltung nach 1990 und seine Erstreckung auf das Staatsgebiet der DDR erfolgten unter offener und direkter Missachtung der gerade für  die Wiedervereinigung Deutschlands  1949 im Art. 146 GG vorgesehnen Volksabstimmung. Mit dem westdeutschen Verfassungsrechtler Helmut Ridder ist deshalb davon zu sprechen, dass die Einheit Deutschlands 1990 nur faktisch kraft politischer Macht zusammengezimmert wurde - ohne Rechtsgrundlage!

Nach der verfassungsrechtlichen Lage steht die durch Volksabstimmung zu schaffende Einheit Deutschlands noch aus!

Übrigens sieht auch die Neufassung des Art. 146 GG, der die Vollendung der Einheit Deutschlands benennt, vor, dass das deutsche Volk in einer Volksabstimmung eine Verfassung beschließen darf. Diese Bestimmung ist juristisch unverbindlich. Sie enthält kein verfassungs-beschwerdefähiges Individualrecht. Kein Bundesbürger kann aus diesem Artikel des GG beim BVerfG eine Verfassungsbeschwerde anbringen.

Aber politisch ist diese Bestimmung des GG von erstrangiger Bedeutung!

Gemeinsam mit allen politischen Kräften, die es mit der Demokratie ernst meinen, sollten wir den BT, die Regierung immer wieder darauf drängen, das deutsche Volk endlich in einer Volksabstimmung über eine Verfassung entscheiden zu lassen. Nur das entspricht dem Ver-fassungsgrundsatz des Art. 20 Abs.1 GG, nach dem alle Staatsgewalt vom Volk ausgehe.

Undemokratisch war nicht nur das Zustandekommen des GG.  Auch dem Inhalt nach stand es nicht auf der Höhe der Zeit. So negiert es die Menschenrechte, wie sie in der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte vom 10.Dezember 1948 umfassend definiert worden waren. Das gilt besonders für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. Auch blieb es hinter demokratischen Aussagen der Länderverfassungen zurück.

Seit Jahrzehnten klagen die Vertreter der „westlichen Demokratien“, auch auf internationalen Konferenzen, darüber, dass sie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte in ihren Verfassungen nicht verankern könnten. Diese Rechte seien nicht einklagbar. Abgesehen davon, dass es durchaus möglich wäre, die Rechtsordnung so zu gestalten, dass auch sie vor Gericht eingeklagt werden könnten, besteht der wahre Grund für diesen Mangel darin, dass nicht der Staat über die wirtschaftlichen Ressourcen, die ökonomischen Potenzen des Landes verfügt, sondern privatwirtschaftliche Unternehmen.

Daher ist der Staat machtlos. Er hat sich gegenüber den Kapitalisten machtlos gemacht!

Solange man sich scheut, die wirtschaftlichen Potenzen des Großkapitals anzutasten und in die Pflicht zu nehmen, bleibt der Staat natürlich machtlos. Aus diesem Grunde kann er die wirt-schaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte nicht gewährleisten.

Und wie sieht es mit der Gewährleistung der politischen und Bürgerrechte in diesen Ländern aus? Das Grundgesetz enthält - wie alle anderen bürgerlichen Verfassungen - den üblichen Katalog der politischen und Bürgerrechte als Grundrechte. Diese politischen und Bürgerrechte sind in der Regel einklagbar - im Unterschied zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten, die in jenen Verfassungen meistens fehlen.

Das gilt aber nur für die Verletzung dieser Rechte durch die Staatsgewalt und ihre Behörden, besonders die Polizei und Ordnungsämter. Dann kann der Bürger bei Verletzung seiner Rechte durch die Behörden zum Gericht gehen - wozu er allerdings vielfach eines Rechtsanwalts bedarf. Was nützt es aber, wenn ihm im Ergebnis des Weges durch die Instanzen schließlich das BVerfG einen Rechtsanspruch zuerkennt und feststellt, dass die damaligen Übergriffe, der da-malige Freiheitsentzug und ähnliche Verletzungen seiner Rechte rechtswidrig waren – selbst wenn er womöglich einen Schadensersatz erhält?

Was sind das realiter für Grundrechte, wenn einem Studienbewerber nach Jahren von der höchsten Instanz bescheinigt wird, dass er damals von Rechts wegen hätte doch zum Studium (einer bestimmten Studienrichtung) zugelassen werden müssen? Inzwischen hat sich der junge Mann anderweitig orientiert. Diese ihm nach Jahren zugestellte Entscheidung des höchsten Gerichts hat für ihn jetzt nur noch historischen Wert. Er kann sie sich als eine schöne Urkunde buchstäblich hinter den Spiegel stecken. Oder wenn ein Bürger, dem die Baugenehmigung ver-sagt worden war, nach vielen Jahren vom Gericht den Anspruch auf eine solche Bau-genehmigung zuerkannt bekommt. Aufgrund veränderter Verhältnisse, familiärer oder finan-zielle Art, kann er sie nicht mehr realisieren. Oder wenn das BVerfG einem Strafgefangenen nach vielen Jahren das Recht zuspricht, dass er damals zur Kommunion seiner 12-jährigen Tochter doch hätte ausgeführt werden müssen. Inzwischen ist diese Tochter verheiratet. Für eine jüngere Tochter, zu deren Kommunion er dann wohl ausgeführt werden würde, hat der Straf-gefangene nicht vorgesorgt!

Bei Lichte besehen ist es für die einfachen Menschen auch mit den politischen Grundrechten nicht weit her. War das GG  schon bei seiner Geburt nicht sehr fortschrittlich, so wurde es in den folgenden Jahren noch undemokratischer, noch bürgerfeindlicher.

Wir haben festzustellen:

Sowohl das Zu-Stande-Kommen des GG wie dann später die Vereinnahmung der DDR und ihrer Bürger erfolgten absolut undemokratisch.

Die herrschende Frontstellung gegen Plebiszite als Form der Beteiligung des Volkes an der Staatsgewalt spiegelt Angst vor dem Volk, Scheu vor wirklicher, direkter Demokratie wider.

Die gleiche Scheu vor wirklicher Demokratie und vor Plebisziten erleben wir bei dem misslungenen Versuch der Schaffung einer europäischen Verfassung. Nachdem das französische Volk und die Holländer dieser Verfassung - sehr wohl begründet - ihre Absage erteilt hatten, verzichtet man nun -  während der Präsidentschaft Deutschlands! - auf eine demokratische Be-gründung dieser Verfassung. Brüssel bestimmt – bis in die persönlichsten Dinge der Bürger hinein!

Die Angst vor dem Volk, die Scheu vor Plebisziten oder auch nur plebiszitären Elementen ist allgegenwärtig!

Damit entlarven sich die politisch Herrschenden als Feinde wirklicher Demokratie.

Kommen wir auf die sozialistische Verfassung der DDR von 1968 zurück. Sie ist nicht nur beispielhaft demokratisch zustande gekommen, auch ihr Inhalt ist beispielhaft demokratisch, dem Volke, den Bürgern dienend. 

Das ist an jedem Artikel nachweisbar.

In der Verfassung der DDR von 1968 waren bei wesentlichen, gerade auch bei den sozialen Grundrechten, jeweils auch bindende Verpflichtungen für den Staat verankert; in der Verfassung war festgelegt worden, wodurch das betreffende Recht tatsächlich gewährleistet wird, so beson-ders in den Art. 24. 25, 26, 27,28.

Die DDR konnte ihren Bürgern solche Grundrechte garantieren, weil hier durch die Boden-reform und die Enteignung von Kriegs- und Naziverbrechern die ökonomischen Voraus-setzungen dafür geschaffen wurden. Die Wirtschaftsmacht befand sich nicht mehr in Händen von auf Profit orientierten privatwirtschaftlich agierenden Monopolen, sondern als Volks-eigentum in den des sozialistischen Staates.

Auch die Gewährleistung der politischen und Bürgerrechte war in der Verfassung verankert: Art. 27 gewährte allen Bürgern das Recht, „den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß seine Meinung frei und öffentlich zu äußern“. Art. 28 gab allen Bürgern der DDR das Recht, „sich im Rahmen der Grundsätze und Ziele der Verfassung friedlich zu versammeln.“ Und Artikel 29 gewährte ihnen das Vereinigungsrecht, „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Zielen der Verfassung“.

Damit war klargestellt, ohne dass es eines komplizierten Verwaltungs- und gerichtlichen Prozedere bedurfte, dass in der DDR für Faschisten und andere Feinde der Demokratie kein Raum war, öffentlich ihre faschistische Meinung zu äußern, für faschistische Ziele zu demon-strieren oder sich in faschistischen oder faschistoiden Vereinigungen zusammenzuschließen.

Nach dem GG gilt die formal gleiche Freiheit der Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit -  auch für Nazis. Im Grundgesetz wurde absichtsvoll vermieden, eine ein-deutige Antifaschismusklausel festzuschreiben. Das hat zur Folge, dass auch Nazis demon-strieren dürfen. Daher gehören Nazi-Aufmärsche nach der Verfassungs– und Rechtslage zur Rechtsordnung der Bundesrepublik! Einer solchen Rechtsordnung wurden wir unterworfen, nachdem wir in der DDR und zuvor in der SBZ über 45 Jahre Freiheit vor und von Nazis genossen!

Wenn in der BRD Nazis durch die Behörden das Demonstrieren erlaubt wird, dann sind Gegen-demonstrationen von Antifaschisten illegal und können von der Polizei aufgelöst werden! Das ist das Recht der Nazis im Rechtsstaat! So findet der Klassenkampf zwischen Nazis und Anti-faschisten nicht nur auf der Straße, sondern auch in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren statt. Der Kampf zwischen Nazis und Antifaschisten wird dadurch juristisch verklausuliert, justiziell verdeckt. Auf diese Weise wird der sachliche Gegensatz und der politische Grund dessen, warum Antifaschisten sich gegen die Entfaltung des Nazismus und Faschismus wenden, vor der Öffentlichkeit verdeckt, in juristische und justizielle Formen verkleidet.

Das ist typisch für das bürgerliche Recht und den bürgerlichen Staat! Alles wird verrechtlicht, alles wird juristisch verklausuliert. Die Sache selbst, der eigentliche Streitgegenstand ver-schwindet hinter einer aus Juristendeutsch gezimmerten Fassade.

Kommen wir noch einmal zum Demonstrationsrecht zurück. Im Art. 28 Abs. 2 der DDR Verfassung war auch geregelt, wie dieses Recht garantiert und gewährleistet wird, nämlich durch die Nutzung der materiellen Voraussetzungen zur Ausübung dieses Rechts in Versamm-lungsgebäuden, auf Straßen und Kundgebungsplätzen sowie durch Druckereien und Nach-richtenmittel. Dieses Grundrecht der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und seine Gewährleistung hat für die Arbeiter, überhaupt für die einfachen Menschen, eine außer-ordentliche, eine existentielle Bedeutung. Wenn sie ihren Unmut über die Zustände und ihre Forderungen nach Veränderung nicht nur im stillen Kämmerlein und unter sich äußern wollen, müssen sie auf die Straße gehen, müssen sie die Möglichkeit zu Versammlungen und Demon-strationen unter freiem Himmel haben.

Die „oberen Zehntausend“ haben ihre Clubs und Gesellschaftshäuser und das Geld, um sich für ihre Versammlungen Säle oder Hotels mieten zu können. Außerdem sind sie nicht so viele. 

Art. 34 der DDR-Verfassung verankerte das Menschenrecht auf Freizeit und Erholung; es wurde durch vielfältige juristische Regelungen und praktische Maßnahmen gewährleistet – in gleicher Weise das Menschenrecht auf Schutz der Gesundheit und der Arbeitskraft der Bürger (im Art. 35). Auf der Grundlage eines alle Bürger einschließenden sozialen Versicherungssystems wur-den bei Krankheit und Unfällen materielle Sicherheit, ärztliche Hilfe, Arzneimittel und andere medizinische Sachleistungen unentgeltlich gewährt.

Heute erleben wir unübersehbar den Abbaues der Krankenversicherungssysteme und des Ge-sundheitswesens und die Überbürdung der Kosten auf die einfachen Menschen.

Das ist Grund genug, an die unsere sozialistische Verfassung zu erinnern.

Sie ist mir Veranlassung, zu einigen verfassungsrechtlichen Grundbegriffen, wie Menschen-rechte, Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit, meine Meinung zu äußern.

Für uns geht es bei den Menschenrechten ganz wesentlich auch um wirtschaftliche, soziale und kulturelle. Wenn wir in der „Internationale“ singen: „Erkämpft das Menschenrecht!“ dann den-ken wir gerade auch an diese.

Für die Bourgeoisie war – so besonders vor der französischen Revolution und im Zusam-menhang mit ihr – wichtig, gemäß ihrer gewachsenen wirtschaftlichen Macht auch eine politi-sche und juristische Gleichstellung mit dem Adel zu erreichen. Auch in der Folgezeit war für sie, erst recht später für das Großkapital nicht lebenswichtig, sich den Unterhalt für sich und  auch für die Familien sichern zu müssen. Denn sie besaß und besitzt Vermögen, mit dem sie gut leben und auch mit Schicksalsschlägen des Lebens, wie Krankheit, leichter umgehen konnte und kann. Für sie war die politische Freiheit und waren politische Bürgerrechte besonders wichtig, um gemäß ihrer ökonomischen Rolle im Staat auf die Regierung gehörigen Einfluss nehmen zu können.

In diesem Sinne gehörten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zum Katalog der klassischen Grund- und Bürgerrechte in den Verfassungen vor allem politische Bürgerrechte.

Erst mit der Entwicklung und dem Wachsen der Arbeiterbewegung erlangten auch wirt-schaftliche, soziale und kultureller Menschenrechte Bedeutung. Denn für sie ging es um ihre nackte Existenz. Im Gefolge des Zweiten Weltkriegs mit der Stärkung des Einflusses des Sozialismus im Weltmaßstab und nach der Gründung der Vereinten Nationen gewannen auch  diese international an Gewicht. Sie fanden in der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte vom 10.12.1948 ihren Niederschlag. Mit der Verabschiedung der beiden Menschenrechts-konventionen von 1966 erlangten sie eine völkerrechtliche Form.

Übrigens wurde das Jahr 1968, in dem unsere Verfassung angenommen wurde,  20. Jahr nach Verkündung der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte, von der UNO zum „Jahr der Menschenrechte“ erklärt worden. Unsere Diskussion über die sozialistischen Verfassung der DDR und ihre Annahme durch Volksentscheid befanden sich somit in bester Gesellschaft.

Zu den üblichen Lügen unserer Gegner gehört es, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen  Menschenrechte zu unterschlagen, und nur von einigen ausgesuchten politischen zu reden, so vom Freiheitsrecht und – ganz besonders gegen die DDR von einem angeblich grenzenlosen Recht der Ausreisefreiheit. Die vorrangige Betonung gerade dieses Menschenrechts diente durchsichtigen politischen Zwecken: Durch Ausbluten der DDR sollte dieses bessere Deutsch-land seines Staatsvolks beraubt und auf diese Weise erledigt werden! Übrigens kennt auch das GG kein Grundrecht auf Auswanderung oder Ausreise!

Die von unseren Gegnern absichtsvoll unterschlagenen wirtschaftlichen, sozialen und kultu-rellen Menschenrechte gehören nicht minder zu diesen Rechten. Beide in den zwei Menschenrechtskonventionen völkerrechtlich verankerten Arten von Rechten besitzen die gleiche Bedeutung. Gestützt auf sie sind wir legitimiert, auch in kapitalistischen Ländern, wie der Bundesrepublik, die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte nachdrück-lich einzufordern.

Demokratie verstehen wir im wahrsten und ursprünglichen Sinn dieses Wortes als „Herrschaft des Volkes“.

Im GG ist dieser Begriff bereits im Wortlaut amputiert und auf eine lediglich repräsentative Demokratie zurück geschnitten. Die Bourgeoisie, das Großkapital, einmal zur maßgeblichen ökonomischen Macht geworden, möchte ihre Macht mit niemandem teilen. Die Ausübung die-ser Herrschaft des Großkapitals wird durch Gesetze und Rechtspraxis verdeckt und geschönt, wodurch viele Menschen getäuscht werden. Aber die Substanz all dieser Gesetze und auch die Äußerungen der Bundeskanzler sind eindeutig. Sie reden vorrangig von der „Stärkung der Wirtschaft“. Sie stützen die wirtschaftliche Machtposition des Groß- und Finanzkapitals. Dass - wie Frau Merkel meint - es auch dem kleinen Mann gut gehe, wenn die Wirtschaft floriere, ist ein altes Ammenmärchen. Die reale soziale Wirklichkeit straft solche Reden Lüge. 

Wie im Kapitalismus typisch, werden die Werktätigen, die die Werte schaffen, mit einigen Almosen abgespeist, die sie sich immer wieder neu erkämpfen müssen - letztlich durch Streiks! Aktuell geht es um elementare Lohnforderungen und Mindestlöhne, um das Absinken des Reallohnes angesichts steigender Preise, Kosten und Gebühren wenigstens zu einem Teil aus-zugleichen. Für den Charakter der bundesdeutschen Regierungen gilt, was Marx und Engels im Kommunistischen Manifest (S. 6) über „ die moderne Staatsgewalt“ schrieben: Sie „ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisieklasse verwaltet“. Letztlich führt - wie wir das besonders in den letzten mehr als 10 Jahren überdeutlich erleben - die Regierung nur die Aufträge der im Lande ökonomisch Mächtigsten aus.

Wir treten für eine wirkliche Demokratie ein, in der das Volk wirklich herrscht.

Wir sind dafür, dass wirklich „Alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht“, weshalb in der DDR Verfassung von 1968 im Art. 48 – diese Ziffer war in der Weimarer Verfassung der Not-standsartikel des Reichspräsidenten! - die Volkskammer der DDR ausdrücklich als oberstes staatliches Machtorgan der DDR festgeschrieben war. Diese Stellung und Funktion der obersten Volksvertretung durfte durch kein anderes staatliches Organ und schon erst recht nicht durch andere Kräfte, sei es der Wirtschaft, seien es die Medien, eingeschränkt werden.

Dass die von der Volkskammer zu verabschiedenden Gesetze und Beschlüsse – wie in allen Parlamenten -  einer Vorbereitung bedurften, und dass bei der konzeptionellen Ausarbeitung neuer Gesetze und Beschlüsse die politisch führende Kraft in der DDR, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, eine maßgebliche Rolle spielte, versteht sich von selbst. Wichtig ist aber, dass alle grundlegenden Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer zuvor mit den in der Volkskammer vertretenen Parteien und Massenorganisationen und darüber hinaus mit den Bür-gern diskutiert und beraten worden waren. Die so vorbereiteten Gesetze und Beschlüsse unserer Volkskammer dienten dem Wohl und den Interessen der einfachen Menschen - nicht dem Kapital.

Darüber hinaus verstehen wir unter Demokratie als Volksherrschaft, dass das Volk über die wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen im Lande, auch über die Bodenschätze verfügt und diese ohne Ausbeutung der Arbeiter (im marxschen Sinne) genutzt werden.

Im Art. 9 der Verfassung der DDR von 1968 war klargestellt worden: Die – im Dienste der Menschen arbeitende – Volkswirtschaft beruht auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln. Im Art. 12 unserer Verfassung war genau festgelegt, was alles unabdingbar volkseigen ist: Bodenschätze und Naturreichtümer, Berg- und Kraftwerke, größere Industrie-betriebe, Banken und Versicherungseinrichtungen und das Verkehrs-, Post- und Fern-meldewesen.

Was die in der BRD betriebene Privatisierung der Bundesbahn, von Kraftwerken, Wasser-werken, Wohnkomplexen und andern großen Unternehmen den einfachen Menschen brachte, genauer gesagt: ihnen nahm, haben wir in den vergangenen Jahren überdeutlich erleben müssen. Deshalb gehört zu unserem Begriff der Demokratie nicht nur die staatsrechtliche politische Herrschaft des Volkes, sondern auch die Herrschaft über die wirtschaftlichen Ressourcen.

Diese kann aber nur durch Überführung der maßgeblichen Produktionsmittel und aller wichtigen wirtschaftlichen Ressourcen des Landes in Volkseigentum, zumindest in Staatseigentum, hergestellt werden. Das GG enthält in seinen Art. 14 und 15 verfassungsrechtliche Grundlagen für Schritte auf dem Wege dahin.

Eine Demokratievorstellung, die sich darauf beschränkt, den Bürgern alle vier Jahre zu erlauben, ihre Stimme einer der vorgegebenen Parteien – nicht einem Abgeordneten selbst - zu geben und so ihr demokratisches Recht bis zum nächsten Wahltag - wie einen Mantel an der Garderobe – abzugeben, ohne an den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu rütteln, ist für Marxisten eine Scheindemokratie,  um eine wirkliche Demokratie zu verhindern.

Übrigens: Der nach Art. 1 GG vorgesehene Schütz der Menschenwürde ist – staatsrechtlich - kein Grundrecht. Die Würde des Menschen ist daher vor dem Verfassungsgericht nicht einklagbar. Das ist auch kein Wunder, denn wie es um deren Würde in dieser reichen Republik wirklich aussieht, sehen wir tagtäglich. Man denke an die vielen Zehntausende Obdachlosen, allein in Berlin sollen es über 20.000 sein: an die vielen Hunderttausende Harz IV-Empfängern, an die Millionen Arbeitslosen und an die wachsende Kinder- und zunehmende Altersarmut – von der Lage der „Migranten“, also von Ausländern, ganz zu schweigen!!

In diesem Staat ist die Menschenwürde ein Thema für die Märchenstunde beim Bundes-präsidenten oder beim Verfassungsgericht.

Der Begriff der Freiheit nimmt in der politischen und vor allem in der Klassenausein-andersetzung einen zentralen Platz ein. In unserem Lied heißt es: „Brüder, zur Sonne zur Freiheit!“

Um wessen Freiheit aber geht es?

Wenn die CDU mit dem Wahlslogan „Freiheit statt Sozialismus“ aufwartet, dann ist dies ein alter Hut, den sie sich bereits 1946 aufgesetzt hatte. Die Frontstellung in dieser Wahllosung gegen Sozialismus ist nur ihr bekannter Antikommunismus, den auch die FDP teilt. Freiheit ist bei ihnen ein Tarnbegriff für Antikommunismus!

Diese Herausstellung „der Freiheit“ meint nicht die des arbeitenden Volkes, der Werktätigen, sondern die der Unternehmer, der Wirtschaft, der Vermögenden. Das ist dem GG von A – Z anzusehen. Beim Art. 2 GG, der jedem das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit eingeräumt, geht es letztlich um die Freiheit wirtschaftlicher Betätigung. Das Kernstück der allgemeinen Handlungsfreiheit ist die Freiheit, Vermögen zu besitzen, zu erwerben und es zu mehren, Profite zu machen. Das erhellt aus Art. 12, der – verschämt - mit Freiheit der Berufswahl überschrieben ist, sowie aus Art. 14, der das Eigentumsrecht und das Erbrecht gewährleistet. Von solchen Grundrechten hat nur der etwas, der Vermögen sein eigen nennt und der auf dessen Mehrung - auch über eine Erbfolge – bedacht sein muss. Wer Vermögen hat, wer Unternehmen führt und die Wirtschaft beherrscht, braucht diese Freiheit. Er braucht sie im erbarmungslosen Wirtschaftskrieg mit der Konkurrenz und bei der möglichst profitablen Aus-beutung der Arbeiter – wo auch immer auf dem Globus.

So ist die im Art. 2 genannte persönliche Freiheit letztlich ein euphemistischer Tarnbegriff für „Geld“. Es geht um die Freiheit des Geldes – auch die, es nach Liechtenstein zu transferieren.

Die im Art. 12 genannte Freiheit der Berufswahl betrifft nicht die Freiheit der eigentumslosen Werktätigen, den „Arbeitsplatz frei zu wählen“. Denn ein Rechtsanspruch auf einen Arbeitsplatz garantiert ihnen das GG nicht. Die in diesem Artikel verkündete Freiheit der Wahl eines Arbeitsplatzes muss auf die Millionen Arbeitslosen und Arbeit Suchenden als reiner Hohn wirken – zumal neu abzuschließende Arbeitsverträge Knebel- und Zwangsverträge sind: Die Arbeit Suchenden stehen vor der existentiellen Alternative, entweder unzumutbare Arbeits-bedingungen zu akzeptieren  oder weiterhin arbeitslos und Hartz-IV-Empfänger zu bleiben.

Die Freiheit der Berufswahl betrifft in Wahrheit die wirtschaftliche Freiheit von Unternehmern -  von Selbständigen in der Klassifizierung des Finanzamts -, solcher, die etwas von dem Eigen-tumsrecht des Art. 14 haben. Sie dürfen und können den Beruf eines Immobilienmaklers, Hoteliers oder Bankiers wählen – mit Bert Brecht: Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank! Eine Freiheit, die letztlich die der Ausbeutung der Eigentumslosen zum Inhalt hat und auf Profitmaximierung ausgerichtet ist, ist menschenfeindlich, ist die Unfreiheit der Ausgebeuteten und ihre Unterwerfung unter die Wirtschaft, unter das Finanz- und Großkapital.

Dagegen singen wir unser Lied: Brüder, zur Sonne zur Freiheit!

Absatz 3 des Art. 24 unserer Verfassung garantierte jedem Bürger der DDR das Recht auf Arbeit.

Dieses Recht wurde gewährleistet durch:

- das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln – wie bedeutsam und wichtig dies ist, erleben die früheren DDR-Bürger heute unter den Verhältnissen der Herrschaft des kapita-listischen Eigentum an den Produktionsmitteln;

- die sozialistische Leitung und Planung des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses – mit deren Hilfe auch eine Planung der Arbeitsplätze bewirkt wurde, sodass das Recht auf Arbeit, nämlich auf einen Arbeitsplatz, Realität war;

- das stetige und planmäßige Wachstum der sozialistischen Produktivkräfte und der Arbeits-produktivität, was das Vorgenannte unterstreicht;

- die konsequente Durchführung der wissenschaftlich-technischen Revolution, was ebenfalls dazu beitrug;

- ständige Bildung und Weiterbildung der Bürger, damit diese einen entsprechenden Arbeits-platz einnehmen konnten;

- das einheitliche sozialistische Arbeitsrecht, von dem die Bundesrepublik auch nach bald 60-jährigem Bestehen meilenweit entfernt ist.

Der oben angesprochene Art. 12 GG gewährleistet – entgegen seinem Wortlaut – auch nicht das Recht, die „Ausbildungsstätte frei zu wählen“. Denn das Geld – zunächst der Eltern – bestimmt, welche Ausbildungsstätte – Hauptschule oder Gymnasium – gewählt werden, ob der junge Mensch ein exklusives Internat oder eine Privathochschule mit besonderen Aufstiegschancen besuchen kann. So sieht in Wahrheit die Freiheit der „Wahl der Ausbildungsstätte“ aus! In der BRD wurde das überkommene Bildungsprivileg konserviert und ausgebaut.

Es war die DDR, wo wir dieses Bildungsprivileg – zur Wut unserer Gegner -  gebrochen haben. 

Im Art. 25, der jedem Bürger der DDR das gleiche Recht auf Bildung einräumte, dass die Bildungsstätten jedermann offen stehen, heißt es im Abs. 1, Satz 2:

Das einheitliche sozialistische Bildungssystem gewährleistet jedem Bürger eine kontinuierliche sozialistische Erziehung, Bildung und Weiterbildung.

Gem. Art. 26 sicherte der Staat die Möglichkeit des Übergangs zur nächst höheren Bildungs-stufe bis zu den höchsten Bildungsstätten entsprechend dem Leistungsprinzip, den gesellschaft-lichen Erfordernissen und unter Berücksichtigung der sozialen Struktur der Bevölkerung. Der Besuch aller Bildungsstätten war kostenlos, auch wurde der Lebensunterhalt der erwachsenen Schüler und Studenten durch Stipendien gesichert; sie konnten konzentriert studieren und waren nicht genötigt zu jobben.

Was schließlich die Gerechtigkeit betrifft, so hat sich die SPD nunmehr – nach den Wahlerfolgen der Partei Die Linke - wieder ein wenig an ihre Wurzeln erinnert. Sie erweckt den Anschein, diesem Begriff wieder einen Inhalt geben zu wollen. Wie wir das aber bei der Sozial-demokratie immer wieder erleben, ist das, wovon sie redet, oft mehr Schall und Rauch, sub-stanzlos. Die allgemeine blutleere Wendung von der Gerechtigkeit, selbst wenn das Adjektiv sozial hinzugefügt wird, bleibt verschwommen, unbestimmt.

Für die bürgerliche Vorstellung von Gerechtigkeit ist die juristische, vor allem Gleichheit vor dem Gesetz ausreichend. Hinter dieser formalen Gleichheit und einer juristischen Gerechtigkeit vermag die Bourgeoisie, das Kapital, dank hinreichender ökonomischer Potenz und Überlegen-heit schon ihre Gerechtigkeit zu erwirken.

Bekanntlich lehnen die westlichen Demokratien seit über einem halben Jahrhundert ab, soziale Menschenrechte als Grundrechte in ihren Verfassungen zu verankern. Es heißt: solche seien vor Gericht nicht einklagbar und der Staat könne sie nicht gewährleisten. Ja so ist es dort. Denn die ökonomische Macht liegt in den Händen des Groß– und Finanzkapitals. Die Kapitalisten entscheiden faktisch, ökonomisch, ob den Bürgern auf sozialem Gebiet etwas zugestanden wird oder nicht – und zwar nach Maßgabe dessen, ob und wie viel sie von ihren Profiten für derart unprofitable Ausgaben abzwacken wollen.

Im Art. 30 der DDR-Verfassung von 1968 war die Unantastbarkeit der Persönlichkeit und der Freiheit jeden Bürgers verankert. Klargestellt wurde im Abs. 2. dass Einschränkungen nur im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen oder einer Heilbehandlung zulässig waren und gesetzlich begründet sein mussten. Im Eintelfall durften die Rechten der Bürger nur insoweit eingeschränkt werden als dies gesetzlich zulässig und unumgänglich war. So wurde es in der justiziellen Wirklichkeit der DDR gehandhabt.

Selbst die rechtswidrige Strafverfolgung von zahlreichen DDR-Richtern und Staatsanwälten durch die bundesdeutsche Strafjustiz nach 1990 erbrachte nicht, dass sie diesen Artikel ihrer Verfassung verletzt hätten. Die rechtswidrigen Verurteilungen durch bundesdeutsche Straf-gerichte gründeten sich – wie den Urteilen zu entnehmen ist - darauf, dass die bundesdeutschen Richter aus ihrer Sicht die von Richtern der DDR in Übereinstimmung mit dem DDR-Gesetz angeordneten Einschränkungen – bei Straftätern, die gegen die DDR gewirkt hatten - für überzogen hielten.

Unsere Richter hatten aber nicht nach westdeutschen Vorstellungen zu judizieren, sondern die Rechtsordnung der DDR zu verteidigen! Übrigens meinen erfindungsreiche Verfassungs-rechtler, dass die objektiv falsche und anmaßende Aussage, auch für jene Deutschen gehandelt zu haben, denen dies versagt gewesen sei, Jahrzehnte später, also im Nachhinein, im „Beitritt“ der Bürger der DDR im Jahre 1990 zu sehen und dadurch dieser Mangel nachträglich juristisch „geheilt“ worden sei!

So wie die demokratische Legitimität des GG fingiert wird, so wird auch fingiert – unterstellt -, dass die Ostdeutschen das GG – und damit die Spaltung Deutschlands - gewollt hätten.

Für uns steht Gerechtigkeit im engen Zusammenhang mit dem Begriff der Menschenrechte. Uns geht es um eine wirkliche soziale Gerechtigkeit. Sie kann nicht in ein paar Brosamen für die Ausgebeuteten bestehen. Soziale Gerechtigkeit umschließt die Gewährleistung aller wirtschaft-lichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte, vor allem das Recht auf Arbeit, auf einen Arbeitsplatz, das Recht auf Wohnung, auf Bildung, auf gesundheitliche Betreuung und auf Ver-sorgung im Alter – wie es in der DDR-Verfassung stand und alltägliche Wirklichkeit war.

So gehört für uns die Gerechtigkeit im Sinne unserer Internationale zu unserem Kampf für die Menschenrechte.

All diese Menschenrechte, wirkliche Demokratie, Gerechtigkeit und Freiheit, wie wir sie ver-stehen, waren in der DDR, besonders gemäß ihrer sozialistischen Verfassung, nicht nur leere Versprechen des Gesetzgebers, sondern Wirklichkeit.

Im Sinne dieser umfassenden Menschenrechte waren Recht und Rechtspflege in der DDR demokratisch. Die DDR war der wahre demokratische Rechtsstaat. Hier waren die Lehren aus der deutschen Geschichte, besonderes der Verbrechen der Hitlerfaschisten, gezogen worden - in Erfüllung des Potsdamer Abkommens. Die DDR bewies sich vor aller Welt als deutscher Friedensstaat. Die Rechtsordnung der DDR war über Jahrzehnte mit ihren Bürgern geschaffen worden. Sie diente tatsächlich den Interessen der Werktätigen.

Nach 1990 haben die Bürger der DDR in ihrer übergroßen Mehrheit am eigenen Leibe erfahren, was ihnen genommen wurde, der sichere Arbeitsplatz, stabile Preise und Mieten, unentgeltliche Gesundheitsfürsorge, Bildungsmöglichkeiten auch für die Kinder der Werktätigen.

Schon rein juristisch haben die Bürger der DDR auf allen für sie wesentlichen Rechtsgebieten enorme Rechte verloren, so im Arbeitsrecht, im Mietrecht und im Familienrecht. Ich kenne kein einziges (juristisches) Recht, das die Bürger der DDR, vor allem die Werktätigen, durch den „Beitritt“ gewonnen hätten.

Je länger das Bestehen der DDR zurückliegt, desto deutlicher wird, was sie den einfachen Menschen, den Werktätigen bot, und was ihnen 1990 genommen wurde.

Eben deshalb sah sich Bundespräsident Köhler genötigt, vor einer Verklärung der DDR zu warnen!

Eben deshalb werden Kübel von Lügen über die DDR verbreitet!

Die DDR ist nicht mehr, aber ihre Erfahrungen gehören zum historischen Erkenntnis- und Er-fahrungsschatz der Menschheit, vor allem der der Arbeiterbewegung.

Vergessen wir niemals, was in der DDR geschaffen wurde.

Vergessen wir niemals die sozialistische Verfassung der DDR.

Erich Buchholz,
Berlin

Heinz-W. Hammer:
Das DDR-Erbe verteidigen! Ein Blick zurück nach vorn

Zur Gründung des »Solidaritätskomitees für Erich Honecker« im Jahr 1990

In der »offen-siv«-Ausgabe Jan./Febr. 08 wird im Editorial Herr Manfred Sohn, vormals F.D.P., SPD und DKP, derzeit DL-Fraktionsvorsitzender im niedersächsischen Landtag, mit den Worten zitiert: »Ich weine der DDR keine Träne nach«. Damit wird Bezug genommen auf die derzeit heftige geführte Diskussion über Fragen des Sozialismus und in diesem Zusammenhang auch über die DDR.

Vertreter des Kapitals und der politischen Rechten, aber auch so manche Salonlinke über-schlagen sich dabei damit, die üblichen Jauchekübel über alles, was auch nur entfernt mit der DDR in Zusammenhang gebracht werden kann, auszuschütten. Ziel und Wirkung liegen dabei offen zutage: Mit dem Vorwand eines angeblichen »Linksrutsches« in der BRD soll angesichts der Zuspitzung der Klassengegensätze die gefährliche Rechtsentwicklung des Landes forciert und zementiert werden.

In dieser Situation lohnt es sich, einen Blick auf die jüngere Geschichte zu werfen und auf Aktualität und Gültigkeit zu überprüfen.

Oktober 1990: »Liebe Freunde und Genossen, wir, Werner Cieslak aus Essen und Heinz Junge aus Dortmund, waren am 7. Oktober 1990 zu Besuch bei den Genossen Margot und Erich Honecker im sowjetischen Militärhospital in Beelitz-Heilstätten, Bezirk Potsdam. (…) Erich Honecker – unter Hitler wegen seines Kampfes gegen Faschismus und Krieg 10 Jahre im Zuchthaus Brandenburg geschunden – hat viel getan, dem Antifaschismus in der Politik Raum zu verschaffen. Die DDR war eine mächtige Bastion des Antifaschismus in Europa. Er war es, der als Staatspräsident der DDR das Wort prägte: VON DEUTSCHEM BODEN DARF NIE MEHR KRIEG, MUSS IMMER FRIEDE AUSGEHEN! Sein Wirken für Dialog, Entspannung, Abrüstung und internationale Solidarität fanden weltweit Anerkennung, auch bei uns, was bei seinem Besuch in der BRD vor wenigen Jahren offiziell Anerkennung fand. Sollten die Drohungen wahr gemacht werden, ihn vor Gericht zu stellen, müsste eben diese, seine Politik, mit vor Gericht stehen und bei ihrer Verteidigung wird er sich als ein standhafter Vertreter der Arbeiterklasse und ihrer Lebensinteressen erweisen. Wir sind davon überzeugt, daß INTERNA-TIONALE SOLIDARITÄT ihm zur Seite stehen wird.«

Auf dieser Grundlage fand am 15. Dezember 1990 im Dortmunder antifaschistischen »Museum für Widerstand und Verfolgung« die konstituierende Sitzung des »Solidaritätskomitees für Erich Honecker« statt, dass 1992 umbenannt wurde in »Solidaritätskomitee für alle verfolgten Kommunistinnen und Kommunisten in Deutschland«. In einer von dem Autor dieses Beitrags im Auftrag des Komitees unterzeichneten Pressemitteilung vom 27.12.1990 heißt es zu dieser Tagung:

»(…) Über Parteigrenzen hinweg sind sich die Mitglieder des Komitees einig:

Unbeschadet einer notwendigen Diskussion über vergangene Fehler und Versäumnisse gilt es heute, das Leben Erich Honeckers gegen eine unmenschliche „Generalabrechnung“ derer zu schützen, die ihn als Staatsratsvorsitzenden der DDR gestern noch hofiert haben.

Mit der unwürdigen und menschenverachtenden Hetzjagd auf Erich Honecker soll in dessen Person „ein für allemal“ Schluß gemacht werden mit dem „anderen Deutschland“, mit den Traditionen des Antifaschismus, des Versuches, einen nichtkapitalistischen Staat auf deutschem Boden zu errichten.

Mit der Verfolgung und medienträchtigen politischen Verleumdung Erich Honeckers wird seitens der Regierenden versucht, innerhalb kürzester Zeit eine gigantische Geschichtsfälschung salonfähig zu machen, die alle demokratischen und Arbeitertraditionen Deutschlands ins Abseits stellen soll.

Die Mitglieder des Solidaritätkomitees verabschiedeten bei ihrer konstituierenden Sitzung einen Appell an die Bundesregierung und an die Öffentlichkeit, in dem es u.a. heißt: „Honeckers Leben ist in Gefahr. Die Forderung der Bundesregierung, den ehemaligen Staatsrats-vorsitzenden der DDR, Erich Honecker, an die Justiz auszuliefern, mit der Kenntnis, daß Honecker auf der Intensivstation im sowjetischen Militärhospital liegt, ist ein Akt der Barbarei (…) Objektiv bedeutet das, Honeckers Tod schneller herbei zu führen (…) Die Beratung fordert erneut:

Einstellung aller Bedrohungen gegen Erich Honecker, sowohl von Seiten der Behörden als auch in den Medien.

Gewährung aller in unserem Grundgesetz verankerten Bürgerrechte einschließlich des Rechts auf eine eigene Wohnung“.

Das Solidaritätskomitee ruft dazu auf, sich diesen Forderungen anzuschließen.«

In den Folgejahren betrieben die Mitglieder des Komitees, die aus dem ganzen Bundesgebiet kamen und unterschiedlichen Parteien und Organisationen angehörten oder parteilos waren*, vor allem intensive Öffentlichkeitsarbeit. Informationen, Petitionen und Aufrufe wurden an den Bundestag, die darin vertretenen Parteien, die Medien und nicht zuletzt an zahlreiche Organisationen und Persönlichkeiten aus dem Ausland gesandt.

Im Frühjahr 1992 veröffentlichte das Solidaritätskomitee ein Flugblatt, in dem nochmals in einer Zusammenfassung die Gründe für die Arbeit dieser Initiative genannt werden:

»Oft werden wir gefragt, was uns bewegt hat, vor vielen Monaten die Initiative ergriffen zu haben, damit es zu einem Solidaritätskomitee für Erich Honecker kam. Was war unsere Moti-vation?

Warum bemühen wir uns für einen Mann, der von den Herr­schenden gehaßt wird, verfolgt und eingesperrt werden soll? Warum nehmen wir es auf uns, von vielen nicht verstanden zu werden — manchmal auch von Freunden nicht?

Warum bemühen wir uns, dem deutschen Imperialismus nicht den Triumph zu gönnen, den Staatsratsvorsitzenden der DDR mittels Druck, Macht und Herrschaftsanspruch in Europa und in der Welt in Handschellen vorgeführt zu bekommen? Sind unsere Gründe politischer Natur oder wesentlich nur hu­manitär?

Um es sofort deutlich zu machen: Unser Hauptgrund ist die solidarische Verbundenheit mit allen, die den Versuch unter­nahmen, eine Gesellschaft alternativ zur kapitalistischen auf deut-schem Boden zu entwickeln und deshalb von der Rache­justiz des deutschen Imperialismus attackiert werden. Auch mit der Absicht, daß niemand es mehr wägen soll, je wieder das kapitalistische System in Frage zu stellen.

Für unsere Position ließe sich vieles anführen. Einige Gründe wollen wir benennen:

Wir sind selbst wegen des Kampfes gegen den Faschismus und zur Zeit Adenauers wegen des Kampfes gegen die Remilitarisierung und für ein antifaschistisches, demokratisches Deutsch-land verfolgt und viele Jahre eingesperrt worden. Wir sind gegen die Verfolgung politisch Andersdenkender. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse von Marx, Engels und Lenin dürfen nicht tabuisiert werden.

Erich Honecker hat mutig und standhaft gegen den Faschismus gekämpft und mußte über 10 Jahre im Zuchthaus alle Leiden und Qualen für die Bereitschaft zum Widerstand gegen Faschismus und Krieg ertragen. Allein das ist für uns ein wichtiger Grund, jetzt helfend und solidarisch an seiner Seite zu stehen.

Erich Honecker hat einen großen Beitrag dazu geleistet, daß vom deutschen Boden seit fast 50 Jahren kein Krieg ausging. Als Mann, der auf den Frieden setzt, haben ihm nicht wenige aus fast allen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen die Referenz er­wiesen.

Als nach der Stationierung amerikanischer Atomraketen auf dem Boden der BRD viele Politiker in der Welt davon sprachen, daß über den nun errichteten Raketenzaun Gespräche nicht mehr möglich seien, hat er die Politik der Schadenbegrenzung und des Dialogs entwickelt, gegen nicht wenig Widerstand auch aus dem sozialisti­schen Lager.

Erich Honecker war anerkannter Gesprächspartner vieler politi­scher Kräfte in der Welt als Staatsoberhaupt der DDR. In Bonn wurde er mit allen üblichen Ehren empfangen. Und Zeit-zeugen wissen, wie sich Politiker in dieser Stadt bemühten, mit Honecker ins Bild zu kommen. Seine auf politische Entspannung gerichtete Politik, wurde von nicht wenigen auch als Grund für die Einladung nach Bonn angesehen.

Erich Honecker hat sich ein ganzes Leben bemüht, für die Interessen der arbeitenden Menschen wirksam zu sein. Im Klassenkampf hat er stets die Anliegen der Ausgebeuteten und Unterdrückten vertreten. Er setzte sich stets für die da unten ein, deshalb mochten ihn die da oben nicht. Ob immer oder in jeder Situation erfolgreich, bleibt dahin gestellt, sein Bemühen war aber stets zu helfen das Leben der arbeitenden Menschen zu verbessern.

Erich Honecker hat sich mit vielen bemüht, ein großes Stück Sozialismus auf deutschen Boden mitzugestalten. Die gesell­schaftliche Alternative zum Kapitalismus deutlich zu machen, galten seine Anstrengungen.

Viele Jahre Zuchthaus, ein stets aktives politisches Leben, ein hohes Alter und mehrere Operationen haben seinen Körper ge­schwächt. Humanitäres Denken ist angesagt und sollte auch in der Forderung seinem Ausdruck finden, dieser Kämpfer für Frieden und Sozialismus darf nicht erneut ins Gefängnis. Einstellung aller Ermittlungs- und Strafverfahren, die im Zusam­menhang mit der Tätigkeit für den souveränen und in aller Welt geachteten Staat DDR eingeleitet wurden.

Das sind einige Gründe, die uns motiviert haben, nicht nachzulassen im Kampf für die freie politische Betätigung Erich Honeckers in der BRD für sein Recht an der Aufarbeitung deutscher Geschichte teilzunehmen - ohne Handschellen und ohne Haftbefehl.

Heinz Junge, Werner Cieslak, Hannelore Hucks, Essen, im Frühjahr 1992«

Das Solidaritätskomitee hatte seit seiner Gründung den Schwerpunkt ihrer Arbeit im Westen der BRD. Angesichts des im November 1992 bevorstehenden Beginns des Prozesses gegen Erich Honecker wurde es konsequenterweise personell und organisatorisch nach Berlin verlagert.

Das in dem eingangs dokumentierten Brief geäußerte Vertrauen, dass in diesem Prozess Erich Honecker »sich als ein standhafter Vertreter der Arbeiterklasse und ihrer Lebensinteressen erweisen« würde, hat sich umfassend bestätigt. Dies ist in seiner, vom Komitee publizierten Dokumentation »Erklärung vor dem Berliner Kammergericht am 3. Dezember 1992« ebenso nachzulesen wie in dem kleinen Buch »Erich Honecker zu dramatischen Ereignissen« (W. Runge Verlag, Mai 1992, Hamburg). Auf dem Buchdeckel ist ein Zitat Honeckers dokumentiert:

»Ich halte es einfach für meine Pflicht, mich zu den dramatischen Ereignissen seit November 1989 zu äußern. Schließlich gibt es nicht nur jene, die nur allzu schnell ihre früheren Ideale und Freunde verraten und ihre politische Gesinnung gewandelt haben, sondern auch unzählige ehrliche ehemalige Mitstreiter, vernünftige und anständige Menschen in aller Welt, die trotz kritischer Bewertung der Vergangenheit ihre Hoffnung auf eine neue, eine von kapitalistischer Ausbeutung freie moderne sozialistische Gesellschaft trotz alledem nicht aufgegeben haben. An sie wende ich mich in erster Linie.

Von der Bühne der Geschichte abzutreten, ohne meinen Standpunkt zu den erdbebenartigen Entwick­lungen der letzten Zeit darzulegen, das hielte ich für ehrlos, nicht nur für mich per-sönlich, sondern auch für die deutsche und internationale kommunistische Bewegung.

Ich bin fest entschlossen, soweit meine Kräfte reichen, mich von den heutigen Siegern ebensowenig mundtot machen zu lassen, wie einst von der faschistischen Gestapo. Das bin ich meinem ganzen Leben als Kommunist schuldig.«

Erich Honecker ist am 29. Mai 1994 in Santiago de Chile gestorben. Dass er seine letzten Lebenszeit nicht im Kerker von Moabit verbringen musste, ist nicht zuletzt der internationalen Solidarität zu verdanken. Auch die Initiatoren unseres Komitees, Werner Cieslak und Heinz Jun-ge, sowie weitere damalige Mitstreiter sind zwischenzeitlich verstorben. Weder sie noch alle anderen Komiteemitglieder haben etwas zu bereuen und können ob ihrer eindeutigen politischen Positionierung auch heute erhobenen Hauptes auf ihre wichtige Solidaritätsarbeit zurückblicken.

Denn leider haben sich viele der in den damaligen »wilden Zeiten« getroffenen Einschätzungen, Analysen und Voraussagen in vollem Umfang bestätigt und der Kampf gegen die imperialistische Offensive ist ebenso aktuell und notwendig geblieben wie der gegen Geschichtsklitterungen aller Art, von welcher Seite sie auch immer betrieben werden. Eine eindeutige und bekennende Haltung zur eigenen Geschichte, inclusive aller Fehler und Versäumnisse, aber auch Erfolge und bleibender Errungenschaften, ist die unabdingbare Voraussetzung für den neuerlichen Anlauf zu einer nichtkapitalistischen, sozialistischen Ge-sellschaft. Eine andere Alternative haben wir nicht.

Dieser Beitrag ist unserer Genossin Margot Honecker, Chile, gewidmet.

Heinz-W. Hammer,
Essen
Gründungsmitglied des »Solidaritätskomitees für Erich Honecker«,
11.03.08

* Auf dem Briefbogen des Komitees waren eine Reihe von Namen der Beteiligten aufgeführt:

»Aus dem Unterstützerkreis: Belz, Willi / Kassel; Brenner, Hans-Peter / Bonn; Demmer, Manfred / Haan/Rhld.; Erlebach, Kurt / Hamburg; Fernholz, Karl-Heinz / Koblenz; Fritsch, Isolde / Braunschweig; Große, Helmut / Gladbeck; Habigsberg, Friedrich Wilhelm / Bielefeld; Hafemeister, Paul / Duisburg; Hammer, Heinz-W. / Essen; Hendricks, Gudrun / Essen; Koth, Michael / Berlin; Persch, Peter / Bergisch-Gladbach; Posselt, Jens / Leipzig; Rollack, Gerhard / Berlin; Rossaint, Dr. Joseph / Bad Bodendorf; Ruppert, Dr. Eva / Bad Homburg; Schreyer, Erich / Röthenbach/Pegnitz; Schmidt-Leermann, RA / München; Seibt, Kurt / Berlin; Spiegel, Erna / Hamburg; Sprenger, Wilhelm / Duisburg; Woike, Ruth / Meerbusch«

160 Jahre „Kommunistisches Manifest“

Dr. Klaus Blessing:
Die Bedeutung des Kommunistischen Manifestes
für den Kampf um den Sozialismus im 21. Jahrhundert

Unsere heutige Veranstaltung hat zur Leitidee die Frage, ob und wie weit die Geburtsurkunde des Kommunismus uns bei der Gestaltung einer sozialistischen Zukunft weiter Richtschnur unseres Denkens und Handelns sein kann.

Ich möchte diese Frage weniger aus Sicht der Theorie, sondern vielmehr aus der der praktischen Politik behandeln.

Kurz nach Beginn des neuen Jahres 2008 ging eine Erschütterung um die Welt. Man konnte den Eindruck gewinnen, die Existenz der Menschheit stehe auf dem Spiel. Stündlich berichteten die Massenmedien aus den Weltmetropolen, Regierungen traten zu Sondersitzungen zusammen, Leitkommentare beschäftigten sich täglich mit der Lage. Der US-Präsident erhöhte in hekti-schem Aktionismus die Billionen schwere Schuldenlast seines Landes um weitere 150 Milliar-den Dollar. Die führenden Notenbanken der Welt schmeißen bis heute weitere hunderte Milliar-den in den Finanzkreislauf des kapitalistischen Weltsystems.

Was war geschehen?

Unverantwortliche Spekulationen hatten zum Absturz der Börsenkurse geführt. Die Gefahr einer weltweiten Rezession stand am Horizont. Am gleichen Tag, als diese Spekulationsblase platzte und die Titelseiten aller Zeitungen füllte, konnte man in einigen Medien, verschämt und versteckt auf den hinteren Seiten, eine andere Mitteilung lesen: Täglich sterben weltweit 26.000 Kinder an Unterernährung, mangelnder Hygiene und Krankheiten. Im Jahr sind das 10 Millionen hilf- und wehrlose Wesen, die der weltweiten Armut zum Opfer fallen. Kein einziger Leitkommentar füllte die Spalten. Nicht ein Dollar wurde mobilisiert, um diesem Elend ent-gegen zu treten. Weder Bush noch Merkel, die weltweiten „Vorkämpfer“ für Menschenrechte und Demokratie, fühlten sich verpflichtet, diesen Zustand auch nur zur Kenntnis zu nehmen.

Wir stellen mit Bestürzung fest, dass sich die Todesspirale des Kapitalismus immer schneller dreht. Allein aus Medienberichten der letzten Wochen kann man entnehmen: Die Zahl der Dollar-Milliardäre nahm weltweit weiter zu. 1125 Reiche besitzen gemeinsam 4,4 Billionen Dollar. Dieses Vermögen entspricht dem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von 4 Milliarden Menschen – zwei Drittel der Weltbevölkerung -in den 55 armen und ärmsten Ländern der Welt![1]

In Deutschland haben die Unternehmensgewinne und Einkommen aus Vermögen in den letzten Jahren drastisch zugenommen.

Deutsche Aktionäre können sich vor der anstehenden Dividendensaison auf Rekord-Aus-schüttungen freuen. Für das abgelaufene Börsenjahr zahlen die Unternehmen mit mehr als 28 Milliarden Euro so viel an die Anteilseigner wie noch nie.[2]

Die Zahl der Millionäre stieg auf 798.000. Obendrein bauen sie ihre Position ständig aus. Die fünf Prozent aller Haushalte, die über das höchste Einkommen verfügen, bezogen im Jahr 2000 noch 12,6 Prozent des volkswirtschaftlichen Gesamteinkommens. 2006 flossen schon 15,5 Prozent in ihre Taschen.[3]

Die Deutschen (Arbeitnehmer) haben im vergangenen Jahr im Schnitt etwas mehr verdient, aber nichts davon gehabt. Demnach sind die Bruttolöhne um 1,4 Prozent gestiegen – doch die Ver-braucherpreise um 2,3 Prozent.[4]

Arbeitnehmer verdienen heute real und netto weniger als 1991 – obwohl in dieser Zeit die Wirtschaft um 27 Prozent gewachsen ist.[5] 2,5 Millionen Kinder leben in Deutschland in Armut.[6]

Man braucht kein Prophet zu sein, um voraus zu sagen, dass sich diese verheerende Entwicklung weiter beschleunigen wird. Ein immer kleinerer Teil der Menschheit missbraucht Reichtum und Macht, um einen immer größeren Teil der Menschheit ins Elend zu stürzen.

Es ist an der höchsten Zeit, dass Linke dieser Entwicklung Einhalt gebieten, indem sie nicht nur die Erscheinungen bekämpfen, sondern die Wurzeln bloß legen und offen und offensiv ihre Ziele unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts verkünden.

Denn die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen.[7]

Mit diesem Ansatz begeben wir uns in Widerspruch zur vorherrschenden Meinung in einem großen linken Spektrum.

Oscar Lafontaine spricht zwar auf dem Vereinigungsparteitag von Systemwechsel. Er meint, die Systemfrage wird durch die Umweltfrage gestellt.[8] Damitlässt er offen, was er unter „Systemwechsel“ versteht.

Gregor Gysi meint in seiner Marburger Rede: „Heute über die Alternativen jenseits des real existierenden Kapitalismus mit seinen entbändigten Märkten zu reden, mutet als völlig abwegig an. . . .Ich hoffe, dass es unseren Gesellschaften gelingt, im Rahmen sozialer Lernprozesse sich so zu verändern, dass die emanzipatorischen Errungenschaften der bürgerlichen Ära bewahrt und ihre desaströsen  Momente überwunden werden können. Das entspricht wohl ungefähr dem, was Marx sich unter einer sozialistischen Gesellschaft vorgestellt hat.“[9]

Der griechische Kommunist Panajotis Aleku schreibt in seinem Buch „Sozialismus – Vergan-genheit und Zukunft einer sozialen Utopie: “Der Weg des Aufbaues einer neuen sozialistischen Gesellschaft wird sehr lang sein. Es wird Jahrhunderte dauern, bis sie vollendet sein wird, vielleicht zwei oder drei Jahrhunderte, vielleicht aber auch länger.“[10]

Diesen Auffassungen ist entschieden zu widersprechen. Wir brauchen eine Vision für den Sozialismus, und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt. Wenn sich Linke dieser Aufgabe verweigern, laden sie schwerste geschichtliche Schuld auf sich. Nur dem schärfsten Anti-kommunisten kann heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, noch in den Sinn kommen, die bestehende kapitalistische Gesellschaftsordnung sei die einzig mögliche oder gar die beste.

Angesichts der zum Heiligtum verklärten Dominanz der internationalen Finanzmärkte, dem Wachstumswahn führender Industriestaaten und globalisierter Konzerne, der damit verbundenen Zerstörung der Umwelt, der geschichtlich einmaligen Spaltung der Welt in Arm und Reich, dem verschärften Kampf um Ressourcen, Macht und Einflusssphären und der daraus erwachsenden globalen Kriegsgefahr steht die Alternative „Sozialismus oder Barbarei“ schärfer denn je auf der Tagesordnung.

Immer mehr Menschen verspüren mehr instinktiv als rational, dass die Verwerfungen und sich rasant verschärfenden Widersprüche nicht mehr innerhalb des Systems lösbar sind. Sie begehren zunehmend gegen die Erscheinungen auf, ohne jedoch die Systemfrage auf die Tagesordnung zu stellen.

Wir als Kommunisten sollten dafür kämpfen, dass die Gestaltung einer sozialistischen Zukunft eine Aufgabe lebender Generationen und nicht die späterer Jahrhunderte ist. Große Teile der Menschheit laufen sonst Gefahr, dass sie diese Zukunft überhaupt nicht mehr gestalten können, weil sie sie nicht erleben.

Dabei lassen wir uns weder als orthodoxe Marxisten noch als auf einem anderen Stern lebend abqualifizieren. Wir wissen durchaus um die Dialektik zwischen Tagesaufgaben und grund-sätzlichen kommunistischen Zielen.

Selbstverständlich nutzt dem Hatz IV-Empfänger oder dem Zeitarbeiter keine Vertröstung auf eine lichte sozialistische Zukunft. Aber es nutzt ihm auch nichts, wenn nur ständig an den Symptomen des Systems herum gedoktert wird ohne das System als ganzes verändern zu wollen. Krebskranke heilt man nicht durch homöopathische Dosen, sondern durch radikale The-rapien. Ein menschenwürdiges Leben für die Mehrheit der Bevölkerung ist im herrschenden System nicht möglich. Das System muss überwunden und in den Sozialismus überführt werden.

Wir sind für die Einheit von Weg und Ziel. Ohne ein klares Ziel beschreiten wir Irrwege, wer-den zu Revisionisten.

Der SPD-Mann Günter Grass vertritt einen solchen Weg: „Angesichts dieser Allmacht ist die Alternative zum absolut herrschenden Kapital nur noch im Demokratischen Sozialismus zu finden.. . .Ihn prägt kein Dogma. Der Weg ist ihm Ziel. Ständig bedarf er der Revision. Demo-kratische Sozialisten sind gelernte Revisionisten.“[11]

Wie weit sind die Auffassungen einiger politischer Führer und Vordenker der Partei DIE LINKE noch von dieser Meinung entfernt?

Wir können und werden uns solchen Auffassungen nicht anschließen, weil die geschichtliche Erfahrung lehrt, dass Revisionismus gleichbedeutend mit Kapitulation ist.

Für uns ist das Kommunistische Manifest weiter Grundlage und Richtschnur unseres Denkens und Handelns. Wir wären keine Marxisten, wenn wir die grundsätzlichen Aussagen des Manifestes leugnen würden. Wir wären schlechte Marxisten, wenn wir jede Aussage des Mani-festes von 1848 dogmatisch zu unseren Auffassungen im Jahre 2008 machen würden.

1848 lebten 1,2 Milliarden Menschen auf der Erde, heute sind es 6,5 Milliarden, in wenigen Jahrzehnten werden 9, vielleicht gar 12 Milliarden Menschen diesen Planeten bevölkern.

1848 war der Entwicklungsstand der Produktivkräfte gekennzeichnet durch den gerade erfundenen Dampfantrieb, 40 Tausend Kilometer Eisenbahnnetz (heute 1,2 Millionen) und dominiert von Stahl, Zement und Kohle. An Elektrizität, geschweige denn Atomkraft, Mikroelektronik, Computer und Internet war nicht zu denken. Die Arbeitswelt war gekenn-zeichnet durch Betriebsgrößen von 50 Beschäftigten. Der Welthandel betrug (umgerechnet) 17,5 Milliarden DM, heute beträgt der Export 12 Billionen $.

Versuchen wir eine Beantwortung der Frage, was heute unsere grundsätzlichen Positionen zum Manifest sind und welche Aussagen unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts zu präzisieren wären.

Beginnen wir beim Titel „Das Kommunistische Manifest“. Beinhaltet es bereits die von Marx und Engels erst später entwickelte Vision einer Kommunistischen Gesellschaftsordnung als ein Reich, in dem jeder nach seinen Bedürfnissen lebt, oder skizziert es nicht vielmehr den Weg einer zunächst sozialistischen Umgestaltung?

Engels schreibt im Vorwort zur deutschen Ausgabe von 1890: Und doch … hätten wir es nicht ein sozialistisches Manifest nennen dürfen. Unter Sozialisten verstand man 1847 zweierlei Arten von Leuten. Einerseits die Anhänger verschiedener utopistischer Systeme. . . Andrerseits die mannigfaltigsten sozialen Quacksalber, die mit ihren verschiedenen Allerweltsheilmitteln und mit jeder Art von Flickarbeit die gesellschaftlichen Missstände beseitigen wollten, ohne dem Kapital und dem Profit im geringsten wehe zu tun. . . . Der Teil der Arbeiter dagegen, der, von der Unzulänglichkeit bloßer politischer Umwälzungen überzeugt, eine gründliche Umgestaltung der Gesellschaft forderte, der Teil nannte sich damals kommunistisch.

Damals? Trifft die Einschätzung nicht auch heute ins Schwarze?

In diesem Sinne nennen auch wir uns heute Kommunisten. Auch wenn wir unterschiedlichen Parteien und Organisationen angehören oder sogar ungebunden sind, wenn wir zu taktischen und praktischen Fragen unterschiedliche Auffassungen vertreten, uns eint die Erkenntnis des Manifestes: Eine bessere Welt kann nur durch eine gründliche Umgestaltung der Gesellschaft erreicht werden.

Über die Wesensmerkmale dieser neuen Gesellschaftsordnung lohnt es sich, unter den Bedin-gungen des 21. Jahrhunderts neu nachzudenken. 6, 9 oder gar 12 Milliarden Menschen können nicht nach ihren Bedürfnissen leben, wenn wir darunter vorrangig ihre materiellen Bedürfnisse verstehen. Jedem sein Auto, zwei Fernseher, drei Computer und vier Weltreisen pro Jahr hält dieser Planet nicht aus.

Die entscheidende Aufgabe für die Gestaltung eines Sozialismus im 21. Jahrhundert ist es deshalb, dass die Menschen von einer anderen Lebensphilosophie als der des Konsums materieller Güter ausgehen. Natürlich muss Sozialismus die materiellen Grundlagen eines men-schenwürdigen Lebens für alle schaffen.

Aber Sozialismus ist mehr als konsumieren. Die Vorteile und Stärken eines Lebens in Frieden, mit Arbeit und in sozialer Geborgenheit, gebildet und kulturvoll, eingebunden in die Gemein-schaft, gleichberechtigt zwischen Geschlechtern, Rassen und Kulturen sind sozialistische Wesensmerkmale, deren Bedeutung der Mensch offenkundig erst dann begreift, wenn sie ihm abhanden gekommen sind.

Viele Bürger, die 1989 meinten, für westlichen Wohlstand in Form überquellender Waren-angebote auf die Strasse gehen und demonstrieren zu müssen, sind heute im nackten Existenz-kampf jeder gegen jeden angekommen. Sie vermissen schmerzlich die sozialistischen Selbst-verständlichkeiten.

Im Ringen um eine neue, den Kapitalismus überwindende Gesellschaftsordnung sollten wir nicht ihren kommunistischen Charakter „Jedem nach seinen Bedürfnissen“, sondern eher sein sozialistisches Wesen „Jeder nach seiner Leistung“ betonen. Ob und wie die Gesellschaft jemals kommunistische Verteilungsverhältnisse erreicht, ist offen und tatsächlich eine Frage kommen-der Generationen. Die Überwindung des barbarischen Kapitalismus und die Herstellung sozia-listischer Verhältnisse ist jedoch eine Kampfaufgabe der Gegenwart.

Das Credo des Kommunistischen Manifestes lautet:

Mit einem Wort, die Kommunisten unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände.

In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigentumsfrage, welche mehr oder minder ent-wickelte Form sie auch angenommen haben möge, als die Grundfrage der Bewegung heraus.

In diesem Sinne können die Kommunisten ihre Theorie in dem einen Ausdruck: Aufhebung des Privateigentums zusammen fassen.

Diese Credo hat nicht nur die Jahrhunderte überlebt, sondern ist durch die historische Entwicklung mannigfach belegt. Sozialismus ohne Vergesellschaftung der entscheidenden Finanz- und Produktionsmittel hat es nie gegeben und wird es nicht geben. Diese Erkenntnis ist unwiderruflich.

Sie steht im Gegensatz zu verschwommenen Formulierungen der Partei DIE LINKE und darauf aufbauender Dokumente: „Das Problem ist nicht die Eigentumsfrage, sondern die Frage der gesellschaftlichen Kontrolle und Teilhabe“ – meint Gregor Gysi.[12] Das ist genau so unmarxistisch und unhistorisch wie: „Die Demokratisierung der Wirtschaft erfordert, die Verfügungsgewalt über alle Formen des Eigentums sozialen Maßstäben unterzuordnen.“ – eine Formulierung im Eckpunktepapier.[13]

Noch nie hat sich im Kapitalismus das dominierende Privateigentum an Produktionsmitteln sozialen Maßstäben untergeordnet. Ihm konnten im besten Falle in Zeiten der weltweiten Konkurrenz durch sozialistische Staaten einige soziale Errungenschaften abgetrotzt werden. Unterordnen wird sich das kapitalistische Eigentum einzig und allein dem Profit.

Eine weitere Entstellung der Grundideen des kommunistischen Manifestes erfolgt durch die Freiheitsdebatte.

Wenn Westerwelle & Co. „Freiheit statt Sozialismus“ fordern, entspricht das ihrem Verständnis von Freiheit.

Unter Freiheit versteht man innerhalb der jetzigen bürgerlichen Produktionsverhältnisse den freien Handel, den freien Kauf und Verkauf. Fällt aber der Schacher, so fällt auch der freie Schacher. – können wir im Manifest nachlesen. Freiheit statt Sozialismus ist Freiheit für das Kapital, nicht für die Menschen.

Wenn der CDU-Mann und Bundestagspräsident Norbert Lammert den Anschluss der DDR an die BRD feiert, hört sich das so an: „Die Revolution von 1989 brachte mit dem Überwinden der DDR-Diktatur einen einzigartigen Fortschritt: das Menschenrecht auf Freiheit. . . Freiheit, vor allem und zuerst verstanden als die ganz persönliche Handlungs- und Entscheidungsfreiheit, die Chance, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, es nach eigenen Vorstellungen und auf eigene Verantwortung hin zu gestalten.“[14]

Oscar Lafontaine proklamiert dagegen die „Freiheit durch Sozialismus“. Aber auch er versteht darunter einen abstrakten Begriff persönlicher Ungebundenheit, losgelöst von sozialen und politischen Grundlagen: „Der zentrale Wert, für den die Linke politisch eintritt, ist die Freiheit, ist das Recht aller Menschen, ihr Leben selbst zu bestimmen. Die sozialistischen Staaten des Ostens, darunter die DDR, sind gescheitert, weil sie weder demokratisch noch rechtsstaatlich verfasst waren. Mit dem Versprechen einer besseren Zukunft missachteten sie die Freiheit. Sie waren daher weder sozialistisch noch demokratisch.“[15]

Es ist offenkundig, dass den Verfassern derartiger Auffassungen immer noch der Schreck der Niederlage des Sozialismus unverarbeitet in den Gliedern steckt.

Es ist in der Tat an der Zeit, fast 20 Jahre danach nicht vorrangig nur über Scheitern und Niederlage zu deklamieren, sondern endlich klare Position zu den Ursachen der Niederlage und den notwendigen Schlussfolgerungen zu beziehen. Aber ehe wir über die Niederlage reden, sollten wir erst einmal zu unseren Errungenschaften stehen.

Der Aufbau des Sozialismus im 20. Jahrhundert bescherte den Menschen die längste Friedens-periode der Neuzeit. Geschichtlich einmalige Sozialleistungen, Vollbeschäftigung, für jeder-mann bezahlbare Mieten, Energie- und Transporttarife, ein kostenloses Gesundheitswesen, hohes Bildungs- und Kulturniveau waren nicht nur Selbstverständlichkeiten für die Bevölkerung der DDR, sie zwangen auch das westdeutsche Kapital, diesen Entwicklungen teilweise Rech-nung zu tragen. Den Gewerkschaften wurden größere Möglichkeiten zur Mitbestimmung und für sozialpolitische Forderungen geschaffen. Die so genannte „Soziale Marktwirtschaft“ der BRD hat ihre Wurzeln in der sozialistischen Entwicklung in der DDR.

Wer das missachtet, wer die DDR-Wirtschaft als „unproduktive Mangelwirtschaft“ und das Staatswesen als „Diktatur“ diffamiert, wird nie zu einem Konzept für den Sozialismus im 21. Jahrhundert finden. Er wird gewollt oder nicht gewollt einen abstrakten Freiheitsbegriff in das Zentrum der Sozialismusdebatte rücken, wo sich dieser doch nur aus den Eigentums- und Machtverhältnissen ableiten lässt.

An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Ent-wicklung aller ist – heißt es im Manifest. Wie wir sehen, treffen die bestimmenden Wesens-merkmale von Eigentum, Macht und Freiheit in einer sozialistischen Gesellschaft heute wie vor 160 Jahren zu.

Bereits 25 Jahre nach dem Erscheinen des Manifestes, im Jahre 1872, stellten Marx und Engels im Vorwort zur deutschen Ausgabe jedoch auch fest: Wie sehr sich auch die Verhältnisse in den letzten fünfundzwanzig Jahren geändert haben, die in diesem Manifest entwickelten allgemeinen Grundsätze behalten im großen auch heute noch ihre volle Richtigkeit. Einzelnes wäre hier und da zu bessern.

Gegenüber der immensen Fortentwicklung der großen Industrie seit 1848 und der sie beglei-tenden verbesserten und gewachsenen Organisation der Arbeiterklasse, gegenüber den prak-tischen Erfahrungen . . . ist heute dies Programm stellenweise veraltet. . . .

Indes, das Manifest ist ein geschichtliches Dokument, an dem zu ändern wir uns nicht mehr das Recht zuschreiben.

Nun sind seit dem Erscheinen des Manifestes bis heute nicht 25, sondern 160 Jahre vergangen. Das Manifest hat die Arbeiterklasse in vielen Teilen der Welt beim Kampf um die Überwindung der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft inspiriert und geführt. Wir haben grandiose Siege er-rungen und schmerzliche Niederlagen erlitten. Deshalb sollten wir auch den Mut haben, auszusprechen, welche Aussagen des Manifestes nicht den Praxistest der Geschichte über-standen haben.

Der englische Historiker Eric J. Hobsbawn beschreibt das im Jahre 1998 so: „So verblüfft wir am Ende des Jahrtausends sein müssen über die Schärfe der Vision eines – damals noch weit in der Zukunft liegenden – wahrhaft globalisierten Kapitalismus, wie sie uns im Manifest entgegen tritt, so verblüfft müssen wir andererseits das Ausbleiben einer weiteren seiner Prognosen konstatieren. Es liegt mittlerweile auf der Hand, dass die Bourgeoisie im Proletariat nicht „vor allem ihren eigenen Totengräber“ produziert hat.“[16]

In der Tat: Die marxistische Analyse des Kapitalismus mit seiner visionären Voraussicht fasziniert bis heute. Treffender als im Kommunistischen Manifest kann die heutige Globalisierung kaum beschrieben werden.[17]

So richtig und unverrückbar diese grundsätzlichen Aussagen über die Entwicklung des Kapita-lismus und die Wesensmerkmale einer neuen sozialistischen Gesellschaftsordnung sind, die Voraussage über die Unvermeidbarkeit des Sieges des Proletariats erfüllte sich bisher nicht.

Mit der Entwicklung der großen Industrie wird also unter den Füßen der Bourgeoisie die Grundlage selbst hinweg gezogen, worauf sie produziert und die Produkte sich aneignet. Sie produziert vor allem ihren eignen Totengräber. Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind gleich unvermeidlich.

Diese Aussage des Manifestes konnte durch die historische Entwicklung leider noch nicht bestätigt werden. In keinem einzigen hoch entwickelten kapitalistischen Industrieland ist das Proletariat zum unvermeidlichen Totengräber des kapitalistischen Systems und Träger einer proletarischen Revolution geworden.

Unter den Bedingungen des 19. Jahrhundert gingen Marx und Engels davon aus, dass die Entwicklung der Produktivkräfte zu einer massenhaften Konzentration der Arbeiterklasse und deren absoluter Verelendung führe.

Das trat in den entwickelten kapitalistischen Industrieländern bisher so nicht ein. Das Kapital wurde gezwungen, den Arbeitern zumindest Teile des Ertrages abzugeben. Es setzte den angeeigneten Reichtum und die ihm übertragenen Machtmöglichkeiten auch zunehmend zur Korrumpierung der Arbeiter und ihrer politischen Führer ein. Die moderne Entwicklung des Kapitalismus mit seiner hoch automatisierten und die Arbeitskraft zunehmend entbehrlich machenden Massenfertigung einerseits bei starker Zersplitterung der Dienstleistungen anderer-seits führte eben nicht dazu, dass die Arbeiterklasse zum revolutionärsten Element wurde.

Die immer massenhaftere Arbeitslosigkeit tut ein übriges. Der Kapitalistenklasse ist es gelungen, dass sich diejenigen, die Arbeit haben, bereits als privilegiert gegenüber der zunehmenden Masse der Nichtarbeitenden empfinden. Sie kämpfen um ihren Arbeitsplatz und bessere Arbeits- und Lohnbedingungen. Sie sind aber nicht revolutionär im Sinne der Bereit-schaft zum Sturz des kapitalistischen Systems.

Nicht zufällig verschieben sich die Zentren der revolutionären Bewegung. Sie konzentrieren sich zunehmend auf Entwicklungsländer. Das zwingt zu der Überlegung, ob die Marxsche Aussage, dass Gesellschaftsordnungen nie untergehen, bevor in ihnen die Entwicklung der Produktiv-kräfte ausgeschöpft ist und in Widerspruch zu den Produktionsverhältnissen gerät, so zutrifft.

Diese Frage haben Marx und Engels 1882 in der Vorrede zur zweiten russischen Ausgabe des Manifestes selbst aufgeworfen. Sie schreiben:

Das „kommunistische Manifest“ hatte zur Aufgabe, die unvermeidliche Auflösung des modernen bürgerlichen Eigentums zu proklamieren. In Russland aber finden wir . . .die größere Hälfte des Bodens in Gemeinbesitz der Bauern.

Es fragt sich nun: Kann . . .eine wenn auch stark untergrabene Form des uralten Gemein-besitzes an Boden, unmittelbar in die höhere des kommunistischen Gemeinbesitzes übergehn? Oder muss sie umgekehrt vorher denselben Auflösungsprozess durchlaufen, der die geschicht-liche Entwicklung des Westens ausmacht?

Die einzige Antwort hierauf, die heutzutage möglich ist, ist die: Wird die russische Revolution das Signal einer proletarischen Revolution im Westen, so dass beide einander ergänzen, so kann das russische Gemeineigentum am Boden zum Ausgangspunkt einer kommunistischen Ent-wicklung werden.

Eine Aussage von epochaler Bedeutung. Auf heute übertragen: Die Entwicklungsländer müssen nicht alle Stufen der kapitalistischen Ära durchlaufen, um zum Sozialismus zu gelangen.

Sozialismus zeichnet sich durch eigene, eben sozialistische Wesensmerkmale aus, die es in jeder Entwicklungsstufe der Produktivkräfte umzusetzen gilt. Sozialismus kann nicht bedeuten, in der Gegenwart durch brutale kapitalistische Ausbeutungsmethoden die Entwicklung der Produktiv-kräfte voran zu treiben, um in einer fernen Zukunft alle am sozialistischen Paradies teilhaben zu lassen. Jede Generation hat einen Anspruch auf eine soziale und zivilisierte Lebensweise.

Wenn dem nicht so wäre, könnten wir nicht vom sozialistischen Kuba sprechen und der Entwicklung in Ländern Lateinamerikas sozialistische Tendenzen zuerkennen, denn zweifelsfrei haben dort die Produktivkräfte noch nicht den höchsten Entwicklungsstand erreicht. Wir können jedoch diese sozialistischen Entwicklungstendenzen ganz im Sinne von Marx und Engels als Signal einer sozialistischen Revolution für die Industrieländer verstehen und umsetzen.

Die Vergesellschaftung von Grund und Boden, die Verstaatlichung der wichtigsten Roh-stoffvorkommen und Schlüsselindustrien, die Abkopplung vom internationalen Finanzkapital durch Schaffung eigener Märkte und Finanzinstitutionen, die demokratische Einbeziehung breiter Kreise der armen und unterdrückten Bevölkerung, die Sicherung der Grundbedürfnisse, kostenlose Bildung und Gesundheitsversorgung nach dem Beispiel Kubas und die volks-demokratische Mitbestimmung sind Wesensmerkmale dieser neuen historisch bedeutsamen Entwicklung, die sich in mehreren Ländern Lateinamerikas vollzieht. Die Aufgabe der linken Bewegungen in Europa besteht darin, diese Entwicklung zu unterstützen und zu forcieren.

Es ist absehbar und bereits Realität, dass die immensen Widersprüche im kapitalistischen System zu schwersten Erschütterungen des kapitalistischen Weltsystems führen, in immer kür-zeren Abständen, mit immer tiefer greifenden Wirkungen.

Einer, der es wissen muss, weil er selbst aus diesem System ungeheuren Nutzen gezogen hat und dessen Spielregeln kennt, der große Börsenspekulant Georges Soros beschreibt diesen Vorgang so:

„Dass das kapitalistische Weltsystem seinen eigenen Defekten erliegen wird, liegt meines Erachtens auf der Hand – wenn nicht dieses Mal, dann bei der nächsten Gelegenheit. . .

Ich sehe schon, auf welche Weise sich die endgültige Krise zusammen braut. Sie wird politischer Natur sein. In den einzelnen Ländern werden Bewegungen entstehen, die die multinationalen Konzerne enteignen und das „nationale“ Vermögen zurück erobern wollen. Manche von ihnen werden erfolgreich sein. . . Ihr Erfolg wird dann das Selbstbewusstsein der Finanzmärkte er-schüttern und einen sich selbst verstärkenden Prozeß nach unten auslösen. Es ist noch offen, ob es dazu schon diesmal oder erst beim nächsten Mal kommen wird.“[18]

Diese Voraussicht ist zwar erst 10 Jahre alt, aber die Entwicklungen besonders in Lateinamerika bestätigen sie eindrucksvoll. Weitere Regionen werden folgen, wenn sich die Völker dem Raub ihres nationalen Eigentums widersetzen.

Sogar der CDU-Politiker Heiner Geißler hat das Kommunistische Manifest studiert und kommt zu der Meinung, „dass das jetzige Weltwirtschafts- und Finanzsystem moralisch krank und auf Dauer nicht konsensfähig ist. . . Wenn die westlichen Staatsfrauen und –männer nicht endlich aufwachen, werden sich die Prophezeiungen von Marx und Engels doch noch erfüllen.“[19]

Die Gräber für das Kapital öffnen sich, aber nicht von allein. Sie müssen von Menschen ge-schaufelt und der Kapitalismus muss durch Menschen hinein gestoßen werden. Das Proletariat kann zum Totengräber des Kapitalismus werden, wenn wir die revolutionären Kräfte auch in Europa neu formieren.

Wir sollten dabei an die Aussagen des Manifestes dahin gehend anknüpfen, dass sich das Proletariat letztlich aus allen Klassen der Bevölkerung rekrutiert.

Die bisherigen kleinen Mittelstände, die kleinen Industriellen, Kaufleute und Rentiers, die Handwerker und Bauern, alle diese Klassen fallen ins Proletariat hinab. . . So rekrutiert sich das Proletariat aus allen Klassen der Bevölkerung. . .Der Proletarier ist eigentumslos. . .

Dazu zählen heute zunehmend diejenigen, die ohne Arbeit völlig aus dem gesellschaftlichen Leben ausgestoßen sind oder trotz Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können.

In der BRD ist nach aktuellen statistischen Untersuchungen bereits der Zustand erreicht, dass zwei Drittel der erwachsenen Deutschen über kein oder nur ein geringes Vermögen verfügen. Die so genannte Mittelschicht ist seit dem Jahre 2000 drastisch um annähernd fünf Millionen Menschen gesunken. 75% aller Deutschen haben Sorgen vor ihrer wirtschaftlichen Zukunft.[20]

Dieses Potential muss für eine sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft gewonnen werden. Eine solche Zusammensetzung des Proletariats als die Klasse aller vom Kapital Geschädigten und Eigentumslosen erfordert aber auch eine Kultur der politischen Auseinandersetzung, die alle diese Schichten erreicht. Wenn wir diese zunächst für die sozialistische Idee gewinnen und später für eine sozialistische Umgestaltung mobilisieren wollen, müssen wir das Denken und Fühlen breiter Schichten der Bevölkerung erfassen und ihre Sprache sprechen.

Gegenwärtig erleben wir eine spürbare Zunahme gewerkschaftlicher Aktivitäten gegen die Allmacht des Kapitals. Alle Räder standen still, weil der starke Arm es will.

Es mehren sich politische Initiativen zur Entwicklung einer neuen Volksfrontbewegung. Manche sprechen von einer „Regenbogenkoalition“ in der alle Farben vorkommen, außer schwarz und braun.

Eine solche richtige und notwendige Entwicklung kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn wir bei aller notwendigen Auseinandersetzung mit verirrten und falschen Auffassungen unter Linken nie vergessen, wo der politische Gegner steht. Niemand von uns Kommunisten hat die Wahrheit gepachtet, weiß auf alle Fragen die alleinig richtige Antwort, hat den Königsweg zum Sozialismus gefunden.

Deshalb sollten wir zwar streitbar, aber achtungsvoll miteinander umgehen. Alle linken Akti-vitäten, die gegen die Allmacht des Kapitals gerichtet sind, sind ein Schritt in die richtige Rich-tung. Allein mit Losungen zum Klassenkampf werden wir die Bevölkerung ebenso wenig mobilisieren können, wie mit akademischen Streitschriften oder langen unverständlichen Partei-pamphleten.

Das Kommunistische Manifest ist ein Schulbeispiel, wie man eine klare Vision mit einfacher Sprache den Menschen verständlich macht. Vielleicht liegt gerade darin die Überzeugungskraft, die die Jahrhunderte überdauert hat.

Ich habe schon einmal, auf einer Tagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung zum Thema „Sozialis-mus des 21. Jahrhunderts“ einen Vorschlag unterbreitet. Er lautete: Wir sollten aufhören mit den allgemeinen, abstrakten und akademischen Debatten über einen „neuen“, „modernen“ Sozia-lismus „des 21. Jahrhunderts“. Wir sollten uns vielmehr zusammen finden, um offene und unklare Fragen thematisch abzuarbeiten, beispielsweise die zweckmäßigsten Formen der Vergesellschaftung des Eigentums oder der Ausgestaltung der Macht. Vielleicht könnten wir uns in regelmäßigen Abständen zur Diskussion solcher inhaltlichen Schwerpunkte zusammen finden, um sie danach durch ein Redaktionskollegium zu bündeln. Das Ergebnis könnte ein neues, kollektiv erarbeitetes Manifest sein.

Die Kommunistische Plattform des Landes Brandenburg ist es zunächst etwas bescheidener angegangen. Wir haben unsere „Position zum Sozialismus im 21. Jahrhundert“ als „Ein Dis-kussionsangebot an alle, die nach Alternativen zum Kapitalismus suchen“ formuliert und übergeben es heute der öffentlichen Diskussion.[21]

Wir motivieren unsere Aktivität folgendermaßen:

Unter den Linken haben Debatten über den Sozialismus im 21. Jahrhundert zugenommen. Sie finden vorwiegend im akademischen Rahmen statt. Dabei werden nicht nur unterschiedliche Vorstellungen über die Wege zu einer künftigen sozialistischen Gesellschaftsordnung und die Ursachen für die Niederlage des im Aufbau befindlichen Sozialismus erkennbar, auch der Begriff und die Wesensmerkmale des Sozialismus werden unterschiedlich definiert. Ohne ein klares Ziel zu benennen, wird jedoch ein sozialistischer Weg nicht zu finden sein und eine mobilisierende Wirkung in der Öffentlichkeit nicht erreicht werden.

Wir bekennen uns mit unserer Position zu grundlegenden sozialistischen Werten, Über-zeugungen, Zielen und Wegen. Wir nehmen nicht in Anspruch, alle Probleme erfasst zu haben und schon gar nicht, auf alle Fragen eine schlüssige Antwort geben zu können. Wir wollen zur weiteren Diskussion und öffentlichen Meinungsbildung anregen und immer mehr Menschen für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung durch eine sozialistische Alter-native gewinnen. Besonders der Jugend, die vom Rückfall großer Teile der Menschheit in die Barbarei besonders betroffen wäre, zeigen wir eine menschenwürdige Perspektive auf.

Wir stellen und beantworten aus unserer Sicht die Fragen:

Warum ist eine sozialistische Alternative notwendig?

Was ist Sozialismus im 21. Jahrhundert?

Warum hat der im Aufbau befindliche Sozialismus eine Niederlage erlitten?

Welche prinzipiellen Lehren ziehen wir aus der Niederlage?

Wie kann ein Sozialismus im 21. Jahrhundert in den Grundzügen aussehen?

Welche Anforderungen stellen wir an ein Übergangsprogramm?

Welche Kräfte sind in der Lage, eine neue sozialistische Gesellschaftsordnung zu gestalten?

Schon die über ein halbes Jahr geführten Aussprachen, Diskussionen und Stellungnahmen zur Formulierung dieses Materials haben gezeigt, welch großes Bedürfnis dazu vorliegt und wie vielfältig die Gedanken, Auffassungen und auch Widersprüche dazu sind. Wir freuen uns darüber und danken allen, die sich daran beteiligt haben. Nur der lebendige Disput unter Achtung der Meinung aller ehrlichen Diskussionsteilnehmer wird uns weiter bringen. Der Auf-schrei des politischen Gegners sollte uns nicht schrecken, sondern im Gegenteil ermutigen. Wäre er doch ein Beweis dafür, dass wir ins Schwarze treffen.

Wir wünschen uns einen großen politischen Aufschrei und eine lebhafte Diskussion über die überlebenswichtige Frage „Sozialismus oder Barbarei?“

Wir fordern Euch auf: Macht mit dabei und tragt die Debatte um den Sozialismus der Zukunft in die Öffentlichkeit.

Dr. Klaus Blessing,
Zeuthen

  1. Berechnet nach Fischers Weltalmanach 2008
  2. Tagesspiegel vom 6. März 2008
  3. Tagesspiegel 24. Februar 2008
  4. ebenda
  5. Wirtschaftswoche
  6. Rede Oscar Lafontaine in der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages, ND 29./30. 12 2007
  7. Sperrschrift ohne Quellenangabe sind Zitate aus dem Kommunistischen Manifest oder den Vorworten von Marx und Engels dazu
  8. Oscar Lafontaine „Freiheit durch Sozialismus“, Rede auf dem Gründungsparteitag am 16. Juni 2007
  9. „Ein moderner Sozialismus“ Auszüge aus der Marburger Rede im ND vom 3./4. Februar 2007
  10. Panajotis Aleku „Sozialismus – Vergangenheit und Zukunft einer sozialen Utopie“ Schkeuditzer Buchverlag 2007, S. 245
  11. Güter Grass „Werdet laut und deutlich“, in DIE ZEIT 17. Januar 2008
  12. Gregor Gysi Marburger Rede a.a.O.
  13. Programmatische Eckpunkte der Partei DIE LINKE
  14. Norbert Lammert „Rede zum Tag der Deutschen Einheit 2007“ in Schwerin, veröffentlicht im Internet
  15. Oscar Lafontaien „Freiheit durch Sozialismus“ FAZ vom 9.7.2007
  16. Eric Hobsbawn „150 Jahre Kommunistisches Manifest“ (1998) , gelesen von Rolf Becker CD, Argument-Verlag 2005
  17. Die uralten nationalen Industrien sind vernichtet worden und werden noch täglich vernichtet. Sie werden verdrängt durch neue Industrien, deren Einführung eine Lebensfrage für alle zivilisierten Nationen wird, durch Industrien, die nicht mehr einheimische Rohstoffe, sondern den entlegensten Zonen angehörige Rohstoffe verarbeiten und deren Fabrikate nicht nur im Lande selbst, sondern in allen Weltteilen zugleich verbraucht werden.. . . Und wie in der Materiellen, so auch in der geistigen Produktion. . . Die Bourgeoisie reißt durch die rasche Verbesserung aller Produktionsinstrumente, durch die unendlich erleichterten Kommunikationen alle, auch die barbarischsten Nationen in die Zivilisation. . . Sie zwingt alle Nationen, die Produktionsweise der Bourgeoisie sich anzueignen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollen… Mit einem Wort, sie schafft sich eine Welt nach ihrem eigenen Bilde. – Auszug aus dem Kommunistischen Manifest
  18. George Soros „Die Krise des globalen Kapitalismus“ Alexander Fest Verlag S. 177
  19. Tagesspiegel 9. März 2008
  20. „Uns geht’s mittel“ – Wer hat vom Aufschwung profitiert? – Tagesspiegel vom 5. März 2008
  21. Abgedruckt weiter unten in diesem Heft!

Politische Ökonomie des Sozialismus

Wolfgang Hoss:
Stellungnahme zum Beitrag "Ware geht – Markt bleibt?" von H. Jacobs

In seinem Beitrag "Ware geht – Markt bleibt?" Heft 3/08 begrüßt Hermann Jacobs die seit geraumer Zeit in den offen-siv-Heften geführte Debatte zur Aufhebung der Warenökonomie und zur Rolle des Marktes und des Geldes im Sozialismus und formuliert seine Ansichten zum Disput zwischen G. Sandleben und W. Hoss zu diesen Streitpunkten (vgl. offen-siv 4/07, 6/07 und 10/07). Mit der Frage der Aufhebung der Warenproduktion im Sozialismus hat sich H. Jacobs schon zu DDR-Zeiten gründlich auseinandergesetzt und ist damals nicht auf "Gegen-liebe" gestoßen. Die ökonomischen Ideen sind zählebig, und es ist an sich nicht verwunderlich, daß die Grundvorstellungen, die durch die uralte und heute die Welt dominierende Waren-wirtschaft hervorgebracht wurden, nicht im Handumdrehen durch grundsätzlich neue Ideen ersetzt werden können. Es ist - auch mit gewisser Berechtigung - ein harter Kampf der neuen gegen die konservativen Ideen nötig, der lange Zeit in Anspruch nehmen kann.

In seinem Beitrag behandelt Jacobs folgende drei Grundfragen der Sozialismustheorie, erstens, die Frage welche Rolle die Warenproduktion, zweitens, das Geld, und drittens, der Markt im Sozialismus spielen sollen. Mit Hinsicht auf die Frage der Aufhebung der Warenproduktion stimmen die Positionen von Jacobs, Sandleben und meiner Person überein - wir sind alle der Ansicht, daß Marxens Vorgabe richtig ist, und daß es sich hierbei um eine Grundfrage der Sozialismustheorie handelt. Mit Hinsicht auf die Geldfrage gehen die Meinungen auseinander.   Sandleben fordert eine vollständige Abschaffung des Geldes, und er kann sich mit gewisser Berechtigung auf die Forderung nach Ersatz des gewöhnlichen Geldes durch Arbeitszertifikate durch einige der utopischen Sozialisten und auch durch Marx stützen. Jacobs und Hoss hingegen meinen, daß die Abschaffung des Geldes aus heutiger Sicht nicht mehr theoretisch gerechtfertigt werden kann, bzw. daß die Abschaffung des Geldes im 21. Jahrhundert keine realistische Option wäre.

In einem anderen Punkt der Geldfrage gibt es Differenzen zwischen der Ansicht von Hermann Jacobs und meiner Ansicht. Was sind die Unterschiede? Jacobs fragt zunächst: "Warum geht die Ware, und bleibt das Geld? (S.78)

Zweitens, sagt er: "Man muß das Geld von der Ware trennen können, das ist die Kernfrage für die theoretische Arbeit, die wir zu leisten haben." (S. 78)

Drittens, weist er auf die Praxis der Festpreisbildung in der DDR hin [die in der DDR nicht durchgehend konsequent angewandt wurde, W.H..] und meint in der verallgemeinernden Schlußfolgerung: "Also, feste Preise: Feste Preise sind keine Warenpreise, feste Preise sind die einzige Möglichkeit … unter der das Geld erhalten bleibt und die Wertform der Produkte aufgehoben ist, also die Warenproduktion in der Tat aus der Gesellschaft herausgetreten ist." (S.82)

Und er resümiert: „Damit aber hätten wir das Geheimnis gelöst, daß einerseits die Warenform des Produkts aufgehoben worden ist, andererseits das Geld noch nicht (!) aufgehoben werden muß." (S.80)

Jacobs stellt zweifellos richtig fest, daß man das Geld von der Ware trennen muß, wenn man Geldwirtschaft ohne Warenwirtschaft betreiben will. Wäre das Geld auch in der Zukunft eine Ware, dann wäre der Tausch Produkt gegen Geld in jedem Fall ein Warenaustausch.

Aber es ist meines Erachtens keinesfalls richtig, daß das Geld nur durch Einführung von Festpreisen, d.h. nur durch einmal festgelegte und dann nicht mehr veränderbare Preise, seinen Warencharakter verlieren kann. Jacobs hat nicht erkannt, daß das heute in der Welt angewandte Geld seinen Warencharakter längst verloren hat. Seit die US-Regierung in Folge des Vietnamkriegs international zahlungsunfähig wurde und 1971 den Goldstandard, also die Gold-deckung des Geldes, endgültig aufgab, sind edelmetall-gebunden Währungen nur noch Aus-nahmen. Seit 1971 besitzen die international gängigen Währungen keine Golddeckung und auch keine Deckung durch andere Edelmetalle oder einzelne besondere Waren mehr. Damit hat das Geld seinen Warencharakter verloren. Das Geld ist also heute keine Ware mehr, die sich jederzeit gegen beliebige andere Waren gleichen Werts austauschen läßt. Also eine Einführung von Festpreisen zur Trennung von Ware und Geld erübrigt sich, da diese Trennung auf anderem Wege in der Weltwirtschaft bereits realisiert wurde.

In der Regel legte Marx seinen Modellen Edelmetallwährungen zugrunde. Er glaubte, daß das Geld in seinem Wesen, so wie dies zu seiner Zeit in der Realität der Fall war, eine besondere Ware ist, die sich jederzeit gegen beliebige andere Waren austauschen läßt. Heute wissen wir aber, daß das Geld auch gänzlich ohne Warenkörper und auch ohne Deckung durch eine besondere Ware existieren kann. Das Geld ist demnach nicht identisch mit einer als allgemeines Äquivalent dienenden Ware. In seinem Wesen stellt ein Geldbetrag eine Information über den Wert eines Produkts oder eines Gutes dar. Geldbeträge waren auch in der Vergangenheit Informationen über den Wert von Produkten, wobei die Maßeinheit des Werts vor dem 20. Jahrhundert allerdings jeweils durch den Wert einer besonderer Ware, z.B. durch den Wert einer bestimmten Gold- oder Silbermenge, festgelegt war. Die Geldeinheit war aber bereits in ihrer Urform wesentlich eine Information über einen bestimmten Wertbetrag, bzw. eine Maßeinheit des Wertes, diese Information wurde nur ursprünglich durch eine besondere Ware direkt oder als Stellvertreter getragen. In Sonderfällen wurde die Geldinformation bereits vor der Abschaffung des Goldstandards im 20. Jahrhundert nicht durch eine besondere Ware getragen, z.B. bei manchen Ackerbauvölkern wurde in der Vergangenheit die Wertinformation durch kleine stilisierte Spaten und damit gewissermaßen durch Wertsymbole getragen, oder z.B. in China wurden zeitweilig bestimmte kleine Muscheln als Geldsymbole bzw. als Träger der Wert-information benutzt. Und heute wissen wir, daß die Geld- bzw. Wertinformation z.B. auch durch Kombinationen binäre elektrischer Schaltzustände in den Computern der Banken, oder z.B. durch Muster in elektronischen Chipkarten getragen werden kann. In den Computern der Banken werden Informationen, speziell Geldinformationen verarbeitet, aber es werden natürlich keine Waren durch die Computer verarbeitet.

Eine physikalische und technische Analogie zur Wertinformation, die ein Geldbetrag liefert, ist z.B. ein Längenmeßwert, der eine Information über die Lände eines Dings liefert. Und ebenso wie ein Längenmeßwert durch eine auf Papier geschriebene Zahl mit Maßeinheit getragen werden kann, oder z.B. durch einen Lochstreifen in einer numerisch gesteuerten Werk-zeugmaschine, oder durch eine Kombination von binären Schaltzuständen, so kann auch die Geldinformation durch sehr verschiedene materielle Strukturen und Prozesse getragen werden. Das Geld ist also in seinem Wesen keine Ware, sondern eine Wertinformation. So informiert z.B. der Preis einer Streichholzschachtel im Betrag von 0,10€ und der Preis eines Ozeanriesen im Betrag von 200 Mill.€ über den Wert dieser beiden Produkte sowie über das Verhältnis des Werts der beiden Produkte zueinander, und es ist in dieser Hinsicht unwesentlich, wer oder was der materielle Träger dieser Informationen ist.

Es ist, wie gesagt, keineswegs notwendig, wie Jacobs meint, Festpreise in der Zukunft einzuführen, um das Geld von der Ware trennen zu können. Außerdem würden generelle Festpreise die volkswirtschaftliche Arbeitsproduktivität radikal drücken. Der Käufer würde auf Basis von Festpreisen die Information über den Wert der Produkte und seine Veränderungen verlieren. Wenn z.B. in einem Stahlhalbzeugwerk A die Arbeitsproduktivität nicht gesteigert wird, in einem Stahlhalbzeugwerk B hingegen die Arbeitsproduktivität verdoppelt wird, dann verringert sich der Arbeitzeitaufwand für die Herstellung von Halbzeugen im Werk B auf die Hälfte. Aber bei unverändertem Preis würde der Nachfrager nicht über diesen verringerten Aufwand bzw. den ökonomischen Fortschritt informiert werden. Und die Unternehmen, die nicht durch den niedrigeren Preis über den niedrigeren Aufwand informiert werden würden, könnten ihre Produktionsmittelkosten durch Kauf von billigeren Produktionsmitteln nicht senken. Damit müßten sie auf eine sehr wichtige Methode zur Steigerung der Arbeits-produktivität verzichten. Man sollte also auf keinen Fall Festpreise in der sozialistischen Wirt-schaft einführen.

Was in einer zukünftigen sozialistischen Wirtschaft möglich und überaus zweckmäßig wäre, wären konsequent kostenbestimmte Preise nach der Formel Y=CK+ST, d.h. der Preis wäre dann bestimmt durch die individuellen betrieblichen Kosten CK und den Steuer- und Abgabenaufschlag ST und nichts sonst weiter. Ein Gewinnaufschlag für Kapitalbesitzer wäre völlig überflüssig. Kosten für die erweiterte Reproduktion könnten im Steueraufschlag enthalten sein, der Steuersatz müßte hierfür nur um den entsprechenden Prozentsatz vergrößert werden. Ein Gewinnaufschlag als Einkommen von Kapitalbesitzern wäre in einer sozialistischen Gesellschaft, wie gesagt, völlig überflüssig.

Die Information, die der Kostenpreis liefern würde, wäre eine sehr direkte und ökonomisch zweckmäßige. Ein niedrigerer Preis würde direkt über den niedrigen Arbeitszeitaufwand informieren. Und wenn ein sozialistisches Unternehmen billigere Produktionsmittel kauft und verbraucht, dann senkt es seine Produktionsmittelkosten und steigert damit, unter sonst gleichen Umständen, seine Arbeitsproduktivität.

Die Festpreisbürokratie in den ehemaligen Ostblockländern war demnach eine hervorragende Methode zur Senkung der volkswirtschaftlichen Arbeitsproduktivität, z.B. zur Senkung der Arbeitsproduktivität der DDR-Wirtschaft im Vergleich zur Warenwirtschaft der BRD. Es ist erstaunlich, daß die Staatsführungen der ehemaligen sozialistischen Länder und ihre wissenschaftlichen Berater diese Wirkung der Festpreise nicht gesehen haben, und daß sie die Vorteile der Preisbildung durch die betrieblichen Kosten mit einem Steuer- und Abgaben-aufschlag ohne Gewinn nicht erkannt haben. Man hatte nicht erkannt, daß Gewinnproduktion im Sozialismus gar nicht nötig ist - die Vorstellung, daß in der Geldwirtschaft Gewinn realisiert werden muß, war außerordentlich zählebig. Und auch heute noch sträubt sich die Gewohnheit des ökonomischen Denkens gegen die Idee, daß der Gewinn unter sozialistischen Eigentums- bzw. Produktionsverhältnissen nicht nur vollkommen überflüssig, sondern schädlich, wider-sinnig und systemzersetzend ist.

Ein Hauptargument der Befürworter von Festpreisen in der DDR war folgendes: In der DDR (und anderen ehemaligen sozialistischen Ländern) funktionierte die Preisbildung der freien Warenmärkte nicht mehr, es fehlte insbesondere die freie Konkurrenz der Privatunternehmen auf dem Markt. Um aber dennoch das vermeintlich überlegene Gewinnprinzip nutzen zu können, wurden krampfhaft Festpreise eingeführt (nicht für alle Produkte und immer auch mit diesen und jenen Bedenken und Inkonsequenzen), um Anreize zu Kostensenkungen zu geben. Der Gedanke war der, daß bei festen Preisen und sinkenden Kosten der "Gewinn" steigt, wofür die VEB-Betriebe belohnt werden sollten. Damit aber wurde nicht nur die volkswirtschaftliche Arbeitsproduktivität gedrückt, sondern es wurde auch die Rückkehr zum privaten Profitsystem mit allen seinen Widersprüchen und sozialen Brutalitäten und zur natürlichen Preisbildung der Warenmärkte vorprogrammiert. Findet man keine ökonomisch überlegene Alternative zur Wert- und Preisbildung der Warenwirtschaft, dann ist es nur noch konsequent, wenn der Sozialismus-versuch aufgegeben wird.

Hermann Jacobs meint, daß nach der Aufhebung der Warenproduktion zwar das Geld erhalten bleibt, was auch meines Erachtens vollkommen richtig ist, daß aber der Markt zwangsläufig verschwinden würde. Meines Erachtens ist es aber ein klarer Fall, daß in einer Geldwirtschaft der Markt unter allen Umständen erhalten bleibt. Wenn z.B. Nachfrager auf einem Platz mit Verkaufständen einkaufen gehen, warum soll man diesen Platz, nicht so wie seit Jahrhunderten, Marktplatz nennen. Warum soll der Ort an welchen Produkte angeboten und nachgefragt und ge- und verkauft werden, kein Markt sein? Oder wenn Kunden in einer Halle einkaufen gehen, die man früher Markthalle nannte, warum soll diese Halle keine Markthalle mehr sein, wenn die Produkte nicht mehr durch Privatunternehmen produziert werden?

Der Ort, an welchem Anbieter und Nachfrager, Verkäufer und Käufer aufeinandertreffen bleibt ein Markt, was bei Beibehaltung der Geldwirtschaft an sich eine Selbstverständlichkeit ist. Der Markt verschwindet nicht, wenn die Produkte nicht mehr durch Privatunternehmen für den Austausch produziert werden, sondern wenn sie für die Lieferung in einen großen Gemein-schaftsfonds des ganzen Volkes produziert werden. Durch das Volkseigentum an den Produkten und die konsequente Aufgabe des Prinzips des Privateigentums (oder auch des genossen-schaftlichen Eigentums) an den Produkten verliert der Ort, an welchem Anbieter und Nachfrager bzw. Käufer und Verkäufer aufeinandertreffen nicht die Wesensmerkmale des Marktes.

Wenn aber die Produkte nicht mehr für den Austausch produziert werden, sondern für die Lieferung in einen Gemeinschaftsfonds des ganzen Volkes, dann wird die Warenproduktion aufgehoben, obwohl das Geld und der Markt weiter existieren und existieren müssen. Die Übel der heutigen Ökonomie sind nicht bedingt durch den Markt und das Geld, sondern durch die Warenproduktion im allgemeinen und die kapitalistische Warenproduktion im besonderen. Der Markt hat nie eine ökonomische Ordnung konstituiert, weder der Sklavenmarkt, noch der mittelalterliche Markt noch der Markt in der kapitalistischen Wirtschaft. Der Markt ist keine ökonomische und soziale Ordnung, sondern der Ort an welchem Anbieter und Nachfrage, Verkäufer und Käufer seit Jahrtausenden unter den verschiedensten sozialen Verhältnissen und ökonomischen Grundordnungen aufeinander getroffen sind und auch noch weit in der Zukunft aufeinander treffen werden.

Für den Kapitalisten ist es allerdings eine tröstliche Idee, wenn an allen sozialen Übeln im Kapitalismus nicht das System die Schuld tragen soll, sondern der "zeitweilig bösartige Markt", z.B. dann, wenn der Absatz stockt, oder wenn in einer mittel- oder langwelligen Krise Massenentlassungen vorgenommen werden. Der "Schuldige" in solchen Fällen soll also nicht der "Kapitalist" sondern der Markt sein. Kommt die Konjunktur wieder in Gang und stellt sich Vollbeschäftigung ein, dann sind die Übel überwunden, der Markt verwandelt sich in den "sozialen Markt". Es gibt für die bürgerliche Gesellschaft und ihre Wirtschaftswissenschaft also einen guten Grund den gehässigen Begriff "Kapitalismus" durch den tröstlichen Begriff "Markt-wirtschaft" zu ersetzen. Den Kapitalismus gibt es damit in der Vorstellung, in der Ideologie,  in der Wirtschaftswissenschaft und in der Propaganda der bürgerlichen Medien nicht mehr - die Marktwirtschaft hat gesiegt. Und wenn es dennoch Proteste gegen soziale Übel in der heutigen Gesellschaft gibt, dann sollen sie sich nicht gegen den Kapitalismus, sondern gegen den Markt richten. Die Schuldigen an sozialen Mißständen im Wirtschaftssystem sollen die Verbraucher sein, also hauptsächlich die Arbeiter und Angestellten, weil sie die preiswerten Waren bevorzugen und damit den Kapitalisten zur Rationalisierung und zur unerbittlichen Kosten-senkung zwingen würden. Unnötig und unmöglich für alle Zeiten sei eine Alternative zum kapitalistischen System, von Nöten sei ein richtiges Verhalten der Verbraucher auf dem Markt.

Auch Sandleben setzt den Markt mit dem kapitalistischen System gleich, er glaubt nur, daß der Markt prinzipiell asozial sei. Er glaubt, daß man den Markt abschaffen muß, wenn man die kapitalistische Ausbeuterordnung überwinden will.

Wolfgang Hoss,
Berlin

Dieter Hainke:
Lag es am Wertgesetz?

In letzter Zeit wurden wiederholt sowohl in Offensiv als auch im Rotfuchs Veröffentlichungen zu ökonomischen Fragen des Sozialismus gebracht. Dabei war eines der Themen, wirkt im Sozialismus das Wertgesetz oder nicht.

Offensichtlich ist die Frage nach Wesen und Wirken des Wertgesetzes und den damit zusammenhängenden Begriffen Ware und Markt  im Sozialismus ein philosophisches Problem, das sich mit Problemen auf dem Gebiet der politischen Ökonomie beschäftigt.

Während philosophische Fragen zumeist hauptsächlich in den Studierstuben behandelt werden,  geht die Diskussion um das Wertgesetz weit über diesen Kreis hinaus und ist von direkter praktischer politischer Bedeutung für das richtige herangehen beim Aufbau des Sozialismus. Wenn auch für uns in Europa dieses Thema ein rein theoretisches ist, denn wir haben in Europa nirgends einen Staat, der sich auf dem Weg zum Sozialismus befindet, so scheint doch ein weit verbreitetes Interesse zu dieser Thematik zu bestehen. Dabei gehen die Meinungen weit aus-einander, was die bisherige Diskussion zeigt.

Was macht nun eigentlich die Diskussion so kompliziert. Ich meine, es ist die Tatsache, dass die Gesellschaften, auf deren Erfahrungen die heutigen Überlegungen fußen, - das sind die ehemaligen Volksdemokratien und die SU  und die noch heute sich auf dem Weg zum Sozialismus befindenden Staaten wie Vietnam,  Cuba, China, Korea -, dass diese Gesellschaften Übergangsgesellschaften sind. Sie sind kein reiner Kapitalismus mehr, sie sind aber auch noch kein reiner Kommunismus. Das bedeutet doch aber, dass  Elemente beider Gesellschaften wirken, ob uns das passt oder nicht, allerdings weder in der reinen Form der einen noch in der reinen Form der anderen. Dabei kann man heute die Probleme nicht mehr vom nationalen Stand-punkt betrachten, sondern muß sie im globalen Rahmen sehen. Und da verfügt der Kapitalismus z.Zt. noch in Bezug auf die materiellen Resourcen über ein Übergewicht. Aber die Produk-tivkräfte in der Welt verändern sich ständig. Und  dieser Prozess ist durchaus kein harmonischer, kontinuierlicher Prozess, sondern ein sehr widersprüchlicher , diskontinuierlicher Prozess, bei dem es durchaus auch Rückschläge geben kann, wie die jüngste Geschichte zeigt, genauso wie auch plötzliche positive Wendungen möglich sind.

Die Philosophen haben die Welt schon immer interpretiert. Nicht immer hielten ihre Deutungen einer Überprüfung in der Praxis stand. Andere, oft unter Anfeindungen und auch Opfern gemachte Aussagen, gehören heute zum gesicherten Wissensschatz der Menschheit. Die Entdeckung des Wertgesetzes und des Mehrwertes durch Karl Marx gehören sicher dazu. Karl Marx hat seine Entdeckungen auf der Basis einer Analyse des kapitalistischen Gesell-schaftssystems gemacht und dabei auch bereits seine inneren dialektischen Widersprüche herausgearbeitet und die Notwendigkeit ihrer Überwindung nachgewiesen. Er sah dies in der Errichtung einer kommunistischen Gesellschaft. Seine Erkenntnisse waren keine plötzliche Erleuchtung, sondern das Ergebnis lebenslanger harter und opferreicher Arbeit. Eine Analyse  des Kommunismus konnte er uns nicht liefern. Es gab ihn damals noch nicht. Und auch heute gibt es nirgends in der Welt schon einen entwickelten Kommunismus. Aber Karl Marx gab uns das Rüstzeug dazu, den richtigen Weg dorthin zu finden. Das ist der dialektische Materialismus. Und er nannte auch den Akteur, der diesen Prozess gestalten muß, die Arbeiterklasse. Und Lenin schuf  die Organisation, die diese Arbeiterklasse führen muß, die Kommunistische Partei.

Nun gibt es unter Sozialisten in der BRD, und sicher nicht nur in der BRD, einen Streit darüber, ob die Wirtschaftspolitik der Ostblockstaaten richtig war, ob das Wertgesetz gewirkt habe und wir es nicht genügend beachtet hätten. Manche versteigen sich sogar zu der Aussage, in seiner Missachtung läge das Scheitern des sozialistischen Wirtschaftssystems in Europa begründet. Und überhaupt, der Sozialismus kann mit dem Kapitalismus bezüglich der Kreativität nicht  mithalten. Solche und ähnliche skeptizistische Auffassungen sind weit verbreitet. Sie resultieren aus der unbestrittenen Tatsache, dass zur Zeit des Bestehens der SU und des sozialistischen Lagers die Produktivität in den führenden kapitalistischen Staaten, verglichen mit den sozialis-tischen Staaten, höher war. Zumindest ist dies dem Anschein nach so. Und nehmen wir die bekannte Losung: „ausschlaggebend für den Sieg einer neuen Gesellschaftsordnung ist die höhere Arbeitsproduktivität“, so scheint das für den Kapitalismus zu sprechen. Hier aber liegt ein entscheidender Gedankenfehler vor. Eine solche Betrachtungsweise missachtet den historischen Zusammenhang. Kapitalismus herrscht nicht nur in den USA oder in der BRD oder in den westeuropäischen Industriestaaten sondern (leider) noch auf dem größeren Teil unserer Erde. Die enorme Akkumulationskraft der führenden Industriestaaten ist nicht ein Nachweis seiner höheren Produktivität, sondern ein Ergebnis der ungleichmäßigen Entwicklung der einzelnen Wirtschaftsgebiete und der brutalen Ausplünderung der schwächeren Nationen, bzw. Völkerschaften, wie es dem Wesen des Kapitalismus eigen ist. Sie beruht also auf Raub und brutaler Ausbeutung  des größeren Teils der Bevölkerung unserer Erde. Dabei werden nicht nur die Naturreichtümer der schwächeren Völker hemmungslos ausgeplündert, sondern auch ihr Arbeitskräftepotential, indem die Mehrheit der Bevölkerung dieser Völker systematisch durch Niedrigstlöhne am Existenzminimum gehalten wird. Noch niederträchtiger ist der Intelligenz-transfer von diesen Ländern in die führenden Industriestaaten, indem unter dem Deckmantel angeblicher Wirtschaftshilfe oder wirtschaftlicher Zusammenarbeit ausgespäht wird, wo intelligente Kader vorhanden sind und diese dann durch günstige Angebote in die industriellen Zentren gelockt. Die Mehrzahl kann diesen Lockungen nicht widerstehen und wandert ab, was die Entwicklung einer eigenen nationalen Intelligenz erschwert. Bei diesem Sachverhalt den Kapitalismus als die bessere Gesellschaftsordnung zu sehen, heißt sein menschenverachtendes Wesen zu legitimieren.

Wie soll man nun den  Streit um das Wertgesetz werten. Ich bin der Meinung, er ist sicher wichtig, aber man soll ihn auch nicht überbewerten. Vordergründig steht vor uns in Europa die Aufgabe, die organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, um einen neuen Anlauf zum Sturz des Kapitalismus wagen zu können. Die Politik steht im Vordergrund, nicht die Ökonomie. Wir haben z. Zt. keine Wirtschaft, die wir zu steuern hätten. Zur gegebenen Zeit werden wir auf das Studium der Erfahrungen der SU, der Volksdemokratien, auf die Erfahrungen der noch heute sich auf dem Weg zum Sozialismus befindlichen Staaten, wie Vietnam, Cuba, China, Korea, und andere, die möglicherweise noch hinzukommen, zurückgreifen, dabei sicher auch auf die der DDR, und sicher auch auf neue Erkenntnisse der Wissenschaft. Eine der dabei ganz wichtigen Fragen ist, wie kann man  menschliche Leistung messen, als Voraussetzung für die gerechte Anwendung des Prinzips “jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“. Und selbst hier muß man Einschränkungen machen. Es darf nicht zu einem von Egoismus geprägten Konkurrenzkampf unter den Produzenten kommen. Auch der, dessen Fähigkeiten nicht so hoch entwickelt sind, hat einen Anspruch auf ein menschenwürdiges Dasein. Das ist durch die Gesellschaft zu sichern. Der Kapitalismus kann das nicht. Selbst das reiche Europa kann es nicht (unübersehbar ist die Entwicklung zu einer Zweiklassengesellschaft), von den armen Regionen der Welt ganz zu schweigen. Die Wissenschaft hat noch viel zu leisten.

Bisher kennen wir zwei Wirtschaftsmodelle aus Staaten, die unter kommunistischer Führung stehen, bzw. gestanden haben , und die eine weltpolitische Bedeutung hatten, bzw. haben. Das ist die Sowjetunion unter Stalins Führung und das ist das chinesische Modell, das wir heute beobachten können. Wenn man bedenkt, dass die Sowjetunion nach der Eroberung der politischen Macht infolge der ausländischen Intervention und infolge eines jahrelangen Bürgerkriegs enorm geschwächt war und erst gegen Ende der 20-er Jahre die Vorkriegs-produktivität überschritt, so sind das ganze 15 Jahre bis zum Überfall durch Hitler. In diesen wenigen Jahren wurde eine leistungsfähige Schwerindustrie aufgebaut, ganze industrielle Zen-tren neu geschaffen, der Übergang zur genossenschaftlichen Großproduktion in der Land-wirtschaft organisiert, die Arbeiter und Bauern auf die Universitäten geschickt und eine neue Intelligenz herangebildet. Das alles war nur möglich, weil die kommunistische Partei der Sowjetunion sich damals von den wissenschaftlichen Erkenntnissen des Marxismus-Leninismus leiten ließ. Und das alles unter den Bedingungen kapitalistischer Umkreisung und ständiger Gefahr einer militärischen Intervention, die ja schließlich auch stattgefunden hat. Ohne die von der Partei beschlossenen und umgesetzten 5-Jahrpläne hätte die Sowjetunion dem Ansturm der faschistischen Kriegsmaschine nicht  widerstehen können. Wäre die Partei den revisionistischen Auffassungen eines Bucharin und seiner Anhänger gefolgt, so hätte die materialtechnische Versorgung der Sowjetarmee nicht gesichert werden können. Der Sieg der Sowjetunion über die faschistische Militärmaschinerie war ein Beweis für die Überlegenheit einer sozialistischen Planwirtschaft. Diese wurde geleitet nach dem Prinzip der planmäßigen proportionalen Entwicklung der Volkswirtschaft und wurde in Form von 5-Jahrplänen durchgeführt, wobei in jedem Plan die nächsten für die Volkswirtschaft wichtigsten Schwerpunkte festgelegt wurden. Man kann von der Wirtschaft in der SU wohl kaum von einer Marktwirtschaft sprechen. Denn wo sollte der anonyme Markt sein, auf dem die Waren im Durchschnitt ihrer Werte ausgetauscht werden sollten? Wo war der auf dem Markt stattfindende Eigentumswechsel, da doch auf industriellem Gebiet alles Volkseigentum war?  Man könnte sagen, aber zwischen dem Staat und den Kollektivwirtschaften erfolgte doch ein Eigentumswechsel. Das stimmt nur bedingt, denn die Kollektivwirtschaften produzierten auf einem ihnen nicht gehörenden Boden, denn dieser war Staatseigentum, d.h. gesamtgesellschaftliches Eigentum. Und auch die eingesetzte Technik, die Maschinentraktorenstationen, gehörte ihnen nicht, sie waren gesamtgesell-schaftliches Eigentum (zumindest bis zum Ende der Ära Stalins).  Genau genommen gehörte ihnen nur das Ergebnis ihrer direkten Arbeit, d.h. die erzeugten Produkte. Aber in diesen war schon ein erheblicher gesamtgesellschaftlicher Anteil enthalten. Wenn die Genossenschaften ihre Produkte an den Staat „verkauften“, was war das eigentlich für ein seltsamer Eigentums-wechsel. Er erfolgte ja nicht nach den Prinzipien  von Angebot und Nachfrage, sondern planmäßig, nach staatlich festgelegten Festpreisen. Ist das Marktwirtschaft? Nein, das ist Plan-wirtschaft. Bleibt der Außenhandel. Er erfolgte wirklich nach marktwirtschaftlichen Prinzipien, nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage (lassen wir mal die vom Imperialismus betrie-bene Embargopolitik weg). Aber auch dieser erfolgte unter strenger staatlicher Führung, wobei es eine lebenswichtige Bedingung ist., keine ökonomische Abhängigkeit von kapitalistischen Konzernen oder Staaten zuzulassen, weil ihr unweigerlich die politische Abhängigkeit folgt. Die SU konnte aufgrund der Größe ihres Territoriums und der Tatsache, über nahezu alle Natur-schätze zu verfügen, sich die Aufgabe stellen, den Aufbau des Sozialismus in Angriff zu nehmen und erfolgreich durchzuführen, und das trotz imperialistischer Umkreisung und dem erklärten Ziel des Imperialismus, die SU zu vernichten.

Es ist kein Geheimnis, dass es in der SU wiederholt Versuche von Gruppierungen gab, die vor der Größe der Aufgabe erschraken und in kleinmütige Zweifel verfielen und begannen, der Führung der Partei entgegenzuarbeiten. Unter der Führung Stalins war die Partei jedoch so gefestigt, dass diese Kräfte nie einen nennenswerten Einfluß gewannen, wohl aber die Partei mit unnötigen Diskussionen belasteten.

Abschließend komme ich zu der Schlussfolgerung, dass es im entwickelten Sozialismus keine Marktwirtschaft geben kann. Marktwirtschaft ist unweigerlich mit unterschiedlichen Eigentümern verbunden. Gleichzeitig hat die Entwicklung der SU unter Stalins Führung den Nachweis erbracht, dass eine richtig geführte Planwirtschaft der kapitalistischen Marktwirtschaft überlegen ist.

Nach Stalins Tod begann die Kommunistische Partei der SU unter dem Einfluß solcher revisionistischer Führer wie Chrustschow diesen bewährten Weg zu verlassen und suchte die Zusammenarbeit mit dem Kapitalismus. Zu diesem Zweck musste zunächst die Autorität Stalins demontiert werden. Das erfolgte unter völliger Missachtung des Tatbestandes, dass die Sowjetunion sich in einem lebensgefährlichen Abwehrkampf gegen die nie aufgegeben Ver-suche der Imperialisten befand, den Sozialismus in der SU zu vernichten. Unter diesen Bedin-gungen eine innere Opposition zuzulassen, wäre für die Existenz der SU tödlich gewesen. Wie wahr das ist, beweist das Ergebnis des Wirkens seiner Kritiker, es gibt sie nicht mehr, die SU.

Die sogenannte Geheimrede Chrustschows  auf dem XX. Parteitag löste eine verheerende Ver-wirrung in den Reihen der Partei und der internationalen kommunistischen Bewegung aus. Nur so war es möglich, dass die subjektivistische Abenteuerpolitik Chrustschows sich durchsetzen konnte.

In der Industrie wurde der Schwerpunkt von der Abteilung I, der Produktionsmittelindustrie, auf die Abteilung II, die Kosumgüterindustrie, verlagert. Das brachte zwar eine kurzfristige Verbes-serung  der Versorgung mit Konsumgütern, entzog aber der Wirtschaft die erforderliche Basis für die notwendige planmäßige erweiterte Reproduktion. Schon in wenigen Jahren traten Dis-proportionen in der Wirtschaft auf. Die Produktionsmittelindustrie konnte den Bedarf nicht mehr sortimentsgerecht und schließlich allgemein abdecken.

Ähnlich abenteuerlich war die Landwirtschaftspolitik. Statt auf die Intensivierung der Land-wirtschaft, insbesondere in den fruchtbaren Regionen, auf die weitere Industrialisierung der landwirtschaftlichen Prozesse, auf die Verbesserung der Infrastruktur, auf die bessere Versorgung mit Düngemitteln, auf moderne Lagerwirtschaft, auf die allmähliche Hinführung zu staatlichen Agrargroßbetrieben hinzuarbeiten, wurden große Investitionen in die Erschließung von Neuland gesteckt, und das in Regionen, die meteorologisch sehr unsicher waren. Also wurde wieder investiert, um eine Bewässerung zu ermöglichen. Flüsse wurden angezapft oder ganz umgelenkt, das Wasser durch Trockengebiete geführt, wo schon ein Teil verdunstete und sich der Salzgehalt bereits erhöhte, um schließlich auf den Feldern weiter in Größenordnungen zu verdunsten und den Boden allmählich immer mehr mit Salz anzureichern. Nach wenigen Jahren guter Ernten folgte Missernte auf Missernte. Weitere Abenteuer waren die „Wurst am Stengel“ und  die „Rinderoffenställe“. Auch die Übergabe der Maschinentraktorenstationen an die Kollektivwirtschaften war ein Schritt zurück.

Auf außenpolitischem Gebiet war sein Wirken nicht weniger zerstörerisch. Statt sich auf die eigenen Kräfte zu stützen und den Kurs der planmäßigen sozialistischen Industriealisierung fortzusetzen, suchte er die Zusammenarbeit mit dem Imperialismus. Statt darum zu ringen, die Wirtschaftskraft des sozialistischen Lagers zu bündeln und ein einheitliches, unabhängiges sozialistisches Wirtschaftsgebiet aufzubauen, mit klaren Verantwortlichkeiten gegenüber der Staatengemeinschaft, löste er das Kominform-Büro auf, jenes Organ, in dem gemeinsam interessierende Fragen der sozialistischen Staatengemeinschaft und der kommunistischen Parteien  beraten und beschlossen wurden.

Das sozialistische Lager verfügte über alle Resourcen, um ein stabiles eigenes Wirtschaftsgebiet aufzubauen. Wenn die SU als allein existierender sozialistischer Staat in der Lage war, ein stürmisches Wirtschaftswachstum zu entwickeln und dem faschistischen Ansturm zu wider-stehen, warum sollte die viel größere und über weitaus größere Resourcen verfügende sozia-listische Staatengemeinschaft dies nicht auch vermögen, zumal das zahlenmäßig stärkste Land der Erde, China, aus dem Hinterhof des Imperialismus inzwischen ausgebrochen war und die ersten Schritte in Richtung Sozialismus machte. Nein, nicht nur dass er die Einstellung der Tätigkeit des Kominfor-Büros veranlasste, er brach auch mit der jungen Volksrepublik China, weil sie Kritik an seiner revisionistischen Politik übte. Fast wäre es sogar zum Krieg gekommen. Anstelle des konsequenten ideologischen Kampfes wurden Auffassungen von der Friedens-fähigkeit des Imperialismus verbreitet, wurden Auffassungen verbreitet, dass jedes Land den Aufbau des Sozialismus nach seinen eigenen nationalen Bedingungen durchführen muß. Das hört sich gut an, ist aber eine Absage an den Wissenschaftlichen Sozialismus, wonach sich der Aufbau des Sozialismus nach allgemein gültigen Kriterien vollzieht.. Ja, er räumte sogar die Möglichkeit ein, auf parlamentarischem Weg zum Sozialismus zu gelangen. Das missachtet völlig die Tatsache, daß der Imperialismus niemals bereit sein wird, freiwillig von der Welttribüne abzutreten, dass er um so verbissener und brutaler um den Erhalt seiner Macht kämpfen wird, je mehr er Gefahr läuft, in die Defensive zu geraten. Die Erfahrungen der Spanischen Republik oder Chile legen davon beredtes Zeugnis ab.

Natürlich traten Kräfte in den verschiedenen Ebenen der Leitungsstruktur gegen diese chrustschowsche Politik auf. Sie wurden jedoch als Stalinisten diffamiert und systematisch Schritt für Schritt aus den Leitungsgremien verdrängt. Der Kampfbegriff des Stalinismus, dieser wichtigsten ideologischen Waffe des Kapitalismus, verbunden mit scheinmarxistischen Phrasen und demagogischen Versprechungen vom baldigen Aufbau der  kommunistischen Gesellschaft, brachten es mit sich, dass sich Chrustschow immerhin  11 Jahre an der Macht halten konnte.  1964 wurde er wegen der verheerenden Folgen seiner Politik vom ZK abgelöst. Aber es war schon zu spät. Die Verbreitung des Revisionismus war schon zu weit fortgeschritten. Nach einer Zwischenperiode, über die es nicht lohnt nähere Ausführungen zu machen, vollendete Gorbatschow das von Chrustschow begonnene Werk.

Daß die Sowjetunion untergegangen ist, das ist nicht dem Verstoß gegen das Wirken eines Wertgesetzes zu verdanken oder einer dem System innewohnenden Folgerichtigkeit,- dann hätte seine Entwicklung gar nicht erst stattfinden können, - sondern dem Verlassen des bewährten marxistisch- leninistischen Kurses, wie er bis zum Tode Stalins angewandt wurde.

Wenden wir uns einem zweiten Beispiel sozialistischer Wirtschaftspolitik zu, dem Beispiel China. Richtiger wäre es allerdings zu sagen, der Wirtschaftspolitik eines unter der Leitung einer kommunistischen Partei stehenden Staates. Die Entwicklung der Volksrepublik Chine wird in der ganzen Welt mit großer Aufmerksam verfolgt, von den Kommunisten mit großen Hoffnungen, aber untermischt mit gewissen Sorgen, von den Imperialisten mit großen Sorgen, aber untermischt mit gewissen Hoffnungen.

Dabei kann man die Entwicklung in China nicht schematisch mit der Entwicklung der Sowjetunion vergleichen. Entstanden unter der weltpolischen Situation einer stabilen SU, natür-lich in hartem Klassenkampf, konnte sie einer sofortigen imperialistischen Invasion entgehen. Weiter verfügt auch China über sehr große natürliche Resourcen.

Weiterhin verfügte die Kommunistische Partei über eine große Anzahl im Kampf erprobter Kommunisten. So konnten Irrungen und  Wirrungen, wie z. Bsp. in der Kulturrevolution, über-wunden werden.

Gesellschaftlich steht China sehr am Anfang einer sozialistischen Entwicklung. Man könnte diese Phase vergleichen mit der NÖP in der SU, aber unter ganz anderen Voraussetzungen. Es ist unstrittig, dass das Wertgesetz in China noch starken Einfluß auf die Ökonomie ausübt, unterschwellig, wie es seinem Wesen entspricht. Es gibt starke Elemente kapitalistischer Wirtschaftsweise. Solche sind z. Bsp. die gemischten Aktiengesellschaften des Staates mit ausländischen imperialistischen Gruppierungen. Auch viele privatkapitalistische Betriebe ein-heimischer Bürger gehören dazu.  Hinzu kommt die riesige Menge privatwirtschaftlich arbeitender Bauern. Sie möchten, obwohl das perspektivisch völlig illusorisch ist, aufsteigen in den Mittelstand. Im Gegensatz zur SU gibt es dagegen kein so ausgeprägtes Kulakentum. Und auch der Handel ist noch stark in privater Hand. Hinzu kommt weiter ein sehr starkes soziales Gefälle, in dem viel Zündstoff schlummert und außerdem noch einer weiteren Differenzierung unterliegt, indem es inzwischen sehr reiche Bevölkerungsschichten gibt, während es nach wie vor noch viel Armut gibt.. Eine Fülle von Problemen, die für unseren Erfahrungsschatz neu sind. Man kann meiner Meinung nach noch nicht davon ausgehen, dass der Sozialismus in China schon gesiegt hat, dass es nur darauf ankommt, ihn zur vollen Entfaltung zu bringen. Die Erfahrung lehrt, dass die Gefahr einer Restauration des Alten solange besteht, solange das Neue noch nicht seine allumfassende Vollendung erreicht hat. Deshalb bedeutet die Erringung der politischen Macht noch nicht den endgültigen Sieg. Vielmehr beginnt jetzt erst die noch schwierigere Phase, der umfassende Aufbau der neuen, der sozialistischen Gesellschaft. Die kapitalistischen Elemente werden nie aufhören, sich der Führung durch eine kommunistische Partei entziehen zu wollen und dabei jede Schwäche und jeden Fehler der Führung nutzen, unterstützt vom ausländischen Imperialismus. Diesen Kampf führen sie mit den verschiedensten Formen, im Suchen einer direkten Konfrontation, wie damals auf dem Platz des himmlischen Friedens, im Anheizen sozialer und auch nationaler Unterschiede, wie auch im Erschleichen wichtiger politischer Positionen, so wie Gorbatschow und eigentlich auch schon Chrustschow. Das Verwirrende ist dabei, dass das Kapital seine Ziele, nämlich die Absicherung seiner Kapitalverwertungsinteressen, nicht  öffentlich macht, sondern mit demagogischen Parolen von Demokratie, Menschenrechten, Freiheit  (sie meinen ihre eigene als Klasse) und ähnlichen wohlklingenden Losungen verschleiert. Was das wert ist, kann man am Beispiel der USA studieren, die gleichzeitig unverblümt erklärt, und das auch als Staatsdoktrin verkündet, dass die USA  für sich das Recht in Anspruch nehmen, den ungehinderten Zugang zu den Rohstoffreserven der Welt durchzusetzen. Die Rede des USA-Staatssekretärs Pickering vor Absolventen der USA-Militärakademie West Point ist noch nicht vergessen. Solche Infor-mationen findet man in der gesteuerten kapitalistischen Medienlandschaft natürlich höchstens irgendwo versteckt.

Zum Abschluß meiner Darlegungen möchte ich betonen, dass ich nicht den Anspruch erhebe, dass meine Auffassungen die absolut richtigen sein müssen. Ich möchte sie einfach als Diskussionsbeitrag zu der Frage verstanden wissen, wie kann man das parasitäre System des Kapitalismus überwinden und eine wirklich humanitäre Gesellschaft aufbauen. Dazu gehört als erstes die Überwindung des kapitalistischen Machtapparates.  Danach wird es noch eine nicht endende Vielzahl von zu lösenden Problemen geben. In diesem Zusammenhang heute über ökonomische Probleme zu diskutieren, ist sicher nicht unwichtig, aber nicht das Wichtigste. Vor uns steht vor allem die Aufgabe, das politische Wissen in breiten Kreisen der Gesellschaft zu verbessern, natürlich auch das Wissen über ökonomische Fragen. Dabei müssen wir in Europa leider wieder sehr weit vorn ansetzen, und zwar mit einer massiven Kritik des Kapitalismus. Wir müssen den Menschen verständlich machen, wie der kapitalistische Machtapparat aufgebaut ist und mit welchen Strukturen und Methoden er funktioniert. Und wir müssen auch darauf hinweisen, dass das Kapital sich in großem Umfang der Methode der Unterwanderung sozialistischer Organisationen bedient. Nicht jeder, der sich sozialistisch gibt, muß es ehrlich meinen. Das soll keine Aufforderung sein, dass wir Sozialisten uns gegenseitig misstrauen. Das wäre schlimm. Aber man muß schon gut hinsehen, wem man sein Vertrauen schenkt. Und wir müssen wieder dahin kommen, dass die Menschen sich ihrer realen Stellung in der Gesellschaft bewusst werden. Wer nur sein Arbeitsvermögen besitzt, um seinen Lebensstandard zu sichern, muß sich bewusst werden, dass er ausgebeutet wird, dass er nur Arbeit findet, wenn andere aus seinem Arbeitsvermögen Nutzen ziehen können, dass er nicht seine Leistung bezahlt bekomm, sondern nur das, was er erkämpft. Das Klassenbewußtsein muß wieder geschärft werden. Und das gelingt nur , wenn wir wieder und wieder  die ganze Verlogenheit kapitalistischer Propaganda entlarven, wenn wir das innere Wesen des Kapitalismus offen legen, wenn wir ständig bemüht sind, politisches Wissen zu verbreiten. In den Köpfen muß  Klarheit geschaffen werden. Dann wird auch wieder die Möglichkeit bestehen, eine im Volk verwurzelte marxis-tische Partei zu schaffen. Das wichtigste dabei scheint mir z.Zt. die Auseinandersetzung mit weit verbreiteten revisionistischen Auffassungen innerhalb der sozialistischen Bewegung zu sein. Sie finden ihren Ausdruck in der Übernahme imperialistischer Ideologien, dabei insbesondere in der Verbreitung des Antistalinismus. Man muß schon mal darüber nachdenken, wieso Stalin der vom Imperialismus am meisten gehasste kommunistische Politiker war und bis zum heutigen Tag noch ist.. Daß sich viele sich als Sozialisten empfindende Genossen dabei  in trauter Einheit mit den Imperialisten befinden, stimmt schon sehr bedenklich. Es ist schon eine Tragik, dass im Prozess der Auseinandersetzung mit parteifeindlichen Gruppierungen in der KPdSU unschuldig aufrechte Genossen in die Kritik geraten sind und verurteilt wurden. Das schmerzt jeden ehrlichen Kommunisten. In diesem Schmerz finden wir uns aber in keiner Weise in Gemein-schaft mit jenen Heuchlern, denen das Wohlergehen eines Kommunisten völlig uninteressant erscheint, die vielmehr in persönlichen Schicksalen ein gefundenes Fressen für ihre anti-sozialistische Propaganda sehen.

Wir dürfen nie vergessen, dass der mainstream, die vorherrschende politische Meinung , von der Bourgeoisie bestimmt wird. Wer dieser Meinung hinterherläuft, wird immer im Kapitalismus landen. Die Medien haben sich in den letzten 50 Jahren zu einer politischen Macht entwickelt, die mindestens gleichen Stellenwert haben wie die traditionellen Machtapparate Polizei und Justiz. Und diese Medien sind fest in der Hand des Kapitals. Was ist da schon eine Ver-sammlung gegen ein Fernsehprogramm. Und auch das geschriebene Wort ist in einer erdrücken-den Mehrzahl in der Hand des Kapitals. Aber das darf uns nicht dazu verleiten, kleinmütig zu sein. Im Sozialismus liegt die höhere Moral. Das Kapital kann nur deshalb seine Herrschaft aufrecht erhalten, weil die Mehrheit der werktätigen Menschen nicht an die Möglichkeit seiner Überwindung glaubt, oder glaubt, ihn mit Appellen zu besserem Verhalten bewegen zu können. Den Kapitalismus kann man nicht verbessern, den kann man nur abschaffen.

Dieter Hainke,
Magdeburg

Hermann Jacobs:
In der Bewegung richtig bewegen – Eigentumsfrage, Warenproduktion, Diktatur des Proletariats

Im jüngsten Heft von „offen-siv“ (3/2008) gibt es in der Rubrik Resonanz durch Wolfgang Hermann eine Rezension zu unserer letzten größeren Publikation „Niederlagenanalyse“. Ohne pingelig erscheinen zu wollen - es gibt in der Rezension eine Passage, zu der ich noch einmal etwas klarstellen möchte. Es wird, als handele es sich um eine allgemein anerkannte oder anzuerkennende Tatsache, eine Aussage über die Warenproduktion getroffen, die nicht richtig ist und die auch nicht dem entspricht, worauf in „offen-siv“ - und auch in der erwähnten Publikation - in zunehmendem Maße Wert gelegt wird: Klarheit – der grundsätzlichen theoretischen Art – wieder darüber zu schaffen, was eigentlich Warenproduktion ist, wie im Speziellen der Begriff Austausch in ihr erklärt werden soll.

Zur Bedeutung der Frage der Warenproduktion: Sofern eine kommunistische Partei die Frage des Sozialismus, also einer anderen als bürgerlichen Gesellschaft aufwirft, geht es zunächst um die Aufhebung der alten Gesellschaft, und das ist im wesentlichen eine Gesellschaft der Warenproduktion. Folgerichtig muss es dann um die Frage gehen, wie denn eine nicht-bürgerliche Gesellschaft auszusehen habe, im Besonderen in ökonomischer Hinsicht.

Darüber ist der reale Sozialismus in einen Streit geraten, es ging in den Debatten hin und her – und unsere Aufgabe und unser Vorhaben ist es nun, hier im Nachhinein Klarheit zu schaffen, so weit das möglich ist. Deshalb in „offen-siv“ die Konzentration auf das Thema. Und wir haben ein Interesse daran, dass gewisse Fortschritte in der Diskussion, die bei uns erreicht sind, allgemein vermittelt bleiben.

Wolfgang Hermann nun gibt dem typischen Fehler, der sich in den Wissenschaftsbetrieb der politischen Ökonomie des Sozialismus eingeschlichen hat, noch einmal Raum. Er schreibt, wohl wie er meint, die Schrift „Niederlagenanalyse“ wiedergebend:

„Heute wissen wir (vom realen Sozialismus, J.), dass die Eigentumsfrage nicht so angepackt worden ist, wie es nötig gewesen wäre. Marx sprach immer vom gesellschaftlichen Eigentum. Ist staatliches Eigentum eine Form gesellschaftlichen? Hier möchte ich abschweifen und mich kurz mit der Warenproduktion beschäftigen. Gibt es sie im Sozialismus oder gibt es sie nicht? In ‚Niederlagenanalyse’ beschäftigt sich Hermann Jacobs damit. Nun wissen wir, dass ein Produkt zur Ware wird, wenn es für den Tausch bestimmt ist. In der kapitalistischen Produktionsweise wird das Produkt zum Zwecke des Tauschs (Verkaufs) hergestellt: Also Warenproduktion. Aber nicht nur das. Der Warenproduktion, wohnt auch inne, dass die Arbeitskraft als Ware auftaucht. Wenn im Sozialismus die Arbeitskraft auch Ware sein sollte, die der Arbeiter gezwungen wäre zu verkaufen, dann stellt sich die Frage, wie die ihre Arbeitskraft verkaufende Arbeiterklasse herrschende Klasse sein kann. Sie könnte es zwar formell, aber eben nicht ökonomisch und damit politisch [sein]. Im Sozialismus widersprechen sich Warenproduktion und Diktatur des Proletariats“.

Drei Dinge: Eigentumsfrage, Warenproduktion/Austausch, Widerspruch von Warenproduktion und Diktatur des Proletariats.

Zur Eigentums- und Staatsfrage

Ist/war das staatliche Eigentum im Realsozialismus (Sowjetunion, DDR usw.) gesellschaftliches Eigentum, d.h. gehörte es den Arbeitenden? Hier sollten wir es ganz kurz machen: Ja! Das Aufwerfen der Frage, ob staatliches Eigentum im Sozialismus auch gesellschaftliches wäre, ist die beliebteste Infragestellung des Sozialismus durch den Revisionismus.

Dahinter lauert ja, wenn ein Nein herauskommt, dass Vergesellschaftung noch etwas ganz anderes sei. Herauskommen soll bei den Revisionisten das, was sie meinen: „Vergesell-schaftung, die die Individuen erreicht“, und das sind dann im Falle der Industrie die betrieb-lichen Arbeitskollektive, also dort Kollektiv-Eigentum statt gesellschaftlichem Eigentum, und im Falle der Landwirtschaft individuelle Erbpacht-Verträge, also individuelle Bauernwirtschaft statt Kollektivierung der Landwirtschaft.

Wir meinen aber eine Vergesellschaftungsform, in der der Begriff der Einheit der Gesellschaft, des Gesamtkollektivs aller Arbeitenden, das wesentliche ist.

Der fremdelnde Begriff „staatlich“, mit dem die Vergesellschaftung[1] bedacht wird, ist die – heimtückische - Einführung eines falschen Subjekts in den Diskurs. Es klingt ja so, als würde es im Sozialismus einerseits das arbeitende Volk geben und andererseits den Staat, der sich etwas anmaßt. Nicht: Ein Volk entwickelt sich zum Staat, sondern: Ein Staat erhebt sich über das Volk; und sie behaupten: beim sozialistischen Staat wie beim bürgerlichen Staat. („Staat bleibt Staat“.)

Nur wenn man einen anderen Vergesellschaftungsbegriff hat als den im realen Sozialismus realisierten, muss man bei der Staat-gleich-Staat-These bleiben. Statt eines einheitlichen Subjekts, der Arbeiterklasse, das sich entwickelt, wollen die Revisionisten uns von der Existenz zwei Subjekte überzeugen, die sich einander als fremd, jedenfalls als nicht identisch gegen-überstehen: Die Arbeiter arbeiten, der Staat aber „ist Eigentümer, eignet an“!?  

Was heißt Vergesellschaftung des Eigentums? Aufhebung des Privateigentümers? Das dürfte nicht reichen. Es heißt, dass alle Verhältnisse der Arbeit, die über die besondere Arbeit, die Arbeit im Einzelnen, die Arbeit des warenproduzierenden Privateigentümers nicht hinausgehen, beendet werden zugunsten eines gesellschaftlichen Gesamtrechts auf die Arbeit in ihrer Einheit.

Allein dieser Satz schließt die Vorstellung von einer betriebskollektiven Form der Waren-ökonomie im Sozialismus aus.

Für das neu entstandene ökonomische Gesamtsubjekt existiert nicht mehr ein vorausgesetztes besonderes ökonomisches Privatrecht, dem man sich, bevor man selbst zum Zuge, d.h. zu seinem Recht kommt, beugen muss. Es ist Bedingung einer wirklichen Vergesellschaftung, dass jedes der privatwirtschaftlichen Sonderrechte liquidiert wird.

Und was den neuen, sozialistischen Staat betrifft: Ein Staat, der die Ökonomie übernimmt (leitend, planend), wächst hinaus über das, was ein Staat im bekannten, herkömmlichen Sinne ist. Der Staat ist nicht mehr nur das Herrschaftsinstrument der einen Klasse (hier: des Proletariats) zur Unterdrückung einer anderen Klasse (hier: der konterrevolutionären Bour-geoisie), der Staat wird Gesellschaft.[2]

Die Ökonomisierung des Staates bringt also eine gesellschaftliche Rolle des Staates hervor. „Verstaatlichung“ der Ökonomie, und zwar völlige, vollkommene, ist die Verwandlung des Staates in ein Produktionsverhältnis.

Die Reihenfolge der Übernahme ist hier folgende: Erst übernimmt die Arbeiterklasse den Staat, zunächst in unmittelbaren, auch lokalen Ebenen (Sowjets), dann in übergeordneten Ebenen, d.h. in seiner Gesamtheit (Unions-Sowjet), und in einem zweiten Schritt übernimmt die Arbeiterklasse per Staat die Ökonomie; sie entwickelt hierbei „staatliche“ Organe, die nicht mehr im klassischen Sinn des Wortes Staatsorgane sind, also Organe der Gewalt und Herrschaft. Als die Ökonomie regulierend sind es Organe der Planung und Leitung der Ökonomie, also gesellschaftliche Organe.[3]

Mit dem alten/bisherigen Staatsbegriff angesichts dieser neuen Entwicklung zu operieren, ist desorientierend und verunglimpfend. Man hat sich im Staatsbegriff festgelegt – anhand der vergangenen Geschichte, und erkennt keine neue mehr. Wolfgang Hermann wirft eine Frage auf, wie sie von Kritikern des realen Sozialismus aufgeworfen wurde (darunter von Anhängern der warenökonomischen Reform im Sozialismus), ohne sie letztlich zu beantworten; die Frage „steht also nur im Raum“. Aber wir wissen um ihre Brisanz.

Zur Frage der Warenproduktion

Gibt es sie oder gibt es sie nicht im Sozialismus? Nun, wir haben geantwortet: Nein, es gibt sie nicht mehr. Es gab sie in einer Übergangsform. Das war unsere Antwort; sie ist aber nur eine passive Form. Die aktive würde lauten: Müssen wir die Warenproduktion aufheben, liquidieren, wenn wir eine kommunistische Produktionsweise wollen? Und: Haben wir sie liquidiert?

Noch einmal die immer selbe Frage:

Wolfgang Hermann: Wir wissen (angeblich), „dass ein Produkt zur Ware wird, wenn es für den Tausch bestimmt ist“. Es hängt also alles davon ab, was Tausch ist. Ist Tausch der „Händewechsel der Produkte als Gebrauchswerte?“ Der Begriff „Händewechsel“ stammt be-kanntlich von Engels. Aber Engels verstand den Händewechsel der Produkte als Ge-brauchswerte gerade nicht als Austausch, als den er dennoch die Warenproduktion charakterisiert. Was also ist Austausch, wenn Händewechsel der Produkte das nicht ist?

Hier sind wir an dem Punkt der allgemeinen Verwirrung. Immer dann, wenn wir unter Austausch nichts als den „Austausch“, d.h. Händewechsel der Produkte als Gebrauchswerte verstehen, machen wir die Warenproduktion zu einer ewigen Produktionsweise, zu einem Allerweltsverhältnis der Ökonomie – sofern sie zur gesellschaftlichen Arbeitsteilung ausgereift ist. Arbeitsteilung wird es immer geben, auch im tiefsten und höchsten Kommunismus. Also wird es immer Warenproduktion geben? Natürlich nicht, denn nicht die Arbeitsteilung, sondern das Privateigentum an den Produktionsmitteln und dementsprechend die Verausgabung der Arbeit als Privatarbeit ist die Ursache der Warenproduktion.

Um in dieser Frage unser historisches Verhältnis zur Warenproduktion (oder unser historisches Verhältnis zur Abfolge von Gesellschaftsformationen) wiederherzustellen, muß der Begriff Aus-tausch seine historisch-konkrete Bedeutung bekommen. In einer bestimmten Gesellschaft gibt es Warenproduktion, und in einer anderen bestimmten nicht. Das gleiche gilt dann für den Austausch: Es gibt ihn und es gibt ihn nicht. Darüber Klarheit (wieder) zu schaffen, haben wir uns in „offen-siv“ bemüht. Leider noch nicht mit durchschlagendem Erfolg.

Was ist Austausch im Sinne der Warenproduktionsweise? Das ist der Wechsel der Ware von ihrer relativen Wertstellung in ihre äquivalente Wertstellung, dieser Wechsel ist einem Warenwechsel identisch – deshalb also Austausch. Austausch vermittelt die Wertform, die das Produkt als bloßer Gebrauchswert nicht hat, und die sie durch einen bloßen Gebrauchswert-wechsel auch nicht bekommen würde. Ein Gebrauchswert ist ein Gebrauchswert, und keine Ware. Damit ein einfaches Produkt eine Ware wird, muss es auch von Wertform sein, muss sich also austauschen.

Ware zu sein, und das heißt von Wertform zu sein (nicht nur Gebrauchswert zu sein), ist der gesellschaftliche Befehl an sie. Deshalb die Prozedur des Austausches. Die Ware muss, um ihre Wertform, die sie nur latent besitzt, auch tatsächlich zu besitzen, wechseln, sich austauschen mit einer anderen Ware, die das Verhältnis des Wertseins unmittelbar besitzt. Das ist das ganze Geheimnis des Tausches in der Warenproduktion. Nix da also von Tausch der Produkte als Ge-brauchswerte.

Und das ist nun so oft, das ist tausendmal gesagt worden und kann immer wieder nachgelesen werden. Und warum trotzdem immer wieder dieser „Lapsus“, wenn gesagt wird, Austausch sei der Austausch der Produkte, sei der Austausch der Gebrauchswerte, sei der Austausch der Gebrauchswerte, der Gebrauchswerte…und immer aufs Neue“?

Weil, wenn man nach den Gründen der Warenform der Produkte fragt, man ausgehend von der Wertform natürlich fragt: Ja, wer braucht denn eine solche vertrackt-verzwickte Form in der Ökonomie? Warum müssen denn Produkte ihre Werte (das sind ihre Arbeitsaufwendungen in der nämlichen, abstrakten Hinsicht, quantitativ, also als Größe gemessen an der Arbeitszeit) aus-drücken, „zu Markte tragen“?

Der Gedankengang von Marx war vielen nachfolgenden Marxisten offensichtlich „zu kom-pliziert“, und so haben sie sich auf die einfache Form geeinigt oder sind zu dieser „über-gegangen“: Dem einfachen Denken steht die Vorstellung eines einfachen Austausches von verschiedenen Gebrauchswerten näher als das Verständnis dieser ganzen vertrackten Wertform. Nichtsdestoweniger ist das scheinbar „Einfachere“ nur ein ökonomischer Populismus, der nicht zur Aufhellung der Geschichte beiträgt, die Analyse der Wertform aber die notwendige wissen-schaftliche Erkenntnis.

Das Niveau der Kenntnisse über die bürgerliche Ökonomie beschränkt sich dann auf den Satz: „Tausch ist dann, wenn man Leinewand gegen Rock tauscht“.

Marx hätte zwei Drittel der ersten hundert Seiten des „Kapitals“ glatt streichen können, wenn das richtig wäre.

Was kommt bei dem eben dargestellten ökonomischen Populismus als Erklärungsgehalt für die Warenproduktion heraus? Eine gegenseitige Befriedigung von Bedürfnissen durch wechsel-seitige Gebrauchswerte, wobei die Geldform, über die mehr oder weniger unmittelbar ge-wechselt wird, nur als Hilfsmittel erscheint, um die Tauschbarkeit von Gebrauchswert zu Ge-brauchswert zu erleichtern. Das ist die verbreitete bürgerliche 0-8-15-Erklärung, wie sie heute noch gang und gäbe ist.

Nur: wo bleibt nun die bekannte Erklärung von Marx: „Nur Produkte privater Arbeit werden zu Waren“? Sie bleibt auf der Strecke! Und dass sie auf der Strecke bleibt, das war beabsichtigt, denn darum geht es.

Das oben skizzierte zeigt einen weit verbreiteten grundsätzlichen Irrtum. An diesen geratend, kann man weder Warenproduktion noch Sozialismus/Kommunismus, also auch nicht den Ge-gensatz des Sozialismus/Kommunismus zur Warenproduktion erklären. Man ist weder in der Lage, klar Front gegen das Privateigentum zu beziehen, noch fähig, Partei für den Kommunismus zu ergreifen. Stattdessen bleibt man in kleinbürgerlichen Vorstellung ökono-mischer Entwicklungen stecken.

Wie einfach dagegen ist der Kommunismus und sein Gegensatz zur Warenökonomie zu ver-stehen, wenn man a priori erklärt, dass nur Produkte privater Arbeit, privaten Eigentums zu Waren werden. Private müssen den Wert, der in ihrer Arbeit anfällt, bei Strafe ihres Untergangs aneignen. Sie haben ja sonst kein anderes Faustpfand in der Hand, das sie noch geltend machen könnten, um gesellschaftlich wirksam zu werden.

Der Wert ist eine Eigentumskategorie! Aber er ist nicht nur statisch: ihm wohnt inne, dass er auch prozessierende Eigentumskategorie (Kapital) werden muss.

Über halbe und ganze Vergesellschaftung

Müssen wir im Sozialismus aber eine Eigentumskategorie – wie die des Wertes – haben? Unter der Bedingung, dass die Aneignungsverhältnisse derjenigen, die produzieren, anderweitig durch die Gesellschaft (oder den Staat) geregelt sind, der Wert also auch im Sinne des Wortes ökonomisch ersetzt ist, brauchen wir eine solche Kategorie nicht. Ist es zu dieser Umstellung aber noch nicht gekommen oder bleibt sie aus (sagen wir heute China und früher Jugoslawien – oder sagen wir allgemein: Betriebskollektive, Betriebe in der Hand nur ihrer Belegschaften), müssten wir selbstverständlich die Warenproduktion beibehalten. D.h. wir müßten in der Ver-gesellschaftung der Ökonomie auf halbem Wege stehen bleiben. Wir müssten dann die je-weiligen Betriebe/Produzenten zu den Mitteln berechtigen, die sie in die Lage versetzen, ihre einfache und erweiterte Reproduktion gesellschaftlich zu realisieren, d.h. wir müßten ihnen min-destens das Recht auf die Aneignung ihrer Arbeits(zeit)leistung geben. Und da die unmittelbare Ware ein Gebrauchswert ist, den die Betriebe ja nicht selbst behalten, den sie weggeben, müßten sie in dem Augenblick, wo sie den Gebrauchswert weggeben, ihren Wert realisieren – in Geld.

Wie man sieht, sprechen wir in diesem Falle, wo die Vergesellschaftung des Privateigentums auf dem Weg über die „Verstaatlichung“ ausbleibt – oder auf der Stufe der bloßen Enteignung des kapitalistischen Privateigentümers verharrt, von einer stecken bleibenden Vergesellschaf-tung, nicht aber davon, dass, weil wir nun in eine Form betrieblicher Verwaltung der Gesell-schaft zurückfallen, die Vergesellschaftung erst beginnt. Die warenökonomische Reform des Sozialismus meint ja, die Ersetzung des einen Kapitalisten durch seine 100 ausgebeuteten Arbeiter fülle schon den Inhalt des Begriffs Vergesellschaftung aus. Wie … simpel, alle Ver-änderung an der Person fest zu machen, - und keine an der Gesellschaft.

Wir teilen nicht den Staatsaffront der so genannten sozialistischen Selbstverwaltung oder waren-ökonomischen Reform des Sozialismus. Um von tatsächlicher Vergesellschaftung zu sprechen, müssen wir das ökonomische Verhältnis der kapitalistischen Betriebe verändern, nicht deren bloßen juristischen, personengebundenen Status.

Damit steigt die Frage der Vergesellschaftung über den vom Kapitalismus gezogenen Rahmen hinaus. Und als solche verlässt sie den Rahmen der besonderen Arbeit und erreicht den Rahmen der Gesamtarbeit, womit der Inhalt des Begriffs Gesellschaft seine Form erreicht.

Deshalb im Sozialismus der Kampf um den Staat. „Um den Staat“? Nun, der erst politisch etablierte Staat interessiert uns an diesem Punkt weniger. Es geht um den ökonomisch regulierenden Staat. Die neue ökonomische Rolle des sozialistischen Staates ist nichts weiter, als den Weg über das Geld zu umgehen (einzusparen), und damit auch zu keinem Individuumsrecht mehr zu erheben - d.h. Geld ist keine Eigentumskategorie im Sozialismus mehr -, und den direkten Weg über den Gebrauchswert zu gehen - womit allerdings ein grundlegender ökonomischer Wechsel verbunden ist. Der ökonomisch regulierende sozialistische Staat teilt den Betrieben die Produkte zu ihrer Produktion und Reproduktion direkt, in der Form der Ge-brauchswerte, zu, und gerade indem er das tut, umgeht er die Waren- oder Wertform der Pro-dukte, hebt er sie auf.

Nun zu sagen, der Staat begehe damit ein Unrecht an den Produzenten, er sei damit in einen Gegensatz zum „sozialistischen Produzenten“ getreten, er maße sich ein „staatliches Recht“ an, auf keinen Fall aber verwirkliche sich über ihn das neue gesellschaftliche Recht, ist ein … Verrat.[4] Diese Aussage bindet den Eigentumsbegriff absolut an das Individuum, aber an das Individuum als einzelnes vereinzeltes (oder an von der Gesellschaft, der Ganzheit Separierte), und damit nicht mehr an Individuen, wie sie die moderne Geschichte entwickelt hat.

Es ist vollkommen klar, dass die Warenproduktion durch die neue Rolle des Staates aufgehoben wird, und die Kritik auf den Staat zu konzentrieren, heißt, die Aufhebung der Warenproduktion verhindern zu wollen. „Heute wissen wir, dass die Eigentumsfrage (im realen Sozialismus) nicht so angepackt worden ist, wie es nötig gewesen wäre.“ Aber sie hätte gar nicht nötiger (richtiger) angepackt werden können. „Marx sprach immer vom gesellschaftlichen Eigentum“. Aber der Staat ist keine Gesellschaft für sich – wenn er von der Gesellschaft übernommen worden ist.[5] Hermann übersieht die Veränderung im Staat und sieht darum keine Veränderung in der Ge-sellschaft bzw. sieht nur deren Nötigung – „durch den Staat“. Eine Nötigung der Gesellschaft durch die Gesellschaft? Man ist irgendwo im Nebel der Voraussetzung stecken geblieben.

Der „Widerspruch von Warenproduktion und Diktatur des Proletariats“

Nun unser dritter Punkt: a) „Der Warenproduktion wohnt auch inne, dass die Arbeitskraft als Ware auftaucht“; b) „Im Sozialismus widersprechen sich Warenproduktion und Diktatur des Proletariats“.

Zu a): Die Ware Arbeitskraft taucht in der kapitalistischen Form der Warenproduktion auf. Kann sie auch im Sozialismus auftauchen? Ja, wenn der Sozialismus dem ökonomischen Verhältnis nach auf die Betriebsebene reduziert ist. Was macht denn ein auf Betriebsebene ver-gesellschafteter Sozialismus mit Arbeitskräften, die aus Betrieben wegrationalisiert werden? Entlohnt der Betrieb sie weiter, oder werden sie an die „Gesellschaft“„lohnseitig“ delegiert, d.h. mit Stütze belegt?. Da taucht der Pferdefuß des ganzen Betriebs“kommunismus“ auf.

Kapitalistisch zu werden ist eine historische - und innere - Bedingung der Warenproduktion, und die Ware Arbeitskraft taucht an ihrem Ende auf, im Zustand ihrer höchsten Entwicklung. D.h. mit dem Auftauchen dieser Bedingung ist ein Ende der Warenproduktion eingeläutet und wir haben überhaupt erst ein historisches Recht, die Frage einer Notwendigkeit der Aufhebung der Warenökonomie aufzuwerfen.

Die partielle Freisetzung, d.h. Herauslösung der lebendigen Arbeiter aus dem organischen Zusammenhang der Arbeit, Umstrukturierungen, Absterben einzelner Produktionszweige, Aufstreben anderer, das wird auch im Kommunismus stattfinden. Das wird dort aber kein Pro-blem sein. Unter den Bedingungen einer von Eigentumsgesetzen unabhängigen gesellschaft-lichen Verfügung über die Gesamtarbeit gibt es unendlich viele andere für die Gesellschaft nütz-liche Möglichkeiten der Arbeit. Nur wenn ein als Warenökonomie etablierter Sozialismus in Schwierigkeit mit der Fortbeschäftigung überschüssiger Arbeitskräfte kommt und damit in Schwierigkeiten mit der Fortzahlung von Löhnen an seine entlassenen Arbeitern gerät - und er gerät gesetzmäßig in Schwierigkeiten -, taumelt dieser Markt-Sozialismus in den Widerspruch zwischen den Interessen der Ware Arbeitskraft, der Warenproduktion und schließlich der politischen Form der Herrschaft.

Man kann sich schwer eine Form von politischer Herrschaft der Arbeiter und ökonomischer Ohnmacht dieser Arbeiter vorstellen, das ist ein nicht vorstellbarer Zustand des Sozialismus. Und doch ist er ein realer – wenn denn die ökonomische Revolution im halben Bereich (einer bloß halben sozialen Verantwortlichkeit) stecken bleibt.

Aber für den sowjetischen und den deutschen  Weg zum Sozialismus oder das sowjetische – oder Stalinsche – „Modell“ des Sozialismus gilt/galt das nicht.

An der Markierung eines solchen Widerspruchs von politischer Macht einerseits und ökonomischer Ohnmacht andererseits durch Hermann ist nur zu kritisieren, dass die reale sozialistische Gesellschaft an einen solchen Zustand nicht geriet; das Fassen der Gesellschaft (der Arbeiter) als eine ökonomische Gesamtheit, als ein Gesamtsubjekt (worin die Peripetien der Arbeit im allgemeinen wie im besonderen) eingeschlossen sind, hat verhindert, dass dieser Widerspruch von Politik und Ökonomie auftreten konnte. Wenn Wolfgang Hermann aber an ihn gemahnt oder von ihm als einem realen spricht, so kann er nur eine andere Form des ökonomischen Verhältnisses, eine andere Form des „Sozialismus“ meinen, oder eben seine unmittelbar erste „Form“, die noch keine sozialistische Form, sondern ein bloßes Festhalten an der bürgerlichen Form war. Die Politik, d.h. die Diktatur des Proletariats, unsere Diktatur des Proletariats war weiter, sie hatte sich ökonomisiert.[6]

Deshalb ist es methodologisch nicht richtig, für die Fassung des Widerspruchs zwischen Sozialismus und Warenproduktion einen lediglich politischen Ausdruck des Widerspruchs zu wählen – die neu erworbene politische Rechtsform, sondern richtig ist es, deren ökonomische Form zu wählen: Aus dem bloßen politisch artikulierten Gegensatz – der sozialistische Staat ist ja von Anfang an Diktatur des Proletariats – kann auch nicht von Anfang an abgeleitet werden, dass er Gegensatz zur Warenökonomie sein kann. Formell müssen erst die institutionellen Grundlagen einer Negierung des ökonomischen Verhältnisses der Warenproduktion hergestellt sein. Man kann einen Krieg nicht erklären, ohne die Waffen zu haben, ihn auch führen zu können. Mit bloßer Moral ist der Warenökonomie jedenfalls nicht beizukommen. Es geht bei der Postulierung eines Widerspruchs von Sozialismus/Kommunismus und Warenproduktion darum, dass er als ein Gegensatz von individualistischer und gesellschaftlicher Ökonomie dargestellt wird.

Das kann theoretisch immer vorausgesagt sein – warum sonst Marx?, faktisch muss sich aber der politische Wille zur Aufhebung der Ausbeutung ca. 10 Jahre nach einer Revolution gedulden, ehe zur Tat geschritten werden kann. Nicht, welches Schicksal die Arbeiter erleiden, sondern dass sie dieses Schicksal nur erleiden, weil noch ein altes ökonomisches Prinzip in der neuen sozialistischen Gesellschaft waltet, dem zunächst auch die Arbeiter unterworfen sind, ist der Kern des zu erkennenden Gegensatzes. Hier bürgerlicher Individualeigentümer, von vorn-herein kein Gesamtsubjekt, dort ökonomischer Gesamtarbeiter und folglich Gesamt-“eigentümer“ oder Gesamtsubjekt, das ist der Kern des „Widerspruchs“ (Antagonismus ist besser), in den das Ende der Warenökonomie eingeht und aus dem der Kommunismus als Lösung des Problems hervorgeht.

Die wichtigste Frage für uns ist nicht, unentwegt den Gegensatz von Sozialismus und Waren-produktion zu betonen, sondern bewußt zu machen, dass der Sozialismus als Planwirtschaft be-reits dieser Gegensatz war. Wir verteidigen doch keine Schimäre!

Ich wollte nicht pingelig sein. Es geht nicht um Meinungen. Derlei gibt es viele. Es geht darum, ob wir in Bezug auf die objektive Realität des Sozialismus bereits von stabilen Momenten des gesellschaftlichen Seins und Denkens sprechen können. Diese dann sind die Basis unseres Rechts, unseres Rechthabens.

Und sie sind auch der Fundus der Debatten in „offen-siv“, an deren Behauptung uns gelegen ist.

Hermann Jacobs,
Berlin

  1. …und die dann schnell zu solchen Schimpfwörtern verdreht wird wie „Staatssozialismus“ oder „administrative Kommandowirtschaft“. In diesen abwertenden Begriffen steckt die gesamte Ablehnung des Sozialismus: er soll weder eine zentral geplante Wirtschaft noch eine gesamtstaatliche Organisationsform haben; sprich: er soll nicht sein.
  2. Um uns den Sinn von Planung und Leitung der Ökonomie zu erschließen, müssen wir im Begriff „Verstaatlichung“ - den ich als solchen schon für falsch, zur Fehlinterpretation verleitend bezeichne - von vornherein von einer Entwicklung des Verhältnisses der Ökonomie ausgehen und nicht von einer Entwicklung allein des Staates.
  3. Es ist hierbei nicht so, dass nicht auch der bürgerliche Staat solche Rechte auf Eingriffe in die Ökonomie entwickelt, aber nur mittels der äußeren, indirekten des Geldes; er greift nicht direkt in die Hoheit der kapitalistischen Unternehmen ein. Er hebt das vom Eigentumsverhältnis ausgehende Hoheitsrecht der Betriebe nicht auf, sondern stützt es über sein investives Verhalten. D.h. der kapitalistische Staat bügelt Schwächen der kapitalistischen Unternehmen mit seiner Hilfe aus.
    Der sozialistische Staat aber kann das ökonomisch Neue schaffen: die arbeitende Klasse wird selbst Subjekt.
  4. Um von einem Unrecht des Staates zu sprechen, müßte ja erst ein ökonomisches Subjekt konstituiert werden, in Bezug auf welches es ein Unrecht wäre. Es wird immer nur behauptet, das seien die Betriebe im Sozialismus, deren Belegschaften. Die sind aber in keiner Eigentümerfunktion gesetzt, nur ihr Kapitalist war es. Arbeiter können gar nicht enteignet werden, ihnen muss erst Eigentum zugeführt werden. Und nun welches, in welcher Form? Die warenökonomische Reform operiert mit einer Voraussetzung, die gar keine ist, die nur eine Bedingung für die Zukunft werden könnte. Während wir natürlich in der vorausgesetzten Eigentumslosigkeit des Arbeiters die historische Chance erkennen, die Eigentumslosigkeit gleich auf dem Boden ihrer höchsten Form aufzuheben – dem Gesamteigentum. D.h. das ist eine Entsprechung – vom ökonomischen Nichts zum ökonomischen Ganzen, aber worin ist die vom Nichts zum ökonomisch Halben/Halbierten/Geteilten/Zersplitterten begründet? Warum wieder von vorne anfangen?
  5. Im bürgerlichen Eigentumsverhältnis steht die kapitalistische Klasse der arbeitenden Klasse als äußere (andere) Klasse gegenüber; vom bürgerlichen Staat ist das selbe zu sagen: Er steht der arbeitenden Klasse als ein äußerer (anderer) Staat gegenüber. Aber nicht gesagt ist damit, dass der bürgerliche Staat auch der bürgerlichen Klasse gegenübersteht. Was in Bezug auf die Klasse (die bürgerliche Klasse stünde der bürgerlichen Klasse gegenüber) direkt absurd wäre, ist in der Staatsfrage indirekt absurd. Aber diese Absurdität vom der herrschenden Klasse gegenüberstehenden Staat zwingt man die Men-schen vom sozialistischen Staat zu glauben.
  6. Es gibt die Position, die Begründung für die Kritik/Aufhebung der Warenproduktion auf die kapitalistische Form, folglich auf die Frage der Aufhebung der Ausbeutung zu beschränken. Das öffnet Freiräume für die Wiederaufnahme der Warenproduktion in deren einfacher Form, von der der Reformsozialismus meint, leben zu können.

 

China

Manfred Höfer:
Sozialismus – in den Farben Chinas?

Vor kurzem antwortete der ehemalige Vorsitzende der (früheren) Kommunistischen Partei Australiens, Bernie Taft auf die Frage: Was ist mit China? folgendes: „Ich bin mir über die Entwicklung nicht sicher. Wir hoffen, daß es gut läuft, aber wir wissen es nicht.“

Diese Unsicherheit, verbunden mit einer vagen Hoffnung, wie auch unterschiedliche, ja direkt gegensätzliches Meinungen in Bezug auf die Frage, wie die Entwicklung in der VR China zu beurteilen ist, scheint wohl nach wie vor charakteristisch für die links orientierte Szene zu sein. Auf einem Kolloquium sagte mir der Hauptreferent: China? – das befindet sich doch auf dem Rückmarsch zum Kapitalismus. (oder Richter: ist Land mit „restsozialistischer Orientierung“) Daneben bekommt man auch ganz krasse Verurteilungen zu hören oder zu lesen, wobei bezeichnenderweise linke Radikalinskis und „demokratische Sozialisten“ in schönster Harmonie übereinstimmen. Ich denke z.B. an von Örtzen, für den die chinesische Entwicklung nichts mit Sozialismus zu tun hat, oder an einen Artikel in der UZ (30.11.01), worin der Autor ein Horror-gemälde über die Zustände in China entwirft und messerscharf schließt, eine kommunistische Partei gäbe es dort nur noch dem Namen nach.

Erst in jüngerer Zeit sind Stimmen zu vernehmen, die sich um eine sachlich-positive Erklärung bemühen. Im Ganzen gesehen fällt jedoch auf, daß die China-Debatte im linken Diskurs, wenn überhaupt, eine ziemlich untergeordnete Rolle spielt. Nach 1989/90 war in der Regel von der tiefen Niederlage  d e s  Sozialismus und dem globalen Triumph des Kapitalismus die Rede, so als ob China damit gar nichts zu tun hätte. China? Das galt und gilt noch oft als eine Art Exotikum hinter den sieben Bergen, das man glatt ignorieren kann. Eine Ursache für diese merkwürdige Unterbelichtung und Vergeßlichkeit dürfte darin zu suchen sein, daß es seinerzeit wegen der Absage Chinas an die Sowjetversion des Sozialismus und der Wendung zu einem Reformkurs zu den bekannten Differenzen und sogar Feindseligkeiten zwischen China und der Sowjetunion bzw. dem sozialistischen Lager gekommen war. Mit der Verurteilung dieser Wendung als revisionistisch, ja als Verrat an den sozialistischen Prinzipien verschwand China damals bereits weitgehend aus dem öffentlichen Bewußtsein der realsozialistischen Länder.

Was andererseits die BRD-Medien betrifft, scheinen sie von keinerlei Zweifel geplagt zu sein, wenn sie die VR nach wie vor als „Rotchina“ bzw. „kommunistisches“ China titulieren und sich auf eine gefilterte, einseitige und verfälschende Darstellung verlegen. Ein Fernsehkommentator bescheinigte jüngst China, es verfüge über „fast“ alle Merkmale eines „totalitaristischen“ Regimes. Die ganze provinzielle Großkotzigkeit dieser BRD dokumentierte sich erst kürzlich beim Staatsbesuch Jiangs, als dieses Ereignis unter ferner liefen und fast ausschließlich unter dem Stichwort „Menschenrechte“ nach der westlichen Lesart abgehandelt wurde.

Hier sei eine kleine Erinnerung eingeschaltet. Der Sieg der Volksrevolution in China und die Gründung der VR war seinerzeit von uns in der DDR mit Freude und großen Erwartungen aufgenommen worden. Es gab enge freundschaftliche Beziehungen und wir haben die dortige Entwicklung und die ersten Erfolge mit Spannung verfolgt. Unter Genossen kursierte damals die natürlich ironisch gemeinte Wendung: Wenn die chinesische Volksbefreiungsarmee hierher kommt, um der DDR bei der militärischen Verteidigung des Sozialismus zu helfen, wird die gesamte Nationale Volksarmee zum Kartoffelschälen abkommandiert.

Übrigens entsprach dies Verhältnis einer guten Tradition in der speziell deutschen sozia-listischen Bewegung. Bereits Marx hatte den um die Mitte des 19.Jh. erfolgten Aufbruch Chinas aus einem langen geschichtlichen Schlaf mit viel Interesse und großen Erwartungen beobachtet und vorausgesagt, daß die dort anstehende gesellschaftliche Umwälzung zu einem „chinesischen Sozialismus“ führen könnte, der die bedeutendsten Resultate für die Zivilisation zeitigen werde. Davon zeugt auch ein Büchlein, das 1955  im Dietz-Verlag erschienen war: Marx über China. Und Engels hatte mit geradezu prophetischer Fernsicht „auf die prachtvolle Ironie der Geschichte“ verwiesen: „nur China bleibt der kapitalistischen Produktion noch zu erobern, und indem sie es endlich erobert, macht sie sich selbst in ihrer Heimat unmöglich“. Später vermutete Kautsky eine Verlagerung des revolutionären Weltzentrums nach Osten. Schließlich setzte auch Lenin große Erwartungen in die Völker des Ostens, speziell Chinas, in der Voraussicht, daß der weitere revolutionäre Gang der Dinge letzten Endes durch die gewaltige Mehrheit der Erdbevölkerung entschieden werden wird.

Wenn heute von einer globalisierten Welt die Rede ist, und nach dem 11. Spt. 01 die politische Situation insbesondere durch das Handeln des US-Imperialismus in besorgniserregender Weise verschärft worden ist, dann besteht wohl auch für die linken Kräfte ein erhöhter Klärungsbedarf zum Thema China.

Die Faktenlage und ihr historischer Hintergrund

Halten wir uns zunächst an die schlichtren Fakten. Und das augenfälligste Faktum ist, daß China, mit 1,3 Md. Menschen bevölkerungsreichstes Land der Erde, seit einem knappen Vierteljahrhundert, mit der Wende zu einem Kurs der Reform und Öffnung (so die offizielle Bezeichnung), eine geradezu atemberaubende ökonomische Aufstiegs- und Modernisie-rungsentwicklung durchgemacht hat und noch weiter durchmacht, der auch die verschiedenen Krisenerscheinungen der Weltwirtschaft (z.B. Asienkrise) nichts anhaben konnten. Seit langen Jahren gehört damit China zur dynamischsten Wirtschaftsregion der Welt. Selbst westliche Experten müssen einräumen, daß dieser Aufwärtstrend aller Voraussicht nach auch in der nächsten Zeit anhalten wird und daher das von Partei und Regierung gestellte Ziel, das Brutto-sozialprodukt bis zum Jahr 2010 zu verdoppeln, als durchaus realistisch eingeschätzt werden darf. Auf der Basis dieser Entwicklung hat sich der Lebensstandard der breiten Volksmassen deutlich verbessert, China ist weitgehend aus den Armutsstatistiken der UNO verschwunden. Das Staatswesen der Volksrepublik steht heute außen- und innenpolitisch gefestigter da denn je – und das in einer Welt, die an allen Ecken und Enden von Kriegen und sozialen und ökonomischen Krisenerscheinungen heimgesucht wird und in der nach wie vor Aberhunderte von Millionen Menschen im Elend oder am Rande des Elends dahinvegetieren. Man mag die chinesische Entwicklung  aus linker Sicht beurteilen wie man will, als objektiver Beobachter kommt man nicht umhin, ihre Ergebnisse als eine große historische Leistung anzuerkennen. Der eigentliche springende Punkt aber ist, daß wir es dabei immer noch mit derselben Volksrepublik zu tun haben, die nach dem Sieg der chinesischen Volksrevolution 1949 gegründet wurde, geführt von einer kommunistischen Partei, heute über 60 Mio Mitglieder zählend, die sich nach wie vor zum Sozialismus bekennt und deren Politik von der großen Masse der Bevölkerung nicht nur schlechthin toleriert, sondern unterstützt und/oder gebilligt wird.

Zur historischen Einordnung

Wenn wir versuchen wollten, diesen Tatbestand in einen übergreifenden historischen Zusam-menhang zu stellen, muß an ein weiteres erinnert werden: Die maßgebliche Kraft und Initiatorin dieser gesamten Entwicklung war und ist nach wie vor die Kommunistische Partei Chinas. Sie wurde 1921 gegründet, ist also ein Kind und Abkömmling der III. Internationale  und insoweit ein Folgeprodukt der russischen Oktoberrevolution. Man kann heute mit aller Bestimmtheit konstatieren: ohne die Oktoberrevolution und ohne die Unterstützung der Sowjetunion hätte es keinen Sieg der chinesischen Revolution gegeben. So betrachtet ist das heutige China nichts anderes als ein Produkt und eine Fortsetzungsveranstaltung der großen proletarischen Revolution des 20. Jahrhunderts. Andernfalls hätten wir es heute vielleicht mit einem China zu tun, das ähnlich wie Indien unter der Fuchtel des Weltkapitals dahinvegetieren würde.

Zur unmittelbaren Vorgeschichte der Reformwende

Wie gesagt – der Knack- und Angelpunkt oder das magische Datum ist und bleibt die Wende zum Kurs der Reform und Öffnung in der 2. Hälfte der 70er Jahre. Für ihr Verständnis ist ein wenigstens kurzer Blick auf die unmittelbare Vorgeschichte nötig.

Nach dem Sieg der Revolution und der Gründung der Volksrepublik orientierte man sich zunächst am sowjetischen Vorbild. In enger Zusammenarbeit mit der Sowjetunion wurde die sozialökonomische Umgestaltung und insbesondere die Industrialisierung des Landes in Gang gesetzt – mit beachtlichen Anfangserfolgen. Dennoch traten dann Probleme und Schwierig-keiten zutage, die erste Zweifel erweckten, ob das sowjetische Modell wirklich auf die historisch und sozial ganz andersartigen Bedingungen in China anwendbar ist. Jedenfalls erfüllten sich nicht die Erwartungen auf einen zügigen Modernisierungsprozeß, was dann Mao Tse Tung zu dem „Großen Sprung nach vorn“ (1958) veranlaßte, um sozusagen auf eigene Faust aus der Rückständigkeit herauszukommen. Der Versuch endete bekanntlich mit einem totalen Fiasko, es kam zu Hungersnöten und wirtschaftlichen Rückschlägen. Besonnene Kräfte um den damaligen Präsidenten Liu Tschao Tschi versuchten dann, ebenfalls aber unter Anlehnung an das sowje-tische Vorbild, zu einer Konsolidierung der Lage zu kommen. Die Gruppe um Mao Tse Tung antwortete darauf mit dem Vorwurf des Revisionismus und löste dann eine Gegenbewegung aus, die sich zu den Ereignissen auswuchs, die unter dem Namen der „Kulturrevolution“ be-kannt sind. Über zehn Jahre (1966–1976) herrschten chaotische Verhältnisse, die zwar einerseits konservative Traditionen und Strukturen, die nach wie vor auf dem Lande lasteten, hinwegfegten, zugleich aber das Land ökonomisch und kulturell empfindlich zurückwarfen und es in eine Sackgasse führten.

Nach einem Vierteljahrhundert der verschiedensten Versuche, Bewegungen und Gegenbewe-gungen, einen Weg zum Sozialismus zu gehen, der sich an den vorherrschenden, vom Sowjet-modell geprägten Vorstellungen orientiert hatte, war man an einem Punkt angelangt, der sich zu einer unausweichlichen Alternative zugespitzt hatte: entweder man fand einen rettenden Ausweg aus der hoffnungslos verfahrenen Situation – oder man riskierte den Zusammenbruch des sozialistischen Projekts überhaupt. Denn die Geduld des Volkes ging zu Ende, es war nur noch eine Frage der Zeit, daß innere und äußere konterrevolutionäre Kräfte die allgemeinen Wirren und die Schwächung und Lähmung der politischen Ordnung ausgenutzt hätten, um die VR zu liquidieren und den Weg in die kapitalistische Restauration frei zu machen. Kurzum – bei Strafe des Untergangs mußte eine Lösung gefunden werden.

Wir können konstatieren: bereits 15 Jahre vor dem realsozialistischen crash war China genau an dem gleichen Punkt angekommen wie 1989/90 die realsozialistischen Länder. Das ganze sozialistische Projekt stand zur Disposition. Es war also der unerbittliche Druck der Umstände, der die chinesische Partei zu einer Radikaloperation zwang, denn darum handelte es sich bei dem Schwenk zum Kurs der „Reform und Öffnung“. Er mußte der Führung um Deng als der einzig verbliebene Ausweg erscheinen, sozusagen als die ultima ratio der Rettung des sozia-listischen Projekts. Und was sein Verlust für China bedeutet hätte, kann man heute erst voll an der Situation der Nachfolgestaaten der SU bzw. des Realsozialismus ermessen.

Zu Inhalt und Wesen des Kurses der Reform und Öffnung

Wenn man ideologische Verbrämungen beiseite läßt, läßt sich der harte Kern der Reformwende in der Kurzformel ausdrücken: Wiederherstellung bzw. Wiederzulassung des Kapitalismus. So hat das die Partei natürlich nicht verkündet, aber die Sache läuft darauf hinaus, wie wir heute sehen können. Also doch der schon erwähnte „Rückmarsch“ zum Kapitalismus? Im Vergleich zum verkündeten sozialistischen Ziel – zweifellos ein Rückzug. Hier gerät man aber ins Stutzen, denn als gebrannte Kinder wissen wir inzwischen, was Rückzug zum Kapitalismus bedeutet. Der Vergleich der Resultate des Rückzugs hier und dort könnte nicht gegensätzlicher ausfallen: Hier – Zerschlagung des realsozialistischen Staatswesens, Entmachtung der Partei, ein kaum für möglich gehaltener dramatischer Niedergang der Wirtschaft ohne absehbare Aussicht auf eine nachhaltige Wende, eine drastische Verarmung der Masse der Bevölkerung; anstelle der sozia-listischen „Supermacht“, die den USA militärisch paroli bieten konnte, sehen wir ein Rußland und Nachfolgestaaten, die faktisch aus der großen Weltpolitik abgemeldet und in ökonomische Abhängigkeit vom westlichen Finanzkapital und seinen globalen Institutionen geraten sind. Kurzum – der Realsozialismus ist gänzlich von der Weltbühne verschwunden. Und dort? – ein China, das nicht nur als einzig verbliebene sozialistische Großmacht dem Sog des realsozia-listischen Zusammenbruchs entgangen ist, sondern heute in jeder Hinsicht - ökonomisch, sozial und politisch – besser dasteht als je zuvor. Grob gesagt – hier die Totalpleite, dort – eine einzige Erfolgsstory. Und dies, obwohl man sich oder vielleicht gerade weil man sich zum Kapitalismus zurückgezogen hat? Mit der chinesischen Art von Rückmarsch muß es also offensichtlich eine besondere Bewandtnis haben. Und in der Tat war von Anfang an der Kurs der Reform und Öffnung nicht gedacht als Rückmarsch zum Kapitalismus als Gesellschaftssystem, sondern als ein von der Partei zu führendes und kontrollierendes Projekt der Zulassung und Ausnutzung des Kapitalismus als Wirtschaftssystem, unter Beibehaltung der politisch-staatlichen Ordnung und der ihr entsprechenden Machtverhältnisse. Alles andere hätte unvermeidlich die Selbstent-machtung der Partei und die Selbstdestruktion des Staates der Volksrepublik zur Folge gehabt.

[Übrigens als Beleg dafür, daß es sich bei der Entschlossenheit der Partei, das politische System zu erhalten, nicht um eine unverbindliche bloße Absichtserklärung gehandelt hat, hat einige Jahre später die Niederschlagung der Studentenrebellion geliefert, denn deren Hintermännern  ging es ja genau um den Sturz der Volksrepublik.]

Bei den Chinesen selbst läuft das jetzige Wirtschaftssystem inzwischen unter dem Titel „Sozia-listische Marktwirtschaft“. Aber wir wollen uns hier nicht an den Namen, sondern an die Sache halten, wie sie politökonomisch zu definieren ist, also: kapitalistische Warenwirtschaft.

Staatskapitalismus der außergewöhnlichen Art

Dieses Wirtschaftssystem nun, zusammengenommen mit einer sozialistischen Staatsmacht – zweifellos ein seltsames, auf den ersten Blick irritierendes Konstrukt, das bisher jedenfalls noch in keinem marxistischen Lehrbuch verzeichnet ist. Denn eine Kombination von sozialistischem Staat einerseits und kapitalistischer Wirtschaft andererseits kann doch eigentlich nur den logischen Widersinn und damit die praktische Unmöglichkeit eines „kapitalistischen Sozia-lismus“ (oder umgekehrt) ergeben. – Oder dient hier das Wort Sozialismus den chinesischen Führern doch nur als Feigenblatt, hinter dem sich eine schleichende Restauration des Kapi-talismus vollzieht? Bevor man ein derart schwerwiegendes Urteil fällt, muß dieser Verdacht sorgfältig geprüft werden. Europäischen Sozialisten, die gerade eine verheerende  und dazu noch selbstverschuldete Niederlage einstecken mußten, stünde es schlecht an, hier voreilig über eine außereuropäische Partei und deren Projekt den Stab zu brechen. Zumal dieses Konstrukt seit 25 Jahren wie geschmiert funktioniert und den ihm zugedachten praktischen Zweck, China aus der Rückständigkeit und Halbzivilisation herauszuhelfen, durchaus erfüllt. Wie ist dieses Mysterium zu erklären? Vielleicht bietet uns die Geschichte einen Fingerzeig?

Dazu müssen wir bis in die Zeit des 1. Weltkrieges zurückgehen. Seinerzeit war im wilhelminischen Deutschland aus den Kriegserfordernissen heraus das sog. WUMBA ein-gerichtet worden, d.h. Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt, das über außerordentliche Voll-machten bei der Koordinierung und Ausrichtung der wirtschaftlichen Aktivitäten auf die Erfordernisse des Krieges verfügte, also eine Art staatlicher Planungs- und Regulierungs-behörde. Damalige Beobachter, darunter der bekannte sozialkritische englische Schriftsteller H.G. Wells sprachen daher von der Einführung (jetzt wörtlich) „einer Art sozialistischer Staatswirtschaft“ (Weltgeschichte, 1928). Und dies, obwohl doch die Wirtschaft dort nach wie vor auf kapitalistischen Eigentumsverhältnissen beruhte. Zu den Beobachtern dieses Vorganges gehörte übrigens auch Lenin, der damals seine Studien über den Imperialismus betrieb. Aus gegebenen Anlaß stellte sich später Lenin die Frage: wenn das kapitalistische Wirtschaftssystem auch unter der Direktive einer Regulationsbehörde des kapitalistischen Staates funktioniert, (andernfalls hätte Deutschland den Krieg gar nicht so lange durchhalten können), dann müßte die Chose doch auch unter sozialistischen Vorzeichen laufen, d.h. wenn ich den kapitalistischen Staat durch einen sozialistischen Staat ersetze. Gewiß, im ersten Fall handelt es sich um den stinknormalen  Staatskapitalismus, d.h. der kapitalistische Staat greift mit administrativen Mitteln im Interesse der herrschenden Klasse in die kapitalistische Wirtschaft ein, im zweiten Fall würde es sich um einen Staatskapitalismus der „außergewöhnlichen Art“ handeln, denn diesmal  wäre es der sozialistische Staat, der im Interesse und zum Nutzen des Gemeinwesens in die Wirtschaft eingreift. Das praktische Ergebnis der Leninschen Überlegung kennen wir aus der NÖP-Periode der Sowjetunion, eben als eine Form von Staatskapitalismus der außer-gewöhnlichen Art. Und wir wissen, daß dieses System dort erfolgreich funktionierte, bis es dann Stalin liquidiert hat.

Vielleicht hätten wir es hier also mit dem gesuchten historischen Präzedenzfall zu tun. Denn bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, daß das chinesische Reformkonstrukt in seinen grundlegenden Zügen mit dem NÖP-Modell übereinstimmt, diesmal in den Farben Chinas. Das Interessante daran ist, daß die Chinesen anscheinend ohne ausdrücklichen und bewußten Rückgriff auf das Leninsche Konzept auf ihren Reformausweg verfallen sind, also das Fahrrad gewissermaßen noch einmal erfunden haben. Wie dem auch sei: hält man sich an die wesent-lichen Fakten, kann das chinesische wirtschaftliche Reformsystem nach dem Vorgang der Lenin-sche NÖP als außergewöhnlicher Staatkapitalismus definiert werden.

[Dieser Zusammenhang könnt übrigens darauf hindeuten, daß es sich bei dieser Erfindung nicht einfach um einen chinesischen Sonderweg handelt, sondern womöglich um die endlich gefundene, für alle Länder nötige Übergangsform auf dem Wege vom Kapitalismus zum Sozialismus.]

Die Öffnung zum Weltmarkt

Wenn man A sagt, muß man auch B sagen, die Reform nach innen setzte notwendig die Öffnung nach außen, d.h. die Integration der chinesischen Wirtschaft in den kapitalistisch dominierten Weltmarkt voraus. Die Logik der Chinesen war hier sehr einfach und überzeugend: allein können wir uns nicht aus dem Sumpf ziehen, dazu benötigen wir die fortgeschrittenen wirt-schaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Errungenschaften des Westens, und die sind nun mal nur in Form von Kapital und nicht gebührenfrei zu erlangen. Übrigens handelten die Chinesen hierbei nach einer Marxschen Einsicht, die lange Zeit vergessen oder ignoriert worden war: bei der Bewältigung des revolutionären Umwälzungsprozesses ist die sozialistische Bewegung genötigt, auf die „Gesamtmittel der alten Welt“ zurückzugreifen, etwas anderes steht nicht zu Verfügung, wenn man nicht Gefahr laufen will, das sozialistische Projekt zu einem doktrinären Experiment entarten zu lassen.

[Die ganze bisherige Geschichte des Sozialismus liefert den Beweis dafür, daß ohne Rückgriff auf die kapitalistische Weltwirtschaft ein aus der Halbzivilisation und der ökonomischen Rück-ständigkeit kommendes Land die Modernisierungsaufgaben, die für den Fortschritt des Landes und für die Schaffung der materiellen Voraussetzungen des Sozialismus notwendig sind, nicht lösen kann.]

Es sind also zwei Seiten nötig, um die Sache in Gang zu bringen, die sozialistische und die kapitalistische Seite. Für die kapitalistische Seite ist dies natürlich ein Kompromiß bzw. Zugeständnis, auf das man sich nur einläßt, wenn es im eigenen Interesse liegt. Dieses Interesse war damals von zweierlei Art: erstens galt es, die Sowjetunion als Wurzel des Übels („Reich des Bösen“) auszuschalten, und der Westen handelte damals nach der Devise: meines Feindes Feind ist mein Freund, verbunden mit der festen Erwartung, China über die Rekapitalisierung und Reprivatisierung der Wirtschaft vollends in das bürgerlich-kapitalistische Lager herüber-zuziehen, und zweitens wegen der gewaltigen Profitaussichten, die sich mit dem Eindringen in den chinesischen Riesenmarkt eröffnen würden. Die damalige Eigenart der weltpolitischen Kon-stellation liefert uns also einen ausgesprochenen Fall von Ironie der Geschichte: Der Welt-imperialismus höchstpersönlich fühlte sich bemüßigt, China aus der Klemme zu ziehen und damit vor dem gleichen Schicksal zu retten, das inzwischen das realsozialistische Lager ereilt hat. Unterdes sind die Globalstrategen des Imperialismus wohl einigermaßen verunsichert, ob ihre Rechnung aufgeht, obwohl sie bis heute die Hoffnung auf den Zusammenbruch des „kommunistischen Regimes“ nicht aufgegeben haben. In der Voraussicht, daß sich China in zehn oder zwanzig Jahren zur „Supermacht“ und zum großen Gegenspieler der USA gemausert haben könnte, haben sie sich vorerst auf eine Art Doppelstrategie verlegt: eindämmen (containment) und/oder einbinden (engagement). Frau Däubler-Gmelin (SPD) dazu: wir setzen auf Wandel. (sic!) Unter Bush dagegen und nach dem 11. September scheint sich dort eher die Eindämmungsstrategie durchzusetzen, nötigenfalls, wie wir jetzt aus dem Pentagon erfahren haben, unter Androhung des atomaren Knüppels. Andererseits hat aber das westliche Groß- und Finanzkapital inzwischen gewaltige Dollarbeträge in China investiert, die man natürlich im Konfliktfall abschreiben müßte. Und schließlich bleiben die westlichen Grußunternehmen und Kapitaleigner auch deshalb besonders scharf auf den chinesischen Markt, gerade weil er ein sozialistisch kontrollierter Markt ist. Markt setzt ein zahlungskräftiges Publikum und einen kräftig investierenden Staat voraus, und den findet man nicht in Afrika oder Indien, sondern dort, wo modernisiert wird, wo die Infrastruktur entwickelt und wo die Bevölkerung an den Früchten des Wirtschaftsbooms beteiligt wird, also gerade dort, wo ein sozialistischer Staat über die Resolution verfügt,  die wirtschaftlichen Aktivitäten nicht dem Profit- und Verwertungs-interesse, sondern den Interessen des Gemeinwesens unterzuordnen.

[An dieser Stelle ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Wenn es richtig ist, daß das chinesische Reformprojekt einen Kompromiß von beiden Seiten darstellt, dann ist auch klar, daß es sich insofern um einen ungleichen Kompromiß handelt, als die kapitalistisch-imperialistische Seite ökonomisch wie militärisch nach wie vor haushoch überlegen ist. Insofern gleicht die Situation Chinas der der jungen Sowjetmacht, als diese völlig von kapitalistischen Ländern eingekreist war. Die westlichen Globalstrategen haben in China längst den neuen Feind erkannt, und wenn man hinter den Propagandalärm über den Kampf gegen den Terrorismus schaut, scheint sich da eine neue Auflage von Systemauseinandersetzung vorzubereiten, diesmal gegen China. Wie ernst hier die Dinge liegen, geht aus einer Erklärung der republikanischen Regierungspartei hervor, in der ausdrücklich die „Hauptfeinde“ aufgelistet werden, in der Reihenfolge: China, die Farc, Castro, Chavez. China gerät also unter wachsenden Druck des Imperialismus und hat daher allen Grund, sich politisch zurückzuhalten, zu lavieren, dem Gegner möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten und es unter allen Umständen zu vermeiden, sich in die Falle einer erneuten Systemkonfrontation locken zu lassen.]

Der Kompromißcharakter des chinesischen Projekts

Offenbar handelt es sich also beim chinesischen Reformkonstrukt um einen von den historischen Umständen selbst vorgeschriebenen Kompromiß. [Übrigens galt das seinerzeit auch schon für die NÖP] Aber Kompromiß bedeutet hier noch mehr als nur einen Tribut an den Weltkapi-talismus zu entrichten. Auch der Kapitalismus unter der Kontrolle einer sozialistischen Staats-macht bleibt Kapitalismus mit all seinen Mißständen, die uns heute tagtäglich vor Augen geführt werden. Gäbe es einen davon gesäuberten Kapitalismus, bräuchte man nicht für den Sozialismus zu kämpfen. Es handelt sich also um einen sehr ernsten und schwerwiegenden Kompromiß, denn er kann seine ihm zugedachte Aufgabe, (d.h. die Gesellschaft über einen Umweg dem sozialistischen Ziel  näher zu bringen), nur dann erfüllen, wenn alle mit ihm verbundenen Konsequenzen gezogen werden. Und das bedeutet: ein bißchen Kapitalismus reicht nicht aus. Der Realsozialismus hat es mit einem mixtum compositum aus Plan- und Marktwirtschaft versucht – und ist damit gescheitert. Der Kapitalismus muß also so zugelassen werden, daß er als Wirtschaftssystem mit den ihm innewohnenden Prinzipien und Regularien ganz normal funktionieren kann. Unterhalb dieser Schwelle läuft es nicht. Und daraus folgt: Wo kapitalistisch produziert wird, gibt es unvermeidlich Ausbeutung, Arbeitslosigkeit, soziale Differenzierung in reich und arm, Korruption, Bürokratie, Kriminalität und andere Übel. Und das sehen wir auch im heutigen China, wer will das bestreiten. Vielleicht könnte man den hier vorliegenden Kom-promiß mit einer Art Teufelspakt vergleichen. In Goethes Drama ist es bekanntlich Faust, der am Ende den Teufel überlistet und seine Seele rettet. Ob das auch den Chinesen gelingt? Der Realsozialismus ist dieses Risiko gar nicht erst eingegangen und trotzdem – oder gerade deswegen ? – gescheitert. Vom sozialistischen Standpunkt aus ließen sich derartige Zustände, wenn überhaupt, nur dann rechtfertigen, wenn man anerkennt, daß wir es mit einer Gesellschaft zu tun haben, die ja noch keineswegs eine sozialistische Gesellschaft ist, sondern sich erst noch auf dem Wege dahin befindet. Und die weitere Frage wäre dann, welche Kriterien stehen zur Verfügung, an denen zu ermessen ist, ob sie sich auch tatsächlich auf diesem Wege befindet, sich in dieser Richtung bewegt und nicht ganz woandershin abdriftet. Bloße Absichtserklärun-gen reichen nicht aus.

Die erste und elementare Bedingung ist natürlich die Sicherung und Erhaltung der politisch-staatlichen Ordnung mit dem Machtmonopol der KP. Auf Dauer ist das nur gewährleistet bei einer aufsteigenden ökonomischen Entwicklung, an deren Resultaten die Masse der Bevöl-kerung beteiligt ist. Und dazu gehört dann auch, die auftretenden Mißstände und Härten in Gren-zen zu halten und Fehlentwicklungen zu bekämpfen.

Bisher ist die chinesische Führung hierbei mit der Methode von „trial and error“ (Versuch und Irrtum) ganz gut gefahren und hat jedenfalls alle Prophezeiungen über einen bevorstehenden Zusammenbruch oder ein Auseinanderfallen des chinesischen Staates ad absurdum geführt.

Was die Ökonomie betrifft, gilt immer noch das Primat der Politik. Sowohl mit der Nationa-lisierung des Grund und Bodens, der Beibehaltung und Entwicklung des Staatseigentums an den großen Produktions- und Kommunikationsmitteln sowie der Hoheit über das Bank- und Finanzwesen und noch weiterer staatlicher Instrumente verfügt diese Politik über die nötigen Hebel und Steuerungsinstrumentarien, um die Wirtschaftentwicklung auch tatsächlich unter Kontrolle zu halten, Konflikte zu entschärfen und soziale Härten über entsprechende soziale Sicherungssysteme abzufedern. Was hier durch den Staat und die Partei zu leisten ist, ist durchaus auch als ein Stück Klassenkampf zu verstehen, der aber jetzt, wie das schon seinerzeit Marx der Kommune zuschrieb, in seinen rationellen und humanen Formen zu bewältigen ist. Das Risiko, vom Kurs abzutriften, bleibt, denn es handelt sich um einen Weg in historisches Neuland, der mit enormen Schwierigkeiten gepflastert ist. Zugleich könnte man aber sagen, daß die chinesischen Führer zum Erfolg verurteilt sind, denn das Abweichen von diesem Kurs würde China in ein Chaos und einen Untergang stürzen, um ein vielfaches schlimmer als der realsozialistische Untergang.

Nehmen wir alle Züge und Merkmale der gegebenen chinesischen Gesellschaft zusammen, erhalten wir das Bild einer Gesellschaft, die sich uns als ein in progressiver, aufsteigender Linie befindlicher, ökonomisch auf Staatskapitalismus begründeter Sozialstaat darstellt, der durchaus mit dem Sozialstaat vergleichbar ist, den wir aus der alten BRD kennen. Aber der Unterschied, ja Gegensatz ist nicht zu übersehen: hier – die alttraditionellen bürgerlich-kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnisse, dort – ein sozialistisches Staatswesen, das unter Führung der KP nicht irgendwelche Sonderinteressen, sondern wirklich das Gemeinwesen repräsentiert. Hier – ein Sozialstaat, der sich im Krebsgang und in der Demontage befindet, nachdem er für die Herrschenden seinen Zweck erfüllt hat; dort ein Gemeinwesen in aufsteigender Linie, auf das Ziel „Sozialismus“ orientiert. Was hat es mit dieser neuartigen Erscheinung auf sich und wie wäre sie in den historischen Gang der Dinge einzuordnen?

Der historische Platz des Sozialstaates neuen Typs

Die klassische Sozialismustheorie gibt uns bekanntlich auf die Frage, wie gelange ich vom Kapitalismus zum Sozialismus/Kommunismus eine höchst einfaches Schema vor:

1. (Ausgangspunkt, Position) Kapitalismus;

2. (Negation) Übergangsperiode („Zwischenstadium“);

3. (Negation der Negation) Kommunismus, 1. Stufe (Sozialismus);

4. (Vollendung des Zyklus) Kommunismus, 2. Stufe.

Was Kapitalismus ist, wissen wir, was Kommunismus ist, haben Marx und Engels glasklar de-finiert. Das eigentliche Problem und die eigentliche Schwierigkeit bietet dagegen der Übergang von der einen zur anderen Formation dar. Nur soviel steht fest und hat sich historisch bestätigt: erstens – es geht nicht ohne Übergangsperiode, ein unmittelbarer Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus ist nicht möglich; und zweitens handelt es sich bei diesem Zwischen-stadium offenbar nicht um ein kurzes Zwischenspiel, wie man früher angenommen hatte, sondern um eine historisch ausgedehnte Epoche, die selbst wieder in verschiedene Stufen gegliedert sein dürfte. Wenn die Chinesen für ihr Land einen Zeitraum von 50 Jahren kalku-lieren, um sich an die Schwelle des Sozialismus heranzuarbeiten, und ein weiters halbes Jahr-hundert bis zum Eintritt in den vollen Sozialismus, scheint dies dem tatsächlichen Geschichts-rhythmus viel eher angemessen zu sein als unsere seinerzeitigen Vorstellungen. Denn schließ-lich würde es sich nicht um einen Alleingang der Chinesen handeln, sondern um den Weg, den die globalisierte Weltgesellschaft wird einschlagen müssen, jedenfalls dann, wenn sie überleben will.

Wenn wir es aber offensichtlich mit einer länger andauernden, über eine ganze historische Ära sich hinziehenden Übergangsprozeß zu tun bekommen, stellt sich die Frage nach dem Charakter einer derartigen Übergangsgesellschaft, als ein sozusagen relativ selbständiges Gebilde, worin Elemente des Alten und Elemente des Neuen sich miteinander kombinieren. Sie ist bereits aus dem Gleis der alten, kapitalistischen Gesellschaft herausgesprungen, aber noch längst nicht bei der neuen, sozialistischen Gesellschaft angekommen.

Vielleicht hat die Geschichte mit dem Sozialstaat, der sich ökonomisch auf den Staats-kapitalismus abstützt und politisch auf Sozialismus ausgerichtet ist, jenen für eine erste Weg-strecke zum Ziel angemessenen Typ von Übergangsgesellschaft gefunden. Vieles spricht dafür, daß wir in der gegenwärtigen chinesischen Gesellschaft einen solchen Übergangstyp vor uns haben, der das Zeug in sich hat, eine gegenüber dem Kapitalismus höhere Stufe der Zivilisation hervorzubringen. Nachdem das Projekt seit fast 25 Jahren mit einem geradezu frappierenden Erfolg läuft, ist es jedenfalls bereits aus dem Versuchsstadium herausgetreten und hat seine Lebensfähigkeit bewiesen. Und insofern könnte China zukünftig vielleicht sogar eine Vorreiter-rolle zufallen - auf dem Wege der Menschheit zu einer solidarischen Weltgemeinschaft.

Ausblick

Ein Riese hat sich aus der Tiefe der Geschichte heraus und von langer Hand in Bewegung ge-setzt, und es sieht nicht so aus, als ob ihn irgend jemand aufhalten könnte. Es ist ein rauher und grobklotziger Vorgang, mit Ecken und Kanten, wie er für ein Land, das aus der Halbzivilisation kommt, gar nicht anders erwartet werden kann. Eine kritische Überprüfung des Ganges der Dinge nach allen Regeln der klassischen Sozialismustheorie erlaubt durchaus  die Feststellung, daß dieser Riese  nach wie vor Kurs auf Sozialismus hält. Ob er allen Kompromiß- und Rück-zugsmanövern und allen möglichen Hindernissen zum Trotz, diesen Kurs und diese sozia-listische Ausrichtung auch zukünftig wird halten können, läßt sich heute nicht voraussagen. Solange es bei diesem Kurs bleibt, bleibt die VR China die große Hoffnung und eine Reserve des Weltsozialismus.

Dr. Manfred Höfer,
Leipzig

Reinhold Schramm:
Über Privatwirtschaft, deutsche Konzerne
und deutsche Rechtsberatung in China

1.) Chinas Privatwirtschaft verzeichnet starkes Wachstum

"Im vergangenen Jahr hat die Privatwirtschaft in China eine schnelle Entwicklung erlebt. Allein im vergangenen Jahr seien 410 Privatunternehmen an die Börse gegangen, das seien 33 mehr als im Jahr 2006. Ende September 2007 seien mehr als 110 Millionen Menschen in Privatunter-nehmen beschäftigt gewesen, heißt es in einem vor kurzem veröffentlichten Bericht zur chine-sischen Privatwirtschaft 2007 weiter." (Wirtschafts- und Handelsabteilung der Botschaft der VR China in der BRD)

2.) China will mehr Auslandsinvestitionen anziehen

"Angaben des chinesischen Handelsministeriums zufolge habe China von Februar bis September dieses Jahres über 47 Milliarden US-Dollar aufgenommen, was eine Erhöhung von 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspreche. Zudem seien die Gründungen von über 28.000

durch ausländische Investitionen finanzierten Unternehmen genehmigt worden." (Wirtschafts- und Handelsabteilung der Botschaft der VRCh in der BRD) "Das Handelsministerium der Volksrepublik China: Summe von ausländischen Investitionen in China beläuft sich auf 1,8 Billion US-Dollar" Die Summe entspricht: 1224,489 Milliarden Euro.

Text des chinesischen Handelsministeriums hierzu: "Bis Ende Juni hätte es in China 280.000 ausländische Unternehmen gegeben. Die ausländischen Gesamtinvestitionen hätten sich auf 1,8 Billion US-Dollar belaufen, sagte der Sprecher des staatlichen Hauptamts für Industrie und Handel vor Journalisten" - und weiterhin im Originaltext auf der Homepage - "Durch Locke-rungen im Bereich der Bewirtschaftung mit Eigenkapital der ausländischen Investoren erhöhte sich die Zahl der ausländischen Einzeleigentumsunternehmen und Aktiengesellschaften. Die Zahl der chinesisch-ausländischen Joint-Venture-Unternehmen und Genossenschaftsunter-nehmen ging hingegen zurück. Der Hauptgrund dafür ist, dass das Management ausländischer Unternehmen unabhängiger und flexibler ist. Deshalb ist es bei ausländischen Investoren beliebter." - so die Quellenauskunft des Handelsministeriums der VR China.

Siehe auch hierzu im Quellenvergleich: Handelsministerium der VR China. Internet: http://german.mofcom.gov.cn/aarticle/nachrichten/200708/20070805020307.html

3.) Aktivitäten deutscher Konzerne in der Volksrepublik China

Bereits Ende April 2004 berichtete die Chinesische Botschaft in Berlin, auf ihrer Internetseite, über die Aktivitäten deutscher Konzerne in der Volksrepublik China.

In analogen profitorientierten Aktivitäten befinden sich laut der Chinesischen Botschaft (April 2005) weitere 1.600 deutsche Unternehmen - unterschiedlichster Größenordnung, in China. Unternehmungen, mit staatliche (J.V) und ohne staatliche Beteiligung, u.a. aus Europa, Nord-amerika, Asien - Japan, betreiben mit Hilfe ihrer politischen und wirtschaftlichen Adminis-tration(en) ihr Profit- und Ausplünderungsgeschäft (nicht nur) in China.

In Folge der authentische Text der "Chinesischen Botschaft Berlin" (2004) über die Aktivitäten deutscher Konzerne in China.

3.1.) "Allianz baut Präsenz in China aus"

"Die deutsche Allianz-Gruppe wird ihre Präsenz in China ausbauen. Vorstandschef Michael Diekmann kündigte am Mittwoch in der chinesischen Wirtschaftsmetropole Shanghai an, die Gruppe plane weitere Investitionen in China zu tätigen. Die Allianz werde neben den Filialen in Shanghai und Guangzhou ihre Geschäfte auch nach Beijing und in andere chinesische Städte ausdehnen. Damit solle ermöglicht eine Abdeckung aller Kerngeschäfte des Unternehmens, wie Versicherungen und Vermögensverwaltung in China gesichert werden. Zudem schloss Dieck-mann auch eine Kapitalbeteiligung seines Unternehmens an chinesischen Staatsbanken nicht aus. Die Allianz ist seit 10 Jahren auf dem chinesischen Markt tätig. Dabei ist das Unternehmen über zwei Joint Venture im Bereich Versicherung und über ein weiteres Venture in der Ver-mögensverwaltung aktiv. Außerdem hat die Allianz eine Zweigstelle in China." [1]

3.2.) "Bertelsmann sieht in China großen Wachstumsmarkt"

"Der deutsche Medienkonzern Bertelsmann sieht Wachstumspotenziale in Asien und in Ost-europa. Laut Konzernchef Thielen plant Bertelsmann in China ein landesweites Filialnetz. Ziel sei in wenigen Jahren fünf Millionen Kunden zu haben. Derzeit zählt das Unternehmen in China 1,5 Millionen Kunden. Wie das Unternehmen in seiner Bilanzpressekonferenz am Dienstag in Berlin weiter mitteilte, sind die Umsätze des Konzerns 2003 zwar gesunken, das operative Ergebnis stieg jedoch deutlich um 20 Prozent auf 1,123 Milliarden Euro. Dazu kündigte Thielen an, man werde sich von nun an wieder verstärkt dem Wachstum widmen, und Wachs-tumsmärkte gebe es unter anderem in Asien und Osteuropa."

3.3.) "Weitere Großinvestition von BASF in China"

"Der deutsche Chemie-Konzern BASF will als eines der ersten ausländischen Unternehmen in die Produktion von künstlichen Textilfasern und Kunststoffen in China einsteigen, kündigte BASF-Vorstandsmitglied John Feldmann in Shanghai an. Dort legte BASF gemeinsam mit vier Joint-Venture-Partnern aus China und den USA den Grundstein für eine 830 Millionen Euro teure Produktionsanlage zur Herstellung so genannter Isocyanate“…„China ist der weltweit am schnellsten wachsende Markt für Kunststoffe dieser Art. Die Anlage soll ab 2006 vor allem für den chinesischen Markt produzieren und den starken Bedarf in der Automobilindustrie und der Bauwirtschaft befriedigen. Der Ludwigshafener Konzern ist mit 70 Prozent an der Anlage beteiligt. Es ist die zweitgrößte Investition von BASF in China."

3.4.) "VW setzt in China auf Wachstum"

"Volkswagen will in China in diesem Jahr so schnell wachsen wie der Markt, also 25-30%. Der Asien-Pazifik-Vorstand von Volkswagen, Bernd Leissner, sagte dem 'Handelsblatt' weiter, der Konzern wolle in diesem Jahr bis zu 900.000 PKW in China verkaufen. Im Vorjahr hatte VW 679.000 verkauft. Ferner teilte Leissner mit, VW baue in der nordostchinesischen Stadt Changchun eine zusätzliche Produktionsstätte mit einer Kapazität von 330.000 Fahrzeugen pro Jahr. Zudem sei man über eine weitere Fabrik in Schanghai im Gespräch. Die vor wenigen Tagen verkündeten Sparmaßnahmen des Konzerns beziehen sich nach den Worten des VW-Managers nicht auf die Investitionsvorhaben in China. Zwar treibe Chinas anhaltender Boom zahlreiche Rohstoffe hoch, zugleich sorgten aber die jedes Jahr um 10 bis 15 Prozent sinkenden Autopreise auf dem chinesischen Binnenmarkt für einen scharfen Konkurrenzkampf unter den Herstellern im Lande."

3.5.) "Bedeutung Chinas für BMW steigt"

"Für den Münchner Autokonzern BMW wird der chinesische Markt immer wichtiger. Dank des anhaltenden Autobooms sei China im vergangenen Jahr zu den zehn wichtigsten Absatzmärkten des Konzerns aufgestiegen, teilte Vorstandschef Helmut Panke bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens in München mit. In Kürze könnte China sogar zu den sieben wichtigsten Märkten von BMW zählen. Im vergangenen Jahr setzte der Autokonzern in China rund 27.000 Fahrzeuge ab. Wie Produktionschef Norbert Reithofer erläuterte, werde BMW in einem gemeinsam mit dem chinesischen Partner Brilliance gebauten lokalen Werk im nordost-chinesischen Shanyang schon bald rund 30.000 Fahrzeuge pro Jahr bauen. Das China-Geschäft werde somit den Löwenanteil zum Wachstum des BMW-Konzerns beisteuern."

3.6.) "MAN gründet neue Tochtergesellschaft in China"

"Der MAN-Konzern, Münchner Systemanbieter in den Bereichen Nutzfahrzeuge, Maschinen und Anlagenbau sowie industrielle Dienstleistungen, baut sein Geschäft in China aus. Wie aus der MAN-Zentrale verlautete, wird zum 1. April die neue Tochtergesellschaft MAN Truck + Bus China mit Sitz in Peking gegründet. Mit der neuen Tochtergesellschaft will MAN seine Geschäfts- und Kooperationsmöglichkeiten im Bereich LKW, Busse und Komponenten optimal ausschöpfen. Die neue Tochtergesellschaft wird auch die Geschäfte des Bus Joint-Ventures Lion's Bus Co. übernehmen, hieß es weiter."

Internetseite der Chinesischen Botschaft in Berlin: http://www.china-botschaft.de/det/zt/tzzzg/t94250.htm; Internetseite der Chinesischen Botschaft in Berlin, vom 29. April 2004.

4.) Erfahrungsbericht –Als deutscher Jurist im Osten Asiens unterwegs

In der chinesischen Provinz Shandong, der Partnerprovinz des Freistaates Bayern, wird man mit der Tatsache konfrontiert, dass in Shandong (93 Mio Einwohner) mehr als 100 Universitäten und Hochschulen Aus- und Fortbildung betreiben. An einigen von diesen habe ich seit 1994 Seminare und Vorlesungen zu verschiedenen verfassungsrechtlichen Themen gehalten. Ob man in Universitäten vor Studenten und Dozenten oder in Parteihochschulen spricht, von chine-sischer Seite wird durchwegs erwartet, dass Themen wie Gewaltenteilung, Demokratie, insbesondere die Gründung (und auch das Verbot) politischer Parteien, Grundrechte, insbesondere das Recht der freien Meinungsäußerung und das politische Demonstrationsrecht, die Unabhängigkeit der Richter im allgemeinen, die Rolle des Bundesverfassungsgericht im besonderen, behandelt werden.

Unabhängig von der Zusammensetzung des Auditoriums trifft man generell auf offene Ohren für die Ideen des modernen Verfassungsstaates. Wenn der Gastgeber erklärt, dass die Teilnahme an der - öffentlich angekündigten - Vortragsveranstaltung für die Studenten freiwillig sei und er mit etwa 30 bis 40 Zuhörern rechne, so darf man dennoch nicht überrascht sein, im Hörsaal mehr als 200 Hörer anzutreffen. Diese sind auch während einer mehrstündigen Veranstaltung hellwach, schreiben eifrig mit und sind in der Diskussion kaum zu bremsen. Man hat als Referent in Hochschulen und Universitäten Redefreiheit; es wundert einen daher nicht, in den Gängen von Universitätsgebäuden Bilder und Tafeln zu sehen, die große Staats- und Rechtsphilosophen vorstellen, so auch Charles de Montesquieu, dessen Aussagen über die Gewaltenteilung und die Gefahren der Machtzusammenballung wörtlich zitiert werden. In der Diskussion werden durchwegs Fragen gestellt, die die Situation des eigenen Landes wider-spiegeln, wie Fragen nach dem Zugang zum öffentlichen Dienst, nach dem Prüfungswesen, nach den Garantien der richterlichen Unabhängigkeit.

Es geht auch um die Menschenrechte in China, um die Menschenrechtspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel, um den Empfang des Dalai Lama in Berlin, um die Reaktion der chinesischen Regierung hierauf und um viele andere essentielle Fragen des Rechts und der Rechtspolitik (1).

Enden schließlich die Vortragsveranstaltungen und Seminare mit neuen Einladungen der Gastgeber, vermutet der deutsche Referent, seine Aufgabe nicht nur zu seiner Zufriedenheit erledigt zu haben. Ohne Frage wird der zwischen Peking und Berlin vereinbarte Dialog über Demokratie und Rechtsstaat auch von chinesischer Seite ernst genommen. Schließlich weiß man in China, dass sich die Welt verändert, dass auf China vielfältige Herausforderungen größten Ausmaßes zukommen, dass China hierauf vorbereitet sein muss.

Nach der politischen Wende von 1989/90 gab und gibt es viele Gelegenheiten für deutsche Juristen, zu Beratungen, Vorlesungen, Vorträgen und Seminaren in mittel- und osteuropäische Länder zu fahren. Auch in Zentralasien und nicht weniger in der Mongolei und in China waren und sind „Botschafter des deutschen Rechts“ gefragt. Erstaunlich ist, dass die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts bei den Begegnungen mit den verschiedenen Altersgruppen nicht thematisiert wird. Vielmehr findet der deutsche Jurist überall, sei es in Universitäten, Ministerien oder Gerichten, offene Türen und wird mit herzlicher Sympathie willkommen geheißen. Voller Hochachtung sprechen die Gastgeber über unser Land, hätten wir doch eine florierende Wirtschaft, eine attraktive Infrastruktur, ein verlässliches Rechtswesen. Kurzum: Sie sehen in Deutschland ein beneidenswertes Gemeinwesen.

Dr. Dr. h. c. (Mongol. Statsuniv.) Jürgen Harbich,
Vorstand der Bayerischen Verwaltungsschule a. D.

QUELLE: HANNS EIDEL-STIFTUNG E.V. INSTITUT FÜR INTERNATIONALE BEGEGNUNG UND ZUSAMMENARBEIT – GRUNDSATZREFERAT; LAZARETTSTR. 33 – 80636 München

Fußnote:

1) Im kleinen Kreis äußerten sich Chinesen sehr differenziert zu den Auftritten der Bundeskanzlerin und ihres Vorgängers, dessen in China öffentlich geäußerte Kritik an der Politik seiner Nachfolgerin als eine Frage des Stils gesehen wird.

Diskussionsangebot: Sozialismus im 21. Jahrhundert

Dr. Klaus Blessing (redaktionelle Leitung):
Unsere Position zum Sozialismus im 21. Jahrhundert
Ein Diskussionsangebot an alle, die nach Alternativen zum Kapitalismus suchen

Das Material ist das Ergebnis einer umfangreichen demokratischen Debatte mit Basisorganisationen der Partei DIE LINKE, des Rotfuchsförderverein und Gewerkschaften, Aussprachen mit und Stellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern, Politikern und Gesellschaftswissenschaftlern und der Auswertung von aktuellen Publikationen und Doku-menten zu dieser Problematik.

Ausarbeitung: Landeskoordinierungsrat der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE, Landesverband Brandenburg unter der redaktionellen Leitung von Dr. Klaus Blessing Potsdam, Februar 2008

Unter den Linken haben Debatten über den Sozialismus im 21. Jahrhundert zugenommen. Sie finden vorwiegend im akademischen Rahmen statt. Dabei werden nicht nur unterschiedliche Vorstellungen über die Wege zu einer künftigen sozialistischen Gesellschaftsordnung und die Ursachen für die Niederlage des im Aufbau befindlichen Sozialismus erkennbar, auch der Begriff und die Wesensmerkmale des Sozialismus werden unterschiedlich definiert. Ohne ein klares Ziel zu benennen, wird jedoch ein sozialistischer Weg nicht zu finden sein und eine mobilisierende Wirkung in der Öffentlichkeit nicht erreicht werden.

Wir bekennen uns mit unserer Position zu grundlegenden sozialistischen Werten, Über-zeugungen, Zielen und Wegen. Wir nehmen nicht in Anspruch, alle Probleme erfasst zu haben und schon gar nicht, auf alle Fragen eine schlüssige Antwort geben zu können. Wir wollen zur weiteren Diskussion und öffentlichen Meinungsbildung anregen und immer mehr Menschen für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung durch eine sozialistische Alternative gewinnen. Besonders der Jugend, die vom Rückfall großer Teile der Menschheit in die Barbarei besonders betroffen wäre, zeigen wir eine menschenwürdige Perspektive auf.

Warum ist eine sozialistische Alternative notwendig?

Nach der Niederlage des im Aufbau befindlichen Sozialismus in den osteuropäischen Ländern hat sich der Imperialismus nahezu ungebremst weltweit weiter entwickelt und ausgebreitet. Er setzt sich immer brutaler über die lebensnotwendigen Grundbedürfnisse der Menschen hinweg.

Die Ausbeutung von Mensch und Natur erfolgt weltweit in nie gekanntem Ausmaß. Die Ergeb-nisse dieser Ausbeutungsexplosion verbleiben jedoch in einer kleinen, immer reicher werdenden Clique von Großaktionären, Börsianern und Oligarchen.

Die menschliche Schöpferkraft wird entwertet, der Mensch wird zunehmend aus dem Pro-duktionsprozess heraus geschleudert. Millionen Bürger werden vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, verhöhnt und gedemütigt, weil sie ihre Existenz nicht durch Arbeit sichern können. Sozialleistungen werden abgebaut.

Die Widersprüche zwischen Arm und Reich haben national und international historisch einmalige Dimensionen erreicht. Sie bilden den Nährboden für Nationalismus, Rassismus, Extremismus und Terrorismus.

International vagabundierendes Finanzkapital bestimmt zunehmend die Entwicklung der Welt-wirtschaft. Spekulationen, Finanzkrisen und Verschuldung erschüttern in immer kürzeren Ab-ständen mit immer tiefer greifenden Wirkungen die Volkswirtschaften und zerstören die Lebensgrundlagen und die Zukunft vieler Menschen.

Im Kampf um Rohstoffe, Absatzmärkte und Weltherrschaft sind Kriege einschließlich atomarer Drohung wieder zum Bestandteil internationaler Politik geworden. Die Jagd nach Profit und Ressourcen zerstört die Umwelt.

Die Menschheit wird an den Rand des Unterganges getrieben, der Rückfall großer Teile der Menschheit in die Barbarei ist nicht auszuschließen. Das kapitalistische Privateigentum an den bestimmenden Produktions- und Finanzmitteln hat sich zu einer die menschliche Existenz unmittelbar bedrohenden Gefahr entwickelt. Seine Vergesellschaftung wird deshalb immer dringlicher. Die materiell-technischen Grundlagen einer sozialistischen Gesellschaft sind bereits in höchstem Maße im Schoße des Kapitalismus entwickelt. Eine neue sozialistische Alternative ist zum Überleben der Menschheit deshalb dringender denn je notwendig und auch möglich.

Die deutsche Linke sieht sich der Ausarbeitung einer solchen sozialistischen Alternative besonders verpflichtet. Sie verfügt über reichhaltige Traditionen der Arbeiterbewegung und praktische Erfahrungen beim Aufbau und beim Niedergang des Sozialismus in der DDR und beim Klassenkampf in der BRD.

Was ist Sozialismus im 21. Jahrhundert?

Die sozialistische Theorie als Utopie einer gerechten und humanen Gesellschaft existiert von der Antike über die französische Aufklärung bis in die Gegenwart. Jedoch erst mit dem Marxismus-Leninismus wurde aus utopischen Vorstellungen eine komplexe Gesellschaftswissenschaft. Im 21. Jahrhundert sollte diese undogmatisch, kritisch und schöpferisch angewendet werden. Sie muss dabei die praktischen Erfahrungen und theoretischen Erkenntnisse aus dem Wirken der internationalen und deutschen Arbeiterbewegung, insbesondere von Clara Zetkin, August Bebel, Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Ernst Thälmann ebenso berücksichtigen, wie die Erfahrungen und Erkenntnisse beim sozialistischen Aufbau in der Sowjetunion, den osteuro-päischen Ländern, in China, anderen Ländern Asiens, in Kuba sowie in weiteren Ent-wicklungsländern. Diese sind jedoch nicht schematisch zu übertragen. Vielmehr sind die Anforderungen des 21. Jahrhunderts, insbesondere aus der Globalisierung, der Bevölkerungs-explosion und Umweltzerstörung zu beachten.

Unter Sozialismus verstehen wir eine selbständige Gesellschaftsordnung, die den Kapitalismus überwindet und durch eigene politische, ökonomische, rechtliche, kulturelle, ideologische und moralische Bedingungen geprägt ist.

Unabdingbare Voraussetzung für eine sozialistische Gesellschaftsordnung ist ein hoher Grad der Vergesellschaftung volkswirtschaftlich entscheidender Produktionsmittel. Nur auf diesem Wege kann die privatkapitalistische Aneignung des von der gesamten Gesellschaft geschaffenen Reichtums unterbunden werden.

Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Humanismus auf Grundlage weitgehender sozialer Gleichheit und Gerechtigkeit sind Existenzbedingungen des Sozialismus. Freiheit und Menschenwürde sind nur durch Sozialismus möglich. Nur er schafft die Einheit von sozialen und politischen Menschenrechten.

Sozialismus ist gekennzeichnet durch eine aktive Friedenspolitik, Antifaschismus, hohe volks-wirtschaftliche Effektivität in Übereinstimmung mit Ökologie, Vollbeschäftigung als Grundlage sozialer Sicherheit, Gleichstellung der Geschlechter und Kulturen, Achtung der Religionen und eine wirksame Mitbestimmung des Volkes.

Die sozialistische Idee führte zu einer der gewaltigsten Bewegungen der Menschheit. Sie hat den gesellschaftlichen Fortschritt zum Inhalt und hat das 20. Jahrhundert geprägt. Nach Über-windung ihrer Niederlage wird sie auch die Entwicklung im 21. Jahrhundert bestimmen.

Warum hat der im Aufbau befindliche Sozialismus eine Niederlage erlitten?

Das historisch bedingt niedrige Entwicklungsniveau der Produktivkräfte in allen Ländern, die den Weg zum Sozialismus beschritten, barg bereits das Risiko einer Niederlage in sich. Hinzu kam, dass die osteuropäischen Länder durch verheerende Kriege stark zerstört und ihre Volkswirtschaften ruiniert waren. Ihnen blieb jedoch keine Alternative. Sie unternahmen große Anstrengungen diesen Rückstand durch die Mobilisierung der Kräfte ihrer Völker, beispiellose Initiativen und zentrale planwirtschaftliche Methoden durch Partei und Staat aufzuholen.

Dabei wurden gewaltige Leistungen vollbracht, die weltweit Anerkennung erfuhren. Eingeleitet durch die Große Sozialistische Oktoberrevolution entstand in der UdSSR trotz schlimmster heißer und kalter Kriege und mit großen Opfern aus dem rückständigen russischen Agrarland eine politische, ökonomische und militärische Weltmacht.

Die DDR, abhängig von der Entwicklung des gesamten sozialistischen Lagers und der Führungsrolle der UdSSR, hat eine beeindruckende wirtschaftliche und soziale Entwicklung genommen, obwohl das westdeutsche Kapital und die ihm hörige Politik alles unternommen haben, um die sozialistische Entwicklung in der DDR zu stören und zu verhindern.

Geschichtlich einmalige Sozialleistungen, Vollbeschäftigung, für jedermann bezahlbare Mieten, Energie- und Transporttarife, ein kostenloses Gesundheitswesen, hohes Bildungs- und Kultur-niveau der Bevölkerung zwangen das westdeutsche Kapital, diesen Entwicklungen teilweise Rechnung zu tragen. Den Gewerkschaften wurden größere Möglichkeiten zur Mitbestimmung und für sozialpolitische Maßnahmen geschaffen.

Der Produktivitätsrückstand der DDR gegenüber der BRD wurde durch ein schnelleres Wirt-schaftswachstum verringert.

Ein Einholen oder gar Überholen des westdeutschen Niveaus hat sich durch die historisch unterschiedlichen Bedingungen jedoch als ein unrealistisches Ziel erwiesen.

Eine Ursache besteht darin, dass es nicht gelang, rechtzeitig vom extensiven Entwicklungspfad auf eine intensive Wirtschaftsentwicklung umzustellen. Das hätte eine wirkungsvolle Anwen-dung der ökonomischen Wertkategorien und eine hohe Eigenverantwortung der wirtschaftenden Einheiten erfordert. Dadurch wäre das Eigentümerbewusstsein der Werktätigen erhöht worden. Trotz einiger Versuche im Zuge des Neuen Ökonomischen Systems (NÖS) wurde dieser Weg jedoch nicht konsequent beschritten, da er die führende Rolle der Partei in der Wirtschaft in Frage gestellt hätte, was auch am Einspruch der Sowjetunion scheiterte.

Statt dessen hemmte eine umfassende Verstaatlichung in allen Gesellschaftsbereichen, verbunden mit einer überzentralisierten und bürokratisierten Planung und Bilanzierung die Eigeninitiative der Betriebe und Kombinate. Die ökonomische Interessiertheit der Leiter und Betriebskollektive wurde durch Vernachlässigung des Leistungsprinzips eingeschränkt.

Die kapitalistischen Industriestaaten bauten die eigene ökonomische Stärke weiter aus. Das erreichten sie vorrangig durch die Ausplünderung der Entwicklungsländer. Derartige Methoden waren und sind für sozialistische Länder aus ethischen und humanistischen Gründen nicht anwendbar. Sie widersprechen dem Wesen des Sozialismus. Dieser ist durch solidarische Hilfe für unterentwickelte Länder geprägt. Die Potenzen des RGW zur internationalen Kooperation wurden jedoch nicht ausgeschöpft.

Die ökonomische und politische Entwicklung in den sozialistischen Ländern wurde auch ziel-gerichtet durch Embargomaßnahmen, Preisdiktate und Rüstungswettlauf behindert.

Unter diesen Bedingungen der erbitterten Klassenauseinandersetzung zwischen Ost und West konnten bedeutende Wesensmerkmale des Sozialismus nur unvollständig durchgesetzt werden. Das in den Völkern steckende Leistungspotential wurde ungenügend genutzt.

Der in der Verfassung der DDR verankerte Führungsanspruch der SED entartete zu einem auto-ritären Zentralismus. Das führte zu einer Behinderung der vielerorts vorhandenen initiativ-reichen Arbeit.

SED und Staat verschmolzen immer mehr zu einem administrativ-bürokratischen Apparat, ohne abgegrenzte Verantwortung. Die autoritäre Führung durch den Generalsekretär und das Politbüro bei Umgehung der verfassungsmäßigen Verantwortung staats- und wirtschafts-leitender Organe, Volksvertretungen, Massenorganisationen und Parteien verdrängte häufig eigenständiges Denken und Handeln. Vom Wunschdenken geprägte Bewertungen und Entscheidungen gesellschaftlicher und ideologischer Prozesse führten zu Fehlern in der Politik. Das ständige einseitige Hervorheben der Einheit und Geschlossenheit der Partei bei gleich-zeitiger Vernachlässigung von Kritik und Selbstkritik im Parteileben verursachte ein Nachlassen der viel beschworenen Kampfkraft.

Die persönlichen Freiheiten, insbesondere die Presse- und Meinungsfreiheit, waren einge-schränkt, Erfolgshascherei, Formalismus und Bürokratie verbreitet. Sie beeinträchtigten auch den Charakter demokratischer Wahlen. Reisefreiheit in nichtsozialistische Länder konnte aus ökonomischen Gründen(fehlende Devisen) und politischen Sorgen(Abwerbung und Abwan-derung) nicht gewährt werden.

Die unzureichend entwickelte ökonomische Basis wurde zum Hemmnis politischer Freiheiten. Zwischen Realität und Darstellung klaffte eine immer größere Lücke. Es entstand eine wach-sende Entfremdung der Menschen von der SED und ihrer Führung. Durch den Zerfall des gesamten sozialistischen Lagers war die selbständige Existenz einer sich zum Sozialismus entwickelnden DDR nicht mehr möglich. Die Widerstandskraft gegen einen Anschluss an die kapitalistische BRD war bei vielen Mitgliedern der SED und großen Teilen der Bevölkerung erlahmt. Das kapitalistische Gesellschaftssystem der BRD wurde politisch, ökonomisch, sozial und juristisch komplett und schlagartig auf das Gebiet der DDR übertragen.

Welche prinzipiellen Lehren ziehen wir aus der Niederlage?

Noch nie in der Geschichte haben sich revolutionäre Veränderungen in kurzen Zeiträumen durchgesetzt. Aber aus Niederlagen ist zu lernen. Zu den wesentlichen Lehren zählen wir:

Sozialismus erfordert und unterstützt eine andere Lebensphilosophie als sie in der kapitalis-tischen Gesellschaft dominiert.

Die sinnlose Jagd nach Besitz, Reichtum und Macht können nicht die Lebensmaxime für die Menschheit in einer sozialistischen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts sein.

Sozialismus hat zum Ziel, allen Menschen auf der Erde ein lebenswertes Dasein in Frieden und sozialer Geborgenheit zu bieten. Er lässt aber nicht zu, dass der größte Teil der Menschheit am oder unter dem Existenzminimum vegetiert, während eine Minderheit sich zügellosem Konsum-rausch hingibt. Das würde die Lebensgrundlagen für die Menschheit zerstören. Bereits gegen-wärtig wird der Natur und Umwelt irreparabler Schaden zugefügt. Deshalb müssen wir der Umweltverträglichkeit unserer Lebensansprüche und des Wirtschaftens weit mehr Rechnung tragen als es in den sozialistischen Ländern und besonders im heutigen Kapitalismus praktiziert wurde und wird.

Für einen Sozialismus im 21. Jahrhundert ist unabdingbar, dass die Menschheit sparsamer pro-duziert und gerechter verteilt. Dazu ist Solidarität zwischen den Völkern unabdingbar.

Die entscheidende Aufgabe bei der Errichtung eines Sozialismus im 21. Jahrhundert ist es deshalb, die Menschen von den dem Sozialismus innewohnenden Stärken wie Frieden, soziale Sicherheit und Geborgenheit, Bildung und Kultur, Gleichberechtigung der Geschlechter, Religionen und Kulturen zu überzeugen. Sozialismus bedeutet Solidarität und nicht vorrangig Eigennutz. Insofern knüpft der Sozialismus an Verhaltensregeln der Nächstenliebe in Religionen und anderen Kulturen an. Im Unterschied zu diesen schafft er jedoch die materiellen Grund-lagen, um Nächstenliebe durch eine gerechte Teilhabe aller am gesellschaftlichen Reichtum zu verwirklichen.

Nur wenn es gelingt, breite Kreise des Volkes für diese Lebensauffassung zu gewinnen, hat der Sozialismus im 21.Jahrhundert eine neue Chance. Dabei ist jedoch noch über einen längeren historischen Zeitraum zu berücksichtigen, dass der Mensch nach materiellen und ideellen Vor-teilen für sich selbst strebt, ehe er bereit ist, mit der gesamten Gesellschaft zu teilen und sich vorrangig für diese zu engagieren. Deshalb muss das sozialistische Leistungsprinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“ auf allen Ebenen der Gesellschaft nicht nur Theorie, sondern Praxis sein.

Eine Übereinstimmung zwischen gesellschaftlichen und persönlichen Interessen ist schrittweise anzustreben. Die dazu notwendigen politischen Entscheidungen können nicht ohne das Volk und schon gar nicht gegen seine Interessen getroffen werden.

Wie kann ein Sozialismus im 21. Jahrhundert in den Grundzügen aussehen?

Welche Anforderungen stellen wir an ein Übergangsprogramm?

Wir legen nicht nur unsere Grundposition für eine künftige sozialistische Gesellschaftsordnung dar, sondern leiten daraus auch prinzipielle Forderungen an die aktuelle Politik für ein Über-gangsprogramm ab.

Die konkrete Ausgestaltung der sozialistischen Gesellschaft und die Schritte zur Umsetzung des Übergangsprogramms werden von den historischen Bedingungen und dem Kräfteverhältnis abhängen. Wir gehen im Übergangsprogramm davon aus, dass auf dem Boden der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft Schritte und Maßnahmen erkämpft werden müssen, die die Lebens-bedingungen für die Mehrheit der Menschen verbessern. Wir schätzen die schrittweise Durch-setzbarkeit dieser Maßnahmen nur dann als möglich ein, wenn die Errungenschaften bür-gerlicher Demokratie erhalten, in Richtung breiter Mitbestimmung des Volkes erweitert und durch wirkungsvolle außerparlamentarische Maßnahmen unterstützt werden.

Wir fordern die Erweiterung demokratischer Grundrechte zur direkten Mitbestimmung des Volkes.

Wir unterstützen die Aufnahme des politischen Streiks bis zum Generalstreik in das Grund-gesetz.

Wir schließen uns der Initiative zu einer Volksbefragung über den EU-Vertrag von Lissabon an.

Dreh- und Angelpunkt für die Gestaltung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung ist eine breite Basis vergesellschafteten Eigentums. Nur auf dieser Grundlage kann der sozialistische Staat Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen, kulturellen und rechtlichen Situation im Interesse der gesamten Bevölkerung durchsetzen.

Grund und Boden, Wälder und Seen gehören dem Volk und nicht Adligen oder Kapitalisten. Die Ausbeutung von Bodenschätzen zum privaten Nutzen von Oligarchen wird unterbunden. Der Sozialismus vollendet damit Forderungen der bürgerlich demokratischen Revolutionen zur Abschaffung des Feudalbesitzes.

Schlüsselindustrien und große Finanzinstitutionen werden verstaatlicht. Öffentliche Güter und Leistungen der Gesundheitsversorgung, der Bereitstellung von Wohnraum, Energie und des Transportes werden gesamtstaatlich wahrgenommen und nicht den Regeln privater Profit-wirtschaft unterworfen.

Wir treten für die Einhaltung und Durchsetzung der Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes der BRD zur Sozialpflichtigkeit

des Eigentums und der Enteignung zum Wohle des Volkes ein. Wir fordern Rechtsakte zur Durchsetzung dieses die Gesellschaft prägenden Verfassungsgrundsatzes.

Wir fordern, mit der Privatisierung öffentlicher Leistungen Schluss zu machen.

Das gesellschaftliche Eigentum an entscheidenden Produktionsmitteln ist Voraussetzung für eine leistungsgerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Das schließt die ange-messene Versorgung Alter und Kranker ein. Sozialismus schützt persönliches durch Arbeit erworbenes Eigentum, unterbindet jedoch extreme Unterschiede in Einkommen und Vermögen, die nicht auf eigener Arbeit beruhen. Persönlicher Wohlstand für alle gedeiht in dem Maße, wie die ökonomischen Voraussetzungen dafür durch die gesamte Gesellschaft geschaffen werden.

Wir fordern die Beendigung des Sozialabbaues in der BRD, einem der reichsten Länder in der Welt.

Wir treten ein für eine leistungsgerechte Beteiligung der Werktätigen an den Ergebnissen ihrer Arbeit.

Wir sind für Mindestlöhne der Beschäftigten und Maximalgrenzen für Managereinkommen.

Nur gesellschaftliches Eigentum beseitigt die ökonomischen Grundlagen und Triebkräfte für imperialistische Eroberungskriege. Deshalb bedeutet Sozialismus konsequente Friedenspolitik.

Wir fordern auf der Grundlage des Grundgesetzes:

Die Beteiligung Deutschlands an Kriegen ist unverzüglich einzustellen. Es ist Schluss zu machen mit jedweder Unterstützung aggressiver Handlungen der USA und der NATO. Der Rüstungsexport ist zu unterbinden. Von deutschem Boden darf keine Kriegsgefahr ausgehen.

Erscheinungen des Nationalismus, der Völkerhetze, des Rassismus und des Faschismus ist mit allen verfügbaren Mitteln entgegen zu treten.

Sozialismus lässt zu, dass neben dem staatlichen Sektor Dienstleistungen, kleine und mittlere Unternehmen des Einzelhandels und Gewerbes genossenschaftlich oder privatwirtschaftlich betrieben werden.

Wenn in diesen Bereichen Eigentümer unternehmerische Arbeit leisten und mit ihren Ent-scheidungen für Erfolg und Nichterfolg gerade stehen, sind ihnen berechtigt Anteile an den Ergebnissen ihrer Arbeit zu gewähren.

Wir unterstützen Maßnahmen zur Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen.

Im Sozialismus des 21. Jahrhunderts werden Geld und Preis als Instrument zur Wirtschafts-führung weiter bestehen. Die Preisbildung bleibt jedoch nicht dem blinden Wirken des Marktes überlassen. Der Preis erfasst alle volkswirtschaftlichen Aufwendungen, insbesondere die für die Erhaltung der Umwelt. Die Preisbildung unterliegt einer staatlichen Kontrolle und Aufsicht.

Wir fordern, den Preiswucher der Monopole, vorrangig bei Energie, Transport und im Gesund-heitswesen durch staatliche Regulierungen zu unterbinden.

Wir fordern, öffentlichen Nahverkehr und Schienenverkehr ökonomisch zu unterstützen.

Auch im Sozialismus sollte der Gewinn Maßstab ökonomischer Effektivität sein. Profit und Aktienkurs werden jedoch nicht die Weltwirtschaft steuern. Makro-ökonomische Planung durch den Staat wird gezielt mit ökonomischer Eigenverantwortung der Wirtschaftseinheiten ver-bunden.

Börsen und Spekulationsfonds sind mit einer sozialistischen Gesellschaft nicht vereinbar. Spekulativen Gelderträgen ohne Arbeit wird der Boden entzogen.

Wir unterstützen Maßnahmen, die die Macht des internationalen Finanzkapitals beschneiden, die Unabhängigkeit der Volkswirtschaften von der Erpressung globaler Finanzfonds herstellen und Spekulationen hoch besteuern.

Wir fordern Maßnahmen gegen die Geldentwertung und den Missbrauch von Ersparnissen für Spekulationszwecke.

Wir fordern staatliche Maßnahmen zur Kontrolle der Finanzströme.

Wir fordern die Vergesellschaftung und öffentliche Kontrolle großer Finanzinstitute.

Arbeit wird im Sozialismus als Menschenrecht für Jeden anerkannt und als Rechtsanspruch verankert. Arbeit wird wieder zur Haupterwerbsquelle. Sie dient aber nicht nur als Mittel zum Gelderwerb, sondern auch der Entwicklung der Persönlichkeit im Kollektiv.

Wir fordern Rechtsakte zur Sicherung des Menschenrechts auf Arbeit.

Die Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit steigt auf Grundlage wissenschaftlicher Entwick-lungen. Deshalb wird im Sozialismus die verbleibende Arbeit gerechter und vernünftiger ver-teilt, sie wird reduziert.

Wir unterstützen Maßnahmen zur Reduzierung der Arbeitszeit und wenden uns entschieden gegen Arbeitszeitverlängerungen.

Bildung und Kultur sind für jeden Bürger entsprechend seinen Fähigkeiten und Interessen möglich. Durch Sinn erfüllte Arbeit und humanistische Bildung wird Kriminalität, Extremismus und Ausländerfeindlichkeit weitgehend der Nährboden entzogen.

Wir treten für Bildung und Kultur ein, die allen Menschen unabhängig vom Geldbeutel gleiche Entwicklungschancen gibt.

Sozialismus garantiert bezahlbare Gesundheitsversorgung für alle.

Wir verlangen, das privatisierte und allein am Profit orientierte Gesundheitswesen einer staat-lichen Kontrolle zu unterstellen.

Wir fordern die Enteignung der Pharmakonzerne, die Abschaffung der privaten Krankenkassen und ein einheitliches Sozialsystem.

Die wissenschaftlich-technische Entwicklung wird staatlich auf lebensnotwendige Schwer-punkte gelenkt und vom Profitzwang befreit. Sie wird auf die Einsparung von Ressourcen, den Umwelt- und Gesundheitsschutz konzentriert. Ungezügeltes, allein am Profit orientiertes Wirt-schaftswachstum wird gebremst und in

Übereinstimmung mit dem realen Bedarf der Menschen und ökologischen Anforderungen gebracht.

Wir fordern eine Erhöhung der staatlichen Forschung und Entwicklung für volkswirtschaftliche Schwerpunktaufgaben.

Wir fordern eine stärkere staatliche Wirtschaftssteuerung für den realen Bedarf der Menschen und für die Erhaltung der Umwelt.

Das Staatswesen wird im Sozialismus gestärkt und neu gestaltet. Der Einfluss der Parteien wird auf programmatische Konzeptionen konzentriert. Der direkte Einfluss des Volkes im Staat und in der Wirtschaft wird schrittweise erhöht.

Um Amtsmissbrauch zu verhindern, wird die Funktionsdauer auf allen Verantwortungsebenen differenziert begrenzt. Ausnahmen bedürfen der Direktbestätigung durch das Volk.

Wir fordern die Erweiterung der direkten Demokratie durch das Volk.

Wir sind für die Erweiterung der Mitbestimmung der Werktätigen in den Betrieben.

Ein sozialistisches Staatswesen erfordert hohe finanzielle Mittel zur Bewältigung gesamtstaat-licher Aufgaben. Es bezieht diese aus dem Gewinn der staatlichen, genossenschaftlichen und auch privaten Betriebe.

Das System der Steuern und Abgaben wird dazu grundlegend umgestaltet mit dem Ziel, die Arbeit wesentlich geringer zu belasten. Steuern und Abgaben werden statt dessen auf den Verbrauch von Ressourcen, den Einsatz von Fonds und auf die Erträge konzentriert.

Wir fordern eine grundlegende Steuerreform zur Entlastung der arbeitenden Menschen und zur Belastung des Verbrauches von Ressourcen und Luxusgütern, eine hohe Besteuerung großer Vermögen und Erbschaften sowie eine Vermögensabgabe.

Sozialistisches Rechtswesen unterscheidet sich grundlegend von dem des bürgerlichen „Rechtsstaates“. Wesensmerkmal einer sozialistischen Gesellschaft wird zunehmend ein soli-darisches Miteinander der Menschen, das nicht vorrangig juristisch geregelt wird.

Die Einmischung der Justiz in alle Bereiche des persönlichen und gesellschaftlichen Lebens, die Beschneidung persönlicher Freiheit und die Rechtsunsicherheit durch inkompetente Rechts-prechung werden unterbunden. Die Beteiligung des Volkes an der Rechtsprechung wird erhöht, ehrenamtliche Schiedsstellen schränken gerichtliche Auseinandersetzungen ein.

Die politische Führung des Staates wird nicht Juristen, sondern Volksvertretern aus allen Schichten der Bevölkerung übertragen. Grundlegende politische und ökonomische Entschei-dungen sind nicht Gegenstand von Gerichtsprozessen, sondern werden durch die dafür politisch Verantwortlichen in Parlamenten und Regierungen getroffen. Diese sind für ihre Ent-scheidungen gegenüber dem Volk rechenschaftspflichtig. Unabhängige Gremien zur direkten Volkskontrolle werden zunehmend wirksam.

Wir fordern eine Justizreform, die höhere Rechtssicherheit für die Bürger gewährleistet, Gesetze und Rechtsakte in einer für den Bürger verständlichen Form und Sprache abfasst und die Wahrung der politischen Verantwortung sichert.

Sozialismus schließt unabhängige Medien und wirkliche Meinungsfreiheit ein. Deshalb werden Medien vergesellschaftet und vom Profitzwang befreit. Dadurch wird der Manipulation der Menschen und dem katastrophalen Absturz des Bildungsniveaus entgegen getreten.

Wir sind für eine Medienreform, die der wahrheitsgetreuen Information der Bürger dient und einen Machtmissbrauch für privatwirtschaftliche Zwecke ausschließt.

Wir fordern eine gesellschaftliche Kontrolle der Medien gegen Verrohung und Verhetzung der Bürger, insbesondere der Jugend.

Sozialismus erfordert eine tätige internationale Solidarität. Deshalb haben die durch Kolonia-lisierung und Ausbeutung reich gewordenen Industrieländer einen Teil ihres Reichtums an Entwicklungsländer zurückzugeben.

Wir fordern einen umfassenden„Schulden“erlass, fairen gleichberechtigten Handel, Abbau der Zollschranken und die Einhaltung sozialer Mindeststandards bei Importen aus Entwicklungs-ländern, sowie zinsgünstige Entwicklungshilfe zum Aufbau der eigenen Industrie- und Infra-struktur dieser Länder.

Welche Kräfte sind in der Lage,
eine neue sozialistische Gesellschaftsordnung zu gestalten?

Wir gehen von der Einschätzung aus, dass in den entwickelten kapitalistischen Industrieländern gegenwärtig trotz gravierendem Sozialabbau noch keine revolutionäre Situation heran gereift ist.

Das ist auch dadurch begründet, dass in den „entwickelten Demokratien“ ein perfektes System der Korrumpierung der politischen Eliten, des Missbrauchs formaler bürgerlicher Freiheiten, der Demütigung der aus dem Arbeitsprozess Ausgestoßenen und zunehmend der offenen und verdeckten Repressalien gegen anders Denkende und Handelnde wirksam wird. Der unein-geschränkte Machtmissbrauch der Herrschenden hat viele Menschen in die Resignation getrie-ben und ihnen das Vertrauen in die eigene Kraft genommen.

Nicht zufällig haben sich die revolutionären Zentren in der Welt in Entwicklungsländer verschoben. Diese haben umso mehr Gewicht und Einfluss, wie sie über Ressourcen an Energieträgern und Rohstoffen verfügen. Der Kampf um Ressourcen entscheidet zunehmend über die politischen und ökonomischen Gestaltungsmöglichkeiten. Es ist sichtbar, dass sich die Entwicklungsländer immer stärker in politischen und ökonomischen Bündnissen zusammen-schließen. Verbunden mit einer wirklichen volksdemokratischen Mitbestimmung, der Schaffung eigener, vom internationalen Finanzkapital unabhängiger Märkte können somit die Entwick-lungsländer zu Zentren neuer sozialistischer Bewegungen werden. Mit großer Sympathie ver-folgen und unterstützen wir die in Ländern Lateinamerikas sich vollziehenden Veränderungen.

Jedes Volk wird seine nationalen und historischen Bedingungen für den Übergang zum Sozialismus zu finden und zu berücksichtigen haben. Wichtig dabei ist, dass sozialistische Grundprinzipien bewahrt bleiben.

Die Linkskräfte in Europa dürfen nicht tatenlos diese Entwicklungen abwarten, sie müssen konzeptionell und organisatorisch vorbereitet sein. Wir sprechen uns für die Gewinnung aller vom Kapital geschädigten Bürger für den antikapitalistischen Kampf aus.

Wir sind der Auffassung, dass dieser bei weiterer Zuspitzung der nationalen und internationalen Widersprüche in den Kampf für den Sozialismus überführt werden kann. Deshalb ist die große, zunehmend durch das Kapital geschädigte Mehrheit der Bevölkerung für eine sozialistische Alternative zu gewinnen. Das sind neben Arbeitern und Bauern vorrangig alle sozial Aus-gegrenzten, aber auch Intellektuelle, Künstler und Mittelständler. Der Jugend obliegt besondere Verantwortung für die Gestaltung ihrer Zukunft.

Um das Überleben zu sichern, haben wir keine Zeit zu verlieren. Sozialismus ist keine Aufgabe künftiger Generationen, sondern ein Erfordernis der Zeit.

Dabei streben wir eine wirksame Verbindung von parlamentarischen und außerparlamen-tarischen Maßnahmen an. Den Schwerpunkt sehen wir in außerparlamentarischen Massen-bewegungen. Die historischen Erfahrungen lehren, dass noch in keinem entwickelten kapita-listischen Land eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft allein durch parlamentarische Mittel erreicht wurde. Die weltpolitischen Entwicklungen beweisen demgegenüber, dass durch außerparlamentarische Massenaktionen nicht nur dem Kapital Zugeständnisse abgerungen werden können, sondern auch revolutionäre gesellschaftliche Umgestaltungen möglich sind. Wir bekennen uns dabei zur Gewaltfreiheit bei Ausschöpfung aller legalen Mittel von Massen-demonstrationen, Streiks, Blockaden an Einrichtungen wirtschaftlicher und politischer Macht und zivilen Ungehorsam.

Landeskoordinierungsrat der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE,
LV Brandenburg, unter der redaktionellen Leitung von Dr. Klaus Blessing,
Februar 2008

Einheitsbestrebungen zwischen KPD und KPD(B)

Redaktion offen-siv:
Der Wunsch nach Einheit…

Seit geraumer Zeit führen die Genossinnen und Genossen der KPD und KPD(B) Gespräche mit dem Ziel, eine organisatorische Einheit beider Parteien zu schaffen. Beide Organisationen sind aus der KPD entstanden und es scheint sich bei ihren Mitgliedern nicht nur der Wunsch nach Einheit zu verstärken, sondern auch die Erkenntnis, dass das Einigende wesentlich stärker ist als das (noch) Trennende.

Auf der letzten Sitzung unseres Herausgebergremiums haben Genossen beider Parteien, die anwesend waren, über diese Gespräche informiert. Uunser Herausgeberkreis reagierte mit ein-helliger Unterstützung in der Hoffnung, dass am Ende dieser auf Gleichberechtigung und solidarisch geführten Gespräche sich eine einheitliche, auf dem Marxismus-Leninismus stehende Partei entwickeln möge, die allerdings keinen Alleinvertretungsanspruch erhebt.

Die Verantwortung für einen entsprechenden Fortgang der Diskussionen tragen beide Parteien.  Ein erfolgreicher Abschluss könnte ein nicht zu unterschätzendes Signal werden, dass eine Einheit aller Marxisten-Leninisten in einer einheitlichen  marxistisch-leninistischen Partei in der Zukunft möglich ist. Diesem Ziel fühlt sich die „offen-siv“ verpflichtet.

Vor diesem Hintergrund wurden wir von Führungsmitgliedern beider Parteien angesprochen, ein informelles Gespräch zu diesem Einigungsgespräch zu führen. Von unserer Seite nahmen die Genossen Kurt Gossweiler, Hans Fischer und Michael Opperskalski an diesem informellen Treffen teil. Während dieses Meinungsaustausches wurden verschiedene Ideen, Analysen sowie Vorschläge ausgetauscht, wie der Einheitsprozess unterstützt werden könnte. Informell hatte man sich schließlich auf zwei Maßnahmen geeinigt: Genosse Hans Fischer sollte auf der nächsten ZK-Sitzung der KPD die Einschätzung überbringen, welche positiven Auswirkungen ein erfolgreicher Einigungsprozess - wie oben kurz skizziert – für die (noch) zersplitterte kommunistische Bewegung in Deutschland hätte. Leider konnte diese Vereinbarung aus verschiedenen Gründen nicht realisiert werden. Genosse Michael Opperskalski hatte die Aufgabe, den Vorschlag für einen Aufruf zu erarbeiten, der in beiden Parteien diskutiert und schließlich einheitlich veröffentlicht werden könnte, um den Gesprächen eine klare politische wie strategische Basis zu geben. Wir dokumentieren hier diesen Vorschlag, der allen Teil-nehmern des informellen Gespräches bereits übergeben worden ist. Wir werden gegebenenfalls weiter über die nächsten Schritte der Einheitsdiskussionen der beiden Parteien informieren.                                 

Redaktion offen-siv

Michael Opperskalski für die Zeitschrift offen-siv:
Einheit - Gebot und Herausforderung der Stunde!

Die Barbarei der sogenannten „Neuen Weltordnung“, die nichts anderes als ordinärer Imperialismus ist, verschärft sich nach innen wie außen. Rasanter Abbau demokratischer wie sozialer Rechte, Errungenschaften jahrzehntelanger Kämpfe der Arbeiterbewegung, angeheizter Nationalismus wie Chauvinismus, Aufrüstung, Kämpfe um die Neuaufteilung von Rohstoffen, Absatzmärkten sowie geostrategischen Einflusszonen unter den imperialistischen Mächten spitzen sich dramatisch zu. Das führt nicht nur zu Stellvertreterkriegen in der so genannten „Dritten Welt“, sondern erhöht auch die Kriegsgefahr unter den imperialistischen Mächten. Das ist Imperialismus pur und bestätigt jeden Tag Lenins Imperialismusanalyse aufs Neue!

Doch gleichzeitig wächst der Widerstand – auch in der BRD! Noch ist der Widerstand besonders in der BRD eher spontan, viel zu wenig koordiniert, vor allem noch auf ökonomische Forderungen konzentriert und insgesamt zu schwach, aber es bewegt sich spürbar etwas und auch die Suche, vor allem junger Menschen, nach grundsätzlichen gesellschaftlichen Alternativen zu Kapitalismus und Imperialismus verstärkt sich spürbar. Deshalb wird das Fehlen einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei in der BRD jeden Tag spürbarer! Tatsache ist: in der BRD gibt es eine Reihe von Parteien und Formationen mit kommunistischem Anspruch. Sie alle haben ihre Tradition sowie ihren geschichtlichen Hintergrund. Tatsache ist aber auch, dass der Revisionismus unterschiedlicher Prägung in dieser zersplitterten kommunistischen Bewegung im imperialistischen Deutschland (noch) dominant und damit die wesentliche Ursache für die Zersplitterung ist.

Diese Zersplitterung zu überwinden und in diesem Prozess die einheitliche, marxistisch-kommunistische Partei zu schaffen, ist unser Ziel. Doch kann diese Einheit nicht auf der Basis von Beliebigkeiten entwickelt werden. Sie setzt die Akzeptanz folgender Grundpositionen voraus:

1. Das Anerkennen der wissenschaftlichen Grundpfeiler des Marxismus-Leninismus (z.B. Lenins Imperialismus-, Partei-, und Revolutionstheorie);

2. Die Akzeptanz der historischen Rolle der sozialistischen Länder, insbesondere der Sowjetunion und der DDR. Dabei gilt für deutsche Kommunisten folgende Grundaussage: die Deutsche Demokratische Republik war und ist die größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung und der Sozialismus, für den wir kämpfen, wird die Farben der DDR tragen;

3. Die Erkenntnis, dass der Revisionismus die Hauptvoraussetzung für den zeitweiligen Sieg der Konterrevolution sowie die Spaltung und Schwächung der kommunistischen und Arbeiterbewegung ist. Daher ist die ständige Auseinandersetzung mit und der Kampf gegen den Revisionismus eine Lebens- und Entwicklungslinie einer wirklichen Kommu-nistischen Partei.

Vor diesem Hintergrund haben KPD und KPD(B) Gespräche aufgenommen, deren Ziel es ist, die Einheit zwischen beiden Parteien zu schaffen. Wir sind uns bewusst, dass diese Einheit sowohl Gebot wie auch Herausforderung der Stunde ist!

KPD und KPD(B) haben die gleichen Wurzeln, die noch in der DDR legal gegründete KPD. Ihre ideologische Basis ist der Marxismus-Leninismus. Heute ist deutlicher denn je geworden: das, was uns eint, ist unendlich viel mehr, stärker als jene Faktoren, die zu Spaltung geführt hatten. Deshalb wollen wir den Weg der Einheit beschreiten!

Wir beginnen nun Verhandlungen, die das Ziel haben, unsere Organisationen zu vereinigen. Dabei werden wir sowohl die notwendigen praktisch-organisatorischen Schritte als auch die politisch-ideologische Basis in Form eines gemeinsamen Parteiprogramms diskutieren und solidarisch harmonisieren. Diese Verhandlungen werden auf gleicher Augenhöhe unter Betonung der absolut dominierenden Gemeinsamkeiten, ohne jeglichen Alleinvertretungs-anspruch oder für eine Seite unakzeptabel erscheinenden Bedingungen und in einer solida-rischen Atmosphäre stattfinden. Wir werden unsere Verhandlungen in einer Weise für alle Marxisten-Leninisten öffentlich führen, damit sie nachvollziehbar sind und werden; wir sind daher überzeugt, dass unsere Verhandlungen sowie unser Endziel ein Signal setzen werden: die Einheit der Marxisten-Leninisten ist möglich und machbar!

Unser längerfristiges Ziel ist damit klar und eindeutig: eine einheitliche Partei, deren Basis der Marxismus-Leninismus ist. Diese Partei wird sich zum Ziel setzen, die Einheit aller Marxisten-Leninisten in EINER einheitlichen, marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei zu for-cieren. Das bedeutet natürlich zugleich, dass wir auch als einheitliche Partei keinerlei Allein-vertretungsanspruch für diese noch zu schaffende Partei anderen Marxisten-Leninisten gegen-über erheben werden, denn uns ist bewusst: die Einheit aller Marxisten-Leninisten ist unser längerfristiges Ziel – sie ist das höchste Gebot und zugleich die größte Herausforderung der Stunde! In diesem Sinne fühlen wir uns Rosa und Karl verpflichtet: SOZIALISMUS ODER BARBAREI! Michael Opperskalski, Köln, für die Zeitschrift „offen-siv“

KPD/KPD(B):
Gemeinsame Mitteilung!

Am 21. März 2008 fand in Fortsetzung der bisherigen Gespräche eine Zusammenkunft der Vorsitzenden der KPD, Genossen Dieter Rolle und der KPD (B), Genossen Michael Geipel, statt.

Dabei wurden Standtpunkte ausgetauscht, wie eine Koordinierung des Kampfes gegen den Hauptfeind, den Imperialismus, vorgenommen wird und wie, mit welchen Kräften, die organisatorische Einheit der Marxisten-Leninisten entwickelt werden kann. Dabei ist realistisch davon auszugehen, daß es eines Prozesses des Zusammenwirkens auch über den Weg der Aktionseinheit bedarf.  Die Gespräche werden fortgesetzt.

KPD/KPD(B)

Nachrichten aus dem Sumpf…

Redaktion offen-siv:
Nachrichten aus dem Sumpf...

Die Barbarei des alltäglichen Imperialismus wird auf allen Ebenen immer intensiver. Das erzeugt – wenn auch noch zu sehr spontanem und zu wenig – Widerstand. Dies ist der Hintergrund für die wachsende Sehnsucht vieler Linker, insbesondere auch kommunistischer Linker, nach mehr Einheit, um die gesellschaftlichen Entwicklungen tatsächlich beeinflussen zu können. Dabei geht aber auch vieles heillos durcheinander und führt immer wieder in neu-alte Sackgassen. Vermischt wird von der kommunistischen Linken vor allem die Notwendigkeit einer breiten Aktionseinheit gegen die imperialistische Barbarei mit der Notwenigkeit der Schaffung einer einheitlichen Kommunistischen Partei, die fest auf dem Boden des Marxismus-Leninismus steht.

Es scheint, dass diese mehr emotionale als rationale Sehnsucht auch Triebfeder für verschiedene Versuche sind, Organisationen und Parteien mit kommunistischem Anspruch mit dem Ziel der Schaffung der Einheit der Kommunisten in der BRD an einen Tisch zu bekommen. Dabei erscheint allerdings sehr beliebig, welche Grundprinzipien Kommunisten heute ausmachen und an diesen Gesprächen sind Parteien und Organisationen vertreten, die im Kern Antikommu-nismus unter „linker“ Flagge vertreten. Diese Positionen schließen sie aus unserer Sich aus der bitter notwendigen Einheit der Kommunisten in der BRD aus!

Daher haben wir uns entschlossen, in unregelmäßigen Abständen unter der Rubrik „Nachrichten aus dem Sumpf...“ Positionen dieser im Kern antikommunistischen Parteien und Organisationen – mögen sie auch unter noch so „linken“ Flaggen und Parolen marschieren - in Originalzitaten zu dokumentieren. Unkommentiert, denn sie sprechen für sich, gleichen sehr oft, entkleidet man sie ihrem „linken“ Gewand, offen rechten, bürgerlichen und/oder offen reaktionären Positionen.

Redaktion offen-siv,
Hannover

Zur platten antikommunistischen Kampagne gegen die Genossin Christel Wegner (Niedersachsen) schreibt der „Rote Morgen“ (Nr. 1/2008), Zentralorgan der so genannten „KPD“, unter anderem:

„Der sozialistische Staat, d.h. die Arbeiterklasse an der Macht, muss sich entschlossen gegen innere und äußere Feinde verteidigen. Würde Wegner das meinen (...), läge sie richtig. Wegner bezieht sich aber konkret auf die DDR und die Stasi (sic! d. Red.). Die DDR war aber schon seit den 50er Jahren kein sozialistischer Staat mehr. Die Arbeiterklasse hatte nicht die Macht. Sie wurde von einer neuen Ausbeuterklasse – mit Honecker, Mielke und Mittag – unterdrückt. Mielkes Stasi war kein Instrument zur Niederhaltung konterrevolutionärer Bestrebungen, sondern zur Sicherung der Macht dieser neuen Ausbeuterklasse. Sie war selbst ein konter-revolutionäres Instrument (...) Mit ihren Erklärungen (gemeint ist Genossin Christel Wegner, d. Red.) richtet sie sich direkt gegen den Kommunismus.“

Die Organisation „KPD/ML (Roter Stern)“ schreibt in einer Erklärung zu den derzeit u.a. mit ihr stattfindenden „Einheitsgesprächen“:

„Es war deshalb notwendig geworden, auf allen Ebenen einen Bruch mit dem modernen Revisionismus zu vollziehen (...) Dazu gehört unserer Meinung nach die Auseinandersetzung mit Chavez’ ‚Sozialismus des 21. Jahrhunderts’, mit Vorstellungen, Kuba und Nordkorea oder gar China seien sozialistische Länder, mit dem Maoismus, der Person und den Theorien Che Guevaras und natürlich mit dem Revisionismus von Chruschtschow, Ulbricht, Honecker und der Entartung der SU und der DDR. (...) In der Sowjetunion Chruschtschows, Breschnews und ihrer Nachfolger war der Sozialismus zerstört und die Diktatur des Proletariats vernichtet. In der DDR Ulbrichts und Honeckers gab es keinen Sozialismus.“

Rechenschaftsberichte 2007

Redaktion und Herausgebergremium „offen-siv“:
Verlegerischer und finanzieller Rechenschaftsbericht für das Jahr 2007

Wir haben in 2007 zehn Hefte und zwei Bücher realisiert.

Es gab – wie immer - sechs Zwei-Monats-Hefte, außerdem vier Sonderhefte:

Die beiden Bücher waren:

Steigender Einfluss und steigendes Interesse

Das Interesse an der „offen-siv“ und ihr Einfluss sind in 2007 merklich gestiegen. Wir sehen das an der Abo-Entwicklung, dem steigenden Auslandsinteresse und am Leserbriefeingang. Das größere Interesse und der gestiegene Einfluss haben nach unserer Auffassung drei Ursachen. Erstens sind es die Verhältnisse, zweitens ist es das Fernstudium und drittens sind es die beiden Bücher.

Erstens: Die Verhältnisse haben sich in mehrfacher Hinsicht verändert: Erstens wird die Barbarei des Imperialismus deutlich größer, was zur Folge hat, dass die Kämpfe härter werden. Das hat zweitens zu wieder deutlich wahrnehmbaren Klassenkämpfen geführt, d.h. die (von manchen ja schon totgesagte) Arbeiterklasse zeigte sich wieder als spürbare Kraft. Eine solche Situation verringert drittens den Spielraum für opportunistische Manöver und entlarvt Sonntags-redner.

Zweitens: Das Fernstudium, dessen erster Durchgang im März abgeschlossen wurde, hat uns be-kannter gemacht und unsere fachliche Autorität vergrößert.

Drittens: Die beiden Bücher haben uns neue Interessentenkreise erschlossen. Die „Niederlagen-analyse“ ist inzwischen in doppelter Abonnentenzahl unter die Leute gebracht worden. Das Buch wird in Gruppen diskutiert, an Genossinnen und Genossen oder auch an Verwandte weitergegeben, verschenkt oder empfohlen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht mindestens ein Exemplar verschicken. Mehr als 80 Buchhandlungen haben es bisher bei uns bestellt. Und einige Gruppen haben uns zu Veranstaltungen zum Thema „Konterrevolution“ eingeladen. Und für die Festschrift für Kurt Gossweiler brachten wir einen breiten Kreis von Autorinnen und Autoren zusammen, (nicht nur) deshalb brachte sie uns neue Leser/innen-Kreise. Die Auflage der Festschrift ist inzwischen fast vergriffen, wir haben noch 40 Exemplare.

Gleichzeitig zu den genannten positiven Entwicklungen ist das Auslandsinteresse an der „offen-siv“ stark gestiegen.

So waren wir eingeladen bei den Tschechischen Genossinnen und Genossen, ein Referat zu halten.

Wir waren ebenfalls eingeladen zur anti-imperialistischen Kon-ferenz in Beirut. Weiterhin waren wir eingeladen zum großen anti-imperialistischen Treffen, welches das All-India Anti-Imperialist Forum in Calcutta organisiert hatte.

Und wir sind von der KKE nach Athen eingeladen worden, um an einem Symposion ihrer theoretischen Zeitschrift über die Ursachen der Konterrevolution in Europa teilzunehmen. Dies mündete in dem Arbeitsauftrag, der KKE zuzuarbeiten zu den Fragen der Entwicklung der SED, der Entwick-lung der DDR-Ökonomie und der Entwicklung der bewaffneten Organe einschließlich des MfS. Es arbeiten die Genossen Klaus Eichner, Frank Flegel, Herrmann Leihkauf, Dieter Itzerott, Hermann Jacobs, Michael Opperskalski, Andreas Reichel und Karl-Heinz Reinhardt unter Beratung und Zuarbeit durch Kurt Gossweiler und Heinz Keßler als Zeitzeugen in drei Arbeitsgruppen zu diesen Themen.

Aboentwicklung

Die Aboentwicklung ist sehr positiv zu bewerten. Wir haben trotz „Säuberung“ des Verteilers, also obwohl wir diejenigen, die drei Jahre lang weder eine Spende übergeben noch sich telefonisch oder schriftlich mit einer Meinungsäußerung, einem Leserbrief oder wie auch bei uns gemeldet haben, mit einem freundlichen Brief nach ihrem weiteren Interesse am Bezug der „offen-siv“ gefragt haben und diejenigen, die sich auch daraufhin nicht gemeldet haben (24 an der Zahl), aus dem Verteiler gestrichen haben, den Abostamm um 47 steigern könne, also insgesamt 71 neue Abos gewinnen können. Das ist für eine so kleine Zeitschrift wie unsere nicht schlecht.

Freundeskreis

Und es gibt noch eine weitere positive Nachricht: der im Februar 2007 gegründete „freundeskreis offen-siv“ hat sich prächtig entwickelt, zählt inzwischen 32 Mitglieder und bildet damit ein zusätzliches und sehr stabiles finanzielles Standbein für uns. In 2007 konnten wir durch den „freundeskreis offen-siv“ unsere Auslandskontakte wesentlich verbessern (siehe oben), weil es durch die Fahrtkostenzuschüsse möglich war, alle Einladungen und Kontakte auch tatsächlich wahrzunehmen und wir konnten zusätzlich den Genossen vom All-India Anti-Imperialist Forum zur Unterstützung ihrer großen Konferenz in Calcutta 500,- € übergeben. Wir sagen allen Mitgliedern des „freundeskreises offen-siv“ dafür ganz herzlichen Dank!

Die Finanzen

Finanzbericht der Zeitschrift „offen-siv“ für 2007

Die Ausgaben waren – vor allem natürlich wegen der beiden Bücher – so hoch wie noch nie: wir haben insgesamt 21.471, 26 € ausgeben. Diese Summe gliedert sich in folgende Bereiche:

Porto:               4.224, 43 €
Werbung:        1.792, 40 €
Büro:                    588,54 €
Druck:            13.915, 13 €

Die Druckkosten sind in diesem Jahr so hoch, weil wir für die beiden Bücher insgesamt 5.916,68 € zusätzlich aufbringen mussten.

Die Einnahmen erreichten einen neuen Rekord! Wir haben in 2007 ein Spendenaufkommen von 19.611, 52 €. Zum Vergleich:

In 2005 hatten wir rund                      8.300,- €
In 2006 hatten wir rund                    13.600,- €
In 2007 haben wir nun mehr als      19,600,- €

Das steigende Spendenaufkommen kommt zustande durch eine wesentliche Verbreiterung der gesamten Spendentätigkeit, flankiert von einigen Großspenden und der Mithilfe unserer Abonnenten/innen bei der Finanzierung der Bücher. An alle, die uns Spenden zukommen ließen, geht unser aufrichtiger Dank. Ohne Euch gäbe es uns nicht!

Trotz dieser erfreulichen Tatsachen haben wir in 2008 aber ein Minus von 1.859,74 € zu verzeichnen. Gut ist das nicht, vor allem nicht, wenn man sich die beiden Jahre davor ansieht: In 2006 hatten wir zwar ein Plus von 1.473,37 €, in 2005 aber leider ein Minus von 2.522,88 €.

Finanzbericht des „freundeskreises offen-siv“ zum 31. Dezember 2007

Kontostand:                                                                 230,71 €
Gesamteinnahmen bis zum 31.12.2007:            2.190,71 €
Ausgaben im Jahr 2007:                                        1.960,00 €

Die Ausgaben wurden zur Unterstützung der Teilnahme von offen-siv-Mitgliedern an internationalen Aktionen verwendet: Fahrtkostenzuschüsse für Beirut und Athen sowie eine Spende für die indischen Genossen in Kalkutta.

Am 31.12.2007 hat der „freundeskreis offen-siv“ 32 Mitglieder. Die Spender erhalten detaillierte Informationen über die Verwendung der Mittel.

Für die Richtigkeit der Angaben zum „freundeskreis offen-siv“:                 Andrea Vogt,Dresden

Fazit: wir bewegen uns noch immer sehr nah am finanziellen Abgrund. Dies ist aber schon seit fast 15 Jahren so – und die Zeitschrift lebt auch heute noch,, denn Ihr habt uns bisher immer vor dem Ruin bewahrt. Wir bauen darauf, dass das auch heute und morgen so sein wird.

Für Redaktion und Herausgebergremium „offen-siv“,
Frank Flegel,
Hannover

Spendenaufruf

Solidaritätsprojekt der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V.,
Regionalgruppe Essen:

»Benita Presente« - 2008: Die Solidarität geht weiter!

Die cubanische Landschule »Conrado Benitez« in Pipián (Gemeinde Madruga, Provinz Matanzas) wird von der gesamten Gemeinde (ca. 1.700 Kinder und Erwachsene) genutzt. Nachdem wir 2005 in Erfüllung des Vermächtnisses unserer verstorbenen Freundin BENITA LEDERER € 22.472,58 für die Komplettrenovierung dieser Schule gesammelt hatten, sind jetzt noch einige weitere Baumaßnahmen erforderlich:

Dafür sollen jetzt 7.500,- Euro gesammelt werden und wir bitten um (steuerabzugsfähige!) Spenden auf das Konto

FG BRD-Kuba e.V.; Postbank Köln; Kto.-Nr.: 307 984 507; BLZ: 370 984 507

Verwendungszweck (bitte UNBEDINGT angeben!!): BENITA PRESENTE

SPENDENBESCHEINIGUNGEN können angefordert werden bei: FG BRD-Kuba e.V., Bundesgeschäftsstelle, Maybachstraße 159, 50670 Köln, info@fgbrdkuba.de

Eine ausführliche Dokumentation des Projektes gibt es auf der Homepage der FG Essen: www.cubafreundschaft.de.

Aus aktuellem Anlass weisen wir darauf hin, dass null »Verwaltungskosten« anfallen, sondern jeder Spenden-Cent nach Cuba geht und bedanken uns im Voraus für zahlreiche Unterstützung.

Wer für die reinen Materialkosten des Projektes (Flugblätter, Plakate, Stelltafeln usw.) spenden möchte, kann dies tun auf das Konto: FG BRD-Kuba e.V. Essen, Kto.-Nr.: 51 01 563, BLZ:360 501 05, VWZ: Materialkosten BENITA PRESENTE.